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Militaer_4_2015

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WELTGESCHEHEN<br />

Aktuelle Konflikte,<br />

Krisen und<br />

Analysen — S. 8<br />

SYRIEN-KRIEG<br />

Gegen wen kämpft<br />

die russische Armee<br />

wirklich? — S. 14<br />

militär<br />

TRUPPENBESUCH<br />

Bei der Bundesheer-<br />

Großübung EURAD<br />

<strong>2015</strong> in Mautern — S. 28<br />

DAS NEUE<br />

ÖSTERREICHISCHE<br />

MILITÄRMAGAZIN<br />

AUSGABE 4|15<br />

EURO 3,80<br />

AKTUELL<br />

HERCULES, EUROFIGHTER, BLACK HAWK & CO<br />

Geplante Neubeschaffungen und<br />

Updates: Österreichs Luftstreitkräfte<br />

richten sich neu aus. — S. 44<br />

Aus der Luft ins Gefecht:<br />

Die Kampfschwimmer<br />

des Jagdkommandos<br />

trainieren am Attersee<br />

ihre Vorgangsweise<br />

bei amphibischen<br />

Einsätzen.<br />

ELITE-AUSBILDUNG<br />

Sprung in<br />

die Kampfzone


Foto: Bundesheer/Harald Minich<br />

UNSER<br />

HEER<br />

sorgt für Ihre<br />

Sicherheit!<br />

Von der militärischen Landesverteidigung<br />

und dem Schutz unserer Infrastruktur<br />

über die Hilfe bei Katastrophen bis zum<br />

humanitären Engagement im Ausland<br />

– unser Heer sorgt für Ihre Sicherheit.<br />

www.facebook.com/bundesheer


E D I T O R I A L<br />

0 0 3<br />

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER<br />

D<br />

ie Anschläge von Paris haben ein ganzes<br />

Land in den Ausnahmezustand versetzt.<br />

Frankreichs Staatspräsident François<br />

Hollande sprach in einer ersten Reaktion<br />

von einem „Akt der absoluten Barbarei“,<br />

begangen durch „eine Armee von Terroristen“<br />

und konkretisierte wenig später: „Es ist ein Angriff des<br />

Islamischen Staates, auf den wir gnadenlos reagieren werden<br />

– auf allen Ebenen und in Abstimmung mit unseren<br />

Partnern.“ Hollande ließ den Worten bald Taten folgen:<br />

Schon zwei Tage nach den Attentaten intensivierte die<br />

französische Luftwaffe ihre Angriffe im Rahmen der<br />

US-geführten Anti-IS-Allianz und bombardierte<br />

Stellungen der Terrormiliz in der IS-Hochburg Rakka.<br />

Der Bevölkerung zu Hause signalisierte Hollande mit dieser<br />

Offensive, dass die Anschläge nicht einfach hingenommen<br />

werden und Frankreich alles zum Schutz seiner Bürger unternimmt.<br />

Trotzdem: Die Bomben können nicht darüber<br />

hinwegtäuschen, dass unsere Gesellschaft der hybriden<br />

Vorgangsweise von Rebellen und Terrormilizen in vielen<br />

Bereichen schutzlos ausgeliefert ist. Aus dieser Überlegung<br />

heraus setzen von Boko Haram in Nigeria (Bericht ab Seite<br />

10) bis hin zum Islamischen Staat (Infografik ab Seite 18)<br />

im Nahen Osten und Nordafrika immer mehr Terrororganisationen<br />

auf die (auch politische) Sprengkraft von Selbstmordkommandos<br />

und Attentaten. Mit den medial multiplizierten<br />

Schreckensbildern hoffen sie, einen Keil zwischen<br />

Gesellschaftsschichten zu treiben. Sie hoffen, Hass<br />

und Zwietracht zu sähen. Sie hoffen, mit ihren Aktionen<br />

neue Fronten zu öffnen, und sie hoffen – nicht zuletzt –<br />

neue Kämpfer zu gewinnen.<br />

Insofern wäre es eigentlich begrüßenswert, dass sich mit<br />

Russland seit Kurzem ein weiterer Player im Kampf gegen<br />

den IS engagiert. Allerdings spielt Moskau in Syrien – wie<br />

so viele Akteure in der Region – ein doppeltes Spiel, nur<br />

die wenigsten Angriffe gelten tatsächlich dem IS (Bericht<br />

ab Seite 14). Primäres Ziel Moskaus scheint es, Syriens<br />

Machthaber Baschar al-Assad im Sattel zu halten und dem<br />

Westen auch auf anderen Weltbühnen Zugeständnisse<br />

abzuringen (Analyse von Gustav C. Gressel auf Seite 50).<br />

COV E R FOTO : B U N D E S H E E R / K D O LU U/ G O R U P FOTO S : G E O R G M A D E R , P H I L I P P W I N K L E R<br />

Militär Aktuell bei der Dubai Airshow<br />

Im November fand auf dem Al Maktoum<br />

International Airport die Dubai Airshow<br />

<strong>2015</strong> statt. Militär Aktuell-Autor Georg<br />

Mader war vor Ort und brachte neben<br />

spektakulären Aufnahmen der Flugvorführungen<br />

auch jede Menge Hintergrundinformationen<br />

mit nach Hause.<br />

Zu sehen sind seine Fotos online auf<br />

unserer Facebook-Seite, ein Bericht<br />

folgt in unserer ersten Ausgabe 2016.<br />

Was das mit Österreich zu tun hat? Auf den ersten Blick<br />

nicht viel. Allerdings steigt mit der zunehmenden Eskalation<br />

des Konflikts auch die Wahrscheinlichkeit, dass im<br />

Zuge einer europäischen Krisenintervention die EU-Battlegroup<br />

in der Region zum Einsatz gebracht werden könnte.<br />

Und da deren Logistikelement im zweiten Halbjahr 2016<br />

Österreich stellt, wäre dann auch das Bundesheer direkt in<br />

der Konfliktregion aktiv. Grund genug, uns den Abschluss<br />

der nationalen Einsatzvorbereitung des österreichischen<br />

Battlegroup-Kontingents im Rahmen der Großübung<br />

EURAD <strong>2015</strong> ganz genau anzuschauen: Bericht ab Seite 28.<br />

Wir wünschen interessante Lesestunden<br />

Militär Aktuell bei der EURAD <strong>2015</strong><br />

Bei der größten Bundesheer-Übung<br />

des Jahres trainierten 1.500 Soldaten<br />

aus Österreich, Deutschland, Luxemburg<br />

und Tschechien die Zusammenarbeit<br />

im Rahmen einer EU-Battlegroup.<br />

Militär Aktuell war natürlich<br />

mit von der Partie und stellte das<br />

passende Lesematerial. Vielen Dank<br />

für die Aufnahme an das Facebook-<br />

Team der Truppenzeitung Legionär!<br />

iMpREssUM<br />

Medieninhaber und Herausgeber:<br />

QMM Quality Multi Media GmbH,<br />

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FN 349501 y, UID:ATU65891526,<br />

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Artdirektion: Gottfried Halmschlager<br />

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Redaktion, Beirat und textbeiträge:<br />

Walter Feichtinger, Gustav C. Gressel,<br />

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www.qmm.at<br />

M i l i t ä R A k t U E l l


0 0 4 I N H A L T<br />

034<br />

Unteroffiziers-Ausbilder<br />

Vizeleutnant Gorofsky:„Die Lehrgangsteilnehmer<br />

müssen keinen ,Krieg‘ führen können –<br />

aber einfache Gefechtsaufgaben müssen sie beherrschen.“<br />

INHALT<br />

003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />

006 MOMENTUM<br />

Hercules mit Schräglage: Der<br />

Lufttransporter beweist Dynamik.<br />

008 WELTGESCHEHEN<br />

Aktuelle Kurzmeldungen<br />

aus aller Welt.<br />

010 TERRORMILIZ IM FOKUS<br />

Im Kampf gegen Boko Haram<br />

gelingen den Truppen der<br />

Afrikanischen Union Teilerfolge.<br />

Eine Lösung des Konflikts ist<br />

trotzdem noch in weiter Ferne.<br />

014 RUSSISCHE OFFENSIVE<br />

Einblicke und Hintergründe zu<br />

Moskaus Intervention in Syrien.<br />

018 AUF EINEN BLICK<br />

Wie finanziert sich der Islamische<br />

Staat? Über wie viele Kämpfer<br />

verfügt die Terrororganisation<br />

und was sind ihre Ziele?<br />

020 NEUES AUS DEM HEER<br />

Aktuelle Kurzmeldungen aus<br />

dem Bundesheer.<br />

022 SPEZIAL-AUSBILDUNG<br />

Die Kampfschwimmerausbildung<br />

beim Jagdkommando dauert<br />

zwei Jahre und erfordert neben<br />

Härte und Disziplin auch<br />

enormes Durchhaltevermögen.<br />

028 EURAD <strong>2015</strong><br />

Die Bundesheer-Großübung<br />

stand ganz im Zeichen der<br />

nationalen Einsatzvorbereitung<br />

des österreichischen<br />

Battlegroup-Kontingents.<br />

034 TRUPPENBESUCH<br />

Zu Gast in der Towarek-Kaserne:<br />

Die Heeresunteroffiziersakademie<br />

attraktiviert ihr Ausbildungs- und<br />

Kursangebot.<br />

038 EIN TAG MIT …<br />

… Majorapothekerin Martina<br />

Lexa im Sanitätszentrum Ost.<br />

040 INTERVIEW<br />

Skispringer und Heeressportler<br />

Michael Hayböck im Gespräch<br />

über die neue Saison und<br />

die Vorteile der Heeresleistungssportzentren<br />

für heimische<br />

Spitzensportler.<br />

FOTO S : S E B AST I A N F R E I L E R , G E T T Y I M AG E S , B U N D E S H E E R / K D O LU U/ G O R U P, M A R KU S P R A N T L / I V<br />

M I L I T ä R A K T U E L L


042 RÜSTUNGSNEWS<br />

Neuheiten aus der Welt der<br />

Rüstungs- und Sicherheitstechnik.<br />

044 LUFT-BESCHAFFUNGEN<br />

Das österreichische Bundesheer<br />

muss in den kommenden Jahren<br />

in seine Luftstreitkräfte investieren.<br />

Ein Ausblick von Georg Mader.<br />

047 EUROFIGHTER<br />

Neuer Chef & Auftrag aus Kuwait.<br />

048 INTERVIEW<br />

IV-Generalsekretär Christoph<br />

Neumayer über Status quo<br />

und Zukunft der rot-weiß-roten<br />

Rüstungs- und Sicherheitsindustrie.<br />

050 SCHLUSSPUNKT<br />

Russlands Präsident Putin will<br />

mit seinen Bombenangriffen in<br />

Syrien dem Westen Zugeständnisse<br />

abringen. Eine Analyse<br />

von Gustav C. Gressel.<br />

051 INFOGRAFIK<br />

Die Leistungsmerkmale des<br />

neuen Mehrzweckfahrzeugs<br />

Husar.<br />

051<br />

I N D I E S E M H E F T<br />

Das Mehrzweckfahrzeug Husar schließt die Lücke zwischen ungeschützten<br />

Fahrzeugen wie dem Pinzgauer und dem Allschutz-Transporter Dingo 2.<br />

„Die österreichische<br />

Sicherheitsindustrie<br />

reüssiert am Weltmarkt!“<br />

Christoph Neumayer, Generaldirektor<br />

der Industriellenvereinigung, im<br />

Gespräch mit Militär Aktuell.<br />

048<br />

022<br />

Das<br />

Jagdkommando gewährt in Oberösterreich Einblicke in die<br />

Ausbildungswelt seiner Kampfschwimmer: Vom Absprung aus<br />

einer Hercules bis hin zum raschen Anlanden über das Wasser.<br />

010<br />

Alter Gegner mit neuer Vorgangsweise:<br />

Die Terrormiliz Boko Haram setzt im Kampf<br />

gegen staatliche Institutionen (im Bild<br />

nigerianische Soldaten) immer öfter<br />

auf Attentate und Bombenanschläge.<br />

M I L I T ä R A K T U E L L


0 0 6 P A N O R A M A<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


M O M E N T U M<br />

Enorme Schräglage<br />

Die C-130 Hercules des Bundesheeres<br />

gilt als schwerfällig und damit wenig<br />

dynamisch. Dass die Piloten mithilfe<br />

der vier je 4.508 Wellen-PS starken<br />

Turbo-Propeller-Triebwerke aber<br />

auch mehr aus den über 30 Tonnen<br />

(Leergewicht) schweren Transportern<br />

herausholen können, beweist diese<br />

Aufnahme eines Formationsflugs im<br />

heurigen Sommer.<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / H O R ST G O R U P<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 0 8 w E L T & S T R A T E G I E<br />

TRIDENT JUNCTURE <strong>2015</strong><br />

DIE NATO PROBT<br />

DEN ERNSTFALL<br />

36.000 Soldaten, mehr als 140 Kampfjets und 60 Kriegsschiffe aus<br />

37 Ländern (28 Alliierte und 9 Partner-Nationen) nahmen von Mitte<br />

Oktober bis 6. November an der größten NATO-Übung seit dem Jahr<br />

2002 teil. Bei „Trident Juncture“ wurde in Italien, Spanien und Portugal<br />

die multinationale Zusammenarbeit im Einsatz trainiert, ein weiterer<br />

Schwerpunkt lag auf hybrider Kriegsführung. Laut dem stellvertretenden<br />

Nato-Generalsekretär Alexander Vershbow wollte das Bündnis mit<br />

der Übung unterstreichen, dass im Anlassfall „jeder Verbündete gegen<br />

jede Bedrohung verteidigt werden könne“. Außerdem sollte die gesteigerte<br />

Fähigkeit der NATO zu gemeinsamer, hochtechnologischer<br />

Kriegsführung demonstriert werden. Für Vershbow sollten sich dabei<br />

vor allem Kampfelemente wie „Krisenreaktionskräfte und die Superschnelle<br />

Eingreiftruppe in einer veränderten Sicherheitsumgebung und<br />

gegen mögliche Bedrohungen aus dem Süden und Osten bewähren“.<br />

IM FOKUS<br />

STREITKRÄFTE<br />

AUSTRALIENS<br />

IM ÜBERBLICK<br />

60.000<br />

Soldaten<br />

59<br />

Kampfpanzer<br />

97<br />

Kampfflugzeuge<br />

AUSTRALIEN<br />

Laut dem schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI<br />

liegt der Verteidigungshaushalt Australiens seit dem Jahr<br />

2010 relativ konstant bei rund 23 Milliarden Euro. Als<br />

Reaktion auf die aggressive Politik Chinas in den vergangenen<br />

Jahren kündigte Australiens Premier Tony Abbott<br />

kürzlich gewaltige Investitionen in die Marine an. Rund<br />

60 Milliarden Euro will Australien in den Bau und Ankauf<br />

neuer Fregatten, Korvetten, Patrouillenboote und U-Boote<br />

investieren. Während die Überwasser-Schiffe im Land gekauft<br />

und gefertigt werden sollen, dürfte der Ankauf der Unterwasserboote international erfolgen.<br />

Hoffnungen auf den Zuschlag dieses rund 35 Milliarden Euro schweren Programms macht sich neben<br />

Werften in Japan und Frankreich auch ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) in Kiel. Die Fertigung soll<br />

laut Premier Abbott aber trotz der internationalen Vergabe großteils in Down Under über die Bühne gehen,<br />

die Bieter wurden aufgefordert, diesen Faktor in ihren Angeboten zu berücksichtigen.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


W E LT G E S C H E H E N<br />

TOP 3<br />

Die flüchtlingsherkunftslänDer<br />

1 Seit Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

waren nicht mehr so viele Menschen<br />

auf der Flucht wie heute. Laut Zahlen<br />

des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR<br />

sind aktuell 60 Millionen Menschen<br />

auf der Flucht vor Bürgerkriegen, Terror<br />

oder Hunger – knapp 20 Millionen<br />

mussten dafür ihr Heimatland verlassen.<br />

Mit 3,88 Millionen stammen die<br />

meisten davon aus Syrien.<br />

2 Mit 2,59 Millionen Flüchtlingen<br />

folgt Afghanistan auf Platz zwei.<br />

3 Die drittmeisten Flüchtlinge<br />

stammen aus Somalia: 1,1 Millionen<br />

Einwohner haben das afrikanische<br />

Land verlassen.<br />

DER WESTEN ARBEITET AM<br />

MEDIALEN GEGENSCHLAG<br />

Moskau hat seine hybride Kriegsführung in der Ostukraine mit einer<br />

beispiellosen Mediendesinformationskampagne unterstützt. Auch rund<br />

um den Abschuss von Flug MH17 oder jetzt in Syrien streut die russische<br />

Regierung immer wieder Halbwahrheiten und Fehlinformationen, um in<br />

der eigenen und westlichen Bevölkerung Zweifel am Handeln des Westens<br />

zu nähren. Dort stand man dieser Vorgehensweise bislang machtlos gegenüber,<br />

am 20. März dieses Jahres wurde daher die EU-Außenbeauftragte Federica<br />

Mogherini mit der Erstellung<br />

eines „Aktionsplans über<br />

strategische Kommunikation“<br />

beauftragt. Mit 1. September<br />

nahm nun als direkte Auswirkung<br />

davon die „East StratCom<br />

Task Force“ ihre Arbeit auf. Ihr<br />

Ziel: Vorantreiben der politischen<br />

EU-Ziele in der östlichen<br />

Nachbarschaft und „Stärkung<br />

des gesamten Medienumfelds“.<br />

„es besteht die gefahr,<br />

dass bereits ein kleiner<br />

Vorfall zum krieg führt.“<br />

Admiral Wu Shengli<br />

Im Inselstreit mit seinen Nachbarn und im Ringen um Machteinfluss<br />

im Südchinesischen Meer setzt China weiter auf aggressive<br />

Rhetorik. Auf die Prsäsenz des US-Kriegsschiffes USS Lassen<br />

in den Gewässern reagierte der chinesische Marine-Chef Admiral Wu<br />

Shengli jüngst etwa mit der Aufforderung, derartige „Provokationen“ in Zukunft zu unterlassen.<br />

„Ansonsten besteht die Gefahr, dass bereits ein kleiner Vorfall zum Krieg führt“, so Wu<br />

Shengli. Peking hat nach dem Marinemanöver (die Lassen drang in die Zwölf-Meilenzone<br />

einer der von China künstlich aufgeschütteten Inseln bei den Spratlys ein) angekündigt,<br />

„seine territoriale Souveränität und seine maritimen Interessen entschieden“ zu verteidigen.<br />

Trotzdem wollen die USA künftig in der Region verstärkt mit Schiffen präsent sein.<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , 1 2 3 R F, N ATO P H OTO BY M I KS U Z A N S , CO M M O N W E A LT H O F AU ST R A L I A<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />

FOTO : G E T T Y I M AG E S<br />

ANGESPANNTE<br />

SITUATION<br />

Die nigerianische<br />

Armee geht nur sehr<br />

zögerlich gegen Boko<br />

Haram vor. Immer<br />

wieder gehen wertvolle<br />

Waffensysteme an die<br />

Terror organisation<br />

verloren.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


B o k o h a r a m<br />

KAMPF GEGEN<br />

Text: GERALD HAINZL<br />

BOKO HARAM<br />

Die Vorgehensweise von Boko haram hat sich geändert. Die nigerianische<br />

Terrororganisation setzt nun anstelle von offenen kämpfen vermehrt auf<br />

attentate und Bombenanschläge. Das erfordert auch von den Truppen<br />

der afrikanischen Union eine andere Strategie.<br />

D<br />

ie nigerianische Terrorgruppe<br />

Boko Haram<br />

ist spätestens seit<br />

der Entführung von<br />

mehr als 200 Mädchen<br />

aus einer Schule<br />

in Chibok im April 2014 international<br />

bekannt. Das mediale Interesse an der<br />

Situation in Nordnigeria ebbte aber genauso<br />

schnell wieder ab, wie sich zuvor<br />

das Engagement prominenter Persönlichkeiten<br />

zur Rettung der Mädchen<br />

aufgebaut hatte. Mit dem Treueeid auf<br />

den Kalifen des sogenannten Islamischen<br />

Staates (IS) hat Boko Haram<br />

zuletzt in den internationalen Sicherheitsdiskursen<br />

aber neue Bedeutung<br />

erlangt. Mittlerweile haben mehrere<br />

Nachbarstaaten, die von den Aktivitäten<br />

der Terrorgruppe ebenfalls betroffen<br />

sind, in den Konflikt eingegriffen.<br />

Angaben internationaler Organisationen<br />

und NGOs zufolge sollen bei den<br />

Kämpfen bislang knapp 20.000 Menschen<br />

getötet worden sein. 2,5 Millionen<br />

Menschen wurden vertrieben und<br />

leben nun als Flüchtlinge.<br />

Seinen Ursprung hat der Konlikt im<br />

Jahr 2009, als Boko-Haram-Chef Muhammad<br />

Yussuf in Polizeigewahrsam<br />

getötet wurde. Seitdem hat sich die<br />

Lage unter der Führung von Abubakar<br />

Shekau zunehmend verschärft, die<br />

Angriffe auf Einrichtungen von Sicherheitskräften<br />

haben zugenommen. Waren<br />

es zu Beginn Bombenanschläge<br />

und Überfälle mit Motorrädern, war<br />

die Gruppe schon bald in der Lage, sowohl<br />

Militär als auch Polizei erfolgreiche,<br />

mehrstündige Gefechte zu liefern.<br />

Je intensiver das nationale und internationale<br />

militärische Vorgehen gegen<br />

Boko Haram allerdings wird, desto<br />

größer erscheint die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass die Terrorgruppe wieder vermehrt<br />

zu Attentaten und Bombenanschlägen<br />

zurückkehren wird. So setzt<br />

Boko Haram seit dem Jahreswechsel<br />

2014/<strong>2015</strong> etwa verstärkt auch Mädchen<br />

als Selbstmordattentäterinnen<br />

ein. Sie sind oft nicht älter als zehn<br />

Jahre.<br />

Die Bewaffnung der Gruppe hat sich<br />

über die Jahre verändert und wurde an<br />

die Erfordernisse der jeweiligen Taktik<br />

angepasst. Die Herkunft der Waffen<br />

dürfte sich aus verschiedenen Quellen<br />

speisen – wobei die nigerianische Armee<br />

eine davon ist. Immer wieder gelingt<br />

es Boko-Haram-Kämpfern im<br />

Zuge von Angriffen schwere Waffen,<br />

gepanzerte Fahrzeuge, Pick-ups und<br />

Munition aus den Beständen der<br />

Streitkräfte zu erbeuten. Nicht nur für<br />

externe Beobachter stellt sich in diesem<br />

Zusammenhang die Frage, ob das<br />

Gerät tatsächlich von den Rebellen erbeutet<br />

wurde oder dessen Verlust nicht<br />

vielmehr ein Euphemismus für mögliche<br />

Geschäfte von Angehörigen der<br />

Streitkräfte mit Boko Haram ist.<br />

Ein wesentlicher Grund für das Erstarken<br />

und den anhaltenden Erfolg von<br />

Boko Haram ist laut dem tschadischen<br />

Präsidenten Idris Déby Itno die mangelnde<br />

Koordination zwischen den betroffenen<br />

Staaten. Tatsächlich wurde<br />

die Regierung Nigerias erst unter dem<br />

Druck der Nachbarstaaten tätig. So<br />

gingen Kamerun, besonders aber<br />

Tschad und Niger, nicht nur auf eigenem<br />

Terrain, sondern auch auf nigerianischem<br />

Staatsgebiet militärisch gegen<br />

Boko Haram vor – und das teilweise<br />

mit großer Härte. Am 29. August <strong>2015</strong><br />

wurden im Tschad beispielsweise zehn<br />

Männer hingerichtet, die für Anschläge<br />

in der Hauptstadt N’Djamena im<br />

Juni des selben Jahres verurteilt worden<br />

waren. Bemerkenswert: Die Todesstrafe<br />

für terroristische Aktivitäten<br />

hatte der Tschad erste einen Monat<br />

nach diesen Attacken wieder eingeführt.<br />

Eine internationale Truppe der Afrikanischen<br />

Union (AU) konnte während<br />

der vergangenen Monate einige Erfolge<br />

aufweisen. Einfach wird die Lösung<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 2 W E L T & S T R A T E G I E<br />

Afrikanische Eingreiftruppe<br />

Die Multi-National Joint Task Force<br />

(MNJTF) wurde am 29. Jänner <strong>2015</strong> vom<br />

Peace and Security Council (PSC) der<br />

Afrikanischen Union (AU) autorisiert. Die<br />

Zahl der Soldaten wurde im Februar auf<br />

8.700 festgelegt. Die strategische Kontrolle<br />

über die MNJTF unterliegt aber<br />

nicht nur der AU, sondern auch den Lake<br />

Chad Basin Countries (LCBC) Kamerun,<br />

Tschad, Niger sowie Nigeria und Benin –<br />

also jenen Staaten, die sich in der MNJTF<br />

engagieren. Den größten personellen<br />

Anteil an der Task Force stellen Nigeria<br />

mit ca. 3.250 Soldaten gefolgt vom<br />

Tschad mit ca. 3.000. Die größte Herausforderung<br />

für die MNJTF ist die Finanzierung,<br />

die die AU von externen Quellen,<br />

vor allem der UNO, zu erhalten versucht.<br />

Aber auch die USA beteiligen sich am<br />

Kampf gegen die Terrorgruppe. Präsident<br />

Obama hat die Entsendung von<br />

300 Soldaten nach Kamerun autorisiert,<br />

die bleiben sollen, „bis sie nicht mehr<br />

benötigt werden“.<br />

des Konflikts trotzdem nicht. Im Gegenteil,<br />

es dürfte schwierig sein, Boko<br />

Haram nachhaltig zu bekämpfen, solange<br />

sich die ökonomischen und ökologischen<br />

Bedingungen für die Menschen<br />

in Nordnigeria nicht ändern. Die<br />

Austrocknung des Tschad-Sees, der für<br />

viele Menschen die Lebensgrundlage<br />

darstellt, ist nur eines von mehreren<br />

Problemen, die das Erstarken der<br />

Terrorgruppe begünstigen. Zudem<br />

erschweren die komplexen ethnischen<br />

und religiösen Beziehungsgeflechte in<br />

der Region eine rasche Aussöhnung.<br />

Hochrangige nigerianische Offiziere<br />

halten eine militärische Lösung überhaupt<br />

für unmöglich, oder wie es der<br />

ehemalige Generalstabschef Martin<br />

Luther Agwai in einem Interview mit<br />

der Zeitung The Guardian formulierte:<br />

„It is a political issue; it is a social issue;<br />

it is an economic issue, and until these<br />

issues are addressed, the military can<br />

never give you a solution.“<br />

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am Institut für Friedenssicherung<br />

und Konfliktmanagement an der<br />

Landesverteidigungsakademie mit<br />

Forschungsschwerpunkt Afrika.<br />

„Das Chaos nützt den Terroristen!“<br />

BRIGADIER WALTER<br />

FEICHTINGER ist seit<br />

2002 Leiter des Instituts<br />

für Friedenssicherung und<br />

Konfliktmanagement (IFK)<br />

an der Landesverteidigungsakademie.<br />

Die Terrororganisation Islamischer Staat hat<br />

nun auch in Nigeria in Gestalt der Boko Haram<br />

einen Ableger, der sich zum Kalifat bekennt<br />

und einen Treueeid auf den selbsternannten<br />

Kalifen, Abu Bakr al-Baghdadi in<br />

Syrien, abgelegt hat. Dazu kommt der IS<br />

in Libyen, der sich das Chaos im Lande infolge<br />

des Bürgerkriegs ab Sommer 2014<br />

und der bislang gescheiterten Friedensbemühungen<br />

rasch zunutze gemacht hat.<br />

Da die Angriffe auf den IS in Syrien und im<br />

Irak bislang nicht von Erfolg gekrönt waren,<br />

muss man sich sowohl im Westen wie auch<br />

in der arabischen Welt vermehrt darauf<br />

einstellen, dass die Terrororganisation<br />

noch länger ihr Unwesen treiben und nach<br />

Expansionsmöglichkeiten suchen wird.<br />

Dabei sind drei Voraussetzungen auszumachen,<br />

die es dem IS oder vergleichbaren<br />

Terrorgruppen ermöglichen, Fuß<br />

zu fassen und ihr Unwesen zu treiben. Zum<br />

Ersten sind es dysfunktionale Staatsführungen,<br />

die Teile der Bevölkerung bewusst<br />

ausgrenzen, marginalisieren oder sogar<br />

terrorisieren. Dies führt zu Enttäuschung,<br />

Frustration oder offenem Widerstand und<br />

erzeugt Sympathien für radikale Lösungsansätze<br />

– so beispielsweise im Irak, wo die<br />

Sunniten nach der Machtübernahme der<br />

Schiiten systematisch an den Rand und<br />

somit ins Lager der al-Kaida und des IS<br />

gedrängt wurden.<br />

Zum Zweiten sind es schwache Regierungen,<br />

die es nicht schaffen, die staatliche<br />

Kontrollgewalt über das gesamte Staatsgebiet<br />

auszuüben, und daher unkontrollierte<br />

Regionen entstehen – das ist in<br />

Afghanistan oder Pakistan ebenso zu beobachten<br />

wie etwa in Mali oder auch Nigeria.<br />

Chaotische Zustände wie in Libyen<br />

wiederum sind ein dritter Faktor, der den<br />

Aufbau und die nachhaltige Festigung extremistischer<br />

Gruppierungen begünstigt.<br />

Je länger es daher zu keiner Annäherung<br />

zwischen den verfeindeten Regierungen<br />

in Tobruk und Tripolis kommt, desto<br />

stärker wird der IS in Libyen werden.<br />

Diese Entwicklungen machen deutlich,<br />

warum die derzeitigen politischen Verhältnisse<br />

vielerorts Terroristen begünstigen<br />

und wie wichtig es deshalb ist, Chaos zu<br />

vermeiden und zu Verhandlungslösungen<br />

zu kommen.<br />

FOTO S : G E T T y I M AG E S , N A D J A M E I ST E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


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0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />

Text: GEORG MADER<br />

Ende September flog Russland erstmals Luftangriffe in Syrien.<br />

Die Vorbereitungen dazu liefen bereits seit dem Spätsommer.<br />

Chronologie des „Syrien-Expresses“.<br />

A<br />

ls die ersten russischen<br />

Bomben in der Nähe<br />

von Homs auf syrischen<br />

Boden trafen,<br />

hielt sich die Überraschung<br />

in Grenzen.<br />

Schon in den Tagen davor waren Informationen<br />

über russische Truppenkonzentrationen<br />

in Syrien bekannt gewor-<br />

den, Moskau hatte außerdem nie daran<br />

zweifeln lassen, Machthaber Baschar<br />

al-Assad notfalls auch militärisch beizustehen.<br />

Wie weit die Vorbereitungen<br />

zu diesem Zeitpunkt bereits gediehen<br />

waren, zeigen Informationen, die nun<br />

rund um die Dubai Airshow bekannt<br />

wurden. Demnach landeten bereits am<br />

7. September die ersten beiden russischen<br />

An-124-Transporter auf der Hmeimim-Airbase<br />

und dem Basil al-Assad<br />

International Airport. Sie waren über<br />

den Iran und Griechenland eingeflogen,<br />

eine Il-62 aus Sotschi kam mit Personal<br />

via Bulgarien. Nachdem sich die<br />

USA in Sofia und Athen beschwerten,<br />

sperrte Bulgarien seinen Luftraum für<br />

russische Militärmaschinen, Griechen-<br />

Luftangriffe auf Syrien im Oktober <strong>2015</strong><br />

Luftschläge<br />

Russland<br />

Anti-IS-Koalition (USA)<br />

Assad-Regime<br />

Islamischer Staat<br />

Rebellen<br />

Kurden<br />

Al-Nusra-Front<br />

Quelle: Institute for the Study of War<br />

M I L I T ä R A K T u E L L


0 1 6 W E L T & S T R A T E G I E<br />

land hielt diesen aber offen. In den Tagen<br />

darauf trafen weitere Versorgungsflüge<br />

ein: Eine An-124 aus Moskau<br />

etwa erreichte Latakia über Georgien,<br />

Armenien, den Iran und den Irak, eine<br />

syrische Il-76 kam über den Kaukasus<br />

und das Kaspische Meer. Zwischen 15.<br />

und 17. September flogen schließlich<br />

drei An-124 je vier Mi-24P-Hubschrauber<br />

aus Nowosibirsk ein. Tags darauf<br />

waren die baulichen Vorbereitungen in<br />

Latakia auch schon abgeschlossen,<br />

Pantsir-S1-Luftabwehr und Kraschutka-4-Störsender<br />

in Stellung.<br />

Was noch fehlte, waren die Kampfflugzeuge.<br />

Diese wollte Moskau möglichst<br />

weitab von NATO-Sensoren nach Syrien<br />

verlegen. Su-30SM des 120. gemischten<br />

Regiments wurden daher<br />

nach dem Ende der Großübung<br />

„Центр (Centre) <strong>2015</strong>“ Mitte September<br />

mit einem Il-78-Tanker über die<br />

Kaukasus-Route, den Iran und Irak in<br />

WIESO INTERVENIERT<br />

RUSSLAND IN SYRIEN?<br />

Eine Stellungnahme der russischen Botschaft in Wien<br />

Für den Islamischen Staat und andere Terrorgruppen in Syrien kämpfen<br />

Tausende Menschen aus allen Teilen der Welt, darunter auch aus den<br />

EU-Staaten und Russland. Kampferfahrene Rückkehrer stellen für alle<br />

unsere Länder eine enorme Sicherheitsbedrohung dar. Schon mehrmals<br />

wurden Russland und Europa zu Angriffszielen von islamistischen<br />

Terroristen. Aus diesem Grund folgte Russland der offiziellen Bitte der<br />

legitimen syrischen Regierung um militärische Unterstützung. Die<br />

Aufgabe der russischen Luftstreitkräfte in Syrien ist es somit, nicht nur<br />

einem befreundeten Land Beistand zu leisten, sondern auch die eigenen<br />

Sicherheitsinteressen Russlands zu verteidigen. Dabei handelt unser<br />

Land strikt im völkerrechtlichen Rahmen.<br />

Um die terroristische Bedrohung zu beseitigen, müssen wir alle Kräfte<br />

zusammenschließen, die den Extremismus bekämpfen. Dazu gehören<br />

nach unseren Einschätzungen vor allem die syrische Regierungsarmee,<br />

die beinahe im Alleingang den Terroristen Widerstand leistet, die Streitkräfte<br />

Irans, kurdische und schiitische Milizen sowie Einheiten der<br />

gesunden syrischen Opposition.<br />

Das Ziel ist, durch einen politischen Prozess unter UN-Ägide, an dem<br />

alle politischen Kräfte, ethnischen und religiösen Gemeinschaften des<br />

Landes teilnehmen, eine nachhaltige Stabilisierung in Syrien zu erreichen.<br />

Am Ende muss das gesamte syrische Volk imstande sein über<br />

seine Zukunft selbst zu entscheiden, wie es in der Wiener Deklaration<br />

vom 30. Oktober <strong>2015</strong> festgeschrieben wurde.<br />

Marsch gesetzt. Es folgten zehn Su-<br />

25SM-Schlachtflugzeuge und zwei Su-<br />

25UB aus Primorsko, am 20. September<br />

zwölf ältere Schwenkflügel-Frontbomber<br />

Su-24M aus Tscheljabinsk und<br />

am 26. September sechs Su-34 aus Woronesch.<br />

Dem Iran und dem Irak wurden<br />

dabei nur der Überflug von Transportern<br />

vom Typ Tu-154 und Il-76 gemeldet,<br />

die Kampfflugzeuge flogen in<br />

Vierer-Formation und ohne Transpondersignal<br />

in deren Radarschatten. Ihre<br />

Piloten hatten Anweisung, nicht mit<br />

der Flugsicherung in Teheran und Bagdad<br />

zu sprechen, das durften nur Offiziere<br />

mit arabischem Akzent an Bord<br />

der Transporter. So sollte US- oder<br />

arabischen SIGINT-Flugzeugen über<br />

dem Persischen Golf keinerlei Signalaufklärung<br />

möglich gemacht werden.<br />

Zudem flogen alle Jets mit übermalten<br />

Hoheitszeichen und Aufschriften, um<br />

sie bei einem Unfall oder einer Notlandung<br />

(obwohl Syrien über keine Su-25<br />

oder Su-34 verfügt) als syrische Maschinen<br />

deklarieren zu können, die von<br />

der Wartung in Russland heimkehrten.<br />

Mittlerweile funktioniert die Anschlussversorgung<br />

für das russische Camp bei<br />

Latakia als sogenannter „Syrien-Express“<br />

(Сирия-Экспресс) auf zwei<br />

Routen über Georgien und Armenien<br />

sowie über das Kaspische Meer, den<br />

Iran und den Irak reibungslos. Mit<br />

Ausnahme des Abschusses einer Su-24<br />

Ende November im türkisch-syrischen<br />

Grenzgebiet durch türkische F-16 verlaufen<br />

auch die Einsätze der russischen<br />

Flugzeuge weitgehend routinemäßig.<br />

Neben IS-Stellungen (siehe Karte auf<br />

der Vorderseite) greifen sie aber vor<br />

allem Rebellen und Assad-Gegner an,<br />

um die syrische Armee zu unterstützen.<br />

Nach Angaben des Sprechers des<br />

russischen Generalstabs Generalmajor<br />

Igor Konaschenkow erreichte das russische<br />

Detachment am 11. und 12. November<br />

mit „107 Missionen gegen 289<br />

Antiterror-Ziele“ ihren Höhepunkt.<br />

Anders, als es die russische Presse berichtet,<br />

werden dabei aber nur wenige<br />

moderne Glonass-gelenkte 500- und<br />

1.500-Kilogramm-Bomben eingesetzt.<br />

Überwiegend werden alte Lagerbestände<br />

von 250- und 500-Kilogramm-Freifallbomben<br />

sowie lasergelenkte Luft-<br />

Boden-Raketen aufgebraucht.<br />

FOTO : G E O R G M A D E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />

IS-OFFENSIVE In der Vergangenheit konzentrierte der IS den<br />

Großteil seiner Kräfte auf sein Kerngebiet. Zunehmend macht die Organisation<br />

aber auch mit Anschlägen in anderen Ländern auf sich aufmerksam.<br />

So bekannte sich der IS zuletzt zu Attentaten in Ankara und Bagdad.<br />

Auf das Konto der Terrororganisation gehen aber auch die Anschlagsserie<br />

in Paris, Beirut und Aden sowie aller Wahrscheinlichkeit nach der Bomben-<br />

Anschlag auf ein russisches Passagierflugzeug auf dem<br />

Sinai sowie Angriffe auf ägyptische Militärstellungen.<br />

IS-GEGNER Beim NATO-Gipfel im walisischen<br />

Newport riefen die USA am 5. September 2014 eine<br />

internationale Allianz gegen den IS ins Leben. Seitdem<br />

fliegen die Vereinigten Staaten gemeinsam mit<br />

Bündnispartnern Bombenangriffe auf die Terrororganisation.<br />

Seit Ende September bekämpft<br />

auch Russland IS-Ziele, zuletzt intensivierte<br />

in Folge der Attentate in Paris vor allem<br />

Frankreich seine Angriffsbemühungen.<br />

Am Boden leisten dem IS – neben<br />

Teilerfolgen der syrischen und irakischen<br />

Armee – vor allem syrischarabische<br />

Rebellenmilizen und<br />

kurdische Peschmerga-Kämpfer<br />

Widerstand. Letztere befinden<br />

sich vor allem im Nordirak auf<br />

dem Vormarsch.<br />

Der Islamische Staat<br />

nutzt die Kriegswirren in Syrien und im Irak<br />

für seinen Aufstieg. Ziel der Terrororganisation ist die<br />

Schaffung eines islamistischen Gottesstaates, Anschläge wie<br />

zuletzt in Paris sind dabei nur Mittel zum Zweck.<br />

TERROR<br />

IN NEUER DIMENSION<br />

FOTO S : 1 2 3 R F, FOTO L I A , S H U T T E R STO C K<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


A U F E I N E N B L I C K<br />

IS-GELDER<br />

Schätzungen zufolge soll der Islamische Staat über<br />

Finanzreserven von knapp zwei Milliarden Euro<br />

verfügen und pro Tag mit seinen besetzten Öl- und<br />

Gasförderanlagen (das Öl wird in die Türkei<br />

geschmuggelt und dort verkauft) rund zwei<br />

Millionen Euro einnehmen. Dazu kommen<br />

Spenden, Lösegelder und die Einnahmen<br />

aus weiteren Schmuggelgeschäften<br />

sowie dem Verkauf erbeuteter Antiquitäten<br />

und Kulturgüter.<br />

IS-GESCHICHTE<br />

Der Islamische Staat wurde 2004 gegründet<br />

und stand anfangs dem<br />

Terrornetzwerk al-Kaida nahe. Über die<br />

Jahre entfernte sich der IS ideologisch<br />

und verfolgte zusehends eigene Ziele,<br />

im Zuge des Bürgerkriegs in Syrien<br />

konnte die Organisation bedeutende<br />

Geländegewinne erzielen und ihr<br />

Operationsgebiet mit einer<br />

äußerst brutalen Vorgangsweise<br />

auch auf den<br />

Irak ausdehnen.<br />

IS-GEBIET Der Islamische Staat kontrolliert aktuell<br />

den Nordosten Syriens und das Gebiet entlang des<br />

Euphrat bis in den Irak. Im Juni 2014 hat die Terrormiliz<br />

die zweitgrößte irakische Stadt Mossul eingenommen<br />

und zu ihrer Hauptstadt erklärt. Ableger und Unterstützer<br />

unterhält der IS in Ägypten, in Libyen, Algerien, im Jemen<br />

und in Saudi-Arabien sowie in Nigeria.<br />

IS-ZIEL<br />

Nachdem US-Truppen IS-Chef Abu Ayyub al-Masri<br />

2010 töteten, übernahm Abu Bakr al-Baghdadi<br />

seine Nachfolge. Am 29. Juni 2014 rief<br />

al-Baghdadi ein Kalifat aus und machte sich<br />

selbst zum Kalifen. Sein Ziel ist die Ausdehnung<br />

des totalitären Gottesstaates (in dem die Scharia,<br />

das islamische Recht, gilt) auf den Libanon,<br />

Israel, Palästina und Jordanien und in weiterer<br />

Folge auf die gesamte islamische Welt.<br />

IS-KÄMPFER Der irakische Sicherheitsexperte Hischam al-Haschimi schätzt die Zahl der IS-Kämpfer auf 100.000 und<br />

damit auf deutlich mehr als westliche Experten. Darunter sollen sich auch mehr als 30.000 ausländische Staatsbürger befinden.<br />

So sollen alleine 3.000 tunesische Kämpfer im Dienst des IS stehen, 2.500 Saudis, mehr als 2.000 Jordanier, 1.500 Marokkaner<br />

und 1.200 Franzosen. Auch aus der Türkei, aus Großbritannien, Libyen und Deutschland (jeweils 600) sowie Pakistan, Usbekistan<br />

(je 500), Belgien (440) und Österreich (rund 150) sollen sich Hunderte Staatsbürger dem IS angeschlossen haben.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 0 h E E R & M E h R<br />

VOLL IM BILD<br />

ASSISTENZEINSATZ:<br />

STARKE ZWISCHENBILANZ<br />

Mit Ende November standen 1.641 Berufs- und Zeitsoldaten<br />

im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz. Sie unterstützen<br />

österreichweit die Polizei, indem sie etwa Personen und Fahrzeuge<br />

im Grenzbereich kontrollieren, Verkehrswege sowie<br />

Bahnhöfe sichern und Notunterkünfte überwachen. Zudem<br />

standen 443 Soldaten (darunter 305 Grundwehrdiener) im<br />

Rahmen des Verwaltungsübereinkommens zur Unterstützungsleistung<br />

für das BM.I im Einsatz. Diese stellten bisher<br />

mehr als 800 Feldbetten bereit, richteten Unterkünfte<br />

ein und verpflegten die Flüchtlinge. Dazu bereitete das<br />

Bundesheer bereits mehr als 340.000 Tagesportionen zu.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />

Seit Kurzem ist das Bundesheer<br />

auch auf Instagram (www.<br />

instagram.com/bundesheer.<br />

online) präsent. Die Foto-Plattform<br />

zählt weltweit mehr als<br />

400 Millionen Nutzer und soll<br />

Einblicke in die Arbeit und den<br />

Alltag der rot-weiß-roten Soldaten<br />

geben. Zu sehen sind darauf<br />

unter anderem auch aktuelle<br />

Bilder der Offiziersausbildung<br />

an der Militärakademie,<br />

bei der Fähnriche die Annäherung<br />

und die Einnahme eines<br />

Gebäudes sowie den Kampf in<br />

verbautem Gebiet trainieren.<br />

„WIR SIND IN SEHR<br />

VIELEN BEREICHEN AKTIV!“<br />

Mal geht es um ein Gesundheitsprogramm, ein anderes Mal um die<br />

Väterkarenz. Wir haben mit Oberwachtmeister Michael Gottlieber,<br />

Leiter des Teilbereichs Öffentlichkeitsarbeit im BMLVS- Referat<br />

Gender Mainstreaming, über die Geschlechter-Gleichstellung im<br />

Bundesheer gesprochen.<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / G U N T E R P U S C H , B U N D E S H E E R / DA N I E L<br />

T R I P P O LT, B U N D E S H E E R / M I N I C H<br />

SOLDIER OF THE<br />

YEAR <strong>2015</strong><br />

Am 20. November wurde in Graz in vier<br />

Kategorien der „Soldier of the Year <strong>2015</strong>”<br />

vergeben. Verteidigungsminister Gerald<br />

Klug überreichte den Siegerpreis an<br />

Wachtmeister Roman Quero vom Jägerbataillon<br />

25, der bei einer Skiausbildung<br />

einem verunfallten Kameraden zu<br />

Hilfe eilte und lebensrettende Sofortmaßnahmen<br />

einleitete. Als beste „Einheit des<br />

Jahres <strong>2015</strong>” wurde die Pionierbaukompanie<br />

vom Pionierbataillon 2 aus Salzburg<br />

für ihren hervorragenden Einsatz<br />

als Infanteriekompanie in Bosnien ausgezeichnet.<br />

„Rekrut des Jahres“ wurde<br />

Gefreiter Daniel Jakaj, und Alexander<br />

Hödl vom Heereslogistikzentrum Wels<br />

ist „Zivilbediensteter des Jahres <strong>2015</strong>“.<br />

Herr Oberwachtmeister, noch immer<br />

versehen nur wenige Frauen ihren Dienst<br />

beim Bundesheer. Warum?<br />

Da könnten wir jetzt lange diskutieren. Fakt<br />

ist, dass die Gleichstellung trotz vieler Fortschritte<br />

noch nicht überall zu 100 Prozent<br />

geglückt ist. So sind die Umfeldbedingungen<br />

in manchen Bereichen noch auf Männer<br />

abgestimmt, was für Frauen den Zugang<br />

erschwert. Wir sehen unsere Aufgabe<br />

im Sensibilisieren für solche Zugangsbeschränkungen,<br />

um Verbesserungen hin<br />

zu einem wertschätzenden Miteinander<br />

von Mann und Frau möglich zu machen.<br />

OBERWACHTMEISTER<br />

MICHAEL GOTTLIEBER<br />

ist Mitglied des Gender<br />

Mainstreaming-Teams.<br />

Damit beschreiben Sie ein sehr weites Tätigkeitsfeld.<br />

Ja, und dabei setzen wir den Hebel auch bei vermeintlichen<br />

Kleinigkeiten an und versuchen etwa die Länge von Laufbahnkursen<br />

zu beeinflussen, um den Besuch auch für alleinerziehende Mütter<br />

und natürlich auch Väter möglich zu machen. Gender Mainstreaming<br />

bedeutet ja nicht, dass wir nur Verbesserungen für Frauen<br />

erzielen wollen, sondern für beide Geschlechter, und daher versuchen<br />

wir etwa auch, mehr Bewusstsein für die Väterkarenz zu schaffen.<br />

Mit welchen Projekten beschäftigen Sie sich noch?.<br />

Wir sind in sehr vielen Bereichen aktiv, ohne dass man uns damit<br />

konkret in Verbindung bringen würde. Aktuell sind wir etwa mit<br />

der Nachbearbeitung unseres Projekts „Herzgesundheit“ beschäftigt,<br />

bei dem wir in Zusammenarbeit mit dem AKH 100 Freiwillige<br />

durch ein Gesundheitsförderungsprogramm begleitet haben. Ziel<br />

war es, mehr Bewusstsein für gesunde Lebensweise zu schaffen,<br />

dabei aber auch Unterschiede zwischen Mann und Frau herauszuarbeiten.<br />

Die Wissenschaft weiß längst, dass der weibliche und<br />

männliche Körper zur Behandlung der gleichen Wehwehchen unterschiedliche<br />

Medikationen benötigen, und ebenso unterschiedlich<br />

sind die Trainingsnotwendigkeiten, um den Körper fit und<br />

gesund zu halten.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 2 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

KÄMPFER AUS DER<br />

TIEFE<br />

Die Kampfschwimmer des Jagdkommandos operieren meist im<br />

Schutz des Wassers, um dann blitzschnell zuzuschlagen – manchmal kommen<br />

die Soldaten aber auch von oben. Ein Übungsbesuch von Stefan Tesch.<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / K D O LU U/ G O R U P, H B F/ M I N I C H<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


K A M P F S C H W I M M E R - A U S B I L D U N G<br />

SAUERSTOFF-<br />

KREISLAUFGERÄT<br />

HERAUSFORDERUNG Kampfschwimmer<br />

müssen den Fallschirmsprung ins Wasser perfekt<br />

beherrschen. Auch wenn das Gepäck<br />

wie hier rund 70 Kilogramm wiegt.<br />

Das taktische Kreislauftauchgerät<br />

funktioniert ähnlich wie der<br />

menschliche Lungenkreislauf:<br />

Getaucht wird dabei mit reinem<br />

Sauerstoff aus einer 1,9-Liter-Flasche.<br />

Das ausgeatmete Kohlendioxid<br />

gelangt in die mit Atemkalk<br />

gefüllte CO2-Absorberpatrone. Das<br />

weiße Granulat entzieht der Luft<br />

CO2 sowie Feuchtigkeit. Der Sauerstoff<br />

kann danach wieder eingeatmet<br />

werden und es sind Tauchzeiten<br />

von bis zu vier Stunden möglich.<br />

Da aus diesem Atemkreislauf keine<br />

Luft ins Wasser gelangt, entstehen<br />

auch keine Blasen an der Oberfläche<br />

und der Taucher bleibt unerkannt.<br />

Allerdings birgt dieses Tauchgerät<br />

einen Nachteil: Sauerstoff wird aufgrund<br />

des hohen Drucks unter Wasser<br />

giftig. Somit liegt die maximale<br />

Tauchtiefe bei rund sieben Metern.<br />

Üblicherweise operieren Kampfschwimmer<br />

aber ohnehin nur in<br />

drei bis vier Metern Tiefe.<br />

M<br />

it dumpfem Brummen<br />

taucht die Hercules-Maschine<br />

am<br />

Horizont auf. Majestätisch<br />

zieht sie<br />

über den hellblauen<br />

Attersee. Plötzlich öffnet sich hinter<br />

ihr ein grüner Fallschirm, dann noch<br />

einer, und schließlich befinden sich<br />

sechs Kampfschwimmer des Jagdkommandos<br />

in der Luft. Die Motoren der<br />

Hercules verstummen langsam in der<br />

Ferne, während die Soldaten lautlos<br />

mitten im See landen. Blitzschnell befreien<br />

sie sich von ihren Fallschirmen,<br />

legen Flossen an und schwimmen, den<br />

Rucksack vor sich herschiebend, los.<br />

Ihr Ziel ist ein per Lastenfallschirm aus<br />

dem Flugzeug abgeworfenes Schlauchboot<br />

samt Motor, das nun in mehr als<br />

100 Metern Entfernung im Wasser als<br />

unscheinbares Paket treibt. Wenige<br />

Minuten später machen sich die sechs<br />

Männer ans Werk. Sie packen das Boot<br />

aus, füllen es mittels Pressluftflasche,<br />

klettern hinein und starten den Au-<br />

ßenbordmotor. In schneller Fahrt und<br />

mit den Sturmgewehren im Anschlag<br />

geht es schnurstracks Richtung Ost -<br />

ufer. „Bei diesem Szenario üben wir<br />

das rasche Anlanden von Spezialeinsatzkräften<br />

über das Wasser, um Aufträge<br />

am Ufer auszuführen“, erklärt<br />

Major Michael Novotny, Hauptlehroffizier<br />

beim Jagdkommando. Diese im<br />

Bundesheer bis dato noch nie trainierte<br />

Methode eignet sich sowohl für<br />

Einsätze in Binnengewässern als auch<br />

fürs Meer.<br />

Insgesamt erstreckt sich die Kampfschwimmerausbildung<br />

über zwei Jahre.<br />

Im ersten Jahr absolvieren die Soldaten<br />

– allesamt Berufssoldaten beim Jagdkommando<br />

– den dreimonatigen<br />

Grundtauchkurs, um die Basics des<br />

Tauchens zu erlernen: Tauchen mit<br />

Pressluftflaschen, Nachttauchen, Orientieren,<br />

Retten und Bergen. Im zweiten<br />

Jahr geht es mit dem eigentlichen<br />

Kampfschwimmerkurs weiter. Hier<br />

liegt der Fokus auf dem Tauchen mit<br />

dem Sauerstoffkreislaufgerät („Rebrea -<br />

ther“) und dem Üben von taktischen<br />

Verfahren für den Einsatz. „Im Gegensatz<br />

zum herkömmlichen Tauchen mit<br />

Pressluftflaschen verursacht das Kreislaufgerät<br />

keine Blasen beim Ausatmen<br />

und ist somit für unerkanntes Annähern<br />

geeignet“, erzählt ein Heerestauchlehrer.<br />

Getaucht wird sowohl in<br />

Flüssen und Seen Österreichs als auch<br />

im Mittelmeer. Bis die Kampfschwimmer<br />

zu Spezialisten unter Wasser<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 4 H E E R & M E H R<br />

ÜBUNGSSZENARIO Nach dem Absprung aus der Hercules müssen die<br />

Soldaten ein zuvor abgeworfenes Schlauchboot samt Motor in Betrieb<br />

nehmen. Im Eiltempo geht es damit dann Richtung Einsatzort.<br />

werden, ist es ein langer und nasser<br />

Weg. Rund 200 Stunden verbringen<br />

die Soldaten während ihrer Ausbildung<br />

unter Wasser – auch im Winter bei Eis<br />

und Schnee. Sie lernen dabei das Arbeiten<br />

unter Wasser, etwa Hämmern,<br />

Bohren, Schrauben, Schneiden und<br />

das Heben von Gegenständen mit dem<br />

Bergeballon. Dabei geht es um Präzision,<br />

Koordination und viel Fingerspitzengefühl,<br />

denn bei Strömungstauchgängen<br />

in der Donau ist es häufig so<br />

trüb, dass man unter Wasser seine ausgestreckte<br />

Hand nicht mehr erkennen<br />

kann. Alle Handgriffe müssen daher<br />

blind beherrscht werden.<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / K D O LU U/ G O R U P, ST E FA N T E S C H<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


K A M P F S C H W I M M E R - A U S B I L D U N G<br />

„Die Ausbildung ist extrem herausfordernd<br />

und abwechslungsreich“, sagt<br />

einer der Kursteilnehmer. Besonders<br />

in Erinnerung ist ihm noch das Anti-<br />

Ertrinkungs-Training. Dabei müssen<br />

die Soldaten mit zusammengebundenen<br />

Händen und Füßen im sechs<br />

Meter tiefen Wasser eine Viertelstunde<br />

durchhalten. „Dies gelingt, indem man<br />

zwischen Boden und Oberfläche hin<br />

und her pendelt“, verrät der Soldat.<br />

Zäh ist auch das Orientieren und Navigieren<br />

bei schlechter Sicht. So müssen<br />

die Kampfschwimmer bis zu drei<br />

Stunden unter Wasser verschiedene<br />

Punkte auf Strecken von mehreren Kilometern<br />

antauchen. „Geduld, Ausdauer<br />

und enormes Durchhaltevermögen<br />

sind hier oberstes Gebot“, sagt er. Zum<br />

Einsatz kommen dabei lediglich Kompass<br />

und Uhr. Entfernungen misst man<br />

mit folgender Formel: Für 100 Meter in<br />

voller Ausrüstung inklusive Rucksack<br />

benötigt man fünf Minuten. Die Soldaten<br />

tauchen dabei entweder zu zweit<br />

oder in der Gruppe, stets verbunden<br />

mit einer Leine.<br />

Zur Standardbewaffnung der Kampfschwimmer<br />

gehören Sturmgewehr und<br />

Pistole. Diese Waffen funktionieren<br />

auch, wenn sie während eines Tauchgangs<br />

komplett nass werden. Um direkt<br />

nach dem Auftauchen schießen zu<br />

können, muss man die Waffe kurz mit<br />

dem Lauf nach unten halten, damit das<br />

Wasser herausrinnt. Je nach Einsatz,<br />

kommen auch Panzerabwehrrohr sowie<br />

Maschinengewehr mit ins Wasser.<br />

Die Aufgaben der Kampfschwimmer<br />

sind vorwiegend die Aufklärung von<br />

Objekten im wassernahen Bereich sowie<br />

die Befreiung und der Schutz von<br />

Personen. „Im Gegensatz zu anderen<br />

Einheiten des Bundesheeres können<br />

Kampfschwimmer unerkannt und<br />

ohne Boot an Land gehen und somit<br />

etwa Hafenanlagen erkunden.“ Diese<br />

Fähigkeit ist nicht nur für Einsätze im<br />

Ausland wichtig, sondern auch fürs<br />

Inland. Denn im Ernstfall können die<br />

Soldaten über das Wasser zu schützenswerten<br />

Objekten – zum Beispiel<br />

Kraftwerke – gelangen und dort rasch<br />

wirksam werden. Ebenso gehören Geiselbefreiungen<br />

auf Schiffen zu ihren<br />

MAJOR MICHAEL NOVOTNY<br />

„Kampfschwimmer müssen zäh sein und<br />

ein extremes Durchhaltevermögen haben.“<br />

Fähigkeiten. Das „Boarding“ erfolgt<br />

dabei sowohl über Hubschrauber als<br />

auch über Schnellboote. Die Einsätze<br />

finden meist bei Nacht statt, um die<br />

Dunkelheit als zusätzliche Tarnung<br />

zu nützen. Wo das Jagdkommando tatsächlich<br />

operiert, bleibt jedoch weitestgehend<br />

ein gut gehütetes Geheimnis.<br />

Zurück am Attersee: Die Kampfschwimmer<br />

haben das Ufer erreicht<br />

und rüsten sich nun für den nächsten<br />

Übungsdurchgang. Diesmal werden sie<br />

aus mehr als 1.000 Metern mit angelegtem<br />

Tauchgerät aus der Hercules<br />

springen und im Gleitflug am Fallschirm<br />

den Attersee erreichen. Danach<br />

tauchen sie ans Ufer. Nach Einbruch<br />

der Dunkelheit werden sie nochmals<br />

das Szenario mit dem abgeworfenen<br />

Schlauchboot trainieren. Ohne Tageslicht<br />

ist das eine extrem schwierige<br />

Operation. Major Novotny, der selbst<br />

gerade einen Fallschirmsprung ins<br />

Wasser absolviert hat, fügt hinzu:<br />

„Kampfschwimmer haben es im<br />

Einsatz nie angenehm.“ Wieso sollte<br />

das also bei Übungen anders sein?


Fotos: Bundesheer/Harald Minich/Julia Fenyvesi<br />

Hubschrauberpilot<br />

Soldat<br />

im Auslandseinsatz<br />

Truppenärztin<br />

Panzergrenadier<br />

Entminungsdienstexperte<br />

Textiltechnikerin<br />

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0 2 8 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

Kurz vor Erreichen der Main<br />

Operating Base gerät ein<br />

Konvoi der EU-Battlegroup<br />

unter Beschuss. Ein Fahrzeug<br />

ist beschädigt und ein<br />

Soldat verletzt. Ein Bericht<br />

von der Bundesheer-Übung<br />

European Advance<br />

(EURAD) <strong>2015</strong>.<br />

Text & Fotos: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

ANGRIFF<br />

AUF DEN<br />

KONVOI<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


E U R A D 2 0 1 5<br />

nde des vergangenen<br />

E<br />

Jahres hat Redland sein<br />

Nachbarland Greenland<br />

angegriffen. Die Kämpfe<br />

dauerten nur kurz, Redland<br />

hält seitdem aber<br />

Teile des Staatsgebiets von Greenland<br />

besetzt. Auf Ersuchen der Vereinten<br />

Nationen entsendet die Europäische<br />

Union (EU) eine multinationale Battlegroup,<br />

um Übergriffe auf die Bevölkerung<br />

zu verhindern und die Streitkräfte<br />

Redlands zum Abzug zu bewegen.<br />

Das gelingt zum Teil auch, einige<br />

Rebellen weigern sich aber die Region<br />

zu verlassen und leisten Widerstand.<br />

Soweit, so fiktiv, auch wenn das<br />

Übungsszenario für das Bundesheer<br />

im zweiten Halbjahr 2016 durchaus<br />

Realität werden könnte. Österreich ist<br />

dann nach 2011 und 2012 zum bereits<br />

dritten Mal Teil der EU-Battlegroup<br />

(EU-BG 2016-2) und stellt dessen Logistikelement.<br />

In Vorbereitung darauf<br />

stand die (aufgrund des laufenden<br />

Assistenzeinsatzes) redimensionierte<br />

Bundesheer-Großübung EURAD<br />

<strong>2015</strong> von 2. bis 15. November ganz im<br />

Zeichen der nationalen Einsatzvorbereitung.<br />

Gemeinsam mit 105 deutschen,<br />

21 Luxemburger und sechs<br />

tschechischen Soldaten übten 1.200<br />

österreichische Soldaten in und um<br />

die Raab-Kaserne in Mautern etwa die<br />

Durchführung von Versorgungskonvois<br />

durch feindliches Terrain.<br />

Eine heftige Explosion bringt die<br />

Fahrzeuge kurz vor Erreichen der<br />

Main Operating Base (kurz MOB)<br />

zum Stehen. Eine Roadside Bomb von<br />

Redland-Rebellen hat eines der Transportfahrzeuge<br />

beschädigt und einen<br />

Soldaten verletzt, der Konvoi gerät<br />

unter Feuer. „One vehicle damaged!“<br />

funkt der Kommandant und fordert<br />

Luftunterstützung an. Währenddessen<br />

erwidern die als Sicherungsfahrzeuge<br />

eingesetzten Pandur das Feuer,<br />

orangefarbender Rauch markiert die<br />

eigene Position. Der Kommandant<br />

lässt einen Richtungsschuss abfeuern,<br />

um den anfliegenden Hubschraubern<br />

das Auffinden des Feindes zu erleichtern.<br />

Kurz darauf knattern zwei Bell<br />

OH-58 Kiowa über den Konvoi hinweg<br />

und nehmen die Angreifer unter<br />

Beschuss. Parallel dazu hat der Konvoikommandant<br />

die Bergung des havarierten<br />

Fahrzeugs angeordnet. Ein<br />

Hakenladesystem MAN 38.440 8x8<br />

setzt zurück und schleppt den beschädigten<br />

Lkw ab. In der Zwischenzeit<br />

fliegt eine Agusta Bell 212 den<br />

verletzten Soldaten aus, ein Black<br />

Hawk und eine weitere Bell 212<br />

landen Verstärkungskräfte an.<br />

Alle Rädchen scheinen bei dieser Teil -<br />

übung der EURAD präzise ineinanderzugreifen,<br />

der Konvoi kann letztlich<br />

seine Fahrt fortsetzen. Sowohl<br />

Oberst Michael Lippert, Kommandant<br />

des österreichischen Kontingents<br />

1<br />

FOTO ( AU F M AC H E R ) : PA N Z E R STA B S B ATA I L LO N 3<br />

2 3<br />

RASCH & PRÄZISE Nachdem eine Roadside Bomb ein Hakenladesystem beschädigt hat<br />

und Fahrzeuge unter Beschuss geraten (1), muss der Konvoi-Kommandant auf die Situation<br />

reagieren: Das Feuer wird erwidert (2), oranger Rauch (3) markiert die eigene Position und<br />

Luftunterstützung wird angefordert.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 0 H E E R & M E H R<br />

4<br />

6<br />

LUFTUNTERSTÜTZUNG<br />

5<br />

VORRÜCKEN<br />

7 8 10<br />

11<br />

9<br />

FESTGELEGTER ABLAUF Nachdem die Sicherungsfahrzeuge das Feuer erwidert haben, hilft ein Richtungsschuss<br />

(4) der Luftunterstützung beim Auffinden und Bekämpfen (5 & 6) des Feindes. Mit Black Hawk und<br />

Agusta Bell 212 werden danach Verstärkungskräfte herangeführt (8 & 9), grüner Rauch (7) erleichtert den<br />

Hubschrauberpiloten die Orientierung. Rasch gehen die Soldaten gegen die Rebellen vor (10), der havarierte<br />

Lkw wird währenddessen ins Schlepptau genommen (11). Der verletzte Soldat wird für den Abtransport vorbereitet<br />

und mit einer weiteren Agusta Bell 212 ausgeflogen (12).<br />

BERGUNG<br />

12<br />

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0 3 2 H E E R & M E H R<br />

der EU-BG 2016-2, als auch Übungsleiter<br />

Brigadier Christian Habersatter,<br />

Kommandant der 3. Panzergrenadierbrigade,<br />

zeigen sich mit dem Abschluss<br />

der nationalen Einsatzvorbereitung<br />

des österreichischen Kontingents<br />

zufrieden. Im kommenden<br />

Halbjahr folgt die internationale Einsatzvorbereitung<br />

mit einer Volltruppenübung<br />

im Raum Hamburg und<br />

am Truppenübungsplatz Bergen.<br />

Zum Einsatz könnte die Battlegroup<br />

nach Beschluss des EU Rates (und<br />

Zustimmung der nationalen Parlamente)<br />

innerhalb von zehn Tagen in<br />

einem Umkreis von 6.000 Kilometer<br />

um Brüssel kommen. Die Krisenpräventions-<br />

und -reaktionskräfte der<br />

EU werden im zweiten Halbjahr 2016<br />

von Deutschland (als Lead Nation),<br />

Österreich, Tschechien, Luxemburg,<br />

13<br />

weiterfahrt Während im Hintergrund die Verstärkung weiter gegen die Rebellen vorgeht,<br />

kann der Konvoi seine Fahrt in die Main Operating Base fortsetzen (13).<br />

truppe zukommen: „Österreich bildet<br />

bei einem Einsatz den Prozessor. An<br />

diesen können dann beliebige Hardware-<br />

und Software-Komponenten<br />

angedockt werden, aber funktioniert<br />

der Prozessor nicht, funktionieren<br />

auch diese Komponenten nicht.“<br />

„Die Zusammenarbeit ist auf Augenhöhe!“<br />

Generalleutnant Dieter Naskrent<br />

ist seit April 2012 Stellvertreter des<br />

Inspekteurs der deutschen Luftwaffe<br />

und machte sich im Rahmen der<br />

EURAD vor Ort ein Bild von der<br />

Zusammenarbeit deutscher und<br />

österreichischer Soldaten.<br />

herr Generalleutnant, die Bundeswehr<br />

und das Bundesheer unterhalten seit<br />

Jahren eine enge Zusammenarbeit. wie<br />

entwickelt sich diese aus ihrer Sicht?<br />

Mit Blick auf unsere Zusammenarbeit im<br />

Bereich der Luftstreitkräfte ist festzustellen,<br />

dass wir seit vielen Jahren ausgesprochen<br />

eng und erfolgreich<br />

kooperieren. Dies betrifft ein breites<br />

Spektrum, unter anderem Themenfelder<br />

wie die gemeinsame Ausbildung<br />

von Eurofighter-Piloten, Luftraumüberwachung<br />

und Luftlagedatenaustausch,<br />

militärische Flugsicherung, Gebirgsflugausbildung<br />

sowie gegenseitige Teilnahme<br />

an Übungsvorhaben. Aus<br />

unserer Sicht gestaltet sich diese Zusammenarbeit<br />

für beide Seiten vielversprechend<br />

und gewinnbringend.<br />

in Österreich werden die eigenen Luftstreitkräfte<br />

mitunter kritisch gesehen.<br />

Daher meine frage: Profitiert von der Zusammenarbeit<br />

nur Österreich oder zieht<br />

daraus auch die Bundeswehr Vorteile?<br />

Die Zusammenarbeit ist absolut auf Augenhöhe<br />

und natürlich profitieren auch<br />

wir davon. So prüfen wir beispielsweise in<br />

Deutschland aktuell, ob wir gewonnene<br />

Erfahrungen und bestimmte Verfahren der<br />

österreichischen Luftstreitkräfte im Bereich<br />

der planbaren Instandsetzung des Eurofighter<br />

übernehmen können. Ein vergleichbar<br />

reger Austausch findet auch in<br />

anderen Bereichen statt, sodass ich sicher<br />

bin, dass wir die Zusammenarbeit in Zukunft<br />

weiter intensivieren und auf weitere<br />

Kooperationsfelder ausdehnen werden.<br />

im zweiten halbjahr 2016 stellen<br />

Österreich und Deutschland das Gros<br />

der eU-Battlegroup. was wird im hinblick<br />

darauf hier bei der eUraD geübt?<br />

Die Luftwaffe ist bei dieser Übung mit<br />

dem Abwehrsystem MANTIS beteiligt.<br />

Es ist ein stationäres System, das für den<br />

Feldlagerschutz eingesetzt wird. Da wir<br />

MANTIS bisher noch nicht im Einsatz hatten,<br />

bedeutet die Verlegung hierher<br />

sowie die Inbetriebnahme vor Ort einen<br />

enormen Erfahrungsgewinn. Dieser wird<br />

noch verstärkt durch die Integration von<br />

MANTIS in das Gesamtsystem Feldlagerschutz,<br />

insbesondere die Anbindung des<br />

Luftraumüberwachungsradars des Österreichischen<br />

Bundesheeres. Wir betreten<br />

hiermit Neuland und nehmen eine Vielzahl<br />

von wertvollen Erkenntnissen mit. Ein<br />

erstes Feedback meiner Soldaten bestätigt<br />

dies nachdrücklich.<br />

Kroatien, den Niederlanden und Irland<br />

gebildet. Dem Bundesheer würde<br />

im Fall der Fälle laut Streitkräfte-<br />

Kommandant Generalleutnant Franz<br />

Reißner eine entscheidende Rolle als<br />

Logistic Lead Nation in der Versorgung<br />

der multinationalen Eingreifm<br />

i L i t ä r a k t U e L L


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der Postkutsche und der Eisenbahn<br />

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0 3 4 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

ENNS<br />

Die Heeresunteroffiziersakademie versteht sich als Kompetenzzentrum für<br />

ALLES<br />

NEU IN<br />

die nationale und internationale Unteroffiziersausbildung und -weiterbildung.<br />

Mit September 2016 gibt es dort große Neuerungen.<br />

Text: JOHANNES LUXNER Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />

D<br />

ie Ennser Towarek-<br />

Kaserne hat viele<br />

Geschichten zu erzählen.<br />

Bereits zu<br />

Kaisers Zeiten befand<br />

sich hier mit<br />

der k. u. k. Militärunterrealschule<br />

eine Ausbildungsstätte im militärischen<br />

Zusammenhang. Davon zeugt<br />

heute noch die klassische Monumentalarchitektur<br />

der Kaserne, die<br />

in den Jahren 1906 bis 1908 entstand.<br />

In den 1930er-Jahren war an<br />

diesem Standort das Alpenjägerregiment<br />

Nr. 8 zu Hause – und Franz Jägerstätter<br />

unterzeichnete in der Towarek-Kaserne<br />

seine Erklärung zur<br />

Kriegsdienstverweigerung für die<br />

Wehrmacht, die kurz darauf zu seiner<br />

Hinrichtung führte. Auch die<br />

B-Gendarmerie war einst im<br />

Gebäudekomplex untergebracht.<br />

Seit dem Jahr 1958 befindet sich in<br />

Enns nun die Heeresunteroffiziersschule,<br />

die 1995 zur Heeresunteroffiziersakademie<br />

adaptiert wurde. Damals<br />

erfolgte auch eine Anpassung<br />

der Ausbildung an die Erfordernisse<br />

der Zeit. Und bald kommt wieder<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

HEERESUNTER-<br />

OFFIZIERSAKADEMIE<br />

XXX xxxxx<br />

spürbare Bewegung in die traditionelle<br />

Ausbildungsinstitution, die in<br />

den vergangenen Jahrzehnten über<br />

30.000 österreichische Unteroffiziere<br />

ausgebildet hat.<br />

Die angespannte Personalsituation<br />

bei den jungen Unteroffizieren sei<br />

kein Geheimnis, konkretisiert der<br />

Kommandant der Heeresunteroffiziersakademie,<br />

Brigadier Nikolaus<br />

Egger, die grundsätzliche Ursache<br />

für die nun bevorstehenden Maßnahmen.<br />

„Mit der neuen Ausbildungsstruktur<br />

werden wir wesentlich<br />

attraktiver. Mit einem zeitlich<br />

kompakten Kursangebot unter Beibehaltung<br />

der bewährten Inhalte<br />

werden wir mehr Anwärterinnen<br />

und Anwärter für den Unteroffiziersberuf<br />

nachhaltig motivieren<br />

können“, sagt Egger zum neuen Ausbildungsmodell,<br />

das für die auszubildenden<br />

Unteroffiziere analog der<br />

Offiziersausbildung nun planbarer<br />

gestaltet und ab September 2016<br />

AUSDAUER & ARCHITEKTUR In der Ennser<br />

Towarek-Kaserne wird im historischen<br />

Ambiente auf Höhe der Zeit ausgebildet.<br />

STÄRKE Bei<br />

Auslandseinsätzen<br />

zeige sich<br />

immer wieder<br />

die Fremdsprachenkompetenz<br />

österreichischer<br />

Soldaten, sagt<br />

Rudolf Pfalzer.<br />

umgesetzt wird. „Von der Straße bis<br />

zum Ausmustern in eineinhalb Jahren“,<br />

beschreibt Kommandounteroffizier<br />

Vizeleutnant Rudolf Pfalzer einen<br />

Aspekt der neuen Straffheit in der<br />

Ausbildung, die zu einer Attraktivierung<br />

des Unteroffiziersberufs beitragen<br />

soll. Der Ausbildungsweg zum<br />

Unteroffizier wird dabei transparenter<br />

und besser planbar. „Auch in<br />

Sachen Verdienst“, sagt Pfalzer, der<br />

maßgeblich in die Neuordnung der<br />

Lehrinhalte involviert war.<br />

Außerordentlich vielseitig wird die<br />

Ausbildung bleiben. Pädagogische<br />

Inhalte haben hier ebenso ihren Platz<br />

wie umfangreiche Rechtskurse, aber<br />

auch Ethik, Führung, politische Bildung<br />

und Fremdsprachen stehen<br />

auf dem Lehrplan.<br />

Insbesondere die Fremdsprachenkompetenz<br />

der österreichischen<br />

Unteroffiziere sei<br />

immer wieder bemerkenswert, sagt<br />

Pfalzer, der sich davon bei Auslands-<br />

Im Jahr 1958<br />

als Heeresunteroffiziersschule<br />

gegründet,<br />

wurde die<br />

Ausbildung der österreichischen<br />

Unteroffiziere im Jahr 1995 adaptiert<br />

und nennt sich seitdem Heeresunteroffiziersakademie<br />

(HUAk). Damals<br />

wie heute hat sie ihren Sitz in<br />

der Towarek-Kaserne im oberösterreichischen<br />

Enns. Auch die grundlegenden<br />

Aufgaben haben sich kaum<br />

verändert. Nach wie vor ist die HUAk<br />

die Aus- und Weiterbildungsstätte<br />

aller Heeresunteroffiziere, die sich<br />

aber immer wieder den Zeichen der<br />

Zeit anpasste. So wurde der Fremdsprachenunterricht<br />

angesichts der<br />

vielen Auslandseinsätze ausgebaut<br />

und im Lauf der Jahrzehnte ergänzten<br />

Themen und Fächer wie Militär<br />

ethik oder seit wenigen Jahren das<br />

Gender Mainstreaming die Lehrpläne<br />

der HUAk. Die internationale Ausrichtung<br />

der Bildungsinstitution äußert<br />

sich auch in Form zahlreicher<br />

Kooperationen wie jene mit der Unteroffiziersschule<br />

der Luftwaffe in<br />

Appen bei Hamburg, der Schule für<br />

Feldjäger und Stabsdienst in Hannover<br />

oder mit der Unteroffiziersschule<br />

in Delitzsch, nördlich von Leipzig.<br />

Am Standort Towarek-Kaserne sind<br />

aktuell rund 130 Menschen beschäftigt.<br />

Ab September 2016 wird die Kaderausbildung<br />

neu ausgerichtet, um<br />

damit den Beruf des Unteroffiziers<br />

zu attraktivieren. Der Ausbildungsablauf<br />

wird straffer und damit<br />

besser planbar.<br />

Oberösterreich<br />

Salzburg<br />

Kärnten<br />

Niederösterreich<br />

Steiermark<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 3 6 H E E R & M E H R<br />

internetbasierte Plattform gilt seit<br />

über zehn Jahren als wichtiges Instrument<br />

für die Weiterbildung der<br />

Unteroffiziere.<br />

VIELSEITIGE AUSBILDUNG Auch rechtlichen Aspekte sind bei der Ausbildung in Enns Thema.<br />

einsätzen immer wieder selbst ein<br />

Bild machen kann. Nicht nur die<br />

Sprache – auch die interkulturelle<br />

Kompetenz österreichischer Unteroffiziere<br />

steche bei Auslandseinsätzen<br />

hervor. „Auf den Ruf der Unteroffiziere<br />

im Ausland können wir alle sehr<br />

stolz sein“, sagt Kommandant Nikolaus<br />

Egger. Kein Wunder, gibt sich die<br />

Unteroffiziersausbildung doch auf<br />

vielen Ebenen höchst international.<br />

Die Heeresunteroffiziersakademie<br />

kooperiert etwa mit der Unteroffizierschule<br />

der deutschen Luftwaffe in<br />

Appen bei Hamburg. Im Rahmen der<br />

Unteroffiziersweiterbildung kommt<br />

daher auch die international erprobte<br />

Weiterbildungsplattform ENCOA<br />

(European Non Commissioned Officer<br />

Academy) zum Einsatz. Diese<br />

Auch die generelle Strukturreform<br />

des Bundesheeres wird nicht vollkommen<br />

spurlos an der Heeresunteroffiziersakademie<br />

vorüberziehen:<br />

„Die Akademie wird ihren Grundauftrag<br />

behalten und auch weiterhin für<br />

die Ausbildung aller Unteroffiziere<br />

zuständig sein. Doch um logistische<br />

Straffungsmaßnahmen werden auch<br />

wir nicht herumkommen“, nennt<br />

Brigadier Nikolaus Egger anstehende<br />

Herausforderungen, die noch nicht<br />

klar benannt werden können. Doch<br />

trotz all der Einsparungsmaßnahmen<br />

gelte es in erster Linie das hohe Niveau<br />

der Ausbildung beizubehalten<br />

und den Fokus richtig zu legen, sagt<br />

Egger: „Denn das wertvolle Gut sind<br />

hier die Menschen.“


T R U P P E N B E S U C H<br />

„Die Jungen sind sehr erlebnisorientiert.“<br />

Vizeleutnant<br />

Siegfried Gorofsky<br />

„Lehrgangsteilnehmer hinterfragen<br />

heute kritischer als früher und<br />

wissen, wo sie ihre Informationen<br />

herbekommen.“<br />

Sie sind als Hauptlehrunteroffizier und<br />

Klassenleiter tätig – wie darf man sich<br />

Ihren Arbeitsalltag vorstellen?<br />

Ich führe eine Klasse, die je nach Stärke<br />

drei bis vier Gruppen hat. In meinem<br />

Team habe ich einen Hauptlehrunteroffizier<br />

und zwei bis drei weitere Lehrunteroffiziere.<br />

Das entspricht der Struktur<br />

eines Zuges. Die Hauptaufgabe ist die<br />

Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung<br />

der Unteroffiziersausbildung<br />

in den diversen Themen.<br />

Welche Themen sind das konkret?<br />

Etwa Führen und Aufgaben im Einsatz –<br />

also das Gefecht. All das jedoch auf einem<br />

einfachen, standardisierten Level. Das hat<br />

seine Gründe: Denn, überspitzt gesagt,<br />

ich habe vom Jagdkommandosoldaten bis<br />

zum Feldkoch sämtliche Strukturen und<br />

Waffengattungen in meiner Klasse. Das ist<br />

eine sehr heterogene Gruppe, die in den<br />

Gefechtsaufgaben auszubilden ist. Mindeststandard<br />

ist etwa, eine Gruppe im<br />

gesicherten Fußmarsch von A nach B<br />

zu führen. Die soll aber auch, wenn am<br />

Marschweg etwas passiert, das gewonnene<br />

Gelände und die Verbindung zum<br />

Zugskommandanten halten können. Die<br />

Lehrgangsteilnehmer müssen also keinen<br />

„Krieg“ führen können – aber einfache Gefechtsaufgaben<br />

müssen sie beherrschen.<br />

Inwiefern haben sich im Zuge Ihrer<br />

Laufbahn die jungen Leute verändert?<br />

Erlebnis, Schnelllebigkeit und das Bedürfnis<br />

nach Information werden immer stärker.<br />

Sie hinterfragen kritischer und wissen,<br />

wo sie ihre Informationen herbekommen.<br />

Kurz gesagt: Es muss sich etwas rühren –<br />

die Jungen sind sehr erlebnisorientiert und<br />

genau das ist es auch, was in Zukunft bei<br />

der generellen Entwicklung des Bundesheeres<br />

berücksichtigt werden soll. Und<br />

auch die hohe Sportbegeisterung bei<br />

den Jungen fällt mir auf.


0 3 8 H E E R & M E H R<br />

„Wir sind im Sinne des<br />

Apothekengesetzes<br />

keine Apotheke,<br />

nehmen aber<br />

praktisch dieselben<br />

Aufgaben wahr.“<br />

Majorapothekerin Martina Lexa<br />

DIE<br />

APOTHEKERIN<br />

Das Bundesheer beschäftigt österreichweit drei Heeresapotheker. Wir haben mit<br />

Majorapothekerin Martina Lexa eine von ihnen einen Tag lang bei ihrer Arbeit im<br />

Sanitätszentrum Ost in Stammersdorf begleitet. Text: JÜRGEN ZACHARIAS Fotos: BUBU DUJMIC<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

INTERVIEW<br />

„Ich wollte mich<br />

weiterentwickeln!“<br />

VERSORGUNGS-VORGANG Über einen sogenannten<br />

Versorgungsrapport (kurz VersRap) melden die Ambulanzen<br />

ihren Bedarf an die Apotheke. Dort werden die Arzneimittel,<br />

Verbandmittel und Reagenzien ausgegeben,<br />

beim Heeres-Zentrallager angefordert oder (bei Bedarf)<br />

direkt beim Hersteller oder Großhändler bestellt.<br />

ABWECHSLUNGSREICHE ARBEIT Majorapothekerin<br />

Martina Lexa schätzt viele Aspekte an ihrem Beruf. Im<br />

Besonderen, dass ihre Tätigkeit sehr „abwechslungsreich“<br />

ist und ständig neue Herausforderungen mit sich bringt.<br />

Majorapothekerin Martina Lexa hat mit<br />

30 Jahren ihren Ausbildungsdienst absolviert<br />

und danach in der Heeresapotheke<br />

im Heeresspital Wien (heute Sanitätszentrum<br />

Ost) zu arbeiten begonnen. Heute<br />

ist sie deren Leiterin und von ihrem<br />

„herausfordernden“ Job „mehr als nur<br />

begeistert“.<br />

Frau Majorapothekerin, wie sind Sie mit<br />

30 Jahren auf die Idee gekommen, ihren<br />

Ausbildungsdienst zu machen und zum<br />

Bundesheer zu gehen?<br />

(lächelt) Ich habe nach meinem Pharmaziestudium<br />

in einer öffentlichen Apotheke<br />

gearbeitet und wollte mich weiterentwickeln.<br />

Also habe ich mich um einen Job im<br />

damaligen Heeresspital beworben. 2004<br />

habe ich dann meinen Ausbildungsdienst<br />

geleistet und seit 2005 bin ich hier in der<br />

Heeresapotheke tätig und deren Leiterin.<br />

Wie sieht ihr Arbeitsalltag aus?<br />

Unsere Hauptaufgabe ist die Versorgung<br />

des Sanitätszentrums Ost sowie seiner<br />

fünf Außenstellen mit Arzneimitteln,<br />

Verbandsmaterial und Reagenzien. Ich<br />

persönlich kümmere mich dabei um den<br />

administrativen Teil, außerdem nehme ich<br />

bei uns im Haus, in den Außenstellen und<br />

allen Krankenrevieren des Bundesheeres<br />

in Ostösterreich eine Konsiliarfunktion<br />

wahr. Ich überprüfe hierbei, ob in den<br />

Ambulanzen die Haltbarkeit der Produkte<br />

gegeben ist, ob die Hygienevorschriften<br />

eingehalten werden und die Bevorratungsmengen<br />

passen.<br />

Ist das Aufgabengebiet der Heeresapotheke<br />

mit dem einer zivilen Apotheke<br />

vergleichbar?<br />

Wir sind im Sinne des Apothekengesetzes<br />

keine Apotheke, nehmen im Kern aber<br />

praktisch dieselben Aufgaben wahr. Zwar<br />

müssen wir hier keine Auslagen gestalten<br />

oder Verkaufsgespräche führen, allerdings<br />

decken wir auch Aspekte ab, die man so in<br />

zivilen Apotheken nicht oder kaum findet.<br />

In unserem Labor packen wir etwa selbst<br />

Elektrolytlösungen ab, wir stellen therapeutische<br />

Mittel her oder füllen Spezialanfertigungen<br />

wie Sonnencreme in Tuben ab.<br />

HEERESEIGENE ANFERTIGUNG<br />

Im Labor werden therapeutische<br />

Mittel (beispielsweise Salben) hergestellt<br />

und Großmengen in handelsübliche<br />

Gebinde wie Tuben,<br />

Säckchen oder Flaschen verpackt.<br />

TEAMARBEIT In der Heeresapotheke<br />

wird mit Erdina Cavalic auch<br />

ein Lehrling als Pharmazeutisch Kaufmännischer<br />

Assistent ausgebildet,<br />

Franziska Buresch (Bildmitte) ist für<br />

ihre Ausblidung verantwortlich.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 0 H E E R & M E H R<br />

„ICH BIN GUT DRAUF“<br />

In der vergangenen Saison gelang dem Heeresleistungssportler sein<br />

erster Sieg im Skisprung-Weltcup. Heuer möchte Korporal Michael<br />

Hayböck diesen Erfolg bestätigen. Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

err Korporal Hayböck,<br />

HSie haben in der<br />

vergangenen Saison<br />

Ihr erstes Weltcup-<br />

Springen gewonnen.<br />

Täuscht der Eindruck,<br />

dass Ihnen danach im Saison-Finish<br />

ein wenig die Luft ausging?<br />

Dieser Eindruck mag für einen Außenstehenden<br />

entstanden sein, ich selbst<br />

war mit der Saison durchaus zufrieden.<br />

Das war meine mit Abstand beste Saison<br />

und am Anfang ging alles sehr leicht<br />

von der Hand und bin ich regelmäßig<br />

aufs Podium gesprungen. Nach der Vierschanzentournee<br />

ist dann die Selbstverständlichkeit<br />

ein wenig verloren gegangen<br />

und es haben sich kleine Fehler in<br />

meine Sprünge geschlichen …<br />

Trotzdem konnten Sie in dieser<br />

Phase mit dem Team Silber bei der<br />

WM in Falun gewinnen?<br />

Genau, was ja auch zeigt, dass im Saison-Finish<br />

nicht alles schlecht war. Im<br />

Weltcup bin ich auch noch regelmäßig<br />

unter die ersten zehn gesprungen, für<br />

ganz vorne hat es eben nicht mehr so<br />

oft gereicht, was aber auch zeigt, wie<br />

stark die Dichte im Skisprung-Weltcup<br />

mittlerweile ist. Wenn die eigenen<br />

Sprünge nicht zu 100 Prozent passen,<br />

hat man keine Chance, ganz vorne<br />

dabei zu sein. Aber trotzdem war es,<br />

wie gesagt, alles in allem eine starke<br />

und lehrreiche Saison.<br />

Inwiefern lehrreich?<br />

Ich konnte mich selbst und meinen Körper<br />

besser kennenlernen und weiß jetzt,<br />

wie ich auf sportlichen Druck reagiere<br />

und wie mein Körper die Belastungen<br />

einer Saison im Spitzenfeld verkraftet<br />

und wie ich mir die Kräfte besser einteilen<br />

kann. Der ein oder andere Tag mehr<br />

Pause hätte mir im Nachhinein<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L<br />

betrachtet vielleicht gutgetan. Eventuell<br />

hätte ich die Reise zu den Bewerben<br />

nach Japan nicht mitmachen sollen, und<br />

dahingehend werde ich in dieser Saison<br />

sicher versuchen, mir meinen Energiehaushalt<br />

besser einzuteilen. Eine wichtige<br />

Erfahrung war auch, dass es mir<br />

bei der WM in Falun ausgerechnet bei<br />

einem Großereignis gelang, mich aus<br />

meinem größten Saisontief zu ziehen.<br />

Mit welchen Erwartungen gehen<br />

Sie nun in die neue Saison?<br />

Die Erwartungshaltung ist natürlich eine<br />

andere als noch vor einem Jahr, aber die<br />

Konkurrenz schläft bekanntlich nicht.<br />

Ich muss also besser und weiter springen,<br />

um wieder vorne mitzumischen.<br />

Es geht Ihnen also um eine Bestätigung<br />

des Erfolgs der letzten Saison?<br />

Natürlich, wobei ich meine Zielsetzung<br />

nicht an konkreten Platzierungen festmachen<br />

möchte. Ich weiß, dass wir gut<br />

trainiert haben und ich gut drauf bin,<br />

was das dann für den Wettbewerb bedeutet,<br />

werden wir spätestens beim ersten<br />

Bewerb sehen, das wird eine erste<br />

Standortbestimmung. Mein Ziel ist es,<br />

spätestens zur Vierschanzentournee<br />

gut in Form zu sein.<br />

Sie sind seit 2010 Heeresleistungssportler.<br />

Welchen Anteil an Ihrem<br />

Erfolg hat das Bundesheer?<br />

Einen sehr großen, weil ich mich dadurch<br />

voll auf den Sport konzentrieren<br />

kann. Ich bin direkt nach meiner Grundausbildung<br />

ins Heeresleistungssportzentrum<br />

(Anm.: HLSZ) gekommen und<br />

WIN-WIN-<br />

SITUATION<br />

Skispringer Korporal<br />

Michael Hayböck<br />

kann sich im HLSZ<br />

„voll auf den Sport<br />

konzentrieren“.<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , J U M PA N D R E AC H


I N T E R V I E W<br />

ZUR PERSON<br />

Michael Hayböck kam am 5. März 1991 in Linz zur Welt und versuchte sich im Alter von neun Jahren erstmals im Skispringen.<br />

Ab 2005 besuchte er das Skigymnasium Stams, seit 2010 ist er Heeresleistungssportler im HLSZ Salzburg, sein<br />

aktueller Rang: Korporal. In der Saison 2009/10 konnte Korporal Michael Hayböck erste Punkte im Skisprung-Weltcup<br />

sammeln, fünf Saisonen später sprang er erstmals auf das Podest und 2014/15 gewann er im Rahmen der Vierschanzentournee<br />

den Abschlussbewerb in Bischofshofen. In der Tournee-Gesamtwertung belegte Hayböck mit diesem Erfolg<br />

Platz 2, im Weltcup reichte es zu Gesamtplatz 5. Nach insgesamt vier Goldmedaillen bei Nordischen Junioren-Weltmeisterschaften<br />

konnte Hayböck in der vergangenen Saison bei der WM in Falun Silber im Team holen. 2014 gewann er mit<br />

der Mannschaft bereits Silber bei den Olympischen Spielen in Sotschi.<br />

gerade für Sportler am Anfang ihrer<br />

Karriere und in Randsportarten sind die<br />

HLSZ eine große Unterstützung. Man<br />

ist dort versichert, kann perfekte Trainingsbedingungen<br />

genießen und kommt<br />

auch noch mit Athleten aus anderen<br />

Sportarten zusammen, kann sich austauschen<br />

und voneinander lernen.<br />

Jetzt stehen Sie aber weder am Anfang<br />

ihrer Karriere, noch ist Skispringen<br />

hierzulande eine Randsportart.<br />

Warum sind Sie also immer noch<br />

Heeresleistungssportler?<br />

Für mich hat sich diese Frage nie gestellt,<br />

da ich hier perfekte Bedingungen vorfinde.<br />

Ich kann den ganzen Sommer und<br />

bei Bedarf auch im Winter hier in Rif<br />

(Anm.: das HLSZ Salzburg ist in Hallein/<br />

Rif angesiedelt) trainieren und bekomme<br />

nach wie vor den Rückhalt und die Absicherung,<br />

die ich brauche, um mich voll<br />

auf den Sport zu konzentrieren.<br />

Sind auch deshalb einige Ihrer<br />

Nationalteam-Kollegen im HLSZ?<br />

Für uns Skispringer sind die damit verbundenen<br />

Möglichkeiten perfekt und<br />

so bleibt jeder eigentlich so lange dabei,<br />

wie es möglich ist. Neben mir sind auch<br />

noch Manuel Poppinger, Stefan Kraft<br />

und Thomas Diethart im HLSZ, Manuel<br />

Fettner musste heuer im Herbst leider<br />

ausscheiden, er hatte seine maximale<br />

Dienstzeit erreicht.<br />

Sind mit den HLSZ auch Nachteile<br />

verbunden?<br />

Nein, da sehe ich keinen einzigen. Ich<br />

kann nur nochmals betonen, wie sehr<br />

ich davon profitiere. Für mich ist das<br />

Modell also perfekt!<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 2<br />

S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

ÄGYPTEN<br />

SETZT AUF<br />

MADE IN FRANCE<br />

Aufgrund der EU-Sanktionen gegen Russland<br />

verweigerte Frankreich 2014 die Auslieferung<br />

von zwei Hubschrauberträgern Mistral und<br />

refundierte die geleisteten Anzahlungen in<br />

Höhe von 1,1 Milliarden Euro an Moskau.<br />

Was aber tun mit den Schiffen? So schnell wie<br />

möglich verkaufen, war die Devise, und Mitte<br />

Oktober schlug Ägyptens Staatschef al-Sisi<br />

zum Schnäppchenpreis von 950 Millionen<br />

Euro zu. Schon davor hatte sich al-Sisi als Fan<br />

französischer Rüstungskunst erwiesen: Im<br />

Februar orderte er 24 Stück des Kampfjets<br />

Rafale und eine französische Fremm-Stealth-<br />

Fregatte, im August 2014 wurde der Kauf von<br />

vier Patrouillen-Korvetten Godwind vereinbart.<br />

Das Gesamtvolumen der Deals dürfte bei<br />

mehr als acht Milliarden Euro liegen, womit<br />

Kairo zum größten Rüstungskunden Frankreichs<br />

aller Zeiten avanciert.<br />

IM FOKUS<br />

DER KONZERN<br />

IM ÜBERBLICK<br />

64.300<br />

Mitarbeiter<br />

22,5 Mrd. Euro<br />

Umsatz (2014)<br />

Top-Produkt<br />

Jet T-38 Talon<br />

& Drohne X-47B<br />

NORTHROP GRUMMAN<br />

Am 27. Oktober gaben US-Luftwaffen-Staatssekretärin Deborah Lee<br />

James und ihr Vizesekretär für Entwicklung und Beschaffung, William<br />

LaPlante, bekannt, dass der künftige strategische Bomber der<br />

USAF von Northrop-Grumman gebaut werden wird. 100 Maschinen<br />

sollen ab 2025 die B-52 aus den 1950ern und die B-1B aus den<br />

1980ern ersetzen, Auftragswert: rund 74 Milliarden Euro. In der Auftragsvergabe<br />

hat sich der Nurflügelspezialist gegen ein kombiniertes Angebot der Giganten Boeing und Lockheed-<br />

Martin durchgesetzt. Letztere kamen bislang auf den sechsfachen Jahresumsatz von Northrop. Kein Wunder daher,<br />

dass die beiden Verlierer offiziellen Protest einlegten, das Verfahren sei speziell in der Kostenmechanikprognose<br />

„fundamental fehlerhaft“ gewesen. Für Northrop Grumman bedeutet der Auftrag im Umsetzungsfall eine umfassende<br />

Transformation: Der Rüstungskonzern dürfte sich damit von einer losen Sammlung operativer Unternehmensteile<br />

zu einem der wichtigsten militärischen Zulieferer der USA wandeln. Aktuell sind zwar sämtliche Entwürfe<br />

inklusive der Triebwerkszulieferer noch geheim und laut LaPlante wird es bis zu einer Veröffentlichung auch<br />

noch länger dauern, Gerüchten zufolge dürfte es sich aber um einen unterschallschnellen Stealth-Nurflügler kleiner<br />

als Northrops B-2B (siehe Bild) handeln, der optional unbemannt und nuklearwaffenfähig sein wird.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N E W S A U S D E R S I C H E R H E I T S B R A N C H E<br />

Raytheon zeigt neue<br />

mini-Rakete PIKE<br />

Am 12. Oktober vermeldete das<br />

US-Unternehmen Raytheon, dass man<br />

aus einem 40-mm-Hand-Granatwerfer<br />

erstmals eine kleine lasergelenkte Rakete<br />

erfolgreich abgefeuert und damit<br />

Ziele in mehr als zwei Kilometern Entfernung<br />

getroffen habe. Damit könnte<br />

die Waffe die Vorgehensweise bei Infanterieeinsätzen<br />

im urbanen Umfeld<br />

signifikant verändern. „Die neue<br />

gelenkte Munition bietet dem Infanteristen<br />

eine Präzisionsfähigkeit über<br />

Entfernungen, wie man sie zuvor aus<br />

einer handgehaltenen Kleinwaffe<br />

nicht kannte“, so Raytheons Land<br />

Warfare Systems Director J.R. Smith.<br />

Das sogenannte System Pike nutzt<br />

einen programmierbaren, semiaktiven<br />

Laserzielsucher gegen stationäre<br />

wie bewegliche Ziele. Das<br />

Projektil wiegt weniger als ein Kilogramm<br />

und ist 42,5 Zentimeter<br />

lang. Abgefeuert aus einem einschüssigen<br />

M320 Granatwerfer<br />

zündet der rauchlose Treibsatz<br />

2,4 bis 3 Meter nach dem Abfeuern.<br />

„WIR RECHNEN MIT WEITEREN AUFTRÄGEN!“<br />

FOTO S : R Ay T H E O n , M A D E R , D n S C<br />

AIR MARSHAL<br />

MAHMOOD KHALID<br />

ist Programmverantwortlicher<br />

für Produktion und<br />

Vertrieb des pakistanischen<br />

Kampfjets<br />

JF-17 Thunder.<br />

Im Regelfall entwickelt ein Rüstungsbetrieb ein Waffensystem<br />

und versucht dieses an Streitkräfte zu verkaufen.<br />

Beim pakistanischen Kampfjet JF-17 Thunder ist das anders.<br />

Die pakistanische Luftwaffe (PAF) kümmert sich<br />

nämlich selbst um den Fertigungsbetrieb am Militärstützpunkt<br />

Kamra und ebenso um die internationale Vermarktung.<br />

Militär Aktuell sprach mit dem Programmverantwortlichen,<br />

Air Marshal Mahmood Khalid, über den<br />

Produktionsstand und potenzielle Exportkunden.<br />

Wie ist der aktuelle Programmstatus des Thunder?<br />

Die 50 Stück des ersten Bauloses „Block-I“ sind ausgeliefert<br />

und bei uns täglich im Dienst. Der erste Jet von<br />

„Block-II“ ist am 9. Februar erstmals geflogen und vier Jets<br />

davon sind inzwischen ebenfalls bei der PAF im Einsatz.<br />

Der JF-17 basiert auf dem chinesischen Chengdu FC-1.<br />

Wie läuft die Zusammenarbeit mit China?<br />

Ich muss korrigieren, es handelt sich beim Chengdu<br />

FC-1 und beim JF-17 um einen gemeinsamen Entwurf.<br />

42 Prozent der Struktur wurden in China entwickelt und<br />

58 Prozent in Pakistan. Hier bei uns sind auch die Avionik-Integration,<br />

die Endfertigung und alle Flugtests angesiedelt.<br />

Auch alle Zulieferer etwa für Radar oder Waffen<br />

werden von Kamra aus eingebunden.<br />

Wo sehen Sie den Thunder im internationalen Vergleich?<br />

Die Kampfkraft liegt wohl zwischen Gripen-C/D und F-16C/D,<br />

allerdings ist der Thunder deutlich günstiger. Außerdem hat<br />

er den Vorteil, dass wir modular Waffen und Sensoren nachoder<br />

aufrüsten können und in der Bauserie „Block-III“ sogar<br />

ein anderes Triebwerk wie das EJ-200. In Summe stellt das<br />

aus unserer Sicht ein sehr attraktives Gesamtpaket dar.<br />

Wie groß sind die Produktionskapazitäten in Kamra? Wie<br />

viele Flugzeuge könnten dort pro Jahr gefertigt werden?<br />

Wir bauen aktuell rund 20 Jets pro Jahr, daher sind wir mit<br />

der Fertigung von „Block-II“ noch rund zweieinhalb Jahre<br />

beschäftigt und danach starten wir die Produktion von<br />

„Block-III“. Bei Bedarf können wir die Fertigung aber jederzeit<br />

auf 25 Stück jährlich hochfahren, was uns eine gewisse Flexibilität<br />

in der internationalen Vermarktung gibt.<br />

Gibt es da bereits konkrete Vertragsabschlüsse? Auf Messen<br />

sind Sie ja weltweit präsent und zuletzt dürften vielversprechende<br />

Gespräche mit Sri Lanka stattgefunden haben, oder?<br />

Manch potenzieller Kunde will nicht genannt werden, aber<br />

Myanmar hat bereits zugesagt, 16 Stück abzunehmen, und ja,<br />

auch mit Sri Lanka befinden wir uns in detaillierten Verhandlungen.<br />

Wegen des unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnisses<br />

gibt es ständig Anfragen aus der ganzen Welt. Wir rechnen<br />

daher auch schon bald mit weiteren Aufträgen.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 4 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

WAS TUT SICH AM<br />

BUNDESHEER<br />

HIMMEL?<br />

Analyse: GEORG MADER<br />

Mit Eurofighter, Black Hawk und Hercules haben die österreichischen<br />

Fliegerkräfte in den frühen 2000er-Jahren einen ordentlichen<br />

Modernisierungsschub erfahren. Nun ist es an der Zeit, über Updates<br />

dieser Systeme und Neubeschaffungen nachzudenken. Ein Überblick.<br />

EUROFIGHTER<br />

Der Betrieb unserer 15 Eurofighter der Tranche-1 läuft nach Anfangsschwierigkeiten<br />

inzwischen problemlos. Bei Wartung und Checks hat die<br />

Fliegerwerft mittlerweile sogar eine derart herzeigbare Autarkie erreicht,<br />

dass sich selbst Luftwaffen der vier Herstellernationen in Zeltweg die Abläufe<br />

zeigen lassen. Auch Abnahmen und Überprüfungen nach größeren<br />

Werftereignissen werden selbst, ohne Beiziehung fremder Prüfer, durchgeführt.<br />

Das spart nicht nur Betriebskosten, sondern stellt auch einen international<br />

üblichen Klarstand sicher. Ein (durch die Laufzeitverlängerung<br />

der Tranche-1-Jets in Deutschland und Italien geringer gewordenes) Problem<br />

ist die mittel- bis langfristig abnehmende Ersatzteil-Versorgung der<br />

Tranche-1-Jets, weswegen verstärkt Tranche-2-Teile direkt vom Hersteller<br />

verwendet werden. Ein Mid-Life-Update ist in den kommenden Jahren<br />

trotzdem unumgänglich. Schon davor dürfte ab 2016 die Datalink-Anbindung<br />

mit den – auch auf internationalem Level – topmodernen neuen<br />

Alenia RAT-31DL Radars des Goldhaube-Systems beginnen.<br />

PILATUS<br />

PC-7 TURBO<br />

TRAINER<br />

Zwölf von einst 16 PC-7 Mk.1 werden<br />

in Zeltweg nach wie vor in<br />

der Piloten-Basisausbildung sowie<br />

(mit MG-Behältern ausgerüstet)<br />

gegen langsame Ziele bei Luftraumsicherungsoperationen<br />

eingesetzt.<br />

Nach 32 Einsatzjahren<br />

müssen allerdings einzelne<br />

Avionikkomponenten getauscht<br />

werden. Vom Bundesheer wird<br />

dabei eine vor allem kostengünstige<br />

Lösung präferiert. Ein volles<br />

neues Glascockpit – wie vom Hersteller<br />

in der Mk. 2 angeboten –<br />

dürfte es daher wohl eher nicht<br />

werden.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


B E S C H A F F U N G S - A N A LY S E<br />

SAAB 105<br />

Von der aktuellen Saab 105-Flotte dürften zwölf Jets mit nachgerüsteten Cockpits (dabei geht es um moderne Navigationshilfen<br />

und Kommunikationsmittel) bis 2020 fliegen. Spätestens dann muss sich das Bundesheer wohl um einen<br />

Nachfolger bemühen. Die verfügbaren Modelle (die italienische M346 dürfte intern Priorität genießen) werden<br />

daher schon jetzt ebenso wie mögliche Beschaffungsvarianten geprüft – auch eine Leasing-Lösung scheint denkbar.<br />

Die Ausschreibung sollte spätestens Ende 2016 erfolgen. Dem Vernehmen nach wurden übrigens alle für die Nachrüstung<br />

benötigten Teile wie Funkgeräte mit heute üblicher Kanalspreizung und fest eingebautes GPS ohne Beteiligung<br />

von Fremdausrüstern von eigenen Werkstätten gestemmt.<br />

FOTO S : G E O R G M A D E R , B U N D E S H E E R / Z I N N E R<br />

PILATUS<br />

PC-6 TURBO<br />

PORTER<br />

Eines der ältesten Systeme im heimischen<br />

Inventar scheint seinem Ende<br />

ferner denn je. Für eine Weiterführung<br />

der PC-6 sprechen die sensationell<br />

niedrigen Flugstundenkosten,<br />

aber auch die vielseitige Einsetzbarkeit,<br />

weshalb das Flugzeug intern<br />

häufig als Drohne bezeichnet wird.<br />

Neben optischer und IR-Fotoaufklärung<br />

mit sogenannten „Bildmaschinen“<br />

für die Luftaufklärungsstaffel,<br />

Fallschirmsprungausbildung oder<br />

Brandbekämpfung ist auch eine<br />

angedachte neue Funktion als<br />

Sprechfunk-Relaisstation in bergigem<br />

Gelände interessant.<br />

AGUSTA-BELL AB212<br />

Die als „Mid-Life-Update“ bezeichnete Cockpit-Modernisierung der<br />

23 italienischen AB212 durch Agusta wurde 2010 beschlossen und<br />

sollte bereits 2014 abgeschlossen sein. Anfänglich lief dabei allerdings<br />

wenig rund: Der Hersteller legte eine erstaunlich schwache handwerkliche<br />

Performance an den Tag und Abnahmen wurden auch aufgrund<br />

von schlampig verlegten Kabelsträngen abgelehnt. Inzwischen dürfte<br />

das Programm aber gut auf Schiene sein, weshalb sich die seit 1980 in<br />

Dienst befindlichen Zweiblatt-Arbeitspferde (als Pluspunkte gelten die<br />

drei großen Displays, das Flight Management System und die Nacht -<br />

sichtbrillen-Tauglichkeit) gute Chancen auf ihr 50-jähriges Dienstjubiläum<br />

in Österreich ausrechnen dürfen.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 6 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

FINANZIERUNG<br />

GESICHERT?<br />

Vieles in dieser Übersicht liest sich optimistisch,<br />

vielleicht sogar blauäugig. Zu<br />

viele Konzepte der Vergangenheit wanderten<br />

schließlich in den Rundordner.<br />

Aber die Verantwortlichen der einzelnen<br />

Programme scheinen fest auf die im<br />

Dezember 2014 im Parlament beschlossenen<br />

Sonderfinanzierungen zu vertrauen.<br />

Demnach erhält das Heer für die<br />

Abdeckung von dringendem Investitionsbedarf<br />

– explizit wurden die Luft-<br />

Beschaffungen genannt – zusätzliche<br />

616 Millionen Euro, davon 350 Millionen<br />

Euro bis 2019. Ausreichend Mittel<br />

für die geplanten Projekte sollten damit<br />

zur Verfügung stehen und auch der<br />

politische Wille zur Umsetzung sollte –<br />

vor dem Hintergrund eines in vielen<br />

Ländern aufgewerteten Sicherheits -<br />

bereichs – nun vorhanden sein.<br />

C-130K HERCULES<br />

In Kürze dürfte eine Entscheidung fallen, welche Art von Einsätzen man von<br />

den Transportfliegern zukünftig erwartet. Zur Wahl stehen „reguläre” Missionen<br />

wie bisher, Missionen unter „irregulären“ Bedingungen (ohne Flugsicherung<br />

und Radarabdeckung, auf Behelfspisten, völlig verdunkelt und mit<br />

Nachsichtbrillen, in einem multinationalen Einsatzverband) und Missionen in<br />

Kriegs- und Kampfgebieten. Für letztere bräuchte es neben Schulungen für<br />

Kampfzonenlandungen mehr Cockpithärtung und Selbstschutzeinrichtungen.<br />

Dabei dürfte man sich auf Bedrohungen im Infrarotspektrum sowie auf<br />

Raketenannäherungswarner und Düppelwerfer (Flares) konzentrieren. In<br />

Folge würde das Paket ausgeschrieben. Die Schweizer – deren Politik sich<br />

zuletzt erneut gegen die Beschaffung von Transportflugzeugen entschieden<br />

hat – scheinen weiter um eine Kooperation bemüht. Heeresinterne Stimmen,<br />

die budgetbedingt bereits das Abstellen der Hercules forderten, dürften<br />

auch deshalb Einzelmeinungen bleiben.<br />

OH-58B<br />

KIOWA &<br />

ALOUETTE III<br />

Für beide Muster ist die Ausphasung<br />

für 2020 vorgesehen, investiert wird in<br />

die Systeme aktuell daher nichts mehr.<br />

Als gemeinsamer Ersatz scheint ein<br />

moderner Mehrzweck-Hubschrauber<br />

der Klasse Eurocopter EC645, Agusta<br />

AW-129 oder Bell 407T wahrscheinlich.<br />

Ziemlich sicher werden es aber keine<br />

40 Hubschrauber mehr werden, sondern<br />

eine starke Staffel mit vielleicht 24<br />

Systemen. Das Projekt steuert jedenfalls<br />

seiner Ausschreibungsphase entgegen,<br />

die Bewaffnungsfähigkeit dürfte dabei<br />

ein wesentliches Kriterium sein.<br />

S-70 BLACK HAWK<br />

Die neun stärksten Hubschrauber des Bundesheeres, deren Einführung<br />

mittlerweile auch schon 13 Jahre zurückliegt, stehen kurz vor einem überfälligen<br />

Upgrade ihrer Cockpit-Anzeigebildschirme und relevanten<br />

Avionik-Rechner. Noch ist nicht klar, wer das Upgrade umsetzen wird, die<br />

Lösungen und Preise etlicher Anbieter – besonders aktiv sind in diesem<br />

Segmant israelische Firmen – werden noch bewertet. Auch bei den<br />

elektronischen Selbstschutzsystemen der Black Hawk tut sich etwas:<br />

Die „Bibliotheken“-Software, die sich jeder Nutzer selbst erarbeiten muss,<br />

wird bei der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule in Langenlebarn<br />

und in den Staffeln fleißig befüllt. Der Fokus liegt dabei am IR-Segment.<br />

FOTO S : G E O R G M A D E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


E U R O F I G H T E R - N E W S<br />

EUROFIGHTER TYPHOON<br />

Text: GEORG MADER<br />

AB IN DIE<br />

VERLÄNGERUNG!<br />

Das Golfemirat Kuwait lässt sich den Kauf von 28 Eurofighter-Kampfjets<br />

acht Milliarden Euro kosten. Auch sonst gibt es für das<br />

Herstellerkonsortium gute Nachrichten.<br />

FOTOS:EUROFIGHTER<br />

angsam wurde im Eurofighter-Konsortium<br />

die<br />

L<br />

Nervosität spürbar: Zwar<br />

durften die am größten<br />

europäischen Kampfflugzeugprogramm<br />

beteiligten<br />

Unternehmen schon 450 Maschinen<br />

ausliefern, seit dem Verkauf<br />

von zwölf Jets der Fertigungs-Tranche<br />

3 im Jahr 2012 an den Oman (Auslieferung<br />

ab 2017) konnten allerdings keine<br />

neuen Aufträge an Land gezogen werden.<br />

Ein Ende der Langläuferteile-Fertigung<br />

drohte, außerdem wurde ein<br />

neuer Fertigungsmangel publik. Diesmal<br />

war nicht das Rumpfheck betroffen,<br />

sondern die Leitwerkswurzel, ein<br />

großes Problem stellte das Problem<br />

aber – einmal mehr – nicht dar. Zwar<br />

unterbrach der aufgetretene Mangel<br />

vorübergehend die immer noch laufenden<br />

Abnahmen aus Tranche 3, nach<br />

Italien überlegt aber nun auch England,<br />

seine Tranche 1 noch länger zu<br />

betreiben als ursprünglich geplant.<br />

Vor wenigen Wochen gab es dann<br />

noch mehr Positives zu berichten:<br />

Nachdem der italienische Eurofighter-<br />

Partner Finmeccania SpA/Alenia<br />

Aermacchi schon 2013 in Kuwait mit<br />

dem Eurofighter Hitzetests bei mehr als<br />

50 °C durchgeführt hatte, unterschrieb<br />

Scheich al-Sabah nun die Absichtserklärung<br />

zum Kauf von 28 Jets der<br />

Tranche 3. Inklusive Ausbildung und<br />

Waffen dürfte das Paket rund um die<br />

22 Ein- und sechs Zweisitzer acht<br />

Milliarden Euro schwer sein. Kuwait<br />

wird wohl der erste Kunde des 2014<br />

präsentierten, elektronisch strahlschwenkenden<br />

Aktiv-Feuerleitradars<br />

CAPTOR-E werden. Im November<br />

erfolgten zudem Abwurftests mit dem<br />

Marschflugkörper Storm Shadow.<br />

Das mit Kuwait getroffene Memorandum<br />

auch in einen Vertrag zu gießen,<br />

wird übrigens Aufgabe eines neuen<br />

Chefs: Der deutsche Manager Volker<br />

Paltzo löst ab 1. Jänner 2016 den Spanier<br />

Alberto Gutierrez als CEO der Eurofighter<br />

GmbH ab. Der 51-Jährige<br />

war zuvor schon einmal Leiter des<br />

deutschen EF-Anteils und bekommt<br />

mit dem Kuwait-Deal Zeit, um die vier<br />

Fertigungsstraßen bis über 2020 hinaus<br />

auszulasten. Trotzdem wurden am<br />

britischen BAE-Standort Samlesbury<br />

351 Mitarbeiter freigesetzt. Diese<br />

Maßnahme zeigt, wie essenziell es ist,<br />

weitere Aufträge zu sichern. Potenzielle<br />

Kunden sieht das Unternehmen in<br />

einem Folgeauftrag etwa in Saudi-<br />

Arabien, aber auch in Dänemark,<br />

Finnland, Belgien, Bahrain, Malaysia<br />

und Indonesien. Die Vereinigten<br />

Arabischen Emirate dürften sich<br />

wohl für Dassaults Rafale entscheiden,<br />

laut Aussagen auf der Dubai Airshow<br />

sei man bereits in „finalen<br />

Gesprächen“.<br />

NEUER-CHEF Der Deutsche Volker Paltzo<br />

löst mit 1. Jänner 2016 den Spanier Alberto<br />

Gutierrez als CEO der Eurofighter GmbH ab.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

Die Industriellenvereingung<br />

sieht<br />

in Österreichs<br />

Rüstungs- und Sicherheitsindustrie<br />

eine<br />

Hochtechnologiebranche<br />

mit großem<br />

„Zukunftspotenzial“.<br />

Ein Gespräch mit<br />

Generalsekretär<br />

Christoph Neumayer.<br />

KLEIN,<br />

ABER<br />

FEIN<br />

Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

n vielen Rüstungs- und<br />

I<br />

Sicherheitsbereichen<br />

sind heimische Unternehmen<br />

nicht oder nicht<br />

mehr präsent. Trotzdem<br />

genießt Österreich in der<br />

Branche weltweit einen guten Ruf,<br />

oder täuscht dieser Eindruck?<br />

Nein, der täuscht keineswegs. Wir<br />

sprechen hier von einer kleinen, aber<br />

feinen Hochtechnologiebranche, die<br />

als wirkliche Zukunftsindustrie zu<br />

bezeichnen ist und eine überdurchschnittlich<br />

hohe Wettbewerbsfähigkeit<br />

vorzuweisen hat. Der gute Ruf der<br />

österreichischen Sicherheitsindustrie<br />

besteht also völlig zu Recht.<br />

Lässt sich die Branche aufgrund der<br />

Tatsache, dass viele Unternehmen<br />

sogenannte Dual-Use-Produkte herstellen,<br />

die sowohl im militärischen<br />

als auch im zivilen Bereich Verwendung<br />

finden, in Zahlen fassen?<br />

Eine Abgrenzung ist in der Tat nicht<br />

immer leicht. Trotzdem können wir<br />

von einem Umsatzwert von rund 2,5<br />

Milliarden Euro und einer Exportquote<br />

von mehr als 90 Prozent ausgehen.<br />

Im engeren Sinn umfasst die Community<br />

rund 50 Unternehmen, aufgrund<br />

des hohen Multiplikatorwerts von<br />

1:2,5 bis 1:3 sind in Summe bis zu<br />

30.000 Arbeitsplätze direkt oder<br />

indirekt von der Branche abhängig.<br />

In Anbetracht dieses hohen Werts<br />

wird die Branche öffentlich aber<br />

kaum wahrgenommen?<br />

Das stimmt – die Unternehmen reüssieren<br />

am Weltmarkt, das entsprechende<br />

Bewusstsein dafür ist in Österreich<br />

selbst aber nur sehr gering ausgeprägt.<br />

Hier würden wir uns mehr –<br />

positive – Wahrnehmung wünschen,<br />

FOTO : M A R KU S P R A N T L / I V<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

schließlich sprechen wir – wie gesagt –<br />

von einer Hochtechnologiebranche,<br />

die auch für den Wirtschaftsstandort<br />

und damit hochattraktive Jobs von<br />

entscheidender Bedeutung ist.<br />

Inwieweit blockiert die Gesetzeslage<br />

eine noch bessere Entwicklung einzelner<br />

Unternehmen und der Branche<br />

insgesamt?<br />

Die Gesetzeslage stellt für die Betriebe<br />

natürlich eine Herausforderung dar,<br />

insbesondere vor dem Hintergrund des<br />

hohen Exportanteils. Hier sollte sich<br />

Österreich vermehrt an den Regelungen<br />

vergleichbarer Länder orientieren.<br />

Zudem wäre eine stärkere Standardisierung<br />

– gerade bei den Exportbestimmungen<br />

von Dual-Use-Produkten<br />

– innerhalb Europas wünschenswert.<br />

Welche Länder könnten dabei für<br />

Österreich ein Vorbild sein?<br />

Etwa die Schweiz, aber auch Schweden,<br />

das bekanntermaßen über eine bedeutende<br />

Sicherheitsindustrie verfügt.<br />

Stellen die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

für heimische Unternehmen<br />

einen Wettbewerbsnachteil dar<br />

oder können sie damit gut umgehen,<br />

weil sie immer schon streng waren?<br />

Sowohl als auch. Viele Unternehmen<br />

gehen pragmatisch an das Thema heran,<br />

aber es gibt immer wieder auch<br />

Einzelfälle mit Diskussionsbedarf. Klar<br />

ist, dass Unternehmen in dem Bereich<br />

das Gesamtpaket in Österreich zu tragen<br />

haben. Aber ebenso klar ist, dass<br />

die Regelungen in Österreich in einzelnen<br />

Bereichen über die ohnehin hohen<br />

internationalen Standards hinausgehen<br />

und dass dies einen Wettbewerbsnachteil<br />

bedeuten kann.<br />

Inwiefern stellt auch das knapp<br />

bemessene Verteidigungsbudget<br />

einen Wettbewerbsnachteil dar?<br />

Vielfach werden Komponenten doch<br />

in Kooperation und Zusammenarbeit<br />

mit Streitkräften entwickelt.<br />

In Deutschland und vielen anderen<br />

Staaten sind solche Partnerschaften<br />

selbstverständlich und aus Sicht des<br />

Staates macht es auch Sinn, sich bestimmte<br />

Kernfähigkeiten zu erhalten.<br />

Diesen Zugang gab es aber in der Vergangenheit<br />

in Österreich kaum und<br />

die wirtschaftlichen Auswirkungen der<br />

wirklich eklatanten budgetären Einschränkungen<br />

der vergangenen Jahre<br />

konnten wir alle hautnah beobachten.<br />

Ein höheres Verteidigungsbudget<br />

wirkt sich also auch unmittelbar<br />

positiv auf die Branche aus?<br />

Defintiv. Der gesamte Forschungsund<br />

Entwicklungsbereich profitiert<br />

davon und natürlich auch der Fertigungsbereich,<br />

schließlich hat die<br />

Industrie damit einen potenten Abnehmer<br />

im eigenen Land. Wichtig<br />

wäre aus unserer Sicht aber auch<br />

ein verstärkter Schwerpunkt auf den<br />

Bildungs- und Ausbildungsbereich. Da<br />

sind wir als Industriellenvereinigung<br />

mit unterschiedlichen Initiativen<br />

engagiert, um das Kompetenzniveau<br />

zu erhalten und auszubauen.


0 5 0 s c h l u s s p u n k t<br />

WAS WILL RUSSLAND<br />

IN SYRIEN WIRKLICH?<br />

Es blühen Gerüchte und Spekulationen rund um Moskaus militärische Intervention in Syrien.<br />

Der österreichische Forscher Gustav C. Gressel, Visiting Fellow am European Council on Foreign<br />

Relations in Berlin, vermutet in Moskaus Engagement eine Umgehungstaktik der westlichen<br />

Isolationspolitik. Mithilfe der Luftangriffe will Wladimir Putin von den USA und von Europa<br />

wieder als Gesprächspartner anerkannt werden. Und politische Zugeständnisse erzwingen.<br />

Der von Russland im Donbass<br />

geführte abnutzungskrieg gegen<br />

die ukraine endete im september<br />

<strong>2015</strong> in einer sackgasse. Russland<br />

konnte weder den Willen kiews<br />

nach Westorientierung brechen, noch<br />

konnte es die europäische unterstützung<br />

für die ukraine untergraben. Die<br />

Verluste Russlands im Donbass stiegen<br />

an, die ukrainische armee wurde besser.<br />

moskau konnte entweder den<br />

krieg weiter eskalieren, oder sich über<br />

einen anderen konflikt Verhandlungsmasse<br />

gegenüber dem Westen erspielen<br />

und ihn zu Zugeständnissen zwingen.<br />

Zweites geschah durch die Intervention<br />

in syrien, zeitgerecht vor der<br />

un-Generalversammlung inszeniert.<br />

Die rein militärische Wirkung der Intervention<br />

wird sich in Grenzen halten.<br />

Russland stationierte zwei staffeln<br />

kampfflugzeuge und eine staffel<br />

kampf- und eine transporthubschrauber<br />

in syrien, hinzu etwa ein mechanisiertes<br />

bataillon zu trainingszwecken<br />

sowie spezialkräfte zum anfordern<br />

und einweisen der luftschläge. Die<br />

usa haben je nach Verfügbarkeit ihrer<br />

Flugzeugträger ein bis drei Geschwader<br />

in der Region – ohne dass die luftschläge<br />

allein eine Wende im krieg gebracht<br />

hätten. Russland konnte mit seinen<br />

schlägen weitere Gebietsverluste<br />

des Regimes assads verhindern, dessen<br />

herrschaftsbereich da und dort<br />

arrondieren. steigende Guerilla-attacken<br />

im Rücken assads streitmacht<br />

machen aber ein problem deutlich,<br />

das die usa bereits im Irak hatten: Gebiet<br />

erobern heißt noch nicht, Gebiet<br />

halten oder gar zu kontrollieren – vor<br />

allem wenn einen die lokale bevölkerung<br />

nicht akzeptiert. sollte Russland<br />

seine begrenzten offensiven tatsächlich<br />

einmal auf das territorium des<br />

„Russland ist auf Zugeständnisse<br />

des Westens<br />

aus. Nicht auf die Stabilisierung<br />

Syriens und<br />

schon gar nicht auf eine<br />

Niederlage des IS.“<br />

Islamischen staates (Is) ausweiten,<br />

wird sich dieses problem noch vergrößern.<br />

eine russische einnahme der „Ishauptstadt“<br />

Rakka würde Ähnliches<br />

nach sich ziehen wie die amerikanische<br />

einnahme der irakischen stadt<br />

Falluja: eine lange und blutige stadtguerilla.<br />

um den Islamischen staat nachhatig<br />

niederzuringen, bräuchte es einen<br />

sunnitischen Verbündeten, der Is-territorien<br />

besetzen könnte, ohne auf konfessionelle<br />

ablehnung zu stoßen. Faktisch<br />

haben nur die türkei und saudiarabien<br />

streitkräfte, die dazu in der<br />

lage sind. beide fürchten eine gefestigte<br />

iranisch-russische allianz mehr<br />

als den Is und reagierten deswegen<br />

durchwegs ablehnend auf moskaus<br />

Vorgehen. es wird vermutlich noch<br />

Jahre dauern, bis sich eine konstruktivere<br />

linie durchsetzt. Das kann moskau<br />

nur recht sein: es hat sich nun so<br />

positioniert, dass der Westen es nicht<br />

weiter isolieren kann. und da sich die<br />

Flüchtlingskrise in europa und nicht in<br />

Russland abspielt, wird der Druck,<br />

Russland Zugeständnisse zu machen,<br />

steigen. und auf diese Zugeständnisse<br />

ist moskau aus. nicht auf die stabilisierung<br />

syriens und schon gar nicht auf<br />

eine niederlage des Is.<br />

Foto s : G e t t y I m aG e s , b e I G e st e l lt<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 1 P A N O R A M A<br />

Das kürzlich angeschaffte<br />

geschützte Mehrzweckfahrzeug<br />

Husar zeichnet<br />

sich durch guten Schutz für<br />

die Besatzung bei gleichzeitig<br />

hoher Mobilität und<br />

Lufttransportfähigkeit aus.<br />

Text: HANS SCHNEEWEISS<br />

NEUE HUSA<br />

Belgien, Italien, Kroatien, Norwegen, ungeschützten Fahrzeugen wie Pinzgauer<br />

Russland, Slowakei, Spanien, Tschechien,<br />

und den größeren gepanzerten<br />

Großbritannien und viele andere<br />

Allschutz-Transportfahrzeugen Dingo<br />

Länder betreiben heute schon 2 zu füllen, hat nun auch das Bundes-<br />

ganze Flotten an Light Multirole Vehicles<br />

heer insgesamt 150 geschützte Mehr-<br />

(LMV). Um die Lücke zwischen zweckfahrzeuge zu einem<br />

Gesamt-<br />

I L LU ST R AT I O N E N : C L AU D I A M O L I TO R I S<br />

HÖHE<br />

1,9 Meter<br />

BODEN-<br />

FREIHEIT<br />

0,493 Meter<br />

LÄNGE<br />

4,8 Meter<br />

RADSTAND<br />

3,2 Meter<br />

FACTBOX<br />

Geschütztes Mehrzweckfahrzeug Husar<br />

Hersteller Iveco<br />

Höchstzul. Gesamtmasse 7.680 Kilogramm<br />

Motor schallgedämpfter Iveco F1D-Turbodieselmotor<br />

Motorleistung 136 kW (185 PS)<br />

Höchstgeschwindigkeit 110 km/h<br />

Steigfähigkeit 60 Prozent<br />

Reichweite rund 500 Kilometer<br />

Verbrauch 14 Liter/100 Kilometer<br />

Stationierung Von den 150 bestellten Fahrzeugen sind<br />

aktuell bereits 128 an das Bundesheer übergeben.<br />

Diese sind zahlreichen Einheiten österreichweit<br />

zugeteilt und dort im Einsatz<br />

BREITE<br />

2,2Meter<br />

PSYOPS-VARIANTE<br />

Der Husar ist aufgrund seiner flexiblen<br />

Konzeption, der hohen Mobilität und<br />

seinem wirksamen Selbstschutz durch<br />

einfache Umrüstung vielfältigst einsetzbar.<br />

Eine der Spezialvarianten stellt das<br />

sogenannte PsyOps-Fahrzeug dar, das<br />

auf Basis einer Planungsvorgabe im eigenen<br />

Bereich konzipiert und verwirklicht<br />

wurde. Herzstück ist ein leistungsstarker<br />

Lautsprecher aus dem Marinebereich,<br />

der zur Information und kontrollierten<br />

Lenkung großer Menschenmassen zum<br />

Einsatz kommt.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N F O G R A F I K<br />

ARENSTÜCKE<br />

preis von 108 Millionen Euro<br />

von der Firma Iveco angeschafft.<br />

Das Fahrzeug wird unter<br />

der Bezeichnung Husar geführt<br />

und erinnert damit an die<br />

leicht gepanzerten, hoch be-<br />

FAHRZEUGLACKIERUNG<br />

Aus dem Bereich des Panzerbaus<br />

wurden verschiedene Lösungen<br />

übernommen, um die thermische<br />

Sichtbarkeit und die Reflexion von<br />

Radarstrahlen zu verringern. Die<br />

gewählte Beschichtung reduziert<br />

die Infrarotsignatur auf ein Minimum.<br />

WAFFENSTATION<br />

Der Husar verfügt über eine vom<br />

sicheren Innenraum aus fernbedienbare<br />

Waffenstation. Diese Electrically<br />

Remote Controlled Weapon Station –<br />

Medium (ERCWS-M) kann Maschinengewehre<br />

der Kaliber 5,56 mm, 7,62 mm<br />

und 12,7 mm oder auch eine 40-mm-<br />

Granatmaschinenwaffe aufnehmen.<br />

Direkt neben der Waffe befindet sich<br />

die Sensorenbox mit tv-Kamera, Wärmebildgerät,<br />

Laserentfernungsmesser<br />

und Suchscheinwerfer.<br />

MINENSCHUTZ<br />

Landminen werden von Fahrzeugen<br />

meist durch die Reifen ausgelöst. Die<br />

Räder des Husar wurden daher deutlich<br />

von der Sicherheitszelle abgesetzt,<br />

sodass Minen möglichst weit<br />

von der Besatzung entfernt ausgelöst<br />

werden. Die Fahrzeugsitze stammen<br />

aus dem Luftfahrtbereich und erhöhen<br />

ebenfalls den Schutz der Besatzung<br />

bei Explosionen. Außerdem<br />

verfügt der Husar auch über ein<br />

ABC-Schutzsystem.<br />

weglichen berittenen Truppen gleichen<br />

Namens, die einst neben Aufklärungsaufgaben<br />

auch als Spezialeinheiten<br />

die Tätigkeit einer Feldpolizei<br />

übernahmen. Ähnlich vielfältig<br />

ist auch das Einsatzspektrum der<br />

ZUSATZ-AUSSTATTUNG<br />

Zur fast schon komfortablen<br />

Innenausstattung des Husar<br />

gehören eine Rückfahrkamera<br />

und eine Klimaanlage.<br />

REIFEN<br />

Die Reifen des Husar besitzen<br />

notlaufeigenschaften und ermöglichen<br />

dadurch auch im<br />

Pannenfall die Weiterfahrt zur<br />

nächsten Basis. Außerdem ist<br />

im Fahrzeug die zentrale Reifenfüllanlage<br />

CITS (on-board<br />

central tyre inflation system)<br />

integriert.<br />

BALLISTISCHER SCHUTZ<br />

neben seinem Minenschutz<br />

(siehe Kasten links) verfügt das<br />

Fahrzeug auch über einen<br />

leichten Rüstsatz gegen Beschuss<br />

aus Infanteriewaffen bis<br />

zum Kaliber 7,62 mm aus 30<br />

Metern. Die Keramik-verbundmaterial-Panzerplatten<br />

des<br />

sogenannten AMAP Systems<br />

werden in der gewünschten<br />

Schutzstufe zwischen der<br />

inneren und äußeren Hülle<br />

der Zelle montiert.<br />

neuen Systeme, die sowohl für<br />

Transport- und Patrouillenzwecke<br />

wie auch als Führungs- und Aufklärungsfahrzeuge<br />

eingesetzt werden.<br />

INTERVIEW<br />

„Ein vergleichbares<br />

System gibt es nicht!“<br />

Major Alexander Schiller<br />

ist Leiter der Abteilung<br />

für psychologische<br />

Operationen.<br />

Für welche Aufgaben wird der Husar<br />

momentan eingesetzt?<br />

Der Husar wird aktuell beim Assistenzeinsatz,<br />

aber auch bei der Vorbereitung<br />

auf die EU-Battlegroup im kommenden<br />

Jahr verwendet und stellt das Einsatzfahrzeug<br />

der Abteilung Psychologische<br />

Operationen für alle Einsatzaufgaben<br />

im In- und Ausland dar.<br />

Beim Assistenzeinsatz kommt ein als<br />

Lautsprecherfahrzeug modifizierter<br />

Husar zum Einsatz?<br />

Das Fahrzeug wurde speziell für die<br />

Bedürfnisse der Abteilung Psychologische<br />

Operationen ausgerüstet und ist<br />

derzeit in der Südsteiermark im Einsatz.<br />

Die Lautsprecheranlage ist unter<br />

vollem Schutz bedienbar, es können<br />

Tonaufnahmen abgespielt oder<br />

Sprachdurchsagen gemacht werden.<br />

Und wie bewährt sich das Fahrzeug<br />

im Einsatz?<br />

Der sehr effektive Einsatz des Fahrzeuges<br />

zur Information und Lenkung<br />

von großen Menschenmassen stellt<br />

ein wesentliches Mittel im laufenden<br />

Assistenzeinsatz dar. Auch die Polizei,<br />

die wir vor Ort unterstützen, ist von<br />

der Leistungsfähigkeit begeistert. Ein<br />

vergleichbares System gibt es derzeit<br />

in Österreich nicht.<br />

Foto : P R I vAt<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Kriege<br />

Museum<br />

gehören ins<br />

Das Heeresgeschichtliche Museum erweiterte um eine zusätzliche Außenstelle!<br />

Bunkeranlage Ungerberg<br />

Die Schauanlage Ungerberg (U3) wurde 1959/1960<br />

als eine der ersten Anlagen eines breiten Sperrriegels<br />

errichtet. Diese hatte im Zusammenwirken mit<br />

anderen im Abschnitt befindlichen Anlagen und<br />

Waffensystemen den Zweck, feindliche, mechanisierte<br />

Kräfte entlang der Bundesstraße 10 (B10) in<br />

Richtung Wien aufzuhalten. Hierfür wurden starke<br />

Sperrriegel zwischen Leitha und Neusiedlersee errichtet.<br />

Die Bunkerlinie, nach dem damaligen Verteidigungsminister<br />

Karl Schleinzer (Verteidigungsminister<br />

von 1961 bis 1964) auch Schleinzerwall<br />

genannt, war mit ihren festen Anlagen und sonstigen<br />

Befestigungen bis 1964 in ihren Grundzügen<br />

fertiggestellt. Während des »Kalten Krieges« galt<br />

der Wall als Bollwerk und erste Verteidigungslinie<br />

bei Angriffen aus dem Osten. Die Schauanlage<br />

Ungerberg zeigt heute noch die umfassenden Anstrengungen,<br />

die unternommen wurden, um Angriffen<br />

möglichst lange standzuhalten.<br />

Konzipierte Waffensysteme<br />

» Vier CENTURION – Panzertürme mit 10,5 cm<br />

Kanonen<br />

» Zwei 10,5 cm Feldhaubitzen als Artillerie bzw.<br />

» Grabengeschütz<br />

» Fünf MG-Kuppeln<br />

» Panzerabwehrrohr-Kuppeln und<br />

» 10 befestigte Zwei-Mann-Kampfdeckungen<br />

Zufahrt über B10 durch<br />

Bruck/Leitha und Bruckneudorf<br />

B10<br />

Bruck an der Leitha<br />

Bahnhof<br />

A4 - Ost Autobahn<br />

B10 - Budapester Straße<br />

Leitha Leitha<br />

Parkplatz vor<br />

Bahnschranken<br />

Anfahrtsplan<br />

Bunkeranlage<br />

Ungerberg<br />

Knoten<br />

Bruckneudorf<br />

A4 - Ost Autobahn<br />

Abfahrt<br />

Parndorf<br />

B10<br />

A6 - Nordost Autobahn<br />

Zufahrt über A4<br />

Abfahrt Parndorf<br />

Parndorf<br />

B10 - Budapester Straße<br />

Zufahrt über B10<br />

durch Parndorf<br />

Fixe Öffnungszeiten<br />

Die Anlage kann von September bis Juni jeden<br />

letzten Freitag und Samstag des Monats um 10:00,<br />

12:00 und 14:00 Uhr besichtigt werden. Gruppen<br />

bis maximal 15 Personen können an diesen Tagen<br />

auch außerhalb der Zeiten eine Führung buchen.<br />

Variable Öffnungszeiten<br />

Voranmeldung bei: OStv Josef Hatos<br />

Tel: 05020114 42051 / Mobil: 0699 196 61 807<br />

Email: tuepl.bruckneudorf@bmlvs.gv.at<br />

HGM-Außenstelle<br />

Bunkeranlage<br />

Ungerberg<br />

www.hgm.at


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