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84 quadrat 05 / 2012 � angehört<br />
Vergiss mich nicht.<br />
Idee & Haargestaltung<br />
Sonja, Friseurin bei Gut.Heim.Haare.<br />
04131 22 06 460 · Feldstraße 31<br />
21335 Lüneburg · gerald@gut-heim-haare.de<br />
www.gut-heim-haare.de<br />
Termine sind jetzt auch per Email zu vereinbaren.<br />
Aerodice<br />
LASS KLÄNGE DIE LUFT FÜLLEN, UND DU ATMEST MUSIK<br />
Rar erscheinen uns die musikalischen Perlen<br />
und Diamanten, die Gruppe jener Künstler,<br />
die den Rezipienten nicht als Konsumenten,<br />
sondern als Gast verstehen, die uns einladen, begeistern<br />
und bestenfalls inspirieren, die eine gute Zeit<br />
haben und schenken wollen, und deren Nachhall<br />
zu allerlei Gutem anregt, weil es lebensbejahend ist.<br />
Aerodice gehört zu dieser Gruppe beseelter − man<br />
kann auch sagen: spirituell gesegneter − Künstler, zu<br />
der man wohl nur dann gehören kann, wenn einem<br />
Einklang und Ganzheitlichkeit mehr als nur ein Begriff<br />
einer Weltanschauung sind, sondern diese<br />
Ideale in sein Schaffen einfl ießen lässt, sie also fühlt<br />
und lebt und mit jeder Pore atmet.<br />
Und tatsächlich steht das Atmen, das immer währende<br />
Zirkulieren jener für uns lebenserhaltenden<br />
Tätigkeit im Zentrum von Aerodice, neben der Freude,<br />
die dies alles mit sich bringen kann.<br />
Aber von vorn: Aerodice, das sind Marius Beyer und<br />
Marten Würfel, ein Digeridoo-Mann und ein Human-<br />
Beat-Boxer, die ihren gemeinsamen Klang, je nach<br />
Örtlichkeit und Publikum, zwischen meditativ-hypnotisch<br />
und druckvoll-tanzbar wechseln und frei<br />
fl ießen lassen können und dabei Genuss und Freude<br />
zelebrieren, untereinander, zwischen sich und dem<br />
Publikum und der Zeit, in der man gerade taucht<br />
und schwelgt. Für (mindestens) die Dauer einer<br />
Performance setzen Aerodice den Alltag außer Kraft,<br />
nehmen ihre Zuschauer mit auf eine Reise durch<br />
Raum und Zeit. „Organic Beats“ nenne Aerodice<br />
ihre Richtung; Feueratmen mag der Hörer dazuassoziieren,<br />
Tribal Dance, Rhythmus oder Pulsfrequenz.<br />
Was bleibt, ist die kollektive Erfahrung, die dazu<br />
führt, dass man sich besser fühlt. Was will man mehr?<br />
Klingt alles ganz schön abstrakt, wollen Sie sagen,<br />
etwas sehr euphorisch und abgehoben? Was aber<br />
kann an Begeisterung falsch sein? Und was ist In-<br />
spiration anderes als Begeisterung, die im Begriff<br />
des Überschwappens ist?<br />
Dass es Aerodice gelingt, diese eigene innere Begeisterung<br />
nur mittels hörbar gemachter Luftzirkulation,<br />
also Atem, in Form von Stimme und dem<br />
„natürlichen Verstärker“ Holzrohr, dem Didgeridoo,<br />
zu transportieren, ist gelinde gesagt, besonders in<br />
Zeiten allgemeiner Technikhybris, eine Wucht.<br />
Marten Würfel, studierter Umweltwissenschaftler,<br />
Yogalehrer, Kampfsportler und Erlebnispädagogik-<br />
Aktivist, kommt aus dem HipHop und hat irgendwann<br />
in seinem Leben begonnen, sich in der Kunst<br />
des Human Beatboxing zu üben, heißt: Er ist Meister<br />
der Vocal-Percussion, eine rhythmitisierte Folge von<br />
EIN DIGERIDOO-SPIELER UND EIN HUMAN-BEAT-BOXER, DIE MIT IHRER MUSIK ZWISCHEN<br />
MEDITATIV-HYPNOTISCH UND DRUCKVOLL-TANZBAR WECHSELN.<br />
Mund-, Atem und Kehlgeräuschen. Marius Beyer,<br />
ebenfalls studierter Umweltwissenschaftler und<br />
beim Ökostromanbieter Lichtblick tätig, dem Yoga<br />
verbunden und mit seinem Solo-Projekt „Mea<br />
Roa“, bei dem er mit dem mystisch-mythischen<br />
Musikinstrument der Aborigines auftritt, begann<br />
bereits mit zwölf Jahren Didgeridoos zu bauen. Mit<br />
17 gab er seinen ersten Didgeridoo-Workshop. Ein<br />
Mensch, dem alles was er anpackt zu gelingen<br />
scheint, ein Glückskind, kann man sagen. Und<br />
dennoch ist hier ein Mensch, der auf dem Boden<br />
geblieben ist, der nicht um sich selbst kreist, sondern<br />
sich, bei allem Ehrgeiz, als Teil eines größeren<br />
Ganzen versteht.<br />
Und vielleicht sollte man den Namen „Aerodice“<br />
tatsächlich als eine Reminiszenz an diese Erkenntnis<br />
der Demut verstehen − wir Menschen sind wie<br />
Klänge, Luftwürfe, fl üchtig zwar im Moment, aber<br />
im Wesen befähigt zur Veränderung, sei es der berühmte<br />
Flügelschlag des Schmetterlings oder die<br />
Musik, die dein Bein wippen und dein Gesicht<br />
strahlen lässt. Lebendigkeit ist Interaktion, ist<br />
Wirkkraft, ist Verantwortung.<br />
FOTO: ENNO FRIEDRICH