Das Erlebnis Journal 4_2015

der Mensch sich im Lauf seines Lebens verändert und wächst. Ich glaube, der Satz „Er hat sich
überhaupt nicht verändert“ grenzt an eine Beleidigung. Nicht ohne Grund handelt das neue
Album auch davon, wie sehr mein Leben sich verändert hat.
Welches war die größte Veränderung in Ihrem Leben?
Hucknall: Früher hatte ich überhaupt keine Vorstellung davon, wie es ist, mit einer Frau
zusammenzuleben. Eine Frau in meinem Haus, das hat es nie gegeben. In den sieben Jahren seit
der Geburt meiner Tochter habe ich unglaublich viele neue Erfahrungen gemacht. Die meisten
Menschen können das vielleicht nicht nachvollziehen, denn sie waren ja immer in eine Familie
eingebunden. Natürlich gibt es auch da Tragödien, aber als mein Vater starb, verlor ich alles.
Das war vor sechs Jahren. Sind Sie heute ein glücklicher Mensch?
Hucknall: Ich hoffe, das Album bringt mein derzeitiges Glückgefühl rüber! Ich bin heilfroh, dass
ich mit meinen Lebenserfahrungen nicht zu einem 54-jährigen verbitterten Zyniker geworden
bin. Viele Männer in meinem Alter, die in zweiter oder dritter Ehe leben, sind vielleicht nicht
glücklich, weil sie ihre Kinder aus der ersten Beziehung nicht um sich haben. Das kann für einen
Vater sehr problematisch werden. Meine Geschichte ist anders, ich habe genau zur richtigen Zeit
geheiratet und mache immer noch neue Erfahrungen im Leben. Ich glaube, ich habe die Spitze des
Berges noch nicht erreicht.
Welche Rolle spielen die bitteren Erfahrungen Ihrer Kindheit heute für Sie?
Hucknall: Lange Zeit habe ich alles auf den Umstand geschoben, dass ich ohne Mutter aufgewachsen
bin. Aber ich hatte ja auch keine Großeltern! Umso glücklicher macht es mich, dass meine Tochter
welche hat und sie sogar meinen Vater noch kennen lernen durfte.
Sie haben Ihre Mutter nur einmal gesehen. Vermissen Sie sie?
Hucknall: Ich weiß nicht einmal, ob sie überhaupt noch lebt. Ich möchte aber nicht, dass jemand
über sie urteilt, denn wir kennen sie ja gar nicht. Ich weiß ja nicht einmal, wer meine Mutter
überhaupt ist! Mein Vater hat nicht wieder geheiratet. Wie soll ich etwas vermissen, was ich
nie gehabt habe.
Wie war die einzige Begegnung mit Ihrer Mutter?
Hucknall: Irgendwie gleichgültig, ohne Gefühle. Ich hatte mir vorgenommen, ihr zu vergeben,
falls sie sich Vorwürfe machen sollte. Für Außenstehende ist das nur schwer zu verstehen. Diese
schwierigen Umstände führten schließlich dazu, dass die Musik – neben meinem Vater - mein bester
Freund und meine Heimat wurde. Dank ihr konnte ich existieren. Die Musik ist immer noch da
und mein Vater in meinem Herzen. Und nun bin ich sogar mit einer eigenen Familie gesegnet.
Im Herbst gehen Sie mit Simply Red auf Jubiläumstour. Wie werden Sie die Hits aus
30 Jahren spielen?
Hucknall: Mehr oder weniger im Original. The Songs remain the same, wie es Led Zeppelin
einmal ausgedrückt haben (dt.: Die Songs bleiben gleich). Mit dieser Band im Rücken fällt mir
das Touren extrem leicht. Zumal meine Tochter inzwischen sieben ist und uns begleiten kann. »
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