Allein - Diakonie Dresden
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zähle. Rund 40 Nichtregierugsorganisationen,<br />
Verbände und Gewerkschaften<br />
haben sich 2006 im Netzwerk für<br />
Unternehmensverantwortung (CorA)<br />
organisiert und einen "Aktionsplan für<br />
sozial-ökologische Beschaffung" vorgeschlagen.<br />
Ihre Kernforderung richtet<br />
sich an die deutsche Bundesregierung.<br />
Diese vergibt jährlich ca. 360 Milliarden<br />
Euro im Rahmen öffentlicher Aufträge.<br />
Viel zu selten wird bei der Vergabe über<br />
Kostenvoranschläge hinaus gefragt:<br />
Woher stammen die Produkte? Unter<br />
welchen Bedingungen wurden sie hergestellt?<br />
Obwohl die Europäische Kommission<br />
seit März 2004 dazu ermuntert, soziale<br />
und ökologische Kriterien im nationalen<br />
Vergaberecht zu verankern, hat sich die<br />
Bundesregierung bislang viel zu wenig<br />
bewegt. Im Februar 2009 konnten sich<br />
deutsche Regierungsparteien nur auf<br />
eine "Kann"-Bestimmung einigen:<br />
"Für die Auftragsausführung können<br />
zusätzliche Anforderungen an Auftrag-<br />
„Aus dem Reich der Erinnerungen<br />
kann uns niemand vertreiben“<br />
Weihnachten in vergangenen Zeiten – Erinnerungen einer Heimbewohnerin<br />
Die Erwartungen der Kindheit werden<br />
zu den Erinnerungen des Alters. Das<br />
trifft besonders auf das Weihnachtsfest<br />
zu. Frau Dombrowski erzählte<br />
lebendig von ihren Erinnerungen an<br />
das Christfest, so wie sie es in <strong>Dresden</strong><br />
erlebte. Heute wohnt sie im Ruheheim<br />
Bühlau in einem freundlichen<br />
Einzelzimmer mit Blick ins Grüne und<br />
Bildern, die die Familiengeschichte<br />
bewahren. „Klein, aber mein“ – sagt<br />
sie und betont, dass es dennoch ein<br />
Einschnitt war, aus der elterlichen<br />
Wohnung in <strong>Dresden</strong>-Johannstadt,<br />
wo sie vom 12. Lebensjahr an lebte,<br />
ins Ruheheim zu wechseln.<br />
Schon in ihrer Kindheit spielte das Klavier<br />
eine große Rolle. Zu Weihnachten<br />
wurde musiziert. Damals war die Trinitatiskirche<br />
in <strong>Dresden</strong>-Johannstadt<br />
nicht zerstört. Die Kirche war schön<br />
geschmückt und die Wohnung natürlich<br />
auch. Nach dem Kirchgang wurde<br />
der Christstollen angeschnitten. Und<br />
Weihnachten wie auch zu Silvester gab<br />
es Karpfen blau – eine Tradition nicht<br />
nur bei Familie Dombrowski. Im Glanz<br />
der Kerzen strahlte das Wohnzimmer.<br />
Der Vater hatte ein Modell für ein Puppenhaus<br />
aus Seiffen kommen lassen<br />
und danach das Puppenhaus selber<br />
zusammengebaut. Das besondere<br />
nehmer gestellt werden, die insbesondere<br />
soziale, umweltbezogene oder innovative<br />
Aspekte betreffen ...", heißt es im § 97 Abs.4<br />
des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen<br />
(GWG). Von verbindlichen Nachhaltigkeitskriterien<br />
noch weit entfernt ist damit<br />
immerhin eine gewisse Rechtssicherheit<br />
gegeben. Jetzt liegt es an den Ländern, Kommunen<br />
und Gemeinden, einen "zukunftsfähigen<br />
Konsum" zu realisieren. Dazu braucht es<br />
positive Beispiele und den Druck von unten.<br />
Ansätze gibt es.<br />
Im Vorstand der Diakionie-Stadtmission<br />
<strong>Dresden</strong> sind diese Dinge nicht nur bekannt,<br />
sie werden auch in beträchtlichem Maß<br />
umgesetzt. Wir sollten mehr darüber reden.<br />
Viele Kaufentscheidungen treffen ja die Einrichtungen<br />
selbst. Auch dabei gilt: Besser<br />
mit Nächstenliebe.<br />
Die <strong>Diakonie</strong>-Stadtmission <strong>Dresden</strong> bezieht<br />
die Möbel der Kindertageseinrichtungen<br />
sowie Spielzeuge und Bastelbedarf von<br />
der Firma Dusyma. Die Firma garantiert die<br />
Herstellung aller Produkte unter menschen-<br />
aber war, der vom Bruder in Laubsägearbeit<br />
gestaltete Dachgarten für das Puppenhaus.<br />
Die Gabentische waren viel bescheidener<br />
als heute.<br />
Die Kriegszeit brachte auch in der Weihnachtszeit<br />
Ängste, wenn die Sirenen heulten.<br />
Das Jahr 1945 war schlimm. Der Bruder<br />
war im Krieg gefallen, und die Stadt <strong>Dresden</strong><br />
Frau Dombrowski am Klavier im Ruheheim<br />
Bühlau<br />
würdigen Bedingungen und schließt Kinderarbeit<br />
komplett aus, auch bei Zulieferern.<br />
Das Unternehmen produziert hauptsächlich<br />
in Deutschland und dem europäischen Ausland.<br />
Dusyma betreibt eigene Produktionsstätten<br />
in Schorndorf, Brandenburg und im<br />
Erzgebirge. Von dort kommen beispielsweise<br />
auch die Möbel für die neue Kita in der Hospitalstraße.<br />
Entscheidungen dieser Art sollen in Kirchgemeinden<br />
und kirchlichen Einrichtungen<br />
selbstverständlich werden. Deshalb<br />
wurde 2008 unter der Schirmherrschaft der<br />
großen Kirchen in Deutschland mit dem Projekt<br />
"Zukunft einkaufen" begonnen (www.<br />
zukunft-einkaufen.de).<br />
Inzwischen beteiligen sich über 100 Kirchengemeinden<br />
und Projektpartner an der<br />
Umsetzung.<br />
Friedrich Brachmann<br />
war am 13. Februar zerstört worden. Familie<br />
Dombrowski hatte Glück: Das Mietshaus in<br />
der Blasewitzer Straße 6 war einigermaßen<br />
unzerstört geblieben.<br />
Das Frühjahr brachte das ersehnte Kriegsende.<br />
Das Leben wurde noch bescheidener.<br />
Die Mutter ging zum Hamstern zu den<br />
Bauern nach Malschendorf aufs Schönfelder<br />
Hochland und bettelte um Kartoffeln.<br />
Nicht immer waren sie freundlich: „Fix, fix,<br />
Frau Dombrowski kommt, macht schnell die<br />
Türen zu!“ Und manchmal kam sie mit leeren<br />
Taschen wieder zurück. „Wir haben gehungert<br />
wie nie zuvor.“ Und trotzdem: Auch<br />
dann gab es wieder einen Christbaum mit<br />
Wasserbehälter. Doch der Bruder fehlte. Er<br />
wollte Pilot werden… Die Familie hatte sich<br />
verändert und das Lebens ringsum auch.<br />
Heute freut sich Frau Dombrowski auf die<br />
schönen Feiern im Ruheheim Bühlau in der<br />
Gemeinschaft der Bewohner und Mitarbeiter.<br />
Über ein kleines Geschenk und einen<br />
Besuch würde sie sich wieder sehr freuen.<br />
Und die Musik ist ihr noch immer wichtig:<br />
Gerne sitzt sie am Klavier im Andachtsraum<br />
oder nimmt die Flöte zur Hand. Unser<br />
Gespräch beendet sie mit dem schönen<br />
Satz des Dresdner Malers Ludwig Richter:<br />
„Aus dem Reich der Erinnerungen kann uns<br />
niemand vertreiben.“<br />
Harald Wachsmuth<br />
2. Ausgabe Dezember 2010 8