05.12.2012 Aufrufe

Jugendhilfereport 3/2011 - Landschaftsverband Rheinland

Jugendhilfereport 3/2011 - Landschaftsverband Rheinland

Jugendhilfereport 3/2011 - Landschaftsverband Rheinland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

KooPERATIoN MIT TRäGERN – GEMEINSAME VERANTWoRTUNG, DoPPELTER SCHUTz<br />

§ 8a Abs. 2 SGB VIII verpflichtet die Jugendämter, mit den Trägern von Einrichtungen und<br />

Diensten der Jugendhilfe Vereinbarungen zu deren entsprechender Wahrnehmung des<br />

Schutzauftrags zu schließen. Der ASD (oder ein Spezialdienst) wird als letzte Instanz vor<br />

dem Familiengericht informiert, wenn die Möglichkeiten der Träger nicht ausreichen, um<br />

eine Gefährdung abzuwenden. Dies stellt alle Beteiligten vor die Herausforderungen, sich<br />

»fall«-unabhängig über die jeweiligen Definitionen und Bewertungen von Kindeswohl,<br />

dessen Gefährdung und über Vorgehensweisen zu verständigen. Je enger die Kooperation<br />

erfolgt, desto einfacher gelingt dies in der Regel. In einigen Bereichen muss erst eine gemeinsame<br />

Sprache entwickelt werden und eine Verständigung über die jeweiligen Aufträge,<br />

Möglichkeiten sowie Grenzen erfolgen. Dies betrifft nicht nur die Einrichtungen oder Dienste,<br />

sondern auch die jeweiligen insoweit erfahrenen Fachkräfte. Erst auf dieser Basis ist das<br />

Ziel des Absatzes 2 zu erreichen: die gemeinschaftliche Verantwortungsübernahme.<br />

In NRW stellten im Jahr 2008 etwas mehr als die Hälfte der Jugendämter positive Veränderungen<br />

durch die Vereinbarungen fest, insbesondere im Hinblick auf die Strukturierung des<br />

Verfahrens, klar formulierte Verantwortlichkeiten, die Beschreibung der Schnittstellen und<br />

eine verstärkte, intensive Kooperation. Dass trotzdem gleichzeitig 84 Prozent der Jugendämter<br />

keine entlastende Wirkung ausmachen, ist wohl damit zu begründen, dass diese<br />

Prozesse viel Arbeitsaufwand und Zeit benötigen. Auch mit Schulen und anderen nicht über<br />

den § 8a SGB VIII verpflichteten Institutionen haben viele Jugendämter zusätzliche Kooperationsvereinbarungen<br />

getroffen.<br />

Für die betroffenen Familien ist über die Einrichtungen und Dienste eine frühere und<br />

niedrigschwelligere Hilfestellung möglich. Das institutionsübergreifende Zusammenwirken<br />

mehrerer Fachkräfte fördert qualifizierte Entscheidungen und reduziert die Gefahr unterschiedlicher<br />

Einschätzungen und Vorgehensweisen.<br />

KooPERATIoN MIT DEM FAMILIENGERICHT – FRüHER, SCHNELLER, BESSER<br />

Für Familien, die nicht an der Risikoabschätzung mitwirken, wurde durch § 8a Abs. 3 SGB VIII<br />

erstmals die Möglichkeit geschaffen, das Familiengericht einzuschalten, ohne eine konkrete<br />

Gefährdung belegen zu müssen. Dies war vorher bei einer Abwehrhaltung der Familie kaum<br />

möglich. Die Änderungen im Familienrecht zielten analog darauf, das Familiengericht früher<br />

einzuschalten. Die Anordnung von Ge- und Verboten durch das Familiengericht gemäß<br />

§ 1666 Abs. 3 BGB kann einen früheren Schutz oder Hilfezugang ohne einen sofortigen<br />

Entzug der elterlichen Sorge ermöglichen.<br />

Zudem wurde das Verfahren beschleunigt. Die gemeinsame Erörterung muss zeitnah erfolgen,<br />

der Erlass einer einstweiligen Anordnung unverzüglich überprüft und für Gutachten<br />

müssen Fristen gesetzt werden. Dadurch werden die Familien entlastet, denn langwierige<br />

Verfahren zehren massiv an den Nerven aller Beteiligten. Monatelange Inobhutnahmen und<br />

damit verbundene erneute Beziehungsabbrüche werden vermieden. Auch die eingeführte<br />

Verpflichtung des Gerichts zur weiteren Überprüfung, wenn es von Maßnahmen absieht,<br />

sorgt dafür, dass diese Familien nicht aus den Augen verloren werden und der ASD einen<br />

weiteren Zugang finden kann.<br />

<strong>Jugendhilfereport</strong> 3/<strong>2011</strong> | schwerpunkt<br />

17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!