Jugendhilfereport 3/2011 - Landschaftsverband Rheinland
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lVr-landesJugendamt rheinland<br />
Pflanzten einen Baum für den Halfeshof: Solingens<br />
Oberbürgermeister Norbert Feith, Jürgen Wilhelm<br />
(Vorsitzender der Landschaftsversammlung <strong>Rheinland</strong>),<br />
Staatssekretär Klaus Schäfer, LVR-Jugenddezernent<br />
30<br />
Der damalige Direktor Ewald Nevries wollte ab Anfang der<br />
1950er Jahre, dass die Pädagogik weniger auf ständige<br />
Kontrolle und Strafe setzt, sondern durch ein großzügigeres<br />
System ersetzt würde, das auf Selbsterziehung abzielt. Wie<br />
die vom LVR 2010 veröffentlichte Studie zur Heimerziehung im<br />
<strong>Rheinland</strong> in den 1950er und 1960er Jahren aufzeigt, konnten<br />
solche Absichten aufgrund der unzureichenden äußeren Umstände<br />
kaum umgesetzt werden. Zu wenige, unausgebildete<br />
und überforderte Mitarbeiter, nicht zeitgemäße Ausbildungsangebote<br />
und Arbeitspflichten für die Jugendlichen, eine zentrale<br />
Versorgung mit Essen und Kleidung, zu geringe finanzielle Mittel<br />
und rigide gesellschaftliche Vorstellungen führten allgemein<br />
zu einer verspäteten Modernisierung der Heimerziehung. Um<br />
etwa ein Entweichen zu verhindern, wurden junge Menschen in<br />
geschlossene Gruppen verlegt. Dies bedeutete oftmals den Abbruch<br />
von begonnen Schul- oder Berufsausbildungen. Für das<br />
damals erlittene Unrecht hat sich die Landschaftsversammlung<br />
<strong>Rheinland</strong> als oberstes Gremium des <strong>Landschaftsverband</strong>s<br />
bei allen betroffenen ehemaligen Heimkindern im <strong>Rheinland</strong><br />
entschuldigt.<br />
Reinhard Elzer und LVR-Schuldezernent Michael Mertens. Mit der Amtsübernahme durch den Solinger Jugendrichter<br />
Foto: Döring/LVR<br />
Paul Knappertsbusch traten 1966 verstärkte Bemühungen um<br />
die Schul- und Berufsausbildung der Jungen in den Vordergrund, da Bildung den Jungen<br />
oftmals einen Ausweg aus ihrer gesellschaftlichen Außenseiterposition versprach. Familienähnliche<br />
Wohngemeinschaften als erste Formen offener Betreuung entstanden. Aber noch<br />
1983 wurde nach einem damals modernen skandinavischem Konzept ein Haus für zwei<br />
Gruppen gebaut, in dem die Jungen auch nachts in ihren Zimmern eingeschlossen werden<br />
konnten, um zu verhindern, dass sie weglaufen. Erst unter dem damaligen und jetzigen<br />
LVR-Jugenddezernenten Reinhard Elzer wurden die geschlossenen Gruppen geöffnet. In<br />
den Siebzigerjahren verstärkten sich die Bemühungen den Halfeshof in das Umfeld und<br />
die Stadt Solingen einzubinden. Ein Heimbeirat wurde gegründet und die Sportstätten auch<br />
umliegenden Vereinen zur Verfügung gestellt.<br />
Neben Campus-, Außenwohn- und Tagesgruppen existiert heute eine U-Haft-Vermeidungsgruppe,<br />
in der Jugendliche aufgenommen werden, für die vom Gericht Untersuchungshaft<br />
angeordnet wurde. Bis zur Hauptverhandlung werden mit ihnen Perspektiven für ein späteres<br />
straffreies Leben erarbeitet. Überdies bieten Verselbständigungsgruppen Jugendlichen die<br />
Chance, in kleinen Wohngemeinschaften oder Einzelwohnungen mit zeitweiliger Anwesenheit<br />
pädagogischer Mitarbeiter den letzten Schritt in die Selbständigkeit zu tun. Jugendliche in<br />
scheinbar ausweglosen Lebenssituationen, die eine begrenzte Auszeit positiv für sich nutzen<br />
sollen, werden mit einer intensiven Vor- und Nachbereitungszeit von einem Mitarbeiter für<br />
sechs bis acht Wochen in einer Auslandsmaßnahme betreut. Um Kinder, Jugendliche und<br />
ihre Familien in der Wahrung ihrer Rechte zu unterstützen, stehen ihnen unabhängige Ombudspersonen<br />
zur Seite, an die sie sich in schwierigen Situationen wenden können.<br />
(LVR-Fachbereich Kommunikation)