Saale-Holzland Echo - Ausgabe 3. Quartal 2015
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Seite 2 • HOLZLAND ECHO • <strong>3.</strong> <strong>Quartal</strong> <strong>2015</strong> • www.die-linke-shk.de<br />
Die Verwaltung bürgerfreundlich gemacht.<br />
3 Jahre als Bürgermeisterin in Kahla.<br />
Du bist seit 2012 Bürgermeisterin.<br />
Wie war denn die Anfangsphase?<br />
Die erste Zeit war ziemlich aufregend,<br />
weil ich nicht wusste, was<br />
mich genau erwartet. Die ersten<br />
Monate waren dann auch ziemlich<br />
schnell vorbei, und mit der Erfahrung<br />
stieg die Sicherheit bei Entscheidungen<br />
und Verwaltungsvorgängen.<br />
Hat dir deine Ausbildung als<br />
Rechtsanwältin beim Einstieg<br />
geholfen?<br />
Ja, auf jeden Fall. Am meisten haben<br />
mir natürlich meine Spezialgebiete<br />
Verwaltung- und Arbeitsrecht<br />
weitergeholfen. Neu waren für mich<br />
die Fragen der verwaltungstechnischen<br />
Umsetzung bis hin zu den<br />
politischen Prozessen, die bei einer<br />
Entscheidungsfindung zu beachten<br />
sind. Auf was man alles achten<br />
muss und wie man reagieren muss,<br />
habe ich auch nicht in den ersten<br />
Monaten gelernt, sondern nach und<br />
nach, und ich lerne immer noch<br />
hinzu. Auch jetzt gibt es Problemstellungen,<br />
die immer wieder neue<br />
Lösungsformen erfordern. Es ist<br />
wichtig, zu wissen, mit wem man<br />
wie zu sprechen hat, um etwas für<br />
die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.<br />
Kann man sich als Bürgermeisterin<br />
auch politisch verwirklichen,<br />
oder sind die Sachzwänge größer?<br />
Man hat schon, wenn man das richtige<br />
Personal hat und es koordinieren<br />
kann, die Freiheiten, Konzepte<br />
und Strategien für die Stadt zu entwickeln,<br />
oder auch einfach Ideen<br />
im Team zu besprechen und damit<br />
die Stadtpolitik zu beeinflussen.<br />
Das geht aber auch nicht gleich<br />
am Anfang, da man sich erst auf<br />
das Tagesgeschäft einstellen muss.<br />
Gerade jetzt, zur Hälfte der Amtszeit,<br />
habe ich mir auch das Personal<br />
so strukturieren können, dass<br />
ich weiß, dass ich mich auf meine<br />
Mitarbeiter 100% verlassen kann.<br />
Gibt es viele Verknüpfungspunkte<br />
mit anderen BürgermeisterInnen<br />
im SHK? Wie bist du aufgenommen<br />
wurden?<br />
Es kommt leider darauf an, welcher<br />
Partei die anderen BürgermeisterInnen<br />
angehören. Mit den ehrenamtlichen<br />
BürgermeisterInnen der<br />
Gemeinden im Umkreis gibt es<br />
eine sehr gute Zusammenarbeit<br />
auf sachlicher Ebene. Einige sind<br />
jedoch so in ihrer politischen Meinung<br />
verhaftet, dass es schwierig<br />
ist, gemeinsame Projekte zu realisieren.<br />
Ansonsten gibt es wenig Anknüpfungspunkte<br />
mit den anderen<br />
größeren Gemeinden im SHK.<br />
Was waren denn die ersten politischen<br />
Baustellen, die du bearbeitet<br />
hast?<br />
Zum einen war mir wichtig, etwas<br />
für Kinder und Jugendliche zu tun<br />
und Kahla als Modellprojekt für das<br />
Thüringer Bildungsmodell „Neue<br />
Lernkultur in Kommunen“ zu etablieren.<br />
Hierbei geht es um die<br />
Vernetzung der Strukturen der Jugendarbeit,<br />
also um die Leiter der<br />
Kindergärten, die Schuldirektoren<br />
und die Träger von Jugendarbeit.<br />
Diese haben wir nun alle an einem<br />
Tisch, um gemeinsam Projekte zu<br />
besprechen. Das hat auch gut geklappt,<br />
denn es war mir wichtig,<br />
dass jeder mit jedem arbeitet und<br />
das Gegeneinander der vorhergehenden<br />
Jahre aufhört.<br />
So habe ich auch versucht, die Unternehmen<br />
der Stadt an einen Tisch<br />
zu bringen bzw. die Zusammenarbeit<br />
zwischen der Verwaltung und<br />
den Unternehmern wieder zu verbessern.<br />
Denn es heisst ja auch immer,<br />
dass wir Linken mit der Wirtschaft<br />
nichts zu tun haben wollen.<br />
Diese Ängste wollte ich abbauen,<br />
und das hat auch wunderbar funktioniert.<br />
Ein Ziel ist es, auch die Verwaltung<br />
bürgerfreundlicher zu machen. An<br />
den Öffnungszeiten an sich lässt<br />
sich leider nicht viel machen, weil<br />
ich durch die finanzielle Lage der<br />
Stadt nicht mehr Personal einstellen<br />
kann. Alle Mitarbeiter sind jedoch<br />
bereit, durch Arbeitszeitverschiebungen<br />
die Bürger zu bedienen<br />
und damit bessere Sprechzeiten zu<br />
gewährleisten. Die Mentalität, dass<br />
wir ein Dienstleister für die Bürger<br />
und Bürgerinnen sind, habe ich versucht,<br />
zu etablieren. Ich denke, es<br />
ist mir auch zu größten Teilen gelungen.<br />
Wichtig ist auch, dass die<br />
Menschen gleichberechtigt sind,<br />
das heisst, wenn ein Anliegen vorliegt,<br />
wird es bearbeitet, egal von<br />
vom es kommt. Wenn möglich, wird<br />
es umgesetzt, und wenn es leider<br />
nicht geht, geht es halt nicht.<br />
Wird dieser Mentalitätswechsel honoriert?<br />
Es wird honoriert von denjenigen,<br />
die früher eher Probleme mit ihren<br />
Anliegen bei der Verwaltung hatten,<br />
weil sie wahrscheinlich als nicht so<br />
wichtig angesehen wurden. Hier<br />
gibt es sehr positive Rückmeldungen.<br />
Teilweise gibt es sogar Erstaunen,<br />
dass SachbearbeiterInnen zurückrufen<br />
und sich um ihre Belange<br />
kümmern. Oftmals hören wir dann<br />
„Das ist ja früher nie passiert“.<br />
Auf der anderen Seite sind natürlich<br />
die verärgert, die früher ihre Vorteile<br />
hatten und jetzt genauso behandelt<br />
werden wie jeder andere.<br />
Wie steht es im allgemeinen mit<br />
der Bürgerbeteiligung?<br />
Ich habe erst einmal die Vorschriften<br />
der Thüringer Kommunalordnung<br />
angewandt und die Bürgerversammlung<br />
wieder durchgeführt.<br />
Auch wenn große Bauprojekte<br />
anstehen, versuche ich alle Beteiligten<br />
zu Wort kommen zu lassen.<br />
Mir ist die Offenheit wichtig, um vor<br />
Beginn einer Maßnahme Klarheit<br />
für alle Seiten herzustellen.<br />
Bringen sich die Bürgerinnen<br />
und Bürger nun stärker ein?<br />
Die Einwohnerversammlungen<br />
waren gut besucht. Das lag sicher<br />
auch an den für die Stadt Kahla brisanten<br />
Themen. Letztes Jahr ging<br />
es um den Neubau eines Einkaufsmarktes.<br />
Es kommt auch immer<br />
auf die Thematik an, die diskutiert<br />
wird. Zugenommen haben Briefe<br />
und Hinweise mit Verbesserungsvorschlägen<br />
und Kritiken. Die Menschen<br />
merken, dass sie ernstgenommen<br />
werden, und dadurch ist<br />
die Beteiligung größer.<br />
Claudia Nissen-Roth<br />
Seit 2012 Bürgermeisterin von Kahla.<br />
Baumaßnahmen sind ja immer besonders<br />
heiß diskutiert.<br />
Aktuell bereiten wir eine größere<br />
Baumaßnahme vor. Die Bibraer<br />
Landstraße muss und soll grundsaniert<br />
werden. Das wird dann die<br />
erste große Baumaßnahme in meiner<br />
Amtszeit.<br />
Hast du dir das Amt so vorgestellt?<br />
Ich bin da recht offen in das<br />
Wahlamt gegangen. Der Wahlgewinn<br />
war eine positive Überraschung.<br />
Vorstellungen hatte ich<br />
also direkt nicht. Es macht mir aber<br />
unheimlich Spaß, gerade wenn man<br />
gestalten kann, auch mit dem politischen<br />
Maßstab, den man sich selber<br />
stellt. Auf kommunaler Ebene<br />
lässt sich so wirklich etwas für die<br />
Bürgerinnen und Bürger erreichen.<br />
Man lernt in diesem Beruf jeden<br />
Tag neue Menschen kennen, und<br />
das empfinde ich als Bereicherung,<br />
die ich als Erfahrung nicht missen<br />
möchte.<br />
Du hast die Stadt Kahla in einem<br />
finanziellen Desaster übergeben<br />
bekommen. Wie kommst du damit<br />
zurecht?<br />
Das wichtigste war für mich am<br />
Anfang, für die Stelle des Kämme-