reViews 30 - Noisy-neighbours.com
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34<br />
<strong>reViews</strong><br />
Slightly Stoopid - Closer to the sun<br />
(Stoopid / Rough Trade)<br />
Beknackter Bandname, noch schlimmeres Cover mit<br />
einem Skelett, das an einem morschen Surfbrett lehnt,<br />
die Band aus Ocean Beach California und fertig ist das<br />
perfekte Vorurteil. Doch - Heureka! - es kommt anders.<br />
Akustik Rock kombiniert mit Reggae dominiert den<br />
Sound. Dazu kletten sich alldieweil mal ein Hip-Hopoder<br />
Bluesversatzstück. Insgesamt ist das Soundbild<br />
von einem prägnanten melodischen - fast etwas aufdringlichen<br />
- Bass, entspannter Reggae-Rhythmik,<br />
Congas, Perkussion und den in diesem Genre marginalisierten<br />
Gitarren bestimmt. Wie das bei Reggae dann<br />
oft so ist, wird es auf Dauer dann doch zuuu entspannt.<br />
Wenn man nicht gerade THC-geschwängert bei 38<br />
Grad in einer jamaikanischen Hängematte liegt, hängt<br />
„Closer to the sun“ doch etwas arg durch. Da nützt es<br />
auch nicht viel, dass sie bei „Nothing over me“ und einem<br />
weiteren Track mal ordentlich aufs Calipunk-Pedal<br />
(Vorurteil ich hör dir trapsen…) treten. Homer Simpson<br />
kam ja schon zu Wort.<br />
Christian Eder<br />
www.slightlystoopid.<strong>com</strong><br />
Slimboy - Anthems<br />
(ModernNoise/Cargo)<br />
Was tut man, wenn man Emo macht und möglich amerikanisch<br />
klingen will? Man fliegt nach LA und mietet<br />
sich in ein Studio vor Ort ein. So ist es gelaufen, damals<br />
2004, als „Slimboy“ ihr „No Fires On Beach“ aufnahmen,<br />
und die Resonanz auf das Album muss - laut<br />
Bandhomepage - ziemlich enthusiastisch gewesen<br />
sein. Ok, ich habe mal wieder nix davon mitbekommen,<br />
was mich aber wundert, ist, dass die Jungs ihr aktuelles<br />
Album im vergleichsweise beschaulichen Berlin aufgenommen<br />
haben. Keine Ahnung, ob diesmal schlicht<br />
die Kohle gefehlt hat oder ob man inzwischen einen<br />
neuen Bandkollegen hat, der unter Flugangst leidet.<br />
Fakt ist, dass „Anthem“ der beste Beweis dafür ist, dass<br />
man nicht in die Ferne schweifen muss, um amtlich, ja,<br />
und meinetwegen: amerikanisch zu klingen. Doch nicht<br />
nur beim Sound stimmt beinahe alles; auf den insgesamt<br />
elf Tracks beweisen die vier Jungs, dass der Titel<br />
des Werkes Programm ist: alles Hymnen, halt. Schöne<br />
Scheibe.<br />
Kai<br />
www.slimboy.info<br />
Spellbind - cocoon<br />
(Modern Noise/Radar Music)<br />
Holy alternative cow! Das ist<br />
catchy und alternativ. Hymnenhaft<br />
schon erwähnt? Und ziemlich<br />
modern. Also moderne rokkige<br />
alternative Musik. Die<br />
Songs sind im Midtempo angesiedelt. Ab und an gibt<br />
es Ausbrecher. Dieser Pfad wurde zwar schon das eine<br />
oder andere Mal (zu oft) beackert und betrampelt, aber<br />
mit Spellbind weht ein kühler frischer Wind. Auf er einen<br />
Seite zumindest. Man wird an viele Bands dieses<br />
Genres angenehm erinnert. Wobei es auch daran liegen<br />
könnte, dass ich vor einiger Zeit ein bisschen die<br />
Interesse an diesem Sektor verloren habe. Wie kann<br />
man die Musik auf einen Punkt bringen? Alternative-<br />
Guitar-Pop? Yo, denke, das isses. Aber ein bisschen<br />
rund für meinen Geschmack. Und ziemlich professionell...<br />
die andere Seite daran. Ist ja nix verkehrtes, aber<br />
ein bisschen mehr ungeschliffene Ecken und Kanten...<br />
sind auch nix verkehrtes. Im Gegenteil. Aber nicht falsch<br />
verstehen: Die Platte ist ziemlich gut, kein Thema. Und<br />
Leute, die auf Musik aus dem Hause Modern Noise stehen,<br />
ein Muss, auch klare Sache. Nur für mich... da fehlt<br />
so der letzte Zacken, die letzte Kante, die die Platte für<br />
mich richtig interessant machen würde.<br />
Aber sehr schön: „Day After Day“! Macht Lust auf mehr!<br />
Bin gespannt auf weiteres!<br />
Matthias Horn<br />
www.spellbind.de<br />
Spookey Ruben - Ausfahrt Walsrode EP<br />
(Lamm / Universal)<br />
Enervierend-knödelig, jaulend- poppiger und für Ruben<br />
erstaunlich einfallsloser Sound, der seinen traurigen<br />
Kulminationspunkt im deutschsprachigen Titeltrack hat,<br />
welcher - nach den „blablas“ im Opener - mit seinen<br />
„miaumiaus“ selbst die 2:10 Länge schier endlos erscheinen<br />
lässt. Der Herr war schon mal interessanter<br />
und scheint hier gar völlig zu regredieren. Auf dem nächsten<br />
Album rhaberberbabbelt er dann wohl „Beim Wullacken<br />
niemals mit dem Mottek wackeln“.<br />
Christian Eder<br />
www.spookeyruben.<strong>com</strong><br />
S.P.Q.R.T. - Record<br />
(Rakete / Rough Trade)<br />
Schon vor anderthalb Dekaden<br />
begann die musikalische Kreativzelle<br />
aus Carl Blend und Howard<br />
Lespie Funken zu schlagen - damals<br />
noch als H.Oilers, später als<br />
Dandruff Deluxe. Nun steht uns mit S.P.Q.R.T. ihre neueste<br />
Inkarnation ins Haus. Der unangepasste Spaß am<br />
Spielen steht heuer im Vordergrund, Grenzen setzt man<br />
sich höchstens selbst. Vom elektrisch pluckernden Ambient-Störgeräusch<br />
über per Dampfwalze stoisch und<br />
nüchtern auf den Punkt getriebene Riffrocker, krachighandfeste<br />
Grooves oder verqueren Balladenstoff, zu<br />
dem psychedelische Räucherstäbchen herumgereicht<br />
werden, ist dem Duo aus New England eine variantenreiche<br />
Angelegenheit geglückt, die in etwa so klingt, als<br />
würde Kurt Ebelhäuser mit Urlaub in Polen den neuesten<br />
Teil der Desert Sessions veranstalten - und sich<br />
dabei selbst nicht allzu Ernst nehmen, scheint bei<br />
S.P.Q.R.T. doch stets ein ziemlich durchgeknallter, kaputter<br />
Humor das trockene Riff-Fundament zu stützen.<br />
Sie sind schon zwei eigenbrötlerische Weirdos, diese<br />
beiden und machen deshalb auch ganz einfach nur, was<br />
gerade so an- und einfällt. Das ist im Fall von „Lipstick“<br />
ein Hit, wie ihn auch die Queens Of The Stone Age besser<br />
kaum hingekriegt hätten oder haben (siehe auch<br />
die Ähnlichkeit zu deren „Little Sister“). Schade nur,<br />
dass diesem famos tanzbaren Highlight, beispielhaft für<br />
die ganze Platte, beim instrumentalen „Eastern Action<br />
Hero“ fünf Minuten uninspirierter Monotonie gegenüber<br />
stehen. Oder dass man sich durch sechs quälende Minuten<br />
des Nichts „Alpengluehn“ kämpfen muss, bevor<br />
man mit dem kranken Abschluss „The Angels Choir“ für<br />
seine Mühen entlohnt wird. „Record“ ist eine durchwachsene<br />
Angelegenheit, die oft zu gefallen weiß, aber<br />
in gleichem Maße auch zu nerven wie einzuschläfern<br />
vermag. Eine durch und durch seltsame wie unberechenbare<br />
Platte.<br />
Patrick Agis-Garcin<br />
www.spqrt.<strong>com</strong><br />
www.raketemusik.de<br />
Stream Of Passion - Live In The Real World<br />
(Inside Out/SPV)<br />
In für Arjen Lucassen geradezu spartanischer Aufmachung<br />
liegt die aktuelle Stream Of Passion-DVD „Live<br />
in the real world“ vor. Hatte der ehemalige Vengeance-<br />
Sechssaiter und geistige Vater teils bahnbrechender<br />
Progressive-Highlights wie Ayreon, Star One oder Ambeon<br />
bisher bei jeder DVD-Veröffentlichung u.a. durch<br />
eine unglaubliche Masse an Begleitmaterial beeindruckt,<br />
so scheint er bei „Stream Of Passion“ eher die<br />
Musik für sich sprechen lassen zu wollen und verzichtet<br />
auf haufenweise Beiwerk. Kernstück des Silberlings<br />
ist dementsprechend der Konzertmitschnitt vom 17. Februar<br />
2006 aus dem holländischen Rijssen, wo die Band<br />
den Abschlussgig ihrer Tour feierte. Sound und Bild genügen<br />
dabei erwartungsgemäß höchsten Ansprüchen,<br />
so dass die ca. 140 Minuten nicht nur deshalb Spaß<br />
machen, weil mit den Sängerinnen Marcela und Diana<br />
Bovio sowie Gitarristin Lori Linstruth drei äußerst attraktive<br />
Musikerinnen am Start sind. Ganz nebenbei kommt<br />
der geneigte Prog Metal-Fan in den Genuss der ein oder<br />
anderen bombastisch-beeindruckenden Liveversion<br />
etablierter oder neuerer Ayreon-Hits, einer netten Diashow,<br />
des „Out In The Real World“-Videoclips inklusive<br />
Making-Of, einer Tour Diary sowie eines Blicks hinter<br />
die Kulissen. Fazit: Der DVD gelingt es zu jeder Zeit,<br />
den Spaß und die Spielfreude dieser bunt zusammen<br />
gewürfelten Band zu dokumentieren - und darum ging<br />
es offenbar in erster Linie. Mission erfüllt!<br />
Heavy<br />
www.streamofpassion.<strong>com</strong><br />
Strike Anywhere - Dead FM<br />
Fat Wreck<br />
Machen wir es kurz: über diese Platte gibt es nicht viel<br />
zu sagen. Was im Allgemeinen aber eher auf die unterdurchschnittliche<br />
Qualität einer Veröffentlichung hindeutet,<br />
hat bei Strike Anywhere ganz andere Gründe.<br />
Hat sich der 1999 in Richmond, Virginia gegründete<br />
Fünfer doch schon mit nur zwei Alben den Ruf erarbeitet,<br />
eine der verlässlichsten Bands im Hardcore/Punk-<br />
Bereich zu sein. Ein Ruf, den „Dead FM“ nur untermauert:<br />
eine gute halbe Stunde Punk-Rock und Hardcore<br />
der unterhaltsamsten wie abwechslungreichsten Sorte,<br />
der sich seiner politischen Bedeutsamkeit zudem äußerst<br />
bewusst ist. Um es in einer Vokabel zusammen<br />
zu fassen: großartig!<br />
Arnulf<br />
Team Rockit -<br />
The Lowest Point In Rock'n'Roll History<br />
(FiretoneRecords/www.firetonerecords.<strong>com</strong>)<br />
Als ich vor zwei Jahren die „Duck, Duck Goose“, die erste<br />
Mini-LP der Jungs aus den USA, gehört hatte, hatte<br />
ich meinem Wunsch nach einem neuen und „ganzen“<br />
Longplayer Ausdruck verliehen. Und mit „The Lowest<br />
Point …“ haben Matt Friscia (Drums), Mark Zalewski<br />
(Bass) und Joe Sanzeri (Gitarre und Vocs) nun tatsächlich<br />
ihren ersten LP seit „Hell On Wheels“ an den Start<br />
gebracht. Und die Jungs haben mich nicht enttäuscht:<br />
Die „Lowest Point“ ist keineswegs das geworden, was<br />
man bei diesem Titel befürchten müsste; ganz im<br />
Gegenteil bietet uns der Dreier zwölf Tracks feinsten<br />
Punk'n'Rolls. Highlight ist die ACDC-Hommage „Know<br />
What I Mean“ und die eher klassische Ska-Nummer<br />
„Hillbilly Hot Rod“ - was aber nun keineswegs heißen<br />
soll, dass der Rest der Scheibe negativ aus dem Rahmen<br />
fiele. Wenn es etwas zu meckern gibt, dann dass<br />
der Sound nicht immer voll überzeugen kann: Die Gitarre<br />
ist mir etwas zu überbetont und klingt etwas „bratzig“;<br />
auch fehlt dem Sound eine klare Linie, und ab und<br />
an muss der Hörer an der heimischen Stereoanlage ein<br />
wenig nachregeln. Aber wollen wir mal nicht allzuviel<br />
rumnörgeln: Die neue „Team Rockit“ ist ein geiles Album<br />
geworden.<br />
Nico<br />
www.teamrockit.<strong>com</strong><br />
The 101 - Numbers<br />
(riptide recordings/cargo records)<br />
Heyheyhey! Das hier rockt! Zwar ein bisschen melodycorig<br />
das eine oder andere Mal, aber Rock! Und das<br />
mit einer ordentlichen Portion Pop versehen! Ich weiß<br />
zwar nix über die Backgrounds und kann auch mit den<br />
„für das moderne Emo-Genre wegweisenden Christie<br />
Front Drive“ (Info) vom Namen her nichts anfangen,<br />
aber der Herr Richter, Bandkopf hie rund ehemals Sänger<br />
bei den Wegweisern, scheint doch schon eine Art<br />
Kultstatus zu genießen! Mir fällt als erstes die seligen<br />
„Shades Apart“ ein (ob's die noch gibt...?) und aber auch<br />
die Klitsche um Nada Surf, Youth Group, Seachange...<br />
aber alles mit einem stärkeren Hang Richtung Melody-<br />
PunkcoreRock schielend. Und das sind immerhin<br />
schon tolle Namen! Gerade „Part I“, aber auch „Numbers“<br />
und „Part II“ erinnern mich an jene NadaSurf-<br />
Szene. Sind für mich auch die Songs von ganz vorne.<br />
Ansonsten bringt der Rest nur gute Laune! Das Info faselt<br />
noch was von „Catchy as hell“ und „...der perfekte<br />
Soundtrack für einen perfekten Sommer“. Meine Meinung<br />
dazu? Stimmt!!! Und zwar „as hell“! Für mich aber<br />
eher der perfekte Soundtrack für einen perfekt ausgehenden<br />
Sommer. Und unbedingt die Regler aufreissen<br />
und die schöne (Gitarren)Stimmung genießen! Prädikat<br />
wertvoll!<br />
Matthias Horn<br />
www.riptiderecordings.de