zds#19
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am wall<br />
Fr, 1.12 Uhr<br />
Hillmannsplatz,<br />
Sparkassen-Filiale<br />
Ein Dutzend Menschen steht vor<br />
dem Außenautomat Schlange.<br />
Die beiden Automaten im geöffneten<br />
Innenbereich sind leer.<br />
1.20 Uhr<br />
Herdentor, Eingangsbereich<br />
des „Tower Musikclubs“<br />
Schnell noch Zigaretten kaufen ist<br />
nicht: Auch vor dem Kiosk steht<br />
eine Schlange. Den Verkäufer hält<br />
das nicht davon ab, mit einer Gruppe<br />
Frauen zu flirten.<br />
1.30 Uhr<br />
Wallanlagen, Höhe Herdentor<br />
Ein Mann stützt seine Freundin, die<br />
deutlich betrunken ist. Auf ihren<br />
High Heels kann sie keinen geraden<br />
Schritt mehr machen.<br />
1.50 Uhr<br />
Ende der Katharinenpassage,<br />
Eingang „NFF Club“<br />
Schon zehn Minuten Wartezeit<br />
an der Tür. „Einlassstopp, Laden zu<br />
voll“, ruft der Türsteher.<br />
reportage<br />
×<br />
„Du willst<br />
29<br />
SCHNAPP<br />
SIE DIR<br />
Genug getrunken. Genug getanzt.<br />
doch jetzt<br />
nicht alleine<br />
und zu Fuß<br />
nach Hause<br />
gehen?“,<br />
tadelt der<br />
Türsteher.<br />
„Wird schon<br />
klappen“,<br />
sage ich.<br />
Jetzt auf schnellstem Weg<br />
nach Hause – durch die Wallanlagen?<br />
Ein Erfahrungsbericht<br />
Text: Wiebke Plasse<br />
Fotos: Dave Scirocco<br />
Die Musik schallt aus den Boxen, die<br />
Stimmung ist auf dem Höhepunkt. Ein<br />
Flirt hier, ein Tanz dort. Langsam lässt<br />
meine Lust nach. Auch meine Freundinnen<br />
haben sich aus dem Staub gemacht: Nur<br />
eine von ihnen kann ich von meinem Platz<br />
aus noch beobachten. Sie unterhält sich<br />
angeregt mit einem Fremden, der verzweifelt<br />
ihren Körperkontakt sucht. Heute<br />
Nacht wird sie zu ihm nach Hause gehen<br />
– das lässt ihr Blick verraten. Ich schaue<br />
gelangweilt in die Gesichter der tanzenden<br />
Menge: Sie sind schön. Sie strahlen und<br />
lachen. Doch scheint das Licht ihnen direkt<br />
in die Augen, verschwimmt die Illusion:<br />
rote Augen, tiefe Augenringe, verwischtes<br />
Make-up. Der Alkohol fließt in großen<br />
Mengen in die durstigen Hälse der nimmersatten<br />
Nachtmenschen. Ein neues<br />
Lied, laut schreit der DJ durch sein Mikro.<br />
Die Tanzfläche füllt sich, von allen Seiten<br />
kommen Leute wie auf Befehl aus ihren<br />
Ecken. Sie stürmen an mir vorbei,<br />
schubsen, drängeln, um den besten Platz<br />
auf der Tanzfläche zu bekommen. Ein<br />
High-Heels-Absatz platziert sich genau<br />
auf meinem Fuß – autsch! Ich habe genug.<br />
Ich will nach Hause!<br />
„Süße, ich hau ab. Meld dich, wenn was ist.<br />
Kuss“. Schnell raus. Hunger stillen, noch<br />
ein wenig chillen, dann ins Bett. Ich<br />
schaue an mir herunter: Rock, Pumps, ein<br />
T-Shirt. Besonders elegant ist das nicht,<br />
„normal“, würde ich sagen. Schick macht<br />
sich hingegen die riesige Laufmasche am