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Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC Ausgabe 08/2015
Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC
Ausgabe 08/2015
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Foto: © Martin Mauser<br />
Der Schnellste zu sein war für Markus Mauser, ehemaliger Motocross-Profi,<br />
zehn Jahre lang das Wichtigste. Doch nach einem Unfall stand der Motocross-<br />
Staatsmeister an einem Wendepunkt und lenkte sein Leben in neue Bahnen.<br />
Die Freiheit,<br />
„nein“ zu sagen<br />
Das Weinviertel ist nicht nur Heimat rescher Weißweine, sondern<br />
auch das gelobte Land des Motocross-Sports. Zehn<br />
Rennstrecken kann Markus Mauser von seinem Heimatort<br />
in nur einer Stunde Fahrtzeit erreichen. Er kennt sie<br />
alle. Obwohl in Österreich eine Randsportart, ist Motocross<br />
in seiner Familie stark verbreitet: Vater, Onkel, Cousins – alle<br />
fahren. Mit drei Jahren absolvierte er erste Fahrversuche, mit<br />
acht Jahren fuhr er die komplette Rennsaison auf einer Kawasaki<br />
(60 ccm/15 PS). Mit 14 fi ng er neben der KFZ-Mechaniker-Lehre<br />
als Profi fahrer an. 30 Wochenenden im Jahr<br />
verbrachte Markus Mauser bei Rennen, trainierte mehrmals<br />
pro Woche und bastelte an Rennmaschinen herum. Es<br />
machte ihm Spaß und er war erfolgreich.<br />
2007 stieg der damals 24-jährige für einen internationalen<br />
Bewerb recht abrupt auf eine Viertakt-Maschine um. Prompt<br />
überschlug er sich im Training, das 110-Kilogramm-Zweirad<br />
fi el ihm in den Rücken und er wurde einen Moment bewusstlos.<br />
Als er wieder zu sich kam, dehnten sich Sekunden zu<br />
gefühlten Stunden: Werde ich wieder aufstehen? Kann ich<br />
meine Finger und Zehen bewegen? Werde ich zum Rennen<br />
antreten? Muss ich meine Karriere beenden?<br />
Er hatte Glück: Nach zwei Wochen war er wieder auf den<br />
Beinen, begann mit der Physiotherapie und steckte sich<br />
neue Ziele. Er wollte beim Sport bleiben: Bandscheiben entlasten<br />
durch Muskelaufbau, gezieltes Training und rückenschonend<br />
Rennen fahren lautete das Motto. Letzteres<br />
erwies sich als ebenso unmöglich wie sanft ins Gelände<br />
zu springen oder schaumgebremst Gas zu geben. Der Gymnastikball<br />
war immer mit im Gepäck, aber nach jedem Rennen<br />
hatte er Schmerzen. Der Staatsmeister-Titel 2007 markierte<br />
den Wendepunkt. Nach diesem Erfolg konnte er<br />
endlich auf seine innere Stimme hören – und aufhören. Um<br />
diese Entscheidung Sponsoren, Rennkollegen und Fans zu<br />
kommunizieren, brauchte er noch bis 2008. Es war nicht<br />
leicht, bei sich zu bleiben, weil sein Umfeld ihm weitere zehn<br />
Jahre als aktiver Profi einreden wollte. Manche könnten seine<br />
Entscheidung bis heute nicht verstehen und wollten ihn<br />
immer wieder zu Rennen überreden, sagt Mauser.<br />
Doch dieser holte sich den Spaß zurück, indem auf die Einschränkungen<br />
des Profi sports, nämlich der Schnellste zu<br />
sein, verzichtete. Er machte stattdessen die Matura nach,<br />
absolvierte eine Banklehre und arbeitet seit April 2011 in<br />
der Raiffeisenbank Wolkersdorf. Er ist Vater von zwei Töchtern<br />
(drei Monate und zwei Jahre alt) und sagt heute, dass<br />
er „auch in zehn Jahren noch aufrecht gehen können“ wolle:<br />
„Am Limit zu fahren interessiert mich nicht mehr. Ich drehe<br />
einfach meine Runden.“ Seit 2015 arbeitet er zudem bei der<br />
Obersten Sportkommission Motorsport mit: Er nimmt Strecken<br />
ab, testet E-Bikes und gibt seine Erfahrungen an junge<br />
Moto-Crosser weiter. Das Wochenende genießt er mit der<br />
Familie. Die ist auch dabei, wenn er seine KTM ausführt. Ob<br />
er seine Begeisterung weitergeben kann, ist offen. Seine<br />
ältere Tochter hat für den Motorsport derzeit nur folgende<br />
Worte übrig: „Papa! Motorrad laut!“. <br />
FREIRÄUME<br />
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