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reViews 30 - Noisy-neighbours.com

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32<br />

<strong>reViews</strong><br />

worden, fast retrospektiv, gut noch, ja - aber hörbar älter.<br />

Und jetzt?<br />

Kaum haben die leicht ergrauten Herren den Kassandragesang<br />

der ewig deutschen depressiven Verstimmung verklingen<br />

lassen - und im Nachgang meint man, schon da<br />

die pure Ironie durchleuchten gehört zu haben, werden wir<br />

aufgefordert: Heul doch!<br />

Gitarrensalve! Von wegen alt und milde vor sich hin trauerndes<br />

Moll. Hier wehren sich zwei mit textlicher Verve,<br />

Selbstironie und musikalischer Klasse gegen die kampflose<br />

Aufgabe der eigenen Träume, die zur Zeit in Feuilletons,<br />

Leitartikeln und peinlichen Mottoshows zu beobachten<br />

ist, wenn die Revolutionäre von einst mit nationalistischen<br />

Symbolen schmusen und frühere Gitarrentiger die<br />

Castingvorlagen für die TV-Clonefabriken des Privatfernsehens<br />

entwerfen.<br />

Schöne neue Welt. Arrangier Dich. Und alles wird gut?<br />

Hier nicht. Pendikel schmeißen schon mit der ersten Nummer<br />

eine achtminütige Hymne gegen die so vielen von uns<br />

innewohnende Verzweiflung auf ein mildrot beleuchtetes<br />

Parkett.<br />

Dabei sind nicht nur die Texte sperrig und schön, kalkuliert<br />

und doch sauehrlich. Eine nur alle JUBELjahre bei anderen<br />

deutschtextenden Gruppen erlebte reflektierte Einheit<br />

zwischen Phonetik und Aussage erlaubt mir, den Begriff<br />

Kunstwerk zu verwenden. Musik für alle von Genesis bis<br />

Postcore, von Regener bis Zappa.<br />

Ruhig in sich hineinhorchendes Innehalten, eine zornige<br />

Zitatmaschine als nicht mal verzerrender Spiegel alltäglicher<br />

Beliebigkeit hinter Buffetbarrikaden. Von einer Steuererklärung<br />

bis zur nächsten endlich den alten Zorn wieder<br />

entdeckt, ohne sich so unfehlbar zu fühlen, wie einst<br />

in den Nächten der ewigen WG-Diskussionen. Die Ismen<br />

längst aus den Köpfen verabschiedet. Der Wunsch nach<br />

Veränderung wird wieder größer. Ein Hauch von musikalischem<br />

Morgenrot nach vermutlich unzähligen im Übungsraum<br />

durchwachten Nächten. Musik wie ein guter Freund.<br />

Blunoisige Arschtritte zum Abtanzen und dann doch noch<br />

gestreichelt beim Mitdenken. Eine große Platte.<br />

Andrasch Neunert<br />

www.pendikel.de<br />

Powerman 5000 - Destroy What You Enjoy<br />

DRT / Soulfood<br />

Sie wurden einst als die legitimenen Nachfolger der dahingeschiedenen<br />

White Zombie gehandelt: Powerman 5000.<br />

Mit Alben wie „Mega!! Kung Fu Radio“ und vor allen Dingen<br />

„Transform“ sowie Touren mit Korn, Marilyn Manson<br />

und dem Ozzfest schien die Band auch auf dem besten<br />

Wege, genau dieses zu werden. Die Nähe zu White Zombie<br />

aber liegt nicht nur im teilweise ähnlichen Stil, sondern<br />

schlichtweg in den verwandtschalftlichen Beziehungen<br />

beider Bands: Sänger Spider ist der jüngere Bruder von<br />

Rob Zombie, der ehemalige Gitarrist M33 alias Mike Tempesta<br />

der des White Zombie-/Rob Zombie-Gitarristen John<br />

Tempesta.<br />

Nach der Auflösung ihres einstigen Labels Dreamwork Records<br />

allerdings stand die Band zwischenzeitlich vor einem<br />

Trümmerhaufen, Zukunft ungewiss. So überrascht es fast<br />

für einen Moment, dass es man überhaupt wieder ein<br />

neues Album zustande gebracht hat. Stilistisch setzt sich<br />

dabei die Entwicklung der vorhergehenden Alben fort: wo<br />

zu Beginn zahlreiche Spielereien lockten, geht es nun deutlich<br />

erdiger, straighter und klarer zur Sache. Rock'n'Roll mit<br />

mehr als nur einem Schuss Alternative, der teilweise ist<br />

man sich sogar für ein wenig Stadionrock nicht zu schade.<br />

Übersteht man diese, dankbarerweise rar gesäten, Momente<br />

allerdings glücklich, dann ist „Destroy What You Enjoy“<br />

eine durchaus unterhaltsame Angelegenheit, die aber<br />

nur noch inn der Stimme von Sänger Spider, die große Ähnlichkeit<br />

zu der seines Bruders hat, Parallelen zu White Zombie<br />

aufweist, von deren songwriterischen Intelligenz aber<br />

meilenweit entfernt ist.<br />

Arnulf<br />

Radio Birdman - Zeno beach<br />

(Stickman Records)<br />

Anfang (ohne Vorkenntnisse):<br />

Ganz spontan? Jetzt? Also ich? Na<br />

hörnsemal...! Okay, ich versuchs.<br />

Rock. Ja. Mit so'nem Retroeinschlag.<br />

Das war jezz gut, nich? Und<br />

das? Eine Orgel! So eine Retroorgel! Hah! Irgendwo zwi-<br />

schen The Blue Van (gerade „You Just Make It Worse“),<br />

Jet und... komm noch drauf. Na ja, die Ecke halt. Oh. Zumindest<br />

die ersten zwei Songs. Dann wird's ein bisschen...<br />

düster? Wavig? Vom Gesang her? Ja, das ist gut: Vom Gesang<br />

her. Fast ein Tacken zu viel. Aber Moment! Später<br />

geht das wieder weg. Tut gut. Mir zumindest. Wie heißen<br />

die noch gleich...?<br />

Mittelteil (ins Info gelugt):<br />

Oha. Da hab ich eine Legende im Player. 1974 wohl ins<br />

Leben gerufen war Radio Birdman eine der ersten Punkbands<br />

Down Under. Stark beeinflusst von den MC5 und<br />

den Stooges. Wobei immer mehr Garage als Punk. Und<br />

das nach wie vor. Räudig, laut, schnell. „Zeno Beach“ ist<br />

seit 25 Jahren das erste neue Studioalbum. Fette Rockgitarren,<br />

leicht retroangerifft. Ziemliche Brecher. Und bis auf<br />

obengenannten leichten Wavetouch in der Stimme - das<br />

aber nur ab und an- gefallen mir die Vogelmannradios gut.<br />

Ziemlich gut sogar. Ihr Alter merkt man Ihnen zumindest<br />

nicht an... und wegen schon zweimal erwähntem Einschlag<br />

klingt alles doch sehr sehr frisch.<br />

Endteil (mit einer spürbaren Begeisterung):<br />

Das Gute darin/dabei/dahinter: Sie kommen da her. Machen<br />

das schon lange. Keine kleinen schwedischen Buben,<br />

die vorgeben, diese oder jene Musik mit der Muttermilch<br />

aufgesaugt zu haben, neeeee, die Männers wissen<br />

wohl, von was sie sprechen. Und waren Pioniere. Sind da<br />

durchgegangen. Wegweisend. Mitgemacht. Und vor allem<br />

mitgerockt. Alles DIY. Schon immer gewesen. Independent<br />

as shit! Das ist ancheckungswürdig. Und auf Europatour<br />

sind sie auch!<br />

Matthias Horn<br />

www.radio-birdman.<strong>com</strong><br />

Rossenbach, Sven & Florian Van Volxem -<br />

Dominik Graf Filmmusik<br />

(Rent A Dog/Alive)<br />

Die CD „Dominik Graf Filmmusik“ ist ein repräsentativer<br />

Auszug der Arbeiten des Düsseldorfer Autorenteams Sven<br />

Rossenbach und Florian Van Volxem zu einigen TV-Produktionen<br />

von Dominik Graf. Unter anderem sind dies die<br />

Filme „München - Geheimnisse Einer Stadt“, „Die Freunde<br />

Der Freunde“ und „Hotte Im Paradies“. Das Infoblatt des<br />

Labels bietet interessante Details zur Vorgehensweise der<br />

beiden Musiker; so wurde die Musik „nie zum Bild oder zum<br />

fertigen Film“ komponiert. Ein Ansatz, der schon allein aufgrund<br />

der zeitlichen Probleme - man stelle sich vor, der<br />

Film müsse erst komplett abgedreht, dann erst die Musik<br />

komponiert werden - vernünftig klingt, der den Leihen aber<br />

doch etwas verblüfft. Außerdem - ein weiterer Vorteil - ist<br />

die Musik so wenig bis gar nicht abhängig vom visuellen<br />

Background - sie „funktioniert auch allein“, der Film kann,<br />

muss aber nicht „mitlaufen“. Aber auch das Problem liegt<br />

auf der Hand: wenn der Bezug zum Bild fehlt und ihm auch<br />

kein besonderes Gewicht beigemessen wird, dann ist die<br />

Musik austauschbar. Das waren noch Zeiten, in denen Musiker<br />

wie Bernhard Herman oder Miles Davis ihre Filmmusik<br />

komponierten, in dem der Film im Hintergrund auf einer<br />

großen Leinwand ablief; das hatte dann eine „dramaturgische<br />

Tiefe“, die heute nur noch selten erreicht wird.<br />

So geht das eben heutzutage nicht mehr, leider. Im Ergebnis<br />

besteht die CD aus guten („God Bless You“, Dubb“) bis<br />

großartigen Tracks („Wachet Auf“, „Tempeltanz“, „Passage“,<br />

„K Rain Due“), aber eben leider auch aus recht<br />

Nichtssagendem und, mit Verlaub: Banalem („Bossa“,<br />

„Spacelblues“). Der positive Eindruck überwiegt dennoch<br />

deutlich, und auf gut 75 Minuten zeigen Rossenbach und<br />

Van Volxem, dass es eben auch seine Vorteile hat, wenn<br />

der Zuschauer selbst entscheiden kann „was man jetzt zu<br />

fühlen hat“ und Filmmusik ohne dramaturgischen Zeigefinger<br />

komponiert.<br />

Schaffrath - Weg Aus Dornen<br />

(STF/M-Systems)<br />

Neues aus dem Hause STF! „Schaffrath“ heißt die Band<br />

um den gleichnamigen Sänger Martin Schaffrath, und gesungen<br />

wird deutsch. Zu Hause fühlt sich der Vierer im<br />

eher traditionellen Metal der Herren Dio und Dirkschneider.<br />

Klischee, also? Nix da! Dafür sorgen zum einen die<br />

interessante Stimme des Frontmannes, die sehr guten Lyrics<br />

und die hervorragende Gitarrenarbeit der Gitarristin (!)<br />

Christina Schleicher. Ganz nebenbei sorgt die Rhythmustruppe<br />

um Basser Mario Bansleben und Drumer Markus

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