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(Stand: Mai 2003) - Landscape Ecology

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Publiziert als: Kleyer, M. Schröder, B., Biedermann, R., Rudner, M., Fritzsch, K., Kühner, A.,<br />

Poschlod, P., Kahmen, S., Tackenberg, O., Talmon, E., Poethke, H.-J., Obermaier, E., Hein, S.,<br />

Hinsch, M., Henle, K., Settele, J., Binzenhöfer, B., Pfeiffer, A., Kögl, H., Piotraschke, H.,<br />

Vetterlein, D. (2004): Freie Beweidung mit geringer Besatzdichte und Fräsen als alternative<br />

Verfahren zur Pflege von Magerrasen. – In: Fink, P., Härdtle, W., Redecker, B., Riecken, U.:<br />

Weidelandschaften und Wildnisgebiete – Vom Experiment zur Praxis. Schriftenreihe für<br />

Landschaftspflege und Naturschutz 78, 161-182.<br />

Freie Beweidung mit geringer Besatzdichte und Fräsen als alternative<br />

Verfahren zur Pflege von Magerrasen.<br />

Michael Kleyer und das MOSAIK-Projekt 1<br />

Abstract<br />

Free grazing at low stocking rates and infrequent rototilling as alternative conservation management<br />

systems for dry nutrient-poor grasslands<br />

Free grazing and infrequent rototilling are presented as two alternative management systems to conserve the<br />

species richness of dry nutrient-poor grasslands. Both systems are characterised by secondary successions<br />

which are set back periodically, in the first case by the browsing animals, in the second case by rototilling.<br />

Accepting succession in conservation management means to accept spatio-temporal shifts in habitat quality<br />

(mosaic cycles) which may result in an accelerated decline of biodiversity if the biological attributes and<br />

requirements of the species do not match the long-term spatio-temporal properties of the habitat quality<br />

pattern. Habitat models of more than 60 plant species showed a significant response to environmental<br />

factors, i.e. mainly to browsing in winter time and to soil pH. The plant traits height, leaf distribution, and<br />

spacer length responded most strongly to secondary succession. Based on viability analyses carried out for a<br />

selection of four focal plant species, and habitat models of three grasshopper species and four butterfly<br />

species, it is recommended that rototilling should be carried out every third or fourth year. With respect to<br />

the spatiotemporal pattern of rototilling, simulations showed a wide range of possibilities for the spatial<br />

extent and temporal frequency of rototilling which support a diverse set of life histories.<br />

1 Einleitung<br />

1. 1 Artendiversität in Relation zu Störungen und Ressourcenangeboten<br />

Ein wesentliches Ziel des Naturschutzes ist es, die lebensraumtypische Artenvielfalt von Offenlandgebieten<br />

zu erhalten oder zu vergrößern. Für die Pflanzenwelt haben das „humped-back model“ von GRIME (1973)<br />

und die „intermediate disturbance hypothesis“ (CONNELL 1978) oder das „dynamic equilibrium model“ von<br />

HUSTON (1979) Vorhersagen entwickelt, bei welcher Störungsintensität und bei welchem Nährstoff- und<br />

Wasserangebot die Artenvielfalt maximiert wird (Abb. 1a). In diesen Modellen schließen dominante Arten<br />

andere Arten durch Konkurrenz aus, wenn die Dominanz durch Stress oder Störungen nicht gebrochen<br />

1 Michael Kleyer, Boris Schröder, Robert Biedermann, Michael Rudner, Katrin Fritzsch, Anke Kühner (Universität Oldenburg);<br />

Peter Poschlod, Stefanie Kahmen, Oliver Tackenberg, Evelin Talmon (Universität Regensburg); Hans-Joachim Poethke, Elisabeth<br />

Obermaier, Silke Hein, Martin Hinsch (Universität Würzburg); Klaus Henle, Josef Settele, Birgit Binzenhöfer, Alban Pfeiffer (UFZ<br />

Leipzig-Halle); Hans Kögl, Hagen Piotraschke (Universität Rostock); Doris Vetterlein (Universität Halle).<br />

1


wird. Dominante Arten entwickeln sich bei freier Sukzession auf gut versorgten <strong>Stand</strong>orten. Auf der<br />

anderen Seite können nur wenige Arten, die sich durch hohe Regenerationspotentiale oder hohe<br />

Stresstoleranzen auszeichnen, hohe Störungsintensitäten oder lang andauernden Nährstoff- und<br />

Wasserstress überstehen. Demnach sollten bei mittleren Störungsintensitäten und mittleren bis geringen<br />

Ressourcenangeboten die meisten Arten vorkommen, denn dann wird einerseits die Dominanz<br />

beschattender Arten gebrochen, andererseits können selbst regenerationsschwache Arten überleben.<br />

Mittlerweile sind diese Theorien gut belegt (GRACE 2001, KLEYER 1999, 2002, MACKEY & CURRIE 2000,<br />

WEIHER <strong>2003</strong>), allerdings ist noch unsicher, was in einer konkreten Landschaft mit „mittleren“<br />

Störungsintensitäten und „mittleren bis geringen“ Ressourcenangeboten gemeint sein kann.<br />

1. 2 Wieviel Störung ist mittlere Störungsintensität und wie kann sie umgesetzt werden?<br />

In der Schere zwischen Intensivierung und Aufgabe der Nutzung gefangen, nimmt die Artenvielfalt des<br />

landwirtschaftlichen Offenlandes immer stärker ab (POSCHLOD & SCHUMACHER 1998). Gerade die<br />

marginalen <strong>Stand</strong>orte sind deshalb in den letzten Dekaden in großer Zahl und Fläche dem behördlichen<br />

Naturschutzes mit der Verpflichtung überantwortet worden, die ursprüngliche Artenvielfalt durch<br />

Maßnahmen zur Offenhaltung zu erhalten. Bei der Gestaltung dieser Pflegemaßnahmen hielt man sich im<br />

Wesentlichen an das Vorbild der historischen bäuerlichen Bewirtschaftung, z.B. zweischürige Mahd,<br />

Schafbeweidung oder ähnliche Bewirtschaftungsformen, die noch vor 50 Jahren typische<br />

landwirtschaftliche Nutzungsformen marginaler <strong>Stand</strong>orte waren. Diese Verfahren entsprechen dem Begriff<br />

„mittlere Störungsintensität“. Mittlere Störungsintensität liegt in etwa zwischen einer zweimaligen Mahd<br />

pro Jahr und einer einmaligen Mahd all drei Jahre oder einer Beweidung von 0,1 bis 2 Großvieheinheiten<br />

pro Hektar (Abb. 1b).<br />

Das gemeinsame Merkmal von Pflegeverfahren, die der historischen bäuerlichen Bewirtschaftung<br />

nachempfunden werden, ist jedoch, dass diese ertragsorientiert sind, mithin Biomasse geerntet wird, die im<br />

früheren landwirtschaftlichen Betrieb als Futter erwünscht war, heute aber in der Regel nicht genügt, um<br />

ausreichende landwirtschaftliche Deckungsbeiträge zu erzielen. Vielfach bleibt nur die Deponie als<br />

Endlagerstätte für den Aufwuchs. Deshalb sind bereits in den siebziger und achtziger Jahren nicht<br />

ertragsorientierte Verfahren zur Entfernung von Biomasse ausprobiert worden, zum Beispiel Mulchen und<br />

Brennen (RIESS 1975, ZIMMERMANN 1975, SCHREIBER 1997a, WEGENER & KEMPF 1982, SCHIEFER 1983,<br />

IFFERT & SIMON 1985, BAKKER 1989, MAERTENS et al. 1990, DIEMONT 1994, DIERSCHKE & PEPPLER-<br />

LISBACH 1997, SCHMIDT et al. 1998). Das wichtigste Projekt stellen die „Bracheversuche in Baden-<br />

Württemberg” dar, die im Jahre 1973 in Auftrag gegeben wurden und nahezu 30 Jahre verfolgt wurden<br />

(z.B. SCHIEFER 1981, NEITZKE 1991, SCHREIBER 1997b). Diese Versuche zeigten, dass Mulchen die<br />

Nährstoffanreicherung nicht verhindern kann (erst im letzten Jahrzehnt des Dauerversuches ergaben sich<br />

Anzeichen für eine Aushagerung der Bestände durch Mulchen) und das Brennen mit einer<br />

Populationsausweitung von Rhizomgräsern verbunden ist, während Hemikryptophyten zurückgehen.<br />

Keines dieser Verfahren kommt ohne Subventionen aus, da sie im Regelfall jährlich angewendet werden<br />

müssen. Da jedoch bei gleichbleibenden öffentlichen Mitteln immer mehr offen zu haltende Fläche<br />

hinzukommt, müssen Verfahren gefunden werden, die preiswerter sind, weil der Arbeitsaufwand zur<br />

Beseitigung des Aufwuchses verringert wird (siehe auch KLEIN et al. 1997, RIECKEN et al. 1997). Dies kann<br />

in Bezug auf die Häufigkeit, die räumliche Ausdehnung oder die Intensität des landschaftspflegerischen<br />

Eingriffs geschehen (vgl. WHITE & JENTSCH 2001). Im ersten Fall wird die Fläche seltener gepflegt, im<br />

zweiten Fall werden jährlich nur Teilflächen gepflegt und im dritten Fall wird ein vergleichsweise geringer<br />

Eingriff wie z.B. Mahd durch einen schwereren Eingriff ersetzt, wie z.B. Fräsen, unter der Annahme, dass<br />

2


dies dann seltener durchgeführt werden kann. Das Mosaik–Projekt stellt zwei Pflegemethoden vor, in<br />

denen diese Parameter variiert werden:<br />

�<br />

Leitbild halboffene Weidelandschaft; Maßnahme: extensive, ganzjährige <strong>Stand</strong>weide mit geringer<br />

Besatzdichte (1 - 0,5 GV/ha) von<br />

a) Shetland-Ponies auf der Greifswalder Oie, einer Insel im Greifswalder Bodden,<br />

b) Fjällrinder, Gotland-Schafe und Shetland-Ponies auf der Müritzterrasse im Müritz-Nationalpark,<br />

c) Ziegen auf ehemaligen Weinbergslagen der Hassberge bei Hassfurt in Bayern.<br />

� Leitbild Feldgraslandschaft; Maßnahme: Fräsen von kleinen Flächen alle zwei bis fünf Jahre auf<br />

ehemaligen Weinbergslagen der Hassberge bei Hassfurt in Bayern.<br />

Die zentrale Hypothese des Forschungsvorhabens ist, dass die Verfahren nicht zu entscheidend höheren<br />

Extinktionsraten naturschutzfachlich relevanter Arten führen als die „konventionelle“ jährliche Mahd,<br />

weshalb diese alternativen Methoden zur Pflege von Naturschutzgebieten empfohlen werden können.<br />

1. 3 Dynamische Landschaften<br />

In der halboffenen Weidelandschaft wird ein raumzeitlicher Mosaikzyklus geschaffen, der aus einer<br />

Sukzessionsserie von offenen Grasheiden zu Gebüschen besteht, in einer Feldgraslandschaft ein<br />

raumzeitlich gesteuerter Mosaikzyklus, der eine Sukzessionsserie aus bis in den Wurzelhorizont gestörten<br />

Flächen bis hin zu Grasheiden und Gebüschen umfasst.<br />

Im Gegensatz zur jährlichen Intensivpflege von Offenlandbiotopen, die niedrige, geschlossene<br />

Vegetationsdecken konserviert, werden in diesen neuen Systemen also Sukzessionen zugelassen. Damit<br />

kommt es für Flora und Fauna zu einer mosaikförmigen Änderung der Habitatqualität, die zu einer<br />

raumzeitlichen Veränderung geeigneter Lebensräume führt und damit das Besiedlungs- und Aussterberisiko<br />

verändert. Die Flächen mit guter Habitatqualität werden kleiner und stehen kürzer zur Verfügung<br />

(„dynamische Landschaften“). Simulationen haben gezeigt, dass Metapopulationen im Vergleich zu<br />

statischen Landschaften schneller aussterben, wenn die Dynamik einer fragmentierten Landschaft einen<br />

kritischen Schwellenwert überschreitet (KEYMER et al. 2000, JOHST et al. 2002).<br />

Damit dieser Mosaikzyklus ohne dauerhafte Gefährdung der Arten ablaufen kann, muss das raumzeitliche<br />

Muster unterschiedlicher Habitatbedingungen so optimiert werden, dass betroffene Arten auf benachbarte<br />

Teilflächen ausweichen können, bevor sie lokal erlöschen oder aus benachbarten Habitaten einwandern<br />

können, nachdem durch Sukzession bzw. Pflegeeingriffe wieder geeignete Lebensraumbedingungen<br />

entstanden sind. Diese Möglichkeit hängt ab von 1) der räumlichen Anordnung zeitlich versetzter<br />

Pflegestrategien, 2) der Sukzessionsdynamik, 3) dem Zeitfenster innerhalb der Sukzession, das einer Art<br />

geeignete Habitatbedingungen bietet, 4) den sonstigen Habitatansprüchen der Art, 5) der Mobilität und 6)<br />

der Strategie zur Besetzung von Habitatflächen unterschiedlicher Qualität. Wenn das Aussterberisiko für<br />

die naturschutzfachlich relevanten Arten gering ist, kann von der intensiven, kostenaufwendigen Pflege auf<br />

diese eher extensiven, weniger kostenaufwendigen Managementsysteme übergegangen werden.<br />

Rein empirische Studien können Extinktionsprozesse und Überlebenswahrscheinlichkeiten erst in sehr<br />

langfristigen Feldversuchen belegen, was im Rahmen dieses Forschungsprojektes nicht realisierbar war.<br />

Deshalb besteht unser Lösungsansatz darin, die Entwicklung von Arten und Artengruppen vorherzusagen,<br />

zum Teil durch Modellierung der Vorkommenswahrscheinlichkeiten im Rahmen von Habitatmodellen<br />

(MORRISON et al. 1998, KLEYER et al. 1999), zum Teil durch Modellierung der Extinktionsraten (POETHKE<br />

et al. 1996) auf der Basis populationsdynamischer Untersuchungen. Aus den Modellergebnissen soll dann<br />

die Eignung der Pflegevarianten für die Praxis abgeleitet werden. Die für eine vertrauenswürdige<br />

3


Modellierung notwendigen Parameter und Daten werden durch einen hierarchischen Untersuchungsansatz<br />

im Gelände ermittelt. Neben populationsdynamischen Untersuchungen und Habitatmodellen für einzelne<br />

Pflanzen- und Tierarten verwenden wir für die „community“–Ebene das Konzept der „funktionalen<br />

Pflanzentypen“. Funktionelle Gruppen werden als Gruppen von Pflanzen definiert, die sich in bezug auf<br />

biologische Merkmale der Persistenz, vegetativen und generativen Regeneration und Dauerhaftigkeit der<br />

Diasporenbank ähnlich sind und die bei bestimmten <strong>Stand</strong>ortbedingungen häufig vorkommen, was<br />

bedeutet, dass ihre biologischen Merkmale für diese Bedingungen funktional sind (GITAY & NOBLE 1997,<br />

LAVOREL et al. 1997, KLEYER 1999). In einer Gruppe werden also Pflanzenarten zusammengefasst, die sich<br />

bei Umweltveränderungen ähnlich verhalten, weil ihre Biologie ähnlich ist.<br />

2 Ein ungesteuerter Mosaikzyklus durch freie Beweidung mit geringer Besatzdichte<br />

2.1 Fragestellung<br />

Geringe Besatzdichten besonders widerstandsfähiger Landrassen von Weidetieren haben den Vorteil, dass<br />

die wenigen Tiere auf großer Fläche selbst im Winter bei sehr geringem Futterangebot noch ausreichend zu<br />

fressen finden. Wenn dies möglich ist, entfallen für den Naturschutz die Kosten der Winterfutter-<br />

Vorratswerbung und –lagerung sowie die Stallhaltung mit ihrem hohen Betreuungsaufwand. Unsere<br />

Hypothese ist, dass bei freier Beweidung ohne winterliche Aufstallung die Nahrungsressourcen im Winter<br />

entscheidend sind, während der Aufwuchs im Sommer nicht vollständig konsumiert wird. Das Winter-<br />

Futterangebot bestimmt die Größe der Herde, wobei extreme Winter besonders hohe Regulationseffekte<br />

erzielen. Deshalb wird im Sommer die Verbuschung zunehmen, während im Winter die Büsche durch das<br />

Vieh befressen werden und die Sukzession wieder zurückgesetzt wird. Je geringer die Besatzdichte wird,<br />

desto stärker können die Tiere zudem ihr Futter selektieren. Dann verändert sich das Bild von einer<br />

homogenen Beweidung („homogeneous grazing“) zu einer fleckenhaften Beweidung („patch grazing“) und<br />

dann zu einer zufälligen Auswahl von Einzelpflanzen („random grazing“, ADLER et al. 2001). Patch<br />

grazing tritt auf, wenn die Tiere bestimmte Flächen bevorzugen, (i) um junge, proteinreiche Triebe zu<br />

fördern, (ii) um Weideflächen in Fraßbereiche und Latrinenbereiche zu gliedern (PUTMAN et al. 1991), oder<br />

(iii) um Flächen zu meiden, die windexponiert, zu feucht oder aus anderen Gründen ungünstig sind. Patch<br />

grazing bedeutet für die Pflanzen- und Tierarten eine mosaikförmige Intensivierung der Störung, die bei<br />

Beweidung durch Pferden, Ziegen und Schafen extreme Werte annehmen kann, weil diese ihr Futter sehr<br />

nahe am Boden abbeißen (SAMBRAUS 1991). Die Landschaft sollte sich also langsam in intensiv beweidete<br />

und kaum beweidete, ggf. verbuschende Bereiche aufgliedern. Schutzwürdige Arten würden mithin<br />

entweder den Verbiss nicht überstehen können oder durch Sukzession auskonkurriert werden, womit dieses<br />

Pflegeverfahren in Konflikt zu den Naturschutzzielen geraten könnte. Wenn patch grazing über lange Zeit<br />

ohne Düngung auf den gleichen Flächen etabliert wird, sollte es dort zu einer starken Aushagerung<br />

kommen, so dass die Weidetiere ihren Proteinbedarf nicht mehr decken können. Dann kann erwartet<br />

werden, dass die Weidetiere sich neue Fraßbereiche erschließen und die bisherige Verteilung von Fraß-,<br />

Latrinen- und Ruhebereichen umdrehen. Dies wiederum könnte für empfindliche Arten vorteilhaft sein,<br />

vorausgesetzt, sie können in diese ausgehagerten Flächen wieder einwandern. Langfristig wird die<br />

Habitatqualität für Pflanzen und Tiere zyklische Mosaikstrukturen aufweisen, vermittelt durch die<br />

spezifische Verhaltensökologie der Weidetiere. Über die Frequenzen, Amplituden und räumliche Skalen<br />

dieses Weide-Mosaikzyklus ist so gut wie nichts bekannt.<br />

2.2 Ergebnisse<br />

Auf der Greifswalder Oie (Größe: 0,55 km², Böden: Parabraunerden und geköpfte Parabraunerden;<br />

4


Jahresmitteltemperatur: 7,9°C; mittlere Jahresniederschläge: 604 mm) sind 1977 zwei Shetlandpony-Stuten<br />

und ein Hengst ausgesetzt worden, um die Insel offen zu halten. Im Jahr 1999 zählten U. KURZE und M.<br />

ISENSEE 65 Tiere (1,3 GV * ha -1 , KURZE & ISENSEE 2001). Die Betreuung der Herde beschränkt sich auf<br />

die Kastrierung der Junghengste und den gelegentlichen Austausch der Deckhengste. Die<br />

Beweidungsintensität wurde räumlich explizit mit „exclosures“ bestimmt, in denen der Biomasseaufwuchs<br />

in zugänglichen Probeflächen in Prozent des Aufwuchses in benachbarten ausgezäunten Probeflächen<br />

bestimmt wird. Die den Tieren frei zugängliche Weideareale der Insel bilden heute ein Mosaik aus extrem<br />

stark beweideten Flächen, in denen die Vegetationshöhe über das ganze Jahr hinweg nur wenige Zentimeter<br />

beträgt (80 % Biomasse–Verlust durch Beweidung), schwach beweideten Flächen mit hochwüchsigen<br />

Gras- und Krautbeständen (30 – 50 % Biomasse–Verlust) und verbuschten Flächen (30 % Biomasse-<br />

Verlust; KURZE & ISENSEE 2001). Die Büsche, vor allem Weißdorn, haben durch Verbiss einen<br />

schirmförmigen Wuchs angenommen. Unter dem dichten Kronendach besteht ein dichtes Netz von Wegen<br />

und Ruheplätzen, zu denen sich die Tiere bei starker Besonnung oder bei Regen und Wind zurückziehen.<br />

Bodenuntersuchungen (nFK, P, K) zeigten statt einer positiven Korrelation eine negative Korrelation<br />

zwischen Bodennährstoffen und Beweidungsintensität (KURZE & ISENSEE 2001). Demnach finden sich die<br />

am stärksten beweideten Flächen also nicht auf den besser versorgten <strong>Stand</strong>orten. Im Gegenteil, letztere<br />

werden nur schwach beweidet. Da es weder bodengenetische noch topographische Unterschiede zwischen<br />

intensiv und extensiv beweideten Flächen gibt, vermuten wir, dass die intensiv beweideten Flächen bereits<br />

starke Aushagerungseffekte zeigen, während wenig beweidete Flächen (Latrinenbereiche)<br />

Anreicherungseffekte zeigen. Demnach sollte es eine Frage der Zeit sein, bis die Biomasse-Produktion auf<br />

den intensiv beweideten Flächen so gering wird, dass sich die Tiere neue Flächen zum patch-grazing<br />

suchen.<br />

Das Untersuchungsgebiet Müritzterrasse liegt auf einer breiten Uferterrasse am flachen Ostufer der Müritz<br />

(Größe: ca. 300 ha, Jahresmitteltemperatur: 8,2°C; mittlere Jahresniederschläge: 583 mm). Die<br />

Müritzterrasse entstand vor ca. 170 Jahren infolge einer anthropogenen Absenkung des Wasserspiegels der<br />

Müritz. Die neuen Landflächen wurden extensiv beweidet, was auf den trockeneren Teilen zur Ausbildung<br />

einer großen Wacholderheide führte. Anfang der 50er Jahre dieses Jahrhunderts wurden die weiten nassen<br />

Areale des Gebietes aufgelassen, worauf sich ausgedehnte Feuchtbrachen entwickelten (MARTIN 1997). Um<br />

die Verbuschung der besonders für die Avifauna wertvollen Bereiche zu verhindern, wurde nach Wegen<br />

gesucht, wie jenseits wirtschaftlicher Erwägungen eine Beweidung sichergestellt werden kann. Dies<br />

geschah 1969 mit dem schwedischen Fjällrind, das ganzjährig im Freien gehalten werden kann. Ausgehend<br />

von neun Tieren hat sich heute auf einer Fläche von anfangs 30 ha, später 300 ha, eine Herde von 40 bis 50<br />

Tieren entwickelt, die sich bis 1989 weitgehend selbst überlassen blieb. Nach schweren Wintern kam es zu<br />

Einbrüchen von bis zu 30 % der Population (s. MARTIN 1997 zur Populationsentwicklung). Da die<br />

Fjällrinder die gesamte Fläche nicht offen halten können, wurden in den achtziger Jahren außerdem<br />

Gotlandschafe und Shetlandponies eingesetzt (insgesamt zur Zeit ca. 0,5 GV/ha).<br />

Die Fjällrindrasse ist heute in ihrem Bestand weltweit gefährdet. Daraus und aus dem bundesdeutschen<br />

Tierschutzrecht ergibt sich die Verpflichtung zur Pflege der Herde, was bedeutet, dass die Tiere seit 1990<br />

nicht mehr völlig sich selbst überlassen werden können. Die Pflege liegt heute in den Händen eines Vereins<br />

zur Betreuung behinderter Menschen und umfasst seit der Wende Zufütterung im Winter sowie tierärztliche<br />

Betreuung.<br />

Aus dem Jahr 1962 liegt eine Pflanzenartenliste mit Fundortangaben von L. JESCHKE vor. Von den ca. 400<br />

Arten aus dem engeren Untersuchungsgebiet (JESCHKE 1962) sind zwischen 1994 und 2001 die<br />

5


allermeisten wiedergefunden worden (VOIGTLÄNDER 1994, KÖBER 2001, KÜHNER unpubl.), darunter viele<br />

Arten der Roten Listen. Ähnliches gilt für die Tierwelt des Gebietes. Insofern war das Beweidungsregime<br />

in den bisherigen 30 Jahren erfolgreich. Prognosen über die Nachhaltigkeit des Beweidungsregimes in der<br />

Zukunft und über die optimale Herdengröße erlauben solche einfachen Vergleiche allerdings nicht.<br />

Die Verteilung der Pflanzenarten in ihrer Abhängigkeit von abiotischen Faktoren und der<br />

Beweidungsintensität wurde analysiert, indem auf 120 Probeflächen die Vegetationszusammensetzung,<br />

Nährstoffe im Boden, nutzbare Feldkapazitäten und die Beweidungsintensität durch die o.g. „exclosures“<br />

bestimmt wurden (KÜHNER & KLEYER 2004). Zusätzlich wurden für 80 Pflanzenqarten Merkmale der<br />

Persistenz, Regeneration und Ausbreitung erfasst, um funktionelle Pflanzentypen zu bilden. Im Unterschied<br />

zu den Ergebnissen auf der Greifswalder Oie lässt sich auf der Müritzterrasse kein deutliches patch grazing<br />

erkennen, was vermutlich ein Effekt der Mischbeweidung aus Schafen, Ponys und Rindern ist.<br />

Die Auswertung der Bodenressourcen und Beweidungsintensitäten ergibt statt dessen eine deutliche<br />

Differenzierung der Landschaft in stark beweidete Areale auf höher gelegenen sandigen Flächen in der<br />

Nähe des Müritzhofes, die deutlich mit Nährstoffen (Phosphor 659 kg*ha -1 , Kalium 452 kg*ha -1 )<br />

angereichert, jedoch auf Grund von Trockenheit nicht sehr produktiv sind. Dem stehen hofferne Flächen<br />

feuchter und trockener <strong>Stand</strong>orte gegenüber, deren Nährstoffgehalte (Minimum: Phosphor 98 kg*ha -1 ,<br />

Kalium 102 kg*ha -1 ) und Sommer-Beweidungsintensität weit geringer sind (KÜHNER & KLEYER 2004).<br />

Angesichts der Unterschiede in den Nährstoffgehalten muss von einer großräumigen Umverteilung der<br />

Nährstoffe im Gebiet ausgegangen werden, mit Aushagerung in den hoffernen Bereichen und Anreicherung<br />

in den hofnahen Bereichen. Im Winter wird ein großer Teil der Gesamtfläche relativ gleichmäßig befressen<br />

(Abb. 2). Natürlich ist die entzogene Biomasse dann geringer, weil die Produktivität im Vergleich zum<br />

Sommerhalbjahr sehr viel geringer ist. Logistische Regressionsanalysen mit Variablenselektion zeigen, dass<br />

ein Großteil der analysierten 80 Pflanzenarten in ihren Vorkommen mehr von der Winterbeweidung als von<br />

der Sommerbeweidung bestimmt wird, abgesehen von dem sehr deutlichen Einfluss, den der pH-Wert hat.<br />

Der pH–Wert kann als Indikator für die Zweiteilung der Landschaft in hochliegende, versauerte<br />

Moränenstandorte und tiefliegende, kalkreiche ehemalige Seeböden gelten. Die Regressionsfunktionen<br />

zeigen, dass die Winterbeweidung bei geringer Besatzdichte für die Erhaltung floristischer Gradienten<br />

wesentlich ist, da der Entzug im Sommer kaum ausreicht, um die Vegetationsentwicklung zu kontrollieren.<br />

Die Regressionsmodelle der funktionellen Pflanzentypen ermöglichen die Aussage, bis zu welchem Bereich<br />

Beweidung intensiviert oder extensiviert werden muss, um Gruppen von Pflanzen mit ähnlichem<br />

Persistenz-, Regenerations- und Kolonisationspotential zu fördern. So reagieren zum Beispiel<br />

niedrigwüchsige Arten mit geringer spezifischer Blattfläche (26 mm²/mg), mittlerer Samenzahl (547 Samen<br />

pro Spross) bei mittlerem Samengewicht (0,46 mg) und Aerenchymen (Eleocharis uniglumis, Parnassia<br />

palustris, Taraxacum palustre, Valeriana dioica) auf feuchten <strong>Stand</strong>orten mit hohem pH-Wert empfindlich<br />

auf Winterbeweidung, während niedrigwüchsige Arten mit mittlerer spezifischer Blattfläche (39 mm²/mg),<br />

geringer Samenzahl (183 Samen pro Spross) bei mittlerem Samengewicht (0,40 mg) ohne Aerenchyme auf<br />

<strong>Stand</strong>orten mit eher niedrigem pH-Wert von hoher Beweidungsintensität profitieren (Agrostis capillaris,<br />

Lolium perenne, Rumex acetosella, Stellaria graminea, Trifolium repens, Abb. 3; KÜHNER & KLEYER<br />

2004).<br />

Rinder, Gotlandschafe und Ponys sind nicht in der Lage, auf den trockenen hoffernen <strong>Stand</strong>orten die<br />

Ausbreitung des Wacholders zu verhindern. Zwar zeigt der Wacholder starke Verbissspuren, jedoch wächst<br />

er irgendwann über die Kopfhöhe der Tiere hinaus und entfaltet dann sein Blätterdach zu einem<br />

schirmförmigen Wuchs. Ziegen können die Gehölzentwicklung im Vergleich zu den oben genannten<br />

Weidetieren deutlich besser unterdrücken. Dies konnten wir in den Hassbergen in Bayern (siehe unten)<br />

6


zeigen, wo ein stark mit Schlehen (Prunus spinosa) verbuschter Hang mit Ziegen besetzt wurde (ca. 0,25<br />

GV/ha). Nach zwei Jahren hatten die Ziegen einen Großteil aller Sträucher in ihrer Vitalität mittel bis stark<br />

geschädigt (OBERMAIER in Vorb.).<br />

Können wir vorhersagen, welche Pflanzen bei fortschreitender Sukzession besonders betroffen sind? S.<br />

Kahmen (<strong>2003</strong>, KAHMEN & POSCHLOD 2004) hat sich die Frage gestellt, ob es einfach zu bestimmende<br />

biologische Merkmale gibt, die auf Beschattung funktional reagieren. Aus den Merkmalen Pflanzenhöhe,<br />

Verteilung der Blätter und Ausläuferlänge, die sich in anderen Auswertungen als besonders sensitiv<br />

herausgestellt hatten, wurden acht funktionelle Gruppen gebildet und nachfolgend analysiert, wie diese<br />

Gruppen auf Verbuschung reagieren. Kleine Arten mit bodennaher Beblätterung, die keine oder nur kurze<br />

Ausläufer bilden, sind bei Verbuschung stark gefährdet. Ein weiteres Ergebnis war, dass die generative<br />

Vermehrung der Grünlandarten von Mahd über Weide bis zu verbuschter Weide drastisch abnimmt und<br />

dies sowohl für Arten mit schweren als auch mit leichten Samen gilt. Schwere Samen ermöglichen aber im<br />

Vergleich zu leichten Samen einen höheren Keimungserfolg (KAHMEN <strong>2003</strong>, KAHMEN & POSCHLOD 2004).<br />

Verhaltensökologische Beobachtungen (EWERT 2001) zeigten, dass Beweidung mit geringen Besatzdichten<br />

eine hohe räumliche und zeitliche Variabilität innerhalb eines Jahre aufweist. Darüber hinaus gibt es<br />

offenbar ebenso deutliche Unterschiede zwischen mehreren Jahren. Aus diesem Grunde hat HENTSCHKE<br />

(2004) ein Modell erarbeitet, mit dem auf der Basis der jahreszeitlichen Präferenzindices aus EWERT (2001)<br />

die Verweildauer der Rinder in jeder Zelle der gerasterten Untersuchungsfläche für die beiden Aktivitäten<br />

Fressen und Ruhen simuliert werden kann.<br />

BONN & POSCHLOD (1998) haben viele Beispiele zusammengetragen, die zeigen, welche Bedeutung<br />

Weidetiere für die Ausbreitung von Pflanzenarten haben. Für eine Prognose, welche Areale wohl besonders<br />

von dieser Ausbreitung profitieren können, vor allem nach lokalen Extinktionsprozessen, sind folgende<br />

Informationen wesentlich:<br />

• Die Lage der Quellhabitate mit Überschuss an Samen und der Zielhabitate mit Samenlimitierung,<br />

• die Verweildauer und spezifische Aktivität der Weidetiere in diesen Flächen zur Parametrisierung der<br />

Samenaufnahme,<br />

• die Verbindung der Flächen über einen Weidegang der Tiere und die Dauer dieses Ganges,<br />

• die tierartenspezifische Verweildauer der Samen im Fell zur Quantifizierung ektozoochorer<br />

Ausbreitung und<br />

• die tierartenspezifische Verweildauer der Samen im Verdauungstrakt zur Quantifizierung<br />

endozoochorer Ausbreitung.<br />

KAHMEN et al. (2004) erstellten u.a. mit Hilfe des Bewegungsmodells von HENTSCHKE (2004) ein Modell<br />

für die zoochore Ausbreitung. Mit einer Rüttelmaschine, in der Felle von Rindern und Schafen eingespannt<br />

waren, wurde Retentionskurven der Samen im Fell über die Zeit ermittelt und durch Felderhebungen<br />

kalibriert. Demnach werden 50 – 60 % der im Fell aufgenommen Samen innerhalb einer Stunde wieder<br />

freigesetzt. Ca. 10 % verbleiben über lange Zeit im Fell (Abb. 4). Die Verweildauer im Verdauungstrakt<br />

wurde mit empirischen Untersuchungen bestimmt und die Überlebensrate im Verdauungstrakt mit einem<br />

standardisierten Laborversuch (BONN in Vorb.). Über 60 % der Samen werden innerhalb von ein bis zwei<br />

Tagen wieder ausgeschieden. Mit dem Modell kann nun die räumlich explizite Ausbreitung der Arten<br />

simuliert werden.<br />

3 Ein gesteuerter Mosaikzyklus durch Fräsen von Magerrasen<br />

3.1 Fragestellung<br />

7


Im Leitbild Feldgraslandschaft wird die Ausdehnung des Fräseingriffes und seine Wiederholrate durch die<br />

Pflegeplanung entschieden, es handelt sich also um einen gesteuerten, rein deterministischen Mosaikzyklus.<br />

Warum kann ausgerechnet Fräsen eine alternative Pflegemaßnahme zur Offenhaltung sein? Pflegeeingriffe<br />

in die Vegetationsdecke sind unterschiedlich in ihrer Destruktivität. Mahd trifft die Pflanzen nur weit<br />

oberhalb des Epikotyls, Fräsen oder Pflügen dagegen im Bereich des Hypokotyls. Viele Pflanzen der<br />

Magerrasen und des Grünlandes besitzen auch Regenerationsknospen im Bereich des Hypokotyls (s.<br />

Literaturübersicht bei KLEYER 1995) und könnten deshalb auch Fräsen vertragen, wenn dieses nur alle 3 bis<br />

5 Jahre durchgeführt wird. Schließlich lag das Zeitfenster ihrer Einwanderung oder Populationsausweitung<br />

im Mittelalter und davor, als Ackerland und Grünland noch nicht räumlich getrennt waren. Diese<br />

Überlegung und die Tatsache, dass mit Fräsen und ähnlichen Eingriffen bis in den Wurzelhorizont sowohl<br />

Zerstörung und Abbau von Biomasse, Auswaschung von Nährstoffen und damit Aushagerung, Aktivierung<br />

der Diasporenbank und neue Keimungsplätze verbunden sind, ließ uns die Hypothese aufstellen, dass der<br />

Einsatz von Fräsen eine Alternative zu jährlicher Mahd sein können.<br />

3.2 Ergebnisse<br />

Der Ersatz der jährlichen Mahd als einer häufigen, relativ schwachen Störung durch eine stärkere, aber<br />

seltenere Störung wie Fräsen kann auf Akzeptanzprobleme stoßen, selbst auf Weinbergsbrachen, die ja<br />

vorher als Weinberge intensiv gestört wurden. Deshalb muss die naturschutzfachliche Effizienz dieser<br />

Methode zunächst im experimentellen Maßstab auf von einander unabhängigen Probeflächen geprüft<br />

werden, bevor sie für die großräumige Anwendung empfohlen werden kann. Wir haben deshalb in den<br />

Hassbergen bei Hassfurt mit Unterstützung der Naturschutzbehörden ein Landschaftsexperiment angelegt,<br />

in dem auf mehreren Probeflächen Fräsen mit Mahd verglichen wird (Jahresmitteltemperatur: 7,5 - 8,5°C;<br />

mittlere Jahresniederschläge: 650 - 700 mm). Die Hassberge liegen im Fränkischen Keuper-Bergland in<br />

Nordbayern. Die Landschaft besteht aus Weinbergen, Weinbergsbrachen, Schafweiden, Äckern und<br />

Feldgehölzen über Ton- und Sandsteinen. Viele Flächen sind stark verbuscht. Im engeren<br />

Untersuchungsgebiet existiert seit 1996 ein 1055 ha großes Naturschutzgebiet, dessen vordringliches Ziel<br />

der Erhalt der artenreichen Halbtrockenrasen ist. Hierzu werden immer wieder Flächen entbuscht und in der<br />

Folge gemäht. Einige größere Flächen werden auch beweidet.<br />

Eine unserer Hypothesen war, dass es beim Fräsen zu einem Nährstoffaustrag kommt, obwohl keine<br />

Biomasse geerntet wird. Dies sollte in der Zeit passieren, in der die zerschlagenen Pflanzenreste<br />

mineralisiert werden, aber die Pflanzen noch nicht ausreichend regeneriert sind, um die Nährstoffe<br />

aufzunehmen. D. VETTERLEIN (in Vorb.) hat dies bodenkundlich untersucht. Die mineralische<br />

Stickstofffraktion wies nach dem Fräsen auf zwei von vier <strong>Stand</strong>orten leicht erhöhte Werte auf. Diese<br />

geringen Effekte sind auf den tonigen Böden vermutlich zu erwarten. Würde die Maßnahme auf Sandböden<br />

durchgeführt, wären die Effekte vermutlich deutlicher.<br />

Die floristischen Ergebnisse der Fräsversuche zeigten, dass sich alle Arten des Ausgangsbestandes im Jahr<br />

1 und 2 nach Fräsen wieder einstellen (FRITZSCH et al. 2004). Aber würde dies auch nach 10 bis 20 Jahren<br />

dauerhafter Anwendung des Fräsens passieren? Dies kann nur modelliert werden. Mit kleinräumigen<br />

Probeflächen handelt man sich zudem Prognosefehler für eine großräumige Anwendungsempfehlung ein.<br />

So konnte z. B. die Heuschreckenart Metrioptera bicolor den Störungen durch Fräsen auf unseren 150 m²<br />

großen Probeflächen leicht ausweichen, wie die Ausbreitungsuntersuchungen gezeigt haben. Nach einem<br />

Jahr waren die gefrästen Magerrasen wieder mit der gesamten vorherigen Heuschreckenzönose besiedelt<br />

(REISER & KAMINSKY 2002). Zwar wurde auf den Probeflächen ein geringer Rückgang der Tagfalter-<br />

Artenzahlen festgestellt (REISER & KAMINSKY 2002, REISER <strong>2003</strong>). Mobile Arten wie Tagfalter können<br />

8


aber einzelne Störungen dieser Größe durch Einwanderung wieder ausgleichen. Eine großräumige<br />

Anwendung des Fräsens würde für Insekten jedoch wesentlich geringere Überlebenswahrscheinlichkeiten<br />

bedeuten. Schon der Laie kann deshalb sagen, dass eine Anwendung in Form eines kleinräumigen Mosaiks<br />

besser ist. Dem steht jedoch der stark ansteigende Finanzbedarf gegenüber, der entsteht, wenn ein<br />

Traktorfahrer von Kleinfläche zu Kleinfläche fahren und jeweils für nur kurze Zeit die Fräse anbauen und<br />

in Betrieb setzen muss. Die Kunst besteht also darin, jene Flächenverteilung in Raum und Zeit zu finden,<br />

die bei minimalen Kosten genügend Habitatqualität für ein Überleben in ausreichender Vernetzung<br />

ermöglicht.<br />

K. FRITZSCH hat die Populationsdynamik von Vertretern verschiedener funktioneller Pflanzentypen auf<br />

gemähten und gefrästen Probeflächen untersucht (Thlaspi arvense, Sanguisorba minor, Salvia pratensis<br />

und Prunus spinosa, FRITZSCH et al. 2004). In Kleinquadraten sind die Lebensstadien der vier<br />

ausgewählten Arten erfasst und zur Bestimmung der Übergangs- und Bleibewahrscheinlichkeiten von<br />

einem ins nächste Stadium wenigstens dreimal pro Jahr ausgezählt worden. Zusätzlich wurden<br />

Vegetationsstruktur der Flächen sowie Samenproduktion, vegetative Regeneration, Samenbankdauer und<br />

Keimungsraten der Arten ermittelt. Auf dieser Basis wurden Lebenstafeln erstellt und diese in ein<br />

individuenbasiertes Modell integriert, mit dem die Feldergebnisse in Zeit und Raum extrapoliert wurden.<br />

Die Modellergebnisse zeigen, dass einjährige Magerrasen-Arten wie Thlaspi perfoliatum in einem Zeitraum<br />

von 30 Jahren positiv auf „Fräsen“ reagieren, wenn dieses im Zeitraum zwischen 1 bis 3 Jahren wiederholt<br />

wird. Gefördert wird die Art durch Freistellung von Konkurrenz im ersten Jahr nach Störung. In der dann<br />

einsetzenden Sekundärsukzession ist die Art jedoch nicht in der Lage, sich als annuelle Art ausreichend zu<br />

etablieren. Um den Bestand von Thlaspi perfoliatum zu erhalten, muss die Störungsfrequenz bei ≦ 4 Jahren<br />

liegen. Da Sanguisorba minor erst im dritten Jahr nach der Keimung zur Blüte kommt, über 80 % der<br />

Adulten und Juvenilen aber durch Fräsen getötet werden, kann sich die perenne Art bei einer zu hohen<br />

Störungsfrequenz nicht ausreichend reproduzieren. Die generative Reproduktion aus Samen ist jedoch auf<br />

den gefrästen Flächen im Vergleich zur Mahd deutlich erhöht. Bei einer Störungsfrequenz ≧ 2 Jahre kann<br />

Sanguisorba minor ihren Bestand langfristig halten. Im Gegensatz dazu sind ca. 75 % der adulten<br />

Individuen von Salvia pratensis in der Lage, nach dem Eingriff aus Regenerationsknospen neu<br />

auszutreiben. Dies reicht aber nicht aus, um bei kurzen Störungsfrequenzen zu überleben. Bei selteneren<br />

Störungen (Störungsfrequenz > 2 Jahre) kann die Art ihren Bestand halten (Abb. 5, FRITZSCH et al. 2004).<br />

Fräsen verursachte bei Prunus spinosa keine Anregung zur vermehrten Bildung von Erdsprossen, wie<br />

aufgrund des hohen Regenerationspotenzials der Art zu befürchten war. Im Gegenteil: Durch den Eingriff<br />

bis in den Boden hinein wurden die Sprosse unterirdisch bis zu 80 % zerstört. Problematisch ist allerdings<br />

die Zunahme der Gesamtbedeckung der Art durch die laterale Ausbreitung der Seitensprosse schon im<br />

zweiten Jahr der nachfolgenden Sukzession. Hier wären also wieder höhere Störungsfrequenzen von<br />

Vorteil.<br />

Um alle untersuchten Arten zu erhalten, gleichzeitig aber eine Verbuschung der Flächen zu verhindern, gibt<br />

es keinen geeigneten Fräsrhythmus. Wenn alle vier Jahre gefräst wird, können alle untersuchten Arten zwar<br />

ihren Bestand halten, eine Verbuschung kann jedoch nicht verhindert werden. Der Verbuschung entgegen<br />

wirken könnte eine Kombination aus Fräsen (alle vier Jahre) und einmaliger Mahd im zweiten Jahr der<br />

Sukzession, um die Deckung der Schlehe herabzusetzen (FRITZSCH et al. 2004).<br />

Würden wir das Fräsen als Landschaftspflegemaßnahme großflächig einsetzen, würden weite Teile der<br />

Magerrasen zu einem bestimmten Zeitpunkt wie ein Acker erscheinen und dann in eine ca. drei- bis<br />

vierjährige Sekundärsukzession mit zunehmend dichterer und hochwüchsiger Vegetation übergehen, um<br />

danach erneut gestört zu werden. Um zu prognostizieren, welche Tagfalter- und Heuschreckenarten in<br />

9


diesem System vorkommen können, haben wir wiederum mit Habitatmodellen gearbeitet (HEIN &<br />

POETHKE 2004, BINZENHÖFER et al. 2004). Diese kennzeichnen mit statistischen Verfahren die realisierte<br />

Nische der Arten in der Sukzessionsserie einschließlich des Einflusses der Umgebung.<br />

Die in Bezug auf Modellgüte und Übertragbarkeit besten Habitatmodelle zeigen, dass die realisierten<br />

Nischen der drei untersuchten Heuschreckenarten (Stenobothrus lineatus, Metrioptera bicolor, Platycleis<br />

albopunctata) von regelmäßig genutzten Magerwiesen und -weiden bis zu thermophilen Säumen reichen,<br />

wobei südexponierte <strong>Stand</strong>orte bevorzugt werden (Abb.6, HEIN & POETHKE 2004, VOSS et al. 2002). S.<br />

lineatus und P. albopunctata nutzen unter den bevorzugten Biotoptypen vor allem solche mit niedriger<br />

Vegetation, wie sie bei häufiger Beweidung auftreten, während M. bicolor nicht auf Vegetationshöhe<br />

reagiert. Die Nischen der untersuchten Tagfalterarten (Cupido minimus, Zygaena carniolica, Coenonympha<br />

arcania) sind ganz ähnlich und reichen von spät geschnittenen Magerwiesen und Schafweiden bis zu<br />

thermophilen Säumen. Vorkommen von Saugpflanzen tragen signifikant zum Auftreten der Arten bei.<br />

Bezieht man auch die Biotopausstattung in einem Umkreis von bis zu 100 m um die Probeflächen ein, so<br />

zeigen die Umgebungsparameter, vor allem das Vorkommen extensiv genutzter Magerrasen und Hecken,<br />

einen größeren Einfluss auf das Vorkommen der Tagfalter als die Bedingungen auf der Probefläche selbst<br />

(Abb. 7, BINZENHÖFER et al. 2004). Auch für die Heuschreckenart S. lineatus trägt die Verfügbarkeit<br />

geeigneter Habitate in der Umgebung der Probefläche signifikant zur Habitateignung bei (HEIN & POETHKE<br />

2004).<br />

Überlagert man die Habitatpräferenzen der Arten mit einer gedachten Landschaft, in der Magerrasen<br />

großflächig gefräst werden, so kann man abschätzen, dass für die Heuschrecken S. lineatus und P.<br />

albopunctata nur ein schmales Zeitfenster in der Sukzession nach dem Fräsen übrig bleibt, in dem die<br />

regenerierte Vegetation niedrigwüchsig und die Habitatqualität akzeptabel ist, bis die Bestände zu<br />

hochwüchsig werden. Um zu prüfen, ob die frischen Fräsflächen ein Heuschrecken-Habitat sein können<br />

oder ob die Heuschrecken diese schnell wieder verlassen, wurden Heuschrecken der Art Platycleis<br />

albopunctata in Äckern als den Fräsflächen strukturell ähnlichen Lebensräumen ausgesetzt und verfolgt,<br />

wie schnell die Tiere in benachbarte Magerrasen zurücklaufen. Es war keine konsistente Bewegung zurück<br />

ins Optimalhabitat festzustellen, was nahe legt, dass solche Flächen temporäre Habitate darstellen können<br />

(HEIN et al. <strong>2003</strong>).<br />

Für die Tagfalter schiebt sich das Zeitfenster optimaler Habitatqualität in der Sukzession nach hinten, da die<br />

Saugpflanzen nach dem Fräsen erst wieder zur Blüte kommen müssen, was unter Umständen erst nach zwei<br />

bis drei Jahren der Fall ist. Die Tagfalter-Arten sind auch weniger empfindlich gegen hochwüchsige<br />

Vegetation (BINZENHÖFER et al. 2004).<br />

Die hohe Bedeutung der Verfügbarkeit geeigneter Biotope in der Umgebung zeigt, dass negative Effekte<br />

des Fräsens kompensiert werden können, wenn frisch gefräste Flächen und in der Sukzession befindliche<br />

Flächen in einem kleinräumigen Mosaik liegen. Auf der Basis von Fang-Wiederfang–Analysen konnte ein<br />

mittlerer home range von 180 m für Z. carniolica und 150 m für C. arcania angenommen werden, was<br />

bedeutet, dass für diese Arten der größte Teil der Habitate im Untersuchungsgebiet vernetzt ist. Da die<br />

Nische von C. arcania breiter ist, mithin mehr Habitate geeignet sind, ist der Vernetzungsgrad für C.<br />

arcania trotz eines geringeren home range höher (BINZENHÖFER et al. 2004).<br />

HINSCH & POETHKE (2004) haben die rein empirisch nicht zu klärende Frage mit Simulationsmodellen<br />

untersucht, welches raumzeitliche Muster von Störungen und stochastischen Schwankungen der<br />

Habitatqualität in einer Landschaft das Überleben von Arten mit verschiedenen life histories einschränkt.<br />

Soll man eine große Fläche in viele kleine unterteilen und jedes Jahr eine der Teilflächen fräsen oder soll<br />

man die Gesamtfläche am Stück fräsen, jedoch nur alle 10 Jahre? Das Modell zeigt, dass es einen<br />

10


überraschend breiten Bereich von Habitatunterteilungen und Störungsfrequenzen gibt, in dem ein<br />

vielfältiges Set von Lebensstrategien überleben kann, variiert aus innerartlicher Konkurrenz, Fertilität und<br />

Ausbreitungsvermögen (Abb. 8). Lediglich bei hoher Störungsfrequenz auf kaum unterteilten Flächen sinkt<br />

die Überlebenswahrscheinlichkeit stark ab. Generell hängt das Überleben am deutlichsten vom<br />

Ausbreitungsvermögen ab, da dieses die Rekolonisierung leerer Habitate bestimmt.<br />

Die agrarökonomischen Untersuchungen von KÖGL & PIOTRASCHKE (2004) haben gezeigt, dass Fräsen als<br />

alternatives Pflegeverfahren gegenüber jährlicher Mahd grundsätzlich als wettbewerbsfähig bezeichnet<br />

werden kann (Tab. 1). Dieses Ergebnis kann allerdings noch nicht verallgemeinert werden, da es in hohem<br />

Maße von den <strong>Stand</strong>ortbedingungen des Untersuchungsgebietes Hassberge bestimmt wird. Der Einsatz<br />

dieses Verfahrens wird vor allem dann wettbewerbsfähig sein, wenn es in angemessener Weise in die<br />

örtlichen institutionellen Bedingungen eingebettet ist. So muss zum Beispiel die als Zugmaschine für die<br />

Fräse eingesetzte Weinbergs-Schmalspurraupe im Jahr ausreichend ausgelastet werden.<br />

Tab. 1: Vergleich der Kosten von jährlicher Mahd und Fräsen im Untersuchungsgebiet Hassberge (nach<br />

KÖGL & PIOTRASCHKE 2004).<br />

Verfahren Störungsintervall [a] Kosten [€/ha a]<br />

Istkosten der Landschaftspflege durch Mahd 1 964 - 1847<br />

Sollkosten der Mahd (ohne Deponiekosten für die anfallende Biomasse) 1 826 - 1678<br />

Sollkosten der Fräse (jährlicher Einsatz) 2-5 265 - 752<br />

3.3 Übertragung der Ergebnisse von Probeflächen auf die Landschaft<br />

Die bisher dargestellten Ergebnisse basieren auf Erhebungen und Experimenten auf kleinen Probeflächen<br />

oder auf Modellen ohne direkten räumlichen Bezug. Deshalb ist es unser Ziel, mit einem Landschaftsmodell<br />

die Ergebnisse zu regionalisieren und in Szenarien zu testen, auf welchen Flächengrößen und mit welchen<br />

Intervallen die Störungen bei minimalen Kosten durchgeführt werden können, so dass die Vorkommen der<br />

naturschutzfachlich wertvollen Arten erhalten werden können. Da die Artenvorkommen nicht nur durch die<br />

Störung, sondern auch durch die jährlich wechselnden Wasser- und Nährstoffressourcen im Boden<br />

bestimmt werden, ist eine dynamische Modellierung dieser Variablen im Landschaftsmaßstab<br />

Voraussetzung. Das abiotische Modell benötigt (i) agrarmeteorologische Daten in täglicher Auflösung aus<br />

den zwölf benachbarten agrarmeteorologischen Messstationen, (ii) ein digitales Geländemodell und daraus<br />

abgeleitete Karten topographischer Parameter, (iii) aus der Bodenkarte abgeleitete Karten von<br />

Bodenparametern und (iv) aus der Nutzungskarte abgeleitete Karten der Bestandsparameter. Daraus<br />

erhalten wir die Regionalisierung des Niederschlags und der Temperatur und die räumlich explizite<br />

Dynamik der potentiellen und aktuellen Evapotranspiration sowie des pflanzenverfügbaren Bodenwassers.<br />

Das abiotische Modell dient vor allem dazu, die Verfügbarkeit der Ressource Wasser räumlich explizit<br />

darzustellen (SCHRÖDER et al. 2004). Sie kann mit der Störung als erklärende Variable in die<br />

Habitatmodelle eingehen, um das Vorkommen von Pflanzenarten vorherzusagen (Abb. 9). In einem<br />

weiteren Schritt soll die Vegetationsstruktur modelliert werden, die sich aus den morphologischen<br />

Merkmalen der Arten in den resultierenden virtuellen Artengemeinschaften ergibt. Auf die dynamischen<br />

Karten der Vegetationsstruktur als erklärende Variablen können dann die Habitatmodelle der Tierarten<br />

aufgesetzt werden. Parallel dazu errechnet das sozioökonomische Modell die Kostenstrukturen für jedes<br />

Szenario. Die Ergebnisse werden in einer weiterführenden Publikation vorgestellt (SCHRÖDER et al. in<br />

Vorb.).<br />

11


4 Ausblick<br />

Die von uns vorgestellten Pflegeverfahren haben zumindest auf kurze Sicht ihre Eignung bewiesen, in<br />

Konkurrenz zu den herkömmlichen Pflegeverfahren den Artenbestand der Naturschutzgebiete zu erhalten.<br />

Die Frage ist, ob dies nachhaltig ist. So ist in Weidesytemen eine geringe Besatzdichte notwendig, damit die<br />

Tiere im Winter nicht verhungern, wenn der Naturschutz auf kapital- und arbeitsintensive Stallhaltung<br />

verzichten will. Sie führt aber zu großen Problemen in der Abschätzung, ob Flächen mit schutzwürdigem<br />

Arteninventar überhaupt beweidet werden oder im Gegenteil zu sehr beweidet werden, ob die nicht<br />

beweideten Flächen schnell verbuschen, ob diese Verbuschung durch die Tiere in längeren Winterperioden<br />

selbst wieder zurückgedrängt wird und ob die Pflanzen dann erneut offen stehende Habitate auch<br />

wiederbesiedeln können. Insgesamt müssen also die Effekte des zeitlichen und räumlichen Wechsels von<br />

Habitatqualitäten auf das Überleben der Arten prognostiziert werden. Dies kann nicht allein durch<br />

zwangsläufig eher kurzfristige und kleinflächige Geländeuntersuchungen geschehen, sondern nur durch<br />

eine Kombination von Modellen und statistisch ausgewerteten Geländeuntersuchungen. Die Schwierigkeit<br />

bleibt, quantitative Prognosen für alle Arten über lange Zeiträume und große Landschaften zu liefern, da die<br />

dafür benötigten Felderhebungen nicht zu leisten sind. Wir haben eine Reihe von Verfahren vorgestellt, die<br />

in ihrer Kombination einen akzeptablen Kompromiss zwischen Aufwand und Ertrag darstellen. Die<br />

statistischen Habitatmodelle, die in diesem Projekt erstmals konsequent für Tiere und Pflanzen angewendet<br />

werden, ermöglichen eine prädiktive Quantifizierung der realisierten Nische in dem Mosaikzyklus. Die<br />

untersuchten Insektenarten fanden in Magerrasen mit einem verhältnismäßig breiten Spektrum an<br />

Pflegeintervallen geeignete Habitate. Habitatmodelle sind ist unabdingbar, um die Bedeutung der<br />

Pflegemaßnahmen gegen die Bedeutung der sonstigen Habitatfaktoren für das Vorkommen jeder Art<br />

darzustellen. Dabei zeigte sich die Relevanz der Winterbeweidung im Untersuchungsgebiet Müritz.<br />

Habitatmodelle sind für viele Arten relativ schnell zu erstellen, sie sind allerdings statisch und können<br />

sinkende Populationsgrößen über die Zeit nicht darstellen. Dies war mit der Populationsgefährdungsanalyse<br />

von vier Pflanzenarten möglich, welche eine Einschätzung optimaler Intervallraten zwischen den<br />

Pflegemaßnahmen geliefert hat, jedoch nur für diese Arten. Wenn diese Arten allerdings verschiedene<br />

funktionelle Gruppen repräsentieren, können die Ergebnisse auf alle Arten dieser Gruppe übertragen<br />

werden. Die Mobilität kann bei Insekten zum Teil durch Fang-Wiederfang-Methoden bestimmt werden, bei<br />

Pflanzen müssen dazu die Ausbreitungsvektoren untersucht und die Ausbreitung der Samen modelliert<br />

werden. Populationsdynamische Simulationsmodelle zeigen das Spektrum biologischer Eigenschaften, mit<br />

dem ein Überleben in dynamischen Landschaften möglich ist. Diese theoretischen Ergebnisse können<br />

wiederum mit den im Gelände erhobenen biologischen Merkmalen der Arten verglichen werden. Die<br />

Ergebnisse der Integration dieser Verfahren in einem Landschaftsmodell konnten in diese Publikation nicht<br />

mehr einfließen, ebenso wie die Habitatmodelle der Pflanzen im Untersuchungsgebiet Hassberge.<br />

Über die Frage nach optimalen Pflegeverfahren für den Naturschutz hinaus hat das MOSAIK-Projekt auch<br />

Grundlagenforschung betrieben, um Prognosen auf eine sichere Basis zu stellen und bessere Kenntnisse<br />

über die Ökologie der Arten in Landschaften zu erhalten. Dazu zählen zum Beispiel:<br />

• Fehleranalyse bei der Präsenz- / Absenz-Erfassung von mobilen Insekten (PFEIFFER & HENLE 2004)<br />

• Quantifizierte und validierte Habitatmodelle für eine Vielzahl von Arten<br />

• Neue Erkenntnisse zur Bildung funktionaler Gruppen und zur Analyse funktionaler Merkmale von<br />

Pflanzen<br />

• Verschiedene Simulationsmodelle zur Ausbreitung, Raumnutzung und Populationsbiologie von<br />

Pflanzen, Insekten und Weidetieren (KAHMEN & POSCHLOD 2004, FRITZSCH et al. 2004, HEIN &<br />

POETHKE 2004, HINSCH & POETHKE 2004)<br />

12


Viele Literaturhinweise in dieser Publikation referieren auf den Endbericht des MOSAIK-Projektes, da die<br />

Publikation der Einzelergebnisse in Zeitschriften vielfach noch aussteht. Interessierte Leser seien auf die<br />

INTERNET-Seiten des MOSAIK-Projektes, wo auch in Zukunft alle erschienenen Publikationen des<br />

Projektes angegeben werden (www.uni-oldenburg.de/mosaik/mosaik.htm).<br />

Danksagung<br />

Wir danken dem Bundesministerium für Forschung und Technologie für die Förderung des Projektes (FKZ<br />

01LN0007) und dem Projektträger für die Betreuung während der Durchführung. Den Gutachtern des<br />

Förderschwerpunktes danken wir für Hinweise zur Endauswertung.<br />

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14


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Adressen der Verfasser:<br />

Prof. Dr. Michael Kleyer,<br />

AG Landschaftsökologie,<br />

Universität Oldenburg,<br />

26111 Oldenburg,<br />

Tel 0441 7983278,<br />

michael.kleyer@uni-oldenburg.de.<br />

Das MOSAIK Projekt:<br />

Prof. Dr. Michael Kleyer, Dr. Boris Schröder, Dr. Robert Biedermann, Michael Rudner, Katrin Fritzsch,<br />

Anke Kühner,<br />

AG Landschaftsökologie,<br />

Universität Oldenburg,<br />

D-26111 Oldenburg;<br />

Prof. Dr. Peter Poschlod, Dr. Stefanie Kahmen, Dr. Oliver Tackenberg, Evelin Talmon,<br />

Inst. f. Botanik,<br />

Universität Regensburg,<br />

D-93040 Regensburg;<br />

Prof. Dr. Hans-Joachim Poethke, Dr. Elisabeth Obermaier, Silke Hein, Martin Hinsch,<br />

Ökologische Station,<br />

Universität Würzburg,<br />

D- 96181 Rauhenebrach;<br />

PD Dr. Klaus Henle, PD Dr. Josef Settele, Birgit Binzenhöfer, Alban Pfeiffer,<br />

Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle,<br />

16


D-04318 Leipzig;<br />

Prof. Dr. Hans Kögl, Hagen F. Piotraschke,<br />

FB Agrarökologie,<br />

Universität Rostock,<br />

D-18051 Rostock;<br />

Dr. Doris Vetterlein,<br />

Institut für Bodenkunde und Pflanzenernährung,<br />

Universität Halle,<br />

D-06099 Halle.<br />

17


Störungsintensität<br />

10<br />

Fehlende Regeneration<br />

9 9<br />

Abb. 1 a, b: a) Phytodiversität in Abhängigkeit von Störungsintensität und Ressourcenangeboten im Boden<br />

nach den Modellen von GRIME (1973), CONNELL (1978), HUSTON (1979). Von schwarz zu weiß:<br />

von geringer zu hoher Phytodiversität. b) Annahmen für Beweidungs- und Mahdintensitäten zur<br />

Parametrisierung der Störungsachse.<br />

1<br />

0.95<br />

0.9<br />

0.85<br />

0.8<br />

0.75<br />

0.7<br />

0.65<br />

0.6<br />

8 8<br />

7<br />

1<br />

1<br />

2<br />

Konkurrenzausschluss<br />

3 4 5 6 7<br />

Ressourcenangebot<br />

8 9 10<br />

0.55<br />

0.5<br />

0.45<br />

0.4<br />

Steigende Diversität<br />

6 6<br />

5 5<br />

0.35<br />

0.3<br />

0.25<br />

0.2<br />

0.15<br />

0.1<br />

0.05<br />

0<br />

-0.05<br />

4 4<br />

3 3<br />

2 2<br />

18<br />

10<br />

7<br />

1<br />

1<br />

2<br />

Beweidung > 2 GV ha -1 a -1<br />

Mahd > 2 Schnitte a -1<br />

Beweidung < 0,1 GV ha -1 a -1<br />

Mahd < 1 Schnitt alle 3 a<br />

3 4 5 6 7<br />

Ressourcenangebot<br />

8 9 10


Abb. 2: Biomasse-Entzug durch Beweidung in Prozent des ungestörten Auswuchses in einem „exclosure“<br />

im Untersuchungsgebiet Müritz. Jedes Dreieck stellt ein „exclosure“ dar, bestehend aus zwei<br />

nebeneinander gelegenen Probeflächen, von denen die eine eingezäunt und den weidenden Tieren<br />

nicht zugänglich ist. Auf den Probeflächen wurden Biomasse, Bodenparameter,<br />

Pflanzengemeinschaften und biologische Merkmale der Arten bestimmt. Linke Grafik: Entzug im<br />

Sommer, rechte Grafik: Entzug im Winter, Graukeil: Entzug in Prozent des ungestörten Aufwuchses<br />

(aus KÜHNER & KLEYER 2004).<br />

19<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0


Vorkommens-<br />

wahrschein-<br />

lichkeit<br />

1,0<br />

0,6<br />

0,3<br />

0<br />

7,7<br />

6,9<br />

6,1<br />

pH<br />

5,3<br />

4,5<br />

0<br />

3,7<br />

33<br />

66<br />

100<br />

Beweidungs-<br />

intensität<br />

Winter [%]<br />

1,0<br />

0,6<br />

0,3<br />

Vorkommens-<br />

wahrschein-<br />

lichkeit<br />

0<br />

7,7<br />

6,9<br />

6,1<br />

pH<br />

5,3<br />

4,5<br />

0<br />

3,7<br />

33<br />

66<br />

100<br />

Beweidungs-<br />

intensität<br />

Winter [%]<br />

Abb. 3: Habitatmodelle von zwei funktionellen Pflanzengruppen. Links: niedrigwüchsiger Pflanzen mit<br />

Aerenchymen, rechts: niedrigwüchsige Pflanzen ohne Aerenchyme (aus KÜHNER & KLEYER 2004).<br />

20


Fellrüttelmaschine Feldexperiment (Fischer et al. 1996)<br />

Anteil aus Fell gefallen (%)<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Bromus erectus<br />

Helianthemum nummularium<br />

0 200 400 600 800 1000 1200 1400<br />

Minuten<br />

Anteil aus Fell gefallen (%)<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Bromus erectus<br />

Helianthemum nummularium<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

Tage<br />

Abb. 4: Ausfallkurven aus Merino-Schaffell erhoben mit der Fellrüttelmaschine und im Feldexperiment für<br />

die Arten Bromus erectus und Helianthemum nummularium (aus KAHMEN & POSCHLOD 2004).<br />

21


Populationsgröße * 1000<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Mahd_Gleichgewicht<br />

Fräsen, jedes Jahr<br />

Fräsen, alle 2 Jahre<br />

Fräsen, alle 4 Jahre<br />

Salvia pratensis<br />

0 5 10 15 20<br />

Abb. 5: Populationsentwicklung von Wiesensalbei in unterschiedlichen Pflegeszenarien, modelliert auf der<br />

Basis demographischer Daten (aus FRITZSCH et al. 2004).<br />

22<br />

Jahr


Mittlere Inzidenz von S. lineatus<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

Acker Brache <strong>Stand</strong>weide Mulch<br />

Forst keine Info Mahd Hudeweide<br />

Nutzung<br />

Mittlere Inzidenz M. bicolor<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

Forst<br />

<strong>Stand</strong>weide Mulch keine Info<br />

Acker Brache Mahd Hudeweide<br />

Nutzung<br />

Abb. 6: Mittlere Inzidenz von Stenobothrus lineatus und Metrioptera bicolor auf Flächen unterschiedlicher<br />

Nutzung (aus HEIN & POETHKE 2004).<br />

23


1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

ohne Saugpflanzen<br />

0 50 100<br />

Geeignet 25m [%]<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

mit Saugpflanzen<br />

0 50 100<br />

Geeignet 25m [%]<br />

Abb. 7: Bestes Habitatmodell für Zygaena carniolica aus den Umgebungsvariablen. Modelliert wird der<br />

Anteil geeigneter Habitate an der Gesamtfläche in einem Umkreis von 25 m um die Probefläche<br />

(„Geeignet 25m [%]“). Die Y-Achse kennzeichnet die Vorkommenswahrscheinlichkeit. Karos<br />

stellen die beobachteten Werte dar, wobei 0 auf der Y-Achse Absenz und 1 Präsenz bedeuten (aus<br />

BINZENHÖFER et al. 2004).<br />

24


Anzahl Teilflächen<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

2 4 6 8 10 12 14 16 18<br />

Brachezeit<br />

Abb. 8: Mittlere Überlebenswahrscheinlichkeiten in Abhängigkeit vom Pflegeregime für verschiedene „life<br />

history“ – Strategien. Auf der Y-Achse ist die Unterteilung einer Pflegefläche in Teilflächen<br />

dargestellt, auf der X-Achse die Brachezeit oder Intervalldauer zwischen den Störungen. Dunklere<br />

Flächen kennzeichnen geringere Überlebenswahrscheinlichkeiten (aus HINSCH & POETHKE 2004).<br />

25<br />

0.9<br />

0.8<br />

Überlebenswahrscheeinlichkeit<br />

0.7<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0


Störungs -<br />

frequenz<br />

P(Vorkommen)<br />

L. cornuculatus<br />

Störungs -<br />

tiefe<br />

1.0<br />

0.0<br />

oberird.<br />

oberirdisch<br />

unterirdisch<br />

keine Angaben<br />

Störungstiefe<br />

unterird. 0.0<br />

4.0<br />

Störungsfrequenz<br />

[a - 1 ]<br />

Vorkommenswahrscheinlichkeit<br />

von<br />

Lotus corniculatus<br />

Abb. 9: Beispielhafte Übertragung eines Habitatmodells für den Hornklee (Lotus corniculatus) auf die<br />

Landschaft. Die höchste Vorkommenswahrscheinlichkeit wird bei mittleren Frequenzen erreicht<br />

und nimmt mit zunehmender Störungstiefe ab. Die Regressionsfunktion ist im GIS auf<br />

flächendeckende Karten der erklärenden Variabeln angewendet worden und prognostiziert die<br />

Vorkommenswahrscheinlichkeit in der Fläche (hier Störungsfrequenz und –tiefe, Szenario Fräsen).<br />

26

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