BI-aktuell_2_Quartal_2013
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
KO-KOMMENTAR /9<br />
„In die Zukunft investieren“<br />
»<br />
Dr. Frank-Walter Steinmeier, MdB,<br />
Vorsitzender der<br />
SPD-Bundestagsfraktion<br />
Lange bevor mein persönlicher Werdegang<br />
mich in die Politik führte, war es mein<br />
Traum, Architekt zu werden. Das Planen, das<br />
Gestalten und ja, das Aufbauen – all das<br />
hat auf mich immer eine besondere Faszination<br />
ausgeübt. Und all das treibt mich auch<br />
in meinem heutigen Beruf, der Politik, um.<br />
Ich habe mich gefreut zu lesen, dass die Jahrestagung<br />
der Deutschen Bauindustrie im<br />
Juni unter dem Motto „Investieren statt blockieren“<br />
stattfinden wird. Dieser Leitspruch<br />
könnte ein sozialdemokratischer sein – und<br />
zwar nicht nur, weil wir in einem Wahljahr<br />
sind. Wir Sozialdemokraten sind überzeugt:<br />
Die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft –<br />
auch der Bauwirtschaft – hängt davon ab, ob<br />
wir jetzt die richtigen Weichen stellen und<br />
Mut haben, in diese Zukunft zu investieren.<br />
Das Kronjuwel des Standorts Deutschland ist<br />
eine hervorragend ausgebaute, moderne und<br />
leistungsfähige Infrastruktur – darauf sind<br />
wir stolz, darum beneiden uns viele. Diese<br />
Infrastruktur und der damit verbundene<br />
Wettbewerbsvorteil sind aber nur zu halten,<br />
wenn wir auf hohem Niveau investieren – und<br />
zwar auf allen Ebenen: im Bund, in den Ländern<br />
und in den Kommunen. Das geschieht<br />
aber seit einigen Jahren nicht mehr. Durch<br />
die Notwendigkeit des Schuldenabbaus und<br />
durch zunehmenden Akzeptanzverlust größerer<br />
Infrastrukturprojekte in der Öffentlichkeit<br />
droht unserem Land eine Investitionsblockade.<br />
In kaum einem Bereich ist die Politik<br />
des Nichthandelns spürbarer als in der Infrastruktur<br />
– sie bildet mit ihren Straßen,<br />
Schienen, Gebäuden und Energieleitungen<br />
das Nervensystem unserer Volkswirtschaft.<br />
Dieses Nervensystem leidet. Auf Deutschlands<br />
Straßen und Schienen hat sich ein riesiger<br />
Investitionsstau gebildet. Rund 14 Prozent<br />
der Gesamtbrückenfläche im Bereich<br />
der Bundesfernstraßen sind so marode, dass<br />
dringender Instandhaltungsbedarf besteht.<br />
Allein in Nordrhein-Westfalen muss in den<br />
kommenden Jahren fast die Hälfte aller Großbrücken<br />
ertüchtigt oder neu gebaut werden.<br />
Den Mangel an Investitionen in die Ertüchtigung<br />
und Modernisierung der Infrastruktur<br />
spürt inzwischen jedermann in seinem Alltag:<br />
Egal ob gesperrte Brücken, marode Straßen,<br />
Staus, Zugausfälle, geschlossene Schwimmbäder,<br />
zerfallene Gebäude – unter den Mangelerscheinungen<br />
haben alle zu leiden. Kein Wunder,<br />
dass die deutsche Industrie Alarm schlägt.<br />
Sie beziffert einen Investitionsbedarf von mehr<br />
als 4,5 Milliarden Euro, nur um den Substanzverlust<br />
der Infrastruktur aufzuhalten. Und 250<br />
Millionen Euro Schäden entstehen jährlich<br />
allein, weil Umwege in Kauf genommen werden<br />
müssen, da Straßen nicht befahrbar und<br />
Brücken nicht mehr überquert werden können.<br />
Deutschland braucht mehr Investitionen in<br />
Infrastrukturen, in moderne und effiziente<br />
Gebäude, in den Bau neuer Kitas. In Zukunft<br />
wollen wir deshalb jährlich verlässlich 2 Milliarden<br />
Euro zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur<br />
im Bundeshaushalt zur Verfügung<br />
stellen. Wir brauchen eine verbesserte<br />
Finanzausstattung für den Erhalt der Schienenwege<br />
– einschließlich der Eisenbahnbrücken.<br />
Auch die Instandsetzung der überalterten<br />
Schleusen an Flüssen und Kanälen mit<br />
hoher Netzbedeutung ist zügig anzugehen. Der<br />
Erhalt unserer Infrastruktur kostet Geld und<br />
ist deshalb nicht mit überzogenen Steuersenkungsversprechen<br />
vereinbar. Seien wir ehrlich:<br />
Schuldenabbau auf der einen und höhere Investitionen<br />
auf der anderen Seite sind nur zu<br />
vereinbaren, wenn Bund, Länder und Kommunen<br />
über stabile Einnahmen verfügen.<br />
Ein gewaltiges Investitionspotenzial besteht<br />
auch im Bereich der energetischen Gebäudesanierung.<br />
Klimaschutz und industrielle<br />
Interessen gehen hier Hand in Hand. Jeder<br />
Euro an Förderung löst rund neun Euro an<br />
privaten Investitionen aus. Deshalb muss das<br />
energetische Gebäudesanierungsprogramm<br />
verlässlich finanziert werden.<br />
Die Sozialdemokratie ist hier mutig, klar<br />
und zuverlässig. Wir wollen einen neuen Infrastrukturkonsens,<br />
dessen Maxime lautet:<br />
transparenter planen, schneller bauen. Wir<br />
wollen, dass Bund und Länder Hand in Hand<br />
arbeiten. Deshalb werden wir einen föderalen<br />
Investitionspakt auf den Weg bringen. Wir<br />
werden unsere Straßen, Brücken, Schienen,<br />
Strom- und Kommunikationsnetze fit machen<br />
für das 21. Jahrhundert. Die deutsche<br />
Bauindustrie kann hier einen wichtigen Beitrag<br />
leisten. Mit ihrem breit aufgestellten<br />
Mittelstand und ihrer Innovationsstärke<br />
bringt sie die besten Voraussetzungen mit,<br />
beim Wiederaufbau der deutschen Infrastruktur<br />
mit anzupacken.