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WELTGESCHEHEN<br />
Aktuelle Konflikte,<br />
Krisen und<br />
Analysen — S. 8<br />
SYRIEN-KRIEG<br />
Gegen wen kämpft<br />
die russische Armee<br />
wirklich? — S. 14<br />
militär<br />
TRUPPENBESUCH<br />
Bei der Bundesheer-<br />
Großübung EURAD<br />
<strong>2015</strong> in Mautern — S. 28<br />
DAS NEUE<br />
ÖSTERREICHISCHE<br />
MILITÄRMAGAZIN<br />
AUSGABE 4|15<br />
EURO 3,80<br />
AKTUELL<br />
HERCULES, EUROFIGHTER, BLACK HAWK & CO<br />
Geplante Neubeschaffungen und<br />
Updates: Österreichs Luftstreitkräfte<br />
richten sich neu aus. — S. 44<br />
Aus der Luft ins Gefecht:<br />
Die Kampfschwimmer<br />
des Jagdkommandos<br />
trainieren am Attersee<br />
ihre Vorgangsweise<br />
bei amphibischen<br />
Einsätzen.<br />
ELITE-AUSBILDUNG<br />
Sprung in<br />
die Kampfzone
Foto: Bundesheer/Harald Minich<br />
UNSER<br />
HEER<br />
sorgt für Ihre<br />
Sicherheit!<br />
Von der militärischen Landesverteidigung<br />
und dem Schutz unserer Infrastruktur<br />
über die Hilfe bei Katastrophen bis zum<br />
humanitären Engagement im Ausland<br />
– unser Heer sorgt für Ihre Sicherheit.<br />
www.facebook.com/bundesheer
E D I T O R I A L<br />
0 0 3<br />
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER<br />
D<br />
ie Anschläge von Paris haben ein ganzes<br />
Land in den Ausnahmezustand versetzt.<br />
Frankreichs Staatspräsident François<br />
Hollande sprach in einer ersten Reaktion<br />
von einem „Akt der absoluten Barbarei“,<br />
begangen durch „eine Armee von Terroristen“<br />
und konkretisierte wenig später: „Es ist ein Angriff des<br />
Islamischen Staates, auf den wir gnadenlos reagieren werden<br />
– auf allen Ebenen und in Abstimmung mit unseren<br />
Partnern.“ Hollande ließ den Worten bald Taten folgen:<br />
Schon zwei Tage nach den Attentaten intensivierte die<br />
französische Luftwaffe ihre Angriffe im Rahmen der<br />
US-geführten Anti-IS-Allianz und bombardierte<br />
Stellungen der Terrormiliz in der IS-Hochburg Rakka.<br />
Der Bevölkerung zu Hause signalisierte Hollande mit dieser<br />
Offensive, dass die Anschläge nicht einfach hingenommen<br />
werden und Frankreich alles zum Schutz seiner Bürger unternimmt.<br />
Trotzdem: Die Bomben können nicht darüber<br />
hinwegtäuschen, dass unsere Gesellschaft der hybriden<br />
Vorgangsweise von Rebellen und Terrormilizen in vielen<br />
Bereichen schutzlos ausgeliefert ist. Aus dieser Überlegung<br />
heraus setzen von Boko Haram in Nigeria (Bericht ab Seite<br />
10) bis hin zum Islamischen Staat (Infografik ab Seite 18)<br />
im Nahen Osten und Nordafrika immer mehr Terrororganisationen<br />
auf die (auch politische) Sprengkraft von Selbstmordkommandos<br />
und Attentaten. Mit den medial multiplizierten<br />
Schreckensbildern hoffen sie, einen Keil zwischen<br />
Gesellschaftsschichten zu treiben. Sie hoffen, Hass<br />
und Zwietracht zu sähen. Sie hoffen, mit ihren Aktionen<br />
neue Fronten zu öffnen, und sie hoffen – nicht zuletzt –<br />
neue Kämpfer zu gewinnen.<br />
Insofern wäre es eigentlich begrüßenswert, dass sich mit<br />
Russland seit Kurzem ein weiterer Player im Kampf gegen<br />
den IS engagiert. Allerdings spielt Moskau in Syrien – wie<br />
so viele Akteure in der Region – ein doppeltes Spiel, nur<br />
die wenigsten Angriffe gelten tatsächlich dem IS (Bericht<br />
ab Seite 14). Primäres Ziel Moskaus scheint es, Syriens<br />
Machthaber Baschar al-Assad im Sattel zu halten und dem<br />
Westen auch auf anderen Weltbühnen Zugeständnisse<br />
abzuringen (Analyse von Gustav C. Gressel auf Seite 50).<br />
COV E R FOTO : B U N D E S H E E R / K D O LU U/ G O R U P FOTO S : G E O R G M A D E R , P H I L I P P W I N K L E R<br />
Militär Aktuell bei der Dubai Airshow<br />
Im November fand auf dem Al Maktoum<br />
International Airport die Dubai Airshow<br />
<strong>2015</strong> statt. Militär Aktuell-Autor Georg<br />
Mader war vor Ort und brachte neben<br />
spektakulären Aufnahmen der Flugvorführungen<br />
auch jede Menge Hintergrundinformationen<br />
mit nach Hause.<br />
Zu sehen sind seine Fotos online auf<br />
unserer Facebook-Seite, ein Bericht<br />
folgt in unserer ersten Ausgabe 2016.<br />
Was das mit Österreich zu tun hat? Auf den ersten Blick<br />
nicht viel. Allerdings steigt mit der zunehmenden Eskalation<br />
des Konflikts auch die Wahrscheinlichkeit, dass im<br />
Zuge einer europäischen Krisenintervention die EU-Battlegroup<br />
in der Region zum Einsatz gebracht werden könnte.<br />
Und da deren Logistikelement im zweiten Halbjahr 2016<br />
Österreich stellt, wäre dann auch das Bundesheer direkt in<br />
der Konfliktregion aktiv. Grund genug, uns den Abschluss<br />
der nationalen Einsatzvorbereitung des österreichischen<br />
Battlegroup-Kontingents im Rahmen der Großübung<br />
EURAD <strong>2015</strong> ganz genau anzuschauen: Bericht ab Seite 28.<br />
Wir wünschen interessante Lesestunden<br />
Militär Aktuell bei der EURAD <strong>2015</strong><br />
Bei der größten Bundesheer-Übung<br />
des Jahres trainierten 1.500 Soldaten<br />
aus Österreich, Deutschland, Luxemburg<br />
und Tschechien die Zusammenarbeit<br />
im Rahmen einer EU-Battlegroup.<br />
Militär Aktuell war natürlich<br />
mit von der Partie und stellte das<br />
passende Lesematerial. Vielen Dank<br />
für die Aufnahme an das Facebook-<br />
Team der Truppenzeitung Legionär!<br />
iMpREssUM<br />
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M i l i t ä R A k t U E l l
0 0 4 I N H A L T<br />
034<br />
Unteroffiziers-Ausbilder<br />
Vizeleutnant Gorofsky:„Die Lehrgangsteilnehmer<br />
müssen keinen ,Krieg‘ führen können –<br />
aber einfache Gefechtsaufgaben müssen sie beherrschen.“<br />
INHALT<br />
003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />
006 MOMENTUM<br />
Hercules mit Schräglage: Der<br />
Lufttransporter beweist Dynamik.<br />
008 WELTGESCHEHEN<br />
Aktuelle Kurzmeldungen<br />
aus aller Welt.<br />
010 TERRORMILIZ IM FOKUS<br />
Im Kampf gegen Boko Haram<br />
gelingen den Truppen der<br />
Afrikanischen Union Teilerfolge.<br />
Eine Lösung des Konflikts ist<br />
trotzdem noch in weiter Ferne.<br />
014 RUSSISCHE OFFENSIVE<br />
Einblicke und Hintergründe zu<br />
Moskaus Intervention in Syrien.<br />
018 AUF EINEN BLICK<br />
Wie finanziert sich der Islamische<br />
Staat? Über wie viele Kämpfer<br />
verfügt die Terrororganisation<br />
und was sind ihre Ziele?<br />
020 NEUES AUS DEM HEER<br />
Aktuelle Kurzmeldungen aus<br />
dem Bundesheer.<br />
022 SPEZIAL-AUSBILDUNG<br />
Die Kampfschwimmerausbildung<br />
beim Jagdkommando dauert<br />
zwei Jahre und erfordert neben<br />
Härte und Disziplin auch<br />
enormes Durchhaltevermögen.<br />
028 EURAD <strong>2015</strong><br />
Die Bundesheer-Großübung<br />
stand ganz im Zeichen der<br />
nationalen Einsatzvorbereitung<br />
des österreichischen<br />
Battlegroup-Kontingents.<br />
034 TRUPPENBESUCH<br />
Zu Gast in der Towarek-Kaserne:<br />
Die Heeresunteroffiziersakademie<br />
attraktiviert ihr Ausbildungs- und<br />
Kursangebot.<br />
038 EIN TAG MIT …<br />
… Majorapothekerin Martina<br />
Lexa im Sanitätszentrum Ost.<br />
040 INTERVIEW<br />
Skispringer und Heeressportler<br />
Michael Hayböck im Gespräch<br />
über die neue Saison und<br />
die Vorteile der Heeresleistungssportzentren<br />
für heimische<br />
Spitzensportler.<br />
FOTO S : S E B AST I A N F R E I L E R , G E T T Y I M AG E S , B U N D E S H E E R / K D O LU U/ G O R U P, M A R KU S P R A N T L / I V<br />
M I L I T ä R A K T U E L L
042 RÜSTUNGSNEWS<br />
Neuheiten aus der Welt der<br />
Rüstungs- und Sicherheitstechnik.<br />
044 LUFT-BESCHAFFUNGEN<br />
Das österreichische Bundesheer<br />
muss in den kommenden Jahren<br />
in seine Luftstreitkräfte investieren.<br />
Ein Ausblick von Georg Mader.<br />
047 EUROFIGHTER<br />
Neuer Chef & Auftrag aus Kuwait.<br />
048 INTERVIEW<br />
IV-Generalsekretär Christoph<br />
Neumayer über Status quo<br />
und Zukunft der rot-weiß-roten<br />
Rüstungs- und Sicherheitsindustrie.<br />
050 SCHLUSSPUNKT<br />
Russlands Präsident Putin will<br />
mit seinen Bombenangriffen in<br />
Syrien dem Westen Zugeständnisse<br />
abringen. Eine Analyse<br />
von Gustav C. Gressel.<br />
051 INFOGRAFIK<br />
Die Leistungsmerkmale des<br />
neuen Mehrzweckfahrzeugs<br />
Husar.<br />
051<br />
I N D I E S E M H E F T<br />
Das Mehrzweckfahrzeug Husar schließt die Lücke zwischen ungeschützten<br />
Fahrzeugen wie dem Pinzgauer und dem Allschutz-Transporter Dingo 2.<br />
„Die österreichische<br />
Sicherheitsindustrie<br />
reüssiert am Weltmarkt!“<br />
Christoph Neumayer, Generaldirektor<br />
der Industriellenvereinigung, im<br />
Gespräch mit Militär Aktuell.<br />
048<br />
022<br />
Das<br />
Jagdkommando gewährt in Oberösterreich Einblicke in die<br />
Ausbildungswelt seiner Kampfschwimmer: Vom Absprung aus<br />
einer Hercules bis hin zum raschen Anlanden über das Wasser.<br />
010<br />
Alter Gegner mit neuer Vorgangsweise:<br />
Die Terrormiliz Boko Haram setzt im Kampf<br />
gegen staatliche Institutionen (im Bild<br />
nigerianische Soldaten) immer öfter<br />
auf Attentate und Bombenanschläge.<br />
M I L I T ä R A K T U E L L
0 0 6 P A N O R A M A<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
M O M E N T U M<br />
Enorme Schräglage<br />
Die C-130 Hercules des Bundesheeres<br />
gilt als schwerfällig und damit wenig<br />
dynamisch. Dass die Piloten mithilfe<br />
der vier je 4.508 Wellen-PS starken<br />
Turbo-Propeller-Triebwerke aber<br />
auch mehr aus den über 30 Tonnen<br />
(Leergewicht) schweren Transportern<br />
herausholen können, beweist diese<br />
Aufnahme eines Formationsflugs im<br />
heurigen Sommer.<br />
FOTO : B U N D E S H E E R / H O R ST G O R U P<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 0 8 w E L T & S T R A T E G I E<br />
TRIDENT JUNCTURE <strong>2015</strong><br />
DIE NATO PROBT<br />
DEN ERNSTFALL<br />
36.000 Soldaten, mehr als 140 Kampfjets und 60 Kriegsschiffe aus<br />
37 Ländern (28 Alliierte und 9 Partner-Nationen) nahmen von Mitte<br />
Oktober bis 6. November an der größten NATO-Übung seit dem Jahr<br />
2002 teil. Bei „Trident Juncture“ wurde in Italien, Spanien und Portugal<br />
die multinationale Zusammenarbeit im Einsatz trainiert, ein weiterer<br />
Schwerpunkt lag auf hybrider Kriegsführung. Laut dem stellvertretenden<br />
Nato-Generalsekretär Alexander Vershbow wollte das Bündnis mit<br />
der Übung unterstreichen, dass im Anlassfall „jeder Verbündete gegen<br />
jede Bedrohung verteidigt werden könne“. Außerdem sollte die gesteigerte<br />
Fähigkeit der NATO zu gemeinsamer, hochtechnologischer<br />
Kriegsführung demonstriert werden. Für Vershbow sollten sich dabei<br />
vor allem Kampfelemente wie „Krisenreaktionskräfte und die Superschnelle<br />
Eingreiftruppe in einer veränderten Sicherheitsumgebung und<br />
gegen mögliche Bedrohungen aus dem Süden und Osten bewähren“.<br />
IM FOKUS<br />
STREITKRÄFTE<br />
AUSTRALIENS<br />
IM ÜBERBLICK<br />
60.000<br />
Soldaten<br />
59<br />
Kampfpanzer<br />
97<br />
Kampfflugzeuge<br />
AUSTRALIEN<br />
Laut dem schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI<br />
liegt der Verteidigungshaushalt Australiens seit dem Jahr<br />
2010 relativ konstant bei rund 23 Milliarden Euro. Als<br />
Reaktion auf die aggressive Politik Chinas in den vergangenen<br />
Jahren kündigte Australiens Premier Tony Abbott<br />
kürzlich gewaltige Investitionen in die Marine an. Rund<br />
60 Milliarden Euro will Australien in den Bau und Ankauf<br />
neuer Fregatten, Korvetten, Patrouillenboote und U-Boote<br />
investieren. Während die Überwasser-Schiffe im Land gekauft<br />
und gefertigt werden sollen, dürfte der Ankauf der Unterwasserboote international erfolgen.<br />
Hoffnungen auf den Zuschlag dieses rund 35 Milliarden Euro schweren Programms macht sich neben<br />
Werften in Japan und Frankreich auch ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) in Kiel. Die Fertigung soll<br />
laut Premier Abbott aber trotz der internationalen Vergabe großteils in Down Under über die Bühne gehen,<br />
die Bieter wurden aufgefordert, diesen Faktor in ihren Angeboten zu berücksichtigen.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
W E LT G E S C H E H E N<br />
TOP 3<br />
Die flüchtlingsherkunftslänDer<br />
1 Seit Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
waren nicht mehr so viele Menschen<br />
auf der Flucht wie heute. Laut Zahlen<br />
des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR<br />
sind aktuell 60 Millionen Menschen<br />
auf der Flucht vor Bürgerkriegen, Terror<br />
oder Hunger – knapp 20 Millionen<br />
mussten dafür ihr Heimatland verlassen.<br />
Mit 3,88 Millionen stammen die<br />
meisten davon aus Syrien.<br />
2 Mit 2,59 Millionen Flüchtlingen<br />
folgt Afghanistan auf Platz zwei.<br />
3 Die drittmeisten Flüchtlinge<br />
stammen aus Somalia: 1,1 Millionen<br />
Einwohner haben das afrikanische<br />
Land verlassen.<br />
DER WESTEN ARBEITET AM<br />
MEDIALEN GEGENSCHLAG<br />
Moskau hat seine hybride Kriegsführung in der Ostukraine mit einer<br />
beispiellosen Mediendesinformationskampagne unterstützt. Auch rund<br />
um den Abschuss von Flug MH17 oder jetzt in Syrien streut die russische<br />
Regierung immer wieder Halbwahrheiten und Fehlinformationen, um in<br />
der eigenen und westlichen Bevölkerung Zweifel am Handeln des Westens<br />
zu nähren. Dort stand man dieser Vorgehensweise bislang machtlos gegenüber,<br />
am 20. März dieses Jahres wurde daher die EU-Außenbeauftragte Federica<br />
Mogherini mit der Erstellung<br />
eines „Aktionsplans über<br />
strategische Kommunikation“<br />
beauftragt. Mit 1. September<br />
nahm nun als direkte Auswirkung<br />
davon die „East StratCom<br />
Task Force“ ihre Arbeit auf. Ihr<br />
Ziel: Vorantreiben der politischen<br />
EU-Ziele in der östlichen<br />
Nachbarschaft und „Stärkung<br />
des gesamten Medienumfelds“.<br />
„es besteht die gefahr,<br />
dass bereits ein kleiner<br />
Vorfall zum krieg führt.“<br />
Admiral Wu Shengli<br />
Im Inselstreit mit seinen Nachbarn und im Ringen um Machteinfluss<br />
im Südchinesischen Meer setzt China weiter auf aggressive<br />
Rhetorik. Auf die Prsäsenz des US-Kriegsschiffes USS Lassen<br />
in den Gewässern reagierte der chinesische Marine-Chef Admiral Wu<br />
Shengli jüngst etwa mit der Aufforderung, derartige „Provokationen“ in Zukunft zu unterlassen.<br />
„Ansonsten besteht die Gefahr, dass bereits ein kleiner Vorfall zum Krieg führt“, so Wu<br />
Shengli. Peking hat nach dem Marinemanöver (die Lassen drang in die Zwölf-Meilenzone<br />
einer der von China künstlich aufgeschütteten Inseln bei den Spratlys ein) angekündigt,<br />
„seine territoriale Souveränität und seine maritimen Interessen entschieden“ zu verteidigen.<br />
Trotzdem wollen die USA künftig in der Region verstärkt mit Schiffen präsent sein.<br />
FOTO S : G E T T Y I M AG E S , 1 2 3 R F, N ATO P H OTO BY M I KS U Z A N S , CO M M O N W E A LT H O F AU ST R A L I A<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />
FOTO : G E T T Y I M AG E S<br />
ANGESPANNTE<br />
SITUATION<br />
Die nigerianische<br />
Armee geht nur sehr<br />
zögerlich gegen Boko<br />
Haram vor. Immer<br />
wieder gehen wertvolle<br />
Waffensysteme an die<br />
Terror organisation<br />
verloren.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
B o k o h a r a m<br />
KAMPF GEGEN<br />
Text: GERALD HAINZL<br />
BOKO HARAM<br />
Die Vorgehensweise von Boko haram hat sich geändert. Die nigerianische<br />
Terrororganisation setzt nun anstelle von offenen kämpfen vermehrt auf<br />
attentate und Bombenanschläge. Das erfordert auch von den Truppen<br />
der afrikanischen Union eine andere Strategie.<br />
D<br />
ie nigerianische Terrorgruppe<br />
Boko Haram<br />
ist spätestens seit<br />
der Entführung von<br />
mehr als 200 Mädchen<br />
aus einer Schule<br />
in Chibok im April 2014 international<br />
bekannt. Das mediale Interesse an der<br />
Situation in Nordnigeria ebbte aber genauso<br />
schnell wieder ab, wie sich zuvor<br />
das Engagement prominenter Persönlichkeiten<br />
zur Rettung der Mädchen<br />
aufgebaut hatte. Mit dem Treueeid auf<br />
den Kalifen des sogenannten Islamischen<br />
Staates (IS) hat Boko Haram<br />
zuletzt in den internationalen Sicherheitsdiskursen<br />
aber neue Bedeutung<br />
erlangt. Mittlerweile haben mehrere<br />
Nachbarstaaten, die von den Aktivitäten<br />
der Terrorgruppe ebenfalls betroffen<br />
sind, in den Konflikt eingegriffen.<br />
Angaben internationaler Organisationen<br />
und NGOs zufolge sollen bei den<br />
Kämpfen bislang knapp 20.000 Menschen<br />
getötet worden sein. 2,5 Millionen<br />
Menschen wurden vertrieben und<br />
leben nun als Flüchtlinge.<br />
Seinen Ursprung hat der Konlikt im<br />
Jahr 2009, als Boko-Haram-Chef Muhammad<br />
Yussuf in Polizeigewahrsam<br />
getötet wurde. Seitdem hat sich die<br />
Lage unter der Führung von Abubakar<br />
Shekau zunehmend verschärft, die<br />
Angriffe auf Einrichtungen von Sicherheitskräften<br />
haben zugenommen. Waren<br />
es zu Beginn Bombenanschläge<br />
und Überfälle mit Motorrädern, war<br />
die Gruppe schon bald in der Lage, sowohl<br />
Militär als auch Polizei erfolgreiche,<br />
mehrstündige Gefechte zu liefern.<br />
Je intensiver das nationale und internationale<br />
militärische Vorgehen gegen<br />
Boko Haram allerdings wird, desto<br />
größer erscheint die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass die Terrorgruppe wieder vermehrt<br />
zu Attentaten und Bombenanschlägen<br />
zurückkehren wird. So setzt<br />
Boko Haram seit dem Jahreswechsel<br />
2014/<strong>2015</strong> etwa verstärkt auch Mädchen<br />
als Selbstmordattentäterinnen<br />
ein. Sie sind oft nicht älter als zehn<br />
Jahre.<br />
Die Bewaffnung der Gruppe hat sich<br />
über die Jahre verändert und wurde an<br />
die Erfordernisse der jeweiligen Taktik<br />
angepasst. Die Herkunft der Waffen<br />
dürfte sich aus verschiedenen Quellen<br />
speisen – wobei die nigerianische Armee<br />
eine davon ist. Immer wieder gelingt<br />
es Boko-Haram-Kämpfern im<br />
Zuge von Angriffen schwere Waffen,<br />
gepanzerte Fahrzeuge, Pick-ups und<br />
Munition aus den Beständen der<br />
Streitkräfte zu erbeuten. Nicht nur für<br />
externe Beobachter stellt sich in diesem<br />
Zusammenhang die Frage, ob das<br />
Gerät tatsächlich von den Rebellen erbeutet<br />
wurde oder dessen Verlust nicht<br />
vielmehr ein Euphemismus für mögliche<br />
Geschäfte von Angehörigen der<br />
Streitkräfte mit Boko Haram ist.<br />
Ein wesentlicher Grund für das Erstarken<br />
und den anhaltenden Erfolg von<br />
Boko Haram ist laut dem tschadischen<br />
Präsidenten Idris Déby Itno die mangelnde<br />
Koordination zwischen den betroffenen<br />
Staaten. Tatsächlich wurde<br />
die Regierung Nigerias erst unter dem<br />
Druck der Nachbarstaaten tätig. So<br />
gingen Kamerun, besonders aber<br />
Tschad und Niger, nicht nur auf eigenem<br />
Terrain, sondern auch auf nigerianischem<br />
Staatsgebiet militärisch gegen<br />
Boko Haram vor – und das teilweise<br />
mit großer Härte. Am 29. August <strong>2015</strong><br />
wurden im Tschad beispielsweise zehn<br />
Männer hingerichtet, die für Anschläge<br />
in der Hauptstadt N’Djamena im<br />
Juni des selben Jahres verurteilt worden<br />
waren. Bemerkenswert: Die Todesstrafe<br />
für terroristische Aktivitäten<br />
hatte der Tschad erste einen Monat<br />
nach diesen Attacken wieder eingeführt.<br />
Eine internationale Truppe der Afrikanischen<br />
Union (AU) konnte während<br />
der vergangenen Monate einige Erfolge<br />
aufweisen. Einfach wird die Lösung<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 2 W E L T & S T R A T E G I E<br />
Afrikanische Eingreiftruppe<br />
Die Multi-National Joint Task Force<br />
(MNJTF) wurde am 29. Jänner <strong>2015</strong> vom<br />
Peace and Security Council (PSC) der<br />
Afrikanischen Union (AU) autorisiert. Die<br />
Zahl der Soldaten wurde im Februar auf<br />
8.700 festgelegt. Die strategische Kontrolle<br />
über die MNJTF unterliegt aber<br />
nicht nur der AU, sondern auch den Lake<br />
Chad Basin Countries (LCBC) Kamerun,<br />
Tschad, Niger sowie Nigeria und Benin –<br />
also jenen Staaten, die sich in der MNJTF<br />
engagieren. Den größten personellen<br />
Anteil an der Task Force stellen Nigeria<br />
mit ca. 3.250 Soldaten gefolgt vom<br />
Tschad mit ca. 3.000. Die größte Herausforderung<br />
für die MNJTF ist die Finanzierung,<br />
die die AU von externen Quellen,<br />
vor allem der UNO, zu erhalten versucht.<br />
Aber auch die USA beteiligen sich am<br />
Kampf gegen die Terrorgruppe. Präsident<br />
Obama hat die Entsendung von<br />
300 Soldaten nach Kamerun autorisiert,<br />
die bleiben sollen, „bis sie nicht mehr<br />
benötigt werden“.<br />
des Konflikts trotzdem nicht. Im Gegenteil,<br />
es dürfte schwierig sein, Boko<br />
Haram nachhaltig zu bekämpfen, solange<br />
sich die ökonomischen und ökologischen<br />
Bedingungen für die Menschen<br />
in Nordnigeria nicht ändern. Die<br />
Austrocknung des Tschad-Sees, der für<br />
viele Menschen die Lebensgrundlage<br />
darstellt, ist nur eines von mehreren<br />
Problemen, die das Erstarken der<br />
Terrorgruppe begünstigen. Zudem<br />
erschweren die komplexen ethnischen<br />
und religiösen Beziehungsgeflechte in<br />
der Region eine rasche Aussöhnung.<br />
Hochrangige nigerianische Offiziere<br />
halten eine militärische Lösung überhaupt<br />
für unmöglich, oder wie es der<br />
ehemalige Generalstabschef Martin<br />
Luther Agwai in einem Interview mit<br />
der Zeitung The Guardian formulierte:<br />
„It is a political issue; it is a social issue;<br />
it is an economic issue, and until these<br />
issues are addressed, the military can<br />
never give you a solution.“<br />
Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
am Institut für Friedenssicherung<br />
und Konfliktmanagement an der<br />
Landesverteidigungsakademie mit<br />
Forschungsschwerpunkt Afrika.<br />
„Das Chaos nützt den Terroristen!“<br />
BRIGADIER WALTER<br />
FEICHTINGER ist seit<br />
2002 Leiter des Instituts<br />
für Friedenssicherung und<br />
Konfliktmanagement (IFK)<br />
an der Landesverteidigungsakademie.<br />
Die Terrororganisation Islamischer Staat hat<br />
nun auch in Nigeria in Gestalt der Boko Haram<br />
einen Ableger, der sich zum Kalifat bekennt<br />
und einen Treueeid auf den selbsternannten<br />
Kalifen, Abu Bakr al-Baghdadi in<br />
Syrien, abgelegt hat. Dazu kommt der IS<br />
in Libyen, der sich das Chaos im Lande infolge<br />
des Bürgerkriegs ab Sommer 2014<br />
und der bislang gescheiterten Friedensbemühungen<br />
rasch zunutze gemacht hat.<br />
Da die Angriffe auf den IS in Syrien und im<br />
Irak bislang nicht von Erfolg gekrönt waren,<br />
muss man sich sowohl im Westen wie auch<br />
in der arabischen Welt vermehrt darauf<br />
einstellen, dass die Terrororganisation<br />
noch länger ihr Unwesen treiben und nach<br />
Expansionsmöglichkeiten suchen wird.<br />
Dabei sind drei Voraussetzungen auszumachen,<br />
die es dem IS oder vergleichbaren<br />
Terrorgruppen ermöglichen, Fuß<br />
zu fassen und ihr Unwesen zu treiben. Zum<br />
Ersten sind es dysfunktionale Staatsführungen,<br />
die Teile der Bevölkerung bewusst<br />
ausgrenzen, marginalisieren oder sogar<br />
terrorisieren. Dies führt zu Enttäuschung,<br />
Frustration oder offenem Widerstand und<br />
erzeugt Sympathien für radikale Lösungsansätze<br />
– so beispielsweise im Irak, wo die<br />
Sunniten nach der Machtübernahme der<br />
Schiiten systematisch an den Rand und<br />
somit ins Lager der al-Kaida und des IS<br />
gedrängt wurden.<br />
Zum Zweiten sind es schwache Regierungen,<br />
die es nicht schaffen, die staatliche<br />
Kontrollgewalt über das gesamte Staatsgebiet<br />
auszuüben, und daher unkontrollierte<br />
Regionen entstehen – das ist in<br />
Afghanistan oder Pakistan ebenso zu beobachten<br />
wie etwa in Mali oder auch Nigeria.<br />
Chaotische Zustände wie in Libyen<br />
wiederum sind ein dritter Faktor, der den<br />
Aufbau und die nachhaltige Festigung extremistischer<br />
Gruppierungen begünstigt.<br />
Je länger es daher zu keiner Annäherung<br />
zwischen den verfeindeten Regierungen<br />
in Tobruk und Tripolis kommt, desto<br />
stärker wird der IS in Libyen werden.<br />
Diese Entwicklungen machen deutlich,<br />
warum die derzeitigen politischen Verhältnisse<br />
vielerorts Terroristen begünstigen<br />
und wie wichtig es deshalb ist, Chaos zu<br />
vermeiden und zu Verhandlungslösungen<br />
zu kommen.<br />
FOTO S : G E T T y I M AG E S , N A D J A M E I ST E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
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schnell und einfach zwischen Lichtstrahl und -kegel umschalten.<br />
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0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />
Text: GEORG MADER<br />
Ende September flog Russland erstmals Luftangriffe in Syrien.<br />
Die Vorbereitungen dazu liefen bereits seit dem Spätsommer.<br />
Chronologie des „Syrien-Expresses“.<br />
A<br />
ls die ersten russischen<br />
Bomben in der Nähe<br />
von Homs auf syrischen<br />
Boden trafen,<br />
hielt sich die Überraschung<br />
in Grenzen.<br />
Schon in den Tagen davor waren Informationen<br />
über russische Truppenkonzentrationen<br />
in Syrien bekannt gewor-<br />
den, Moskau hatte außerdem nie daran<br />
zweifeln lassen, Machthaber Baschar<br />
al-Assad notfalls auch militärisch beizustehen.<br />
Wie weit die Vorbereitungen<br />
zu diesem Zeitpunkt bereits gediehen<br />
waren, zeigen Informationen, die nun<br />
rund um die Dubai Airshow bekannt<br />
wurden. Demnach landeten bereits am<br />
7. September die ersten beiden russischen<br />
An-124-Transporter auf der Hmeimim-Airbase<br />
und dem Basil al-Assad<br />
International Airport. Sie waren über<br />
den Iran und Griechenland eingeflogen,<br />
eine Il-62 aus Sotschi kam mit Personal<br />
via Bulgarien. Nachdem sich die<br />
USA in Sofia und Athen beschwerten,<br />
sperrte Bulgarien seinen Luftraum für<br />
russische Militärmaschinen, Griechen-<br />
Luftangriffe auf Syrien im Oktober <strong>2015</strong><br />
Luftschläge<br />
Russland<br />
Anti-IS-Koalition (USA)<br />
Assad-Regime<br />
Islamischer Staat<br />
Rebellen<br />
Kurden<br />
Al-Nusra-Front<br />
Quelle: Institute for the Study of War<br />
M I L I T ä R A K T u E L L
0 1 6 W E L T & S T R A T E G I E<br />
land hielt diesen aber offen. In den Tagen<br />
darauf trafen weitere Versorgungsflüge<br />
ein: Eine An-124 aus Moskau<br />
etwa erreichte Latakia über Georgien,<br />
Armenien, den Iran und den Irak, eine<br />
syrische Il-76 kam über den Kaukasus<br />
und das Kaspische Meer. Zwischen 15.<br />
und 17. September flogen schließlich<br />
drei An-124 je vier Mi-24P-Hubschrauber<br />
aus Nowosibirsk ein. Tags darauf<br />
waren die baulichen Vorbereitungen in<br />
Latakia auch schon abgeschlossen,<br />
Pantsir-S1-Luftabwehr und Kraschutka-4-Störsender<br />
in Stellung.<br />
Was noch fehlte, waren die Kampfflugzeuge.<br />
Diese wollte Moskau möglichst<br />
weitab von NATO-Sensoren nach Syrien<br />
verlegen. Su-30SM des 120. gemischten<br />
Regiments wurden daher<br />
nach dem Ende der Großübung<br />
„Центр (Centre) <strong>2015</strong>“ Mitte September<br />
mit einem Il-78-Tanker über die<br />
Kaukasus-Route, den Iran und Irak in<br />
WIESO INTERVENIERT<br />
RUSSLAND IN SYRIEN?<br />
Eine Stellungnahme der russischen Botschaft in Wien<br />
Für den Islamischen Staat und andere Terrorgruppen in Syrien kämpfen<br />
Tausende Menschen aus allen Teilen der Welt, darunter auch aus den<br />
EU-Staaten und Russland. Kampferfahrene Rückkehrer stellen für alle<br />
unsere Länder eine enorme Sicherheitsbedrohung dar. Schon mehrmals<br />
wurden Russland und Europa zu Angriffszielen von islamistischen<br />
Terroristen. Aus diesem Grund folgte Russland der offiziellen Bitte der<br />
legitimen syrischen Regierung um militärische Unterstützung. Die<br />
Aufgabe der russischen Luftstreitkräfte in Syrien ist es somit, nicht nur<br />
einem befreundeten Land Beistand zu leisten, sondern auch die eigenen<br />
Sicherheitsinteressen Russlands zu verteidigen. Dabei handelt unser<br />
Land strikt im völkerrechtlichen Rahmen.<br />
Um die terroristische Bedrohung zu beseitigen, müssen wir alle Kräfte<br />
zusammenschließen, die den Extremismus bekämpfen. Dazu gehören<br />
nach unseren Einschätzungen vor allem die syrische Regierungsarmee,<br />
die beinahe im Alleingang den Terroristen Widerstand leistet, die Streitkräfte<br />
Irans, kurdische und schiitische Milizen sowie Einheiten der<br />
gesunden syrischen Opposition.<br />
Das Ziel ist, durch einen politischen Prozess unter UN-Ägide, an dem<br />
alle politischen Kräfte, ethnischen und religiösen Gemeinschaften des<br />
Landes teilnehmen, eine nachhaltige Stabilisierung in Syrien zu erreichen.<br />
Am Ende muss das gesamte syrische Volk imstande sein über<br />
seine Zukunft selbst zu entscheiden, wie es in der Wiener Deklaration<br />
vom 30. Oktober <strong>2015</strong> festgeschrieben wurde.<br />
Marsch gesetzt. Es folgten zehn Su-<br />
25SM-Schlachtflugzeuge und zwei Su-<br />
25UB aus Primorsko, am 20. September<br />
zwölf ältere Schwenkflügel-Frontbomber<br />
Su-24M aus Tscheljabinsk und<br />
am 26. September sechs Su-34 aus Woronesch.<br />
Dem Iran und dem Irak wurden<br />
dabei nur der Überflug von Transportern<br />
vom Typ Tu-154 und Il-76 gemeldet,<br />
die Kampfflugzeuge flogen in<br />
Vierer-Formation und ohne Transpondersignal<br />
in deren Radarschatten. Ihre<br />
Piloten hatten Anweisung, nicht mit<br />
der Flugsicherung in Teheran und Bagdad<br />
zu sprechen, das durften nur Offiziere<br />
mit arabischem Akzent an Bord<br />
der Transporter. So sollte US- oder<br />
arabischen SIGINT-Flugzeugen über<br />
dem Persischen Golf keinerlei Signalaufklärung<br />
möglich gemacht werden.<br />
Zudem flogen alle Jets mit übermalten<br />
Hoheitszeichen und Aufschriften, um<br />
sie bei einem Unfall oder einer Notlandung<br />
(obwohl Syrien über keine Su-25<br />
oder Su-34 verfügt) als syrische Maschinen<br />
deklarieren zu können, die von<br />
der Wartung in Russland heimkehrten.<br />
Mittlerweile funktioniert die Anschlussversorgung<br />
für das russische Camp bei<br />
Latakia als sogenannter „Syrien-Express“<br />
(Сирия-Экспресс) auf zwei<br />
Routen über Georgien und Armenien<br />
sowie über das Kaspische Meer, den<br />
Iran und den Irak reibungslos. Mit<br />
Ausnahme des Abschusses einer Su-24<br />
Ende November im türkisch-syrischen<br />
Grenzgebiet durch türkische F-16 verlaufen<br />
auch die Einsätze der russischen<br />
Flugzeuge weitgehend routinemäßig.<br />
Neben IS-Stellungen (siehe Karte auf<br />
der Vorderseite) greifen sie aber vor<br />
allem Rebellen und Assad-Gegner an,<br />
um die syrische Armee zu unterstützen.<br />
Nach Angaben des Sprechers des<br />
russischen Generalstabs Generalmajor<br />
Igor Konaschenkow erreichte das russische<br />
Detachment am 11. und 12. November<br />
mit „107 Missionen gegen 289<br />
Antiterror-Ziele“ ihren Höhepunkt.<br />
Anders, als es die russische Presse berichtet,<br />
werden dabei aber nur wenige<br />
moderne Glonass-gelenkte 500- und<br />
1.500-Kilogramm-Bomben eingesetzt.<br />
Überwiegend werden alte Lagerbestände<br />
von 250- und 500-Kilogramm-Freifallbomben<br />
sowie lasergelenkte Luft-<br />
Boden-Raketen aufgebraucht.<br />
FOTO : G E O R G M A D E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />
IS-OFFENSIVE In der Vergangenheit konzentrierte der IS den<br />
Großteil seiner Kräfte auf sein Kerngebiet. Zunehmend macht die Organisation<br />
aber auch mit Anschlägen in anderen Ländern auf sich aufmerksam.<br />
So bekannte sich der IS zuletzt zu Attentaten in Ankara und Bagdad.<br />
Auf das Konto der Terrororganisation gehen aber auch die Anschlagsserie<br />
in Paris, Beirut und Aden sowie aller Wahrscheinlichkeit nach der Bomben-<br />
Anschlag auf ein russisches Passagierflugzeug auf dem<br />
Sinai sowie Angriffe auf ägyptische Militärstellungen.<br />
IS-GEGNER Beim NATO-Gipfel im walisischen<br />
Newport riefen die USA am 5. September 2014 eine<br />
internationale Allianz gegen den IS ins Leben. Seitdem<br />
fliegen die Vereinigten Staaten gemeinsam mit<br />
Bündnispartnern Bombenangriffe auf die Terrororganisation.<br />
Seit Ende September bekämpft<br />
auch Russland IS-Ziele, zuletzt intensivierte<br />
in Folge der Attentate in Paris vor allem<br />
Frankreich seine Angriffsbemühungen.<br />
Am Boden leisten dem IS – neben<br />
Teilerfolgen der syrischen und irakischen<br />
Armee – vor allem syrischarabische<br />
Rebellenmilizen und<br />
kurdische Peschmerga-Kämpfer<br />
Widerstand. Letztere befinden<br />
sich vor allem im Nordirak auf<br />
dem Vormarsch.<br />
Der Islamische Staat<br />
nutzt die Kriegswirren in Syrien und im Irak<br />
für seinen Aufstieg. Ziel der Terrororganisation ist die<br />
Schaffung eines islamistischen Gottesstaates, Anschläge wie<br />
zuletzt in Paris sind dabei nur Mittel zum Zweck.<br />
TERROR<br />
IN NEUER DIMENSION<br />
FOTO S : 1 2 3 R F, FOTO L I A , S H U T T E R STO C K<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
A U F E I N E N B L I C K<br />
IS-GELDER<br />
Schätzungen zufolge soll der Islamische Staat über<br />
Finanzreserven von knapp zwei Milliarden Euro<br />
verfügen und pro Tag mit seinen besetzten Öl- und<br />
Gasförderanlagen (das Öl wird in die Türkei<br />
geschmuggelt und dort verkauft) rund zwei<br />
Millionen Euro einnehmen. Dazu kommen<br />
Spenden, Lösegelder und die Einnahmen<br />
aus weiteren Schmuggelgeschäften<br />
sowie dem Verkauf erbeuteter Antiquitäten<br />
und Kulturgüter.<br />
IS-GESCHICHTE<br />
Der Islamische Staat wurde 2004 gegründet<br />
und stand anfangs dem<br />
Terrornetzwerk al-Kaida nahe. Über die<br />
Jahre entfernte sich der IS ideologisch<br />
und verfolgte zusehends eigene Ziele,<br />
im Zuge des Bürgerkriegs in Syrien<br />
konnte die Organisation bedeutende<br />
Geländegewinne erzielen und ihr<br />
Operationsgebiet mit einer<br />
äußerst brutalen Vorgangsweise<br />
auch auf den<br />
Irak ausdehnen.<br />
IS-GEBIET Der Islamische Staat kontrolliert aktuell<br />
den Nordosten Syriens und das Gebiet entlang des<br />
Euphrat bis in den Irak. Im Juni 2014 hat die Terrormiliz<br />
die zweitgrößte irakische Stadt Mossul eingenommen<br />
und zu ihrer Hauptstadt erklärt. Ableger und Unterstützer<br />
unterhält der IS in Ägypten, in Libyen, Algerien, im Jemen<br />
und in Saudi-Arabien sowie in Nigeria.<br />
IS-ZIEL<br />
Nachdem US-Truppen IS-Chef Abu Ayyub al-Masri<br />
2010 töteten, übernahm Abu Bakr al-Baghdadi<br />
seine Nachfolge. Am 29. Juni 2014 rief<br />
al-Baghdadi ein Kalifat aus und machte sich<br />
selbst zum Kalifen. Sein Ziel ist die Ausdehnung<br />
des totalitären Gottesstaates (in dem die Scharia,<br />
das islamische Recht, gilt) auf den Libanon,<br />
Israel, Palästina und Jordanien und in weiterer<br />
Folge auf die gesamte islamische Welt.<br />
IS-KÄMPFER Der irakische Sicherheitsexperte Hischam al-Haschimi schätzt die Zahl der IS-Kämpfer auf 100.000 und<br />
damit auf deutlich mehr als westliche Experten. Darunter sollen sich auch mehr als 30.000 ausländische Staatsbürger befinden.<br />
So sollen alleine 3.000 tunesische Kämpfer im Dienst des IS stehen, 2.500 Saudis, mehr als 2.000 Jordanier, 1.500 Marokkaner<br />
und 1.200 Franzosen. Auch aus der Türkei, aus Großbritannien, Libyen und Deutschland (jeweils 600) sowie Pakistan, Usbekistan<br />
(je 500), Belgien (440) und Österreich (rund 150) sollen sich Hunderte Staatsbürger dem IS angeschlossen haben.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 0 h E E R & M E h R<br />
VOLL IM BILD<br />
ASSISTENZEINSATZ:<br />
STARKE ZWISCHENBILANZ<br />
Mit Ende November standen 1.641 Berufs- und Zeitsoldaten<br />
im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz. Sie unterstützen<br />
österreichweit die Polizei, indem sie etwa Personen und Fahrzeuge<br />
im Grenzbereich kontrollieren, Verkehrswege sowie<br />
Bahnhöfe sichern und Notunterkünfte überwachen. Zudem<br />
standen 443 Soldaten (darunter 305 Grundwehrdiener) im<br />
Rahmen des Verwaltungsübereinkommens zur Unterstützungsleistung<br />
für das BM.I im Einsatz. Diese stellten bisher<br />
mehr als 800 Feldbetten bereit, richteten Unterkünfte<br />
ein und verpflegten die Flüchtlinge. Dazu bereitete das<br />
Bundesheer bereits mehr als 340.000 Tagesportionen zu.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />
Seit Kurzem ist das Bundesheer<br />
auch auf Instagram (www.<br />
instagram.com/bundesheer.<br />
online) präsent. Die Foto-Plattform<br />
zählt weltweit mehr als<br />
400 Millionen Nutzer und soll<br />
Einblicke in die Arbeit und den<br />
Alltag der rot-weiß-roten Soldaten<br />
geben. Zu sehen sind darauf<br />
unter anderem auch aktuelle<br />
Bilder der Offiziersausbildung<br />
an der Militärakademie,<br />
bei der Fähnriche die Annäherung<br />
und die Einnahme eines<br />
Gebäudes sowie den Kampf in<br />
verbautem Gebiet trainieren.<br />
„WIR SIND IN SEHR<br />
VIELEN BEREICHEN AKTIV!“<br />
Mal geht es um ein Gesundheitsprogramm, ein anderes Mal um die<br />
Väterkarenz. Wir haben mit Oberwachtmeister Michael Gottlieber,<br />
Leiter des Teilbereichs Öffentlichkeitsarbeit im BMLVS- Referat<br />
Gender Mainstreaming, über die Geschlechter-Gleichstellung im<br />
Bundesheer gesprochen.<br />
FOTO S : B U N D E S H E E R / G U N T E R P U S C H , B U N D E S H E E R / DA N I E L<br />
T R I P P O LT, B U N D E S H E E R / M I N I C H<br />
SOLDIER OF THE<br />
YEAR <strong>2015</strong><br />
Am 20. November wurde in Graz in vier<br />
Kategorien der „Soldier of the Year <strong>2015</strong>”<br />
vergeben. Verteidigungsminister Gerald<br />
Klug überreichte den Siegerpreis an<br />
Wachtmeister Roman Quero vom Jägerbataillon<br />
25, der bei einer Skiausbildung<br />
einem verunfallten Kameraden zu<br />
Hilfe eilte und lebensrettende Sofortmaßnahmen<br />
einleitete. Als beste „Einheit des<br />
Jahres <strong>2015</strong>” wurde die Pionierbaukompanie<br />
vom Pionierbataillon 2 aus Salzburg<br />
für ihren hervorragenden Einsatz<br />
als Infanteriekompanie in Bosnien ausgezeichnet.<br />
„Rekrut des Jahres“ wurde<br />
Gefreiter Daniel Jakaj, und Alexander<br />
Hödl vom Heereslogistikzentrum Wels<br />
ist „Zivilbediensteter des Jahres <strong>2015</strong>“.<br />
Herr Oberwachtmeister, noch immer<br />
versehen nur wenige Frauen ihren Dienst<br />
beim Bundesheer. Warum?<br />
Da könnten wir jetzt lange diskutieren. Fakt<br />
ist, dass die Gleichstellung trotz vieler Fortschritte<br />
noch nicht überall zu 100 Prozent<br />
geglückt ist. So sind die Umfeldbedingungen<br />
in manchen Bereichen noch auf Männer<br />
abgestimmt, was für Frauen den Zugang<br />
erschwert. Wir sehen unsere Aufgabe<br />
im Sensibilisieren für solche Zugangsbeschränkungen,<br />
um Verbesserungen hin<br />
zu einem wertschätzenden Miteinander<br />
von Mann und Frau möglich zu machen.<br />
OBERWACHTMEISTER<br />
MICHAEL GOTTLIEBER<br />
ist Mitglied des Gender<br />
Mainstreaming-Teams.<br />
Damit beschreiben Sie ein sehr weites Tätigkeitsfeld.<br />
Ja, und dabei setzen wir den Hebel auch bei vermeintlichen<br />
Kleinigkeiten an und versuchen etwa die Länge von Laufbahnkursen<br />
zu beeinflussen, um den Besuch auch für alleinerziehende Mütter<br />
und natürlich auch Väter möglich zu machen. Gender Mainstreaming<br />
bedeutet ja nicht, dass wir nur Verbesserungen für Frauen<br />
erzielen wollen, sondern für beide Geschlechter, und daher versuchen<br />
wir etwa auch, mehr Bewusstsein für die Väterkarenz zu schaffen.<br />
Mit welchen Projekten beschäftigen Sie sich noch?.<br />
Wir sind in sehr vielen Bereichen aktiv, ohne dass man uns damit<br />
konkret in Verbindung bringen würde. Aktuell sind wir etwa mit<br />
der Nachbearbeitung unseres Projekts „Herzgesundheit“ beschäftigt,<br />
bei dem wir in Zusammenarbeit mit dem AKH 100 Freiwillige<br />
durch ein Gesundheitsförderungsprogramm begleitet haben. Ziel<br />
war es, mehr Bewusstsein für gesunde Lebensweise zu schaffen,<br />
dabei aber auch Unterschiede zwischen Mann und Frau herauszuarbeiten.<br />
Die Wissenschaft weiß längst, dass der weibliche und<br />
männliche Körper zur Behandlung der gleichen Wehwehchen unterschiedliche<br />
Medikationen benötigen, und ebenso unterschiedlich<br />
sind die Trainingsnotwendigkeiten, um den Körper fit und<br />
gesund zu halten.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 2 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
KÄMPFER AUS DER<br />
TIEFE<br />
Die Kampfschwimmer des Jagdkommandos operieren meist im<br />
Schutz des Wassers, um dann blitzschnell zuzuschlagen – manchmal kommen<br />
die Soldaten aber auch von oben. Ein Übungsbesuch von Stefan Tesch.<br />
FOTO S : B U N D E S H E E R / K D O LU U/ G O R U P, H B F/ M I N I C H<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
K A M P F S C H W I M M E R - A U S B I L D U N G<br />
SAUERSTOFF-<br />
KREISLAUFGERÄT<br />
HERAUSFORDERUNG Kampfschwimmer<br />
müssen den Fallschirmsprung ins Wasser perfekt<br />
beherrschen. Auch wenn das Gepäck<br />
wie hier rund 70 Kilogramm wiegt.<br />
Das taktische Kreislauftauchgerät<br />
funktioniert ähnlich wie der<br />
menschliche Lungenkreislauf:<br />
Getaucht wird dabei mit reinem<br />
Sauerstoff aus einer 1,9-Liter-Flasche.<br />
Das ausgeatmete Kohlendioxid<br />
gelangt in die mit Atemkalk<br />
gefüllte CO2-Absorberpatrone. Das<br />
weiße Granulat entzieht der Luft<br />
CO2 sowie Feuchtigkeit. Der Sauerstoff<br />
kann danach wieder eingeatmet<br />
werden und es sind Tauchzeiten<br />
von bis zu vier Stunden möglich.<br />
Da aus diesem Atemkreislauf keine<br />
Luft ins Wasser gelangt, entstehen<br />
auch keine Blasen an der Oberfläche<br />
und der Taucher bleibt unerkannt.<br />
Allerdings birgt dieses Tauchgerät<br />
einen Nachteil: Sauerstoff wird aufgrund<br />
des hohen Drucks unter Wasser<br />
giftig. Somit liegt die maximale<br />
Tauchtiefe bei rund sieben Metern.<br />
Üblicherweise operieren Kampfschwimmer<br />
aber ohnehin nur in<br />
drei bis vier Metern Tiefe.<br />
M<br />
it dumpfem Brummen<br />
taucht die Hercules-Maschine<br />
am<br />
Horizont auf. Majestätisch<br />
zieht sie<br />
über den hellblauen<br />
Attersee. Plötzlich öffnet sich hinter<br />
ihr ein grüner Fallschirm, dann noch<br />
einer, und schließlich befinden sich<br />
sechs Kampfschwimmer des Jagdkommandos<br />
in der Luft. Die Motoren der<br />
Hercules verstummen langsam in der<br />
Ferne, während die Soldaten lautlos<br />
mitten im See landen. Blitzschnell befreien<br />
sie sich von ihren Fallschirmen,<br />
legen Flossen an und schwimmen, den<br />
Rucksack vor sich herschiebend, los.<br />
Ihr Ziel ist ein per Lastenfallschirm aus<br />
dem Flugzeug abgeworfenes Schlauchboot<br />
samt Motor, das nun in mehr als<br />
100 Metern Entfernung im Wasser als<br />
unscheinbares Paket treibt. Wenige<br />
Minuten später machen sich die sechs<br />
Männer ans Werk. Sie packen das Boot<br />
aus, füllen es mittels Pressluftflasche,<br />
klettern hinein und starten den Au-<br />
ßenbordmotor. In schneller Fahrt und<br />
mit den Sturmgewehren im Anschlag<br />
geht es schnurstracks Richtung Ost -<br />
ufer. „Bei diesem Szenario üben wir<br />
das rasche Anlanden von Spezialeinsatzkräften<br />
über das Wasser, um Aufträge<br />
am Ufer auszuführen“, erklärt<br />
Major Michael Novotny, Hauptlehroffizier<br />
beim Jagdkommando. Diese im<br />
Bundesheer bis dato noch nie trainierte<br />
Methode eignet sich sowohl für<br />
Einsätze in Binnengewässern als auch<br />
fürs Meer.<br />
Insgesamt erstreckt sich die Kampfschwimmerausbildung<br />
über zwei Jahre.<br />
Im ersten Jahr absolvieren die Soldaten<br />
– allesamt Berufssoldaten beim Jagdkommando<br />
– den dreimonatigen<br />
Grundtauchkurs, um die Basics des<br />
Tauchens zu erlernen: Tauchen mit<br />
Pressluftflaschen, Nachttauchen, Orientieren,<br />
Retten und Bergen. Im zweiten<br />
Jahr geht es mit dem eigentlichen<br />
Kampfschwimmerkurs weiter. Hier<br />
liegt der Fokus auf dem Tauchen mit<br />
dem Sauerstoffkreislaufgerät („Rebrea -<br />
ther“) und dem Üben von taktischen<br />
Verfahren für den Einsatz. „Im Gegensatz<br />
zum herkömmlichen Tauchen mit<br />
Pressluftflaschen verursacht das Kreislaufgerät<br />
keine Blasen beim Ausatmen<br />
und ist somit für unerkanntes Annähern<br />
geeignet“, erzählt ein Heerestauchlehrer.<br />
Getaucht wird sowohl in<br />
Flüssen und Seen Österreichs als auch<br />
im Mittelmeer. Bis die Kampfschwimmer<br />
zu Spezialisten unter Wasser<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 4 H E E R & M E H R<br />
ÜBUNGSSZENARIO Nach dem Absprung aus der Hercules müssen die<br />
Soldaten ein zuvor abgeworfenes Schlauchboot samt Motor in Betrieb<br />
nehmen. Im Eiltempo geht es damit dann Richtung Einsatzort.<br />
werden, ist es ein langer und nasser<br />
Weg. Rund 200 Stunden verbringen<br />
die Soldaten während ihrer Ausbildung<br />
unter Wasser – auch im Winter bei Eis<br />
und Schnee. Sie lernen dabei das Arbeiten<br />
unter Wasser, etwa Hämmern,<br />
Bohren, Schrauben, Schneiden und<br />
das Heben von Gegenständen mit dem<br />
Bergeballon. Dabei geht es um Präzision,<br />
Koordination und viel Fingerspitzengefühl,<br />
denn bei Strömungstauchgängen<br />
in der Donau ist es häufig so<br />
trüb, dass man unter Wasser seine ausgestreckte<br />
Hand nicht mehr erkennen<br />
kann. Alle Handgriffe müssen daher<br />
blind beherrscht werden.<br />
FOTO S : B U N D E S H E E R / K D O LU U/ G O R U P, ST E FA N T E S C H<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
K A M P F S C H W I M M E R - A U S B I L D U N G<br />
„Die Ausbildung ist extrem herausfordernd<br />
und abwechslungsreich“, sagt<br />
einer der Kursteilnehmer. Besonders<br />
in Erinnerung ist ihm noch das Anti-<br />
Ertrinkungs-Training. Dabei müssen<br />
die Soldaten mit zusammengebundenen<br />
Händen und Füßen im sechs<br />
Meter tiefen Wasser eine Viertelstunde<br />
durchhalten. „Dies gelingt, indem man<br />
zwischen Boden und Oberfläche hin<br />
und her pendelt“, verrät der Soldat.<br />
Zäh ist auch das Orientieren und Navigieren<br />
bei schlechter Sicht. So müssen<br />
die Kampfschwimmer bis zu drei<br />
Stunden unter Wasser verschiedene<br />
Punkte auf Strecken von mehreren Kilometern<br />
antauchen. „Geduld, Ausdauer<br />
und enormes Durchhaltevermögen<br />
sind hier oberstes Gebot“, sagt er. Zum<br />
Einsatz kommen dabei lediglich Kompass<br />
und Uhr. Entfernungen misst man<br />
mit folgender Formel: Für 100 Meter in<br />
voller Ausrüstung inklusive Rucksack<br />
benötigt man fünf Minuten. Die Soldaten<br />
tauchen dabei entweder zu zweit<br />
oder in der Gruppe, stets verbunden<br />
mit einer Leine.<br />
Zur Standardbewaffnung der Kampfschwimmer<br />
gehören Sturmgewehr und<br />
Pistole. Diese Waffen funktionieren<br />
auch, wenn sie während eines Tauchgangs<br />
komplett nass werden. Um direkt<br />
nach dem Auftauchen schießen zu<br />
können, muss man die Waffe kurz mit<br />
dem Lauf nach unten halten, damit das<br />
Wasser herausrinnt. Je nach Einsatz,<br />
kommen auch Panzerabwehrrohr sowie<br />
Maschinengewehr mit ins Wasser.<br />
Die Aufgaben der Kampfschwimmer<br />
sind vorwiegend die Aufklärung von<br />
Objekten im wassernahen Bereich sowie<br />
die Befreiung und der Schutz von<br />
Personen. „Im Gegensatz zu anderen<br />
Einheiten des Bundesheeres können<br />
Kampfschwimmer unerkannt und<br />
ohne Boot an Land gehen und somit<br />
etwa Hafenanlagen erkunden.“ Diese<br />
Fähigkeit ist nicht nur für Einsätze im<br />
Ausland wichtig, sondern auch fürs<br />
Inland. Denn im Ernstfall können die<br />
Soldaten über das Wasser zu schützenswerten<br />
Objekten – zum Beispiel<br />
Kraftwerke – gelangen und dort rasch<br />
wirksam werden. Ebenso gehören Geiselbefreiungen<br />
auf Schiffen zu ihren<br />
MAJOR MICHAEL NOVOTNY<br />
„Kampfschwimmer müssen zäh sein und<br />
ein extremes Durchhaltevermögen haben.“<br />
Fähigkeiten. Das „Boarding“ erfolgt<br />
dabei sowohl über Hubschrauber als<br />
auch über Schnellboote. Die Einsätze<br />
finden meist bei Nacht statt, um die<br />
Dunkelheit als zusätzliche Tarnung<br />
zu nützen. Wo das Jagdkommando tatsächlich<br />
operiert, bleibt jedoch weitestgehend<br />
ein gut gehütetes Geheimnis.<br />
Zurück am Attersee: Die Kampfschwimmer<br />
haben das Ufer erreicht<br />
und rüsten sich nun für den nächsten<br />
Übungsdurchgang. Diesmal werden sie<br />
aus mehr als 1.000 Metern mit angelegtem<br />
Tauchgerät aus der Hercules<br />
springen und im Gleitflug am Fallschirm<br />
den Attersee erreichen. Danach<br />
tauchen sie ans Ufer. Nach Einbruch<br />
der Dunkelheit werden sie nochmals<br />
das Szenario mit dem abgeworfenen<br />
Schlauchboot trainieren. Ohne Tageslicht<br />
ist das eine extrem schwierige<br />
Operation. Major Novotny, der selbst<br />
gerade einen Fallschirmsprung ins<br />
Wasser absolviert hat, fügt hinzu:<br />
„Kampfschwimmer haben es im<br />
Einsatz nie angenehm.“ Wieso sollte<br />
das also bei Übungen anders sein?
Fotos: Bundesheer/Harald Minich/Julia Fenyvesi<br />
Hubschrauberpilot<br />
Soldat<br />
im Auslandseinsatz<br />
Truppenärztin<br />
Panzergrenadier<br />
Entminungsdienstexperte<br />
Textiltechnikerin<br />
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des Bundesheeres.<br />
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0 2 8 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
Kurz vor Erreichen der Main<br />
Operating Base gerät ein<br />
Konvoi der EU-Battlegroup<br />
unter Beschuss. Ein Fahrzeug<br />
ist beschädigt und ein<br />
Soldat verletzt. Ein Bericht<br />
von der Bundesheer-Übung<br />
European Advance<br />
(EURAD) <strong>2015</strong>.<br />
Text & Fotos: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
ANGRIFF<br />
AUF DEN<br />
KONVOI<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
E U R A D 2 0 1 5<br />
nde des vergangenen<br />
E<br />
Jahres hat Redland sein<br />
Nachbarland Greenland<br />
angegriffen. Die Kämpfe<br />
dauerten nur kurz, Redland<br />
hält seitdem aber<br />
Teile des Staatsgebiets von Greenland<br />
besetzt. Auf Ersuchen der Vereinten<br />
Nationen entsendet die Europäische<br />
Union (EU) eine multinationale Battlegroup,<br />
um Übergriffe auf die Bevölkerung<br />
zu verhindern und die Streitkräfte<br />
Redlands zum Abzug zu bewegen.<br />
Das gelingt zum Teil auch, einige<br />
Rebellen weigern sich aber die Region<br />
zu verlassen und leisten Widerstand.<br />
Soweit, so fiktiv, auch wenn das<br />
Übungsszenario für das Bundesheer<br />
im zweiten Halbjahr 2016 durchaus<br />
Realität werden könnte. Österreich ist<br />
dann nach 2011 und 2012 zum bereits<br />
dritten Mal Teil der EU-Battlegroup<br />
(EU-BG 2016-2) und stellt dessen Logistikelement.<br />
In Vorbereitung darauf<br />
stand die (aufgrund des laufenden<br />
Assistenzeinsatzes) redimensionierte<br />
Bundesheer-Großübung EURAD<br />
<strong>2015</strong> von 2. bis 15. November ganz im<br />
Zeichen der nationalen Einsatzvorbereitung.<br />
Gemeinsam mit 105 deutschen,<br />
21 Luxemburger und sechs<br />
tschechischen Soldaten übten 1.200<br />
österreichische Soldaten in und um<br />
die Raab-Kaserne in Mautern etwa die<br />
Durchführung von Versorgungskonvois<br />
durch feindliches Terrain.<br />
Eine heftige Explosion bringt die<br />
Fahrzeuge kurz vor Erreichen der<br />
Main Operating Base (kurz MOB)<br />
zum Stehen. Eine Roadside Bomb von<br />
Redland-Rebellen hat eines der Transportfahrzeuge<br />
beschädigt und einen<br />
Soldaten verletzt, der Konvoi gerät<br />
unter Feuer. „One vehicle damaged!“<br />
funkt der Kommandant und fordert<br />
Luftunterstützung an. Währenddessen<br />
erwidern die als Sicherungsfahrzeuge<br />
eingesetzten Pandur das Feuer,<br />
orangefarbender Rauch markiert die<br />
eigene Position. Der Kommandant<br />
lässt einen Richtungsschuss abfeuern,<br />
um den anfliegenden Hubschraubern<br />
das Auffinden des Feindes zu erleichtern.<br />
Kurz darauf knattern zwei Bell<br />
OH-58 Kiowa über den Konvoi hinweg<br />
und nehmen die Angreifer unter<br />
Beschuss. Parallel dazu hat der Konvoikommandant<br />
die Bergung des havarierten<br />
Fahrzeugs angeordnet. Ein<br />
Hakenladesystem MAN 38.440 8x8<br />
setzt zurück und schleppt den beschädigten<br />
Lkw ab. In der Zwischenzeit<br />
fliegt eine Agusta Bell 212 den<br />
verletzten Soldaten aus, ein Black<br />
Hawk und eine weitere Bell 212<br />
landen Verstärkungskräfte an.<br />
Alle Rädchen scheinen bei dieser Teil -<br />
übung der EURAD präzise ineinanderzugreifen,<br />
der Konvoi kann letztlich<br />
seine Fahrt fortsetzen. Sowohl<br />
Oberst Michael Lippert, Kommandant<br />
des österreichischen Kontingents<br />
1<br />
FOTO ( AU F M AC H E R ) : PA N Z E R STA B S B ATA I L LO N 3<br />
2 3<br />
RASCH & PRÄZISE Nachdem eine Roadside Bomb ein Hakenladesystem beschädigt hat<br />
und Fahrzeuge unter Beschuss geraten (1), muss der Konvoi-Kommandant auf die Situation<br />
reagieren: Das Feuer wird erwidert (2), oranger Rauch (3) markiert die eigene Position und<br />
Luftunterstützung wird angefordert.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 3 0 H E E R & M E H R<br />
4<br />
6<br />
LUFTUNTERSTÜTZUNG<br />
5<br />
VORRÜCKEN<br />
7 8 10<br />
11<br />
9<br />
FESTGELEGTER ABLAUF Nachdem die Sicherungsfahrzeuge das Feuer erwidert haben, hilft ein Richtungsschuss<br />
(4) der Luftunterstützung beim Auffinden und Bekämpfen (5 & 6) des Feindes. Mit Black Hawk und<br />
Agusta Bell 212 werden danach Verstärkungskräfte herangeführt (8 & 9), grüner Rauch (7) erleichtert den<br />
Hubschrauberpiloten die Orientierung. Rasch gehen die Soldaten gegen die Rebellen vor (10), der havarierte<br />
Lkw wird währenddessen ins Schlepptau genommen (11). Der verletzte Soldat wird für den Abtransport vorbereitet<br />
und mit einer weiteren Agusta Bell 212 ausgeflogen (12).<br />
BERGUNG<br />
12<br />
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0 3 2 H E E R & M E H R<br />
der EU-BG 2016-2, als auch Übungsleiter<br />
Brigadier Christian Habersatter,<br />
Kommandant der 3. Panzergrenadierbrigade,<br />
zeigen sich mit dem Abschluss<br />
der nationalen Einsatzvorbereitung<br />
des österreichischen Kontingents<br />
zufrieden. Im kommenden<br />
Halbjahr folgt die internationale Einsatzvorbereitung<br />
mit einer Volltruppenübung<br />
im Raum Hamburg und<br />
am Truppenübungsplatz Bergen.<br />
Zum Einsatz könnte die Battlegroup<br />
nach Beschluss des EU Rates (und<br />
Zustimmung der nationalen Parlamente)<br />
innerhalb von zehn Tagen in<br />
einem Umkreis von 6.000 Kilometer<br />
um Brüssel kommen. Die Krisenpräventions-<br />
und -reaktionskräfte der<br />
EU werden im zweiten Halbjahr 2016<br />
von Deutschland (als Lead Nation),<br />
Österreich, Tschechien, Luxemburg,<br />
13<br />
weiterfahrt Während im Hintergrund die Verstärkung weiter gegen die Rebellen vorgeht,<br />
kann der Konvoi seine Fahrt in die Main Operating Base fortsetzen (13).<br />
truppe zukommen: „Österreich bildet<br />
bei einem Einsatz den Prozessor. An<br />
diesen können dann beliebige Hardware-<br />
und Software-Komponenten<br />
angedockt werden, aber funktioniert<br />
der Prozessor nicht, funktionieren<br />
auch diese Komponenten nicht.“<br />
„Die Zusammenarbeit ist auf Augenhöhe!“<br />
Generalleutnant Dieter Naskrent<br />
ist seit April 2012 Stellvertreter des<br />
Inspekteurs der deutschen Luftwaffe<br />
und machte sich im Rahmen der<br />
EURAD vor Ort ein Bild von der<br />
Zusammenarbeit deutscher und<br />
österreichischer Soldaten.<br />
herr Generalleutnant, die Bundeswehr<br />
und das Bundesheer unterhalten seit<br />
Jahren eine enge Zusammenarbeit. wie<br />
entwickelt sich diese aus ihrer Sicht?<br />
Mit Blick auf unsere Zusammenarbeit im<br />
Bereich der Luftstreitkräfte ist festzustellen,<br />
dass wir seit vielen Jahren ausgesprochen<br />
eng und erfolgreich<br />
kooperieren. Dies betrifft ein breites<br />
Spektrum, unter anderem Themenfelder<br />
wie die gemeinsame Ausbildung<br />
von Eurofighter-Piloten, Luftraumüberwachung<br />
und Luftlagedatenaustausch,<br />
militärische Flugsicherung, Gebirgsflugausbildung<br />
sowie gegenseitige Teilnahme<br />
an Übungsvorhaben. Aus<br />
unserer Sicht gestaltet sich diese Zusammenarbeit<br />
für beide Seiten vielversprechend<br />
und gewinnbringend.<br />
in Österreich werden die eigenen Luftstreitkräfte<br />
mitunter kritisch gesehen.<br />
Daher meine frage: Profitiert von der Zusammenarbeit<br />
nur Österreich oder zieht<br />
daraus auch die Bundeswehr Vorteile?<br />
Die Zusammenarbeit ist absolut auf Augenhöhe<br />
und natürlich profitieren auch<br />
wir davon. So prüfen wir beispielsweise in<br />
Deutschland aktuell, ob wir gewonnene<br />
Erfahrungen und bestimmte Verfahren der<br />
österreichischen Luftstreitkräfte im Bereich<br />
der planbaren Instandsetzung des Eurofighter<br />
übernehmen können. Ein vergleichbar<br />
reger Austausch findet auch in<br />
anderen Bereichen statt, sodass ich sicher<br />
bin, dass wir die Zusammenarbeit in Zukunft<br />
weiter intensivieren und auf weitere<br />
Kooperationsfelder ausdehnen werden.<br />
im zweiten halbjahr 2016 stellen<br />
Österreich und Deutschland das Gros<br />
der eU-Battlegroup. was wird im hinblick<br />
darauf hier bei der eUraD geübt?<br />
Die Luftwaffe ist bei dieser Übung mit<br />
dem Abwehrsystem MANTIS beteiligt.<br />
Es ist ein stationäres System, das für den<br />
Feldlagerschutz eingesetzt wird. Da wir<br />
MANTIS bisher noch nicht im Einsatz hatten,<br />
bedeutet die Verlegung hierher<br />
sowie die Inbetriebnahme vor Ort einen<br />
enormen Erfahrungsgewinn. Dieser wird<br />
noch verstärkt durch die Integration von<br />
MANTIS in das Gesamtsystem Feldlagerschutz,<br />
insbesondere die Anbindung des<br />
Luftraumüberwachungsradars des Österreichischen<br />
Bundesheeres. Wir betreten<br />
hiermit Neuland und nehmen eine Vielzahl<br />
von wertvollen Erkenntnissen mit. Ein<br />
erstes Feedback meiner Soldaten bestätigt<br />
dies nachdrücklich.<br />
Kroatien, den Niederlanden und Irland<br />
gebildet. Dem Bundesheer würde<br />
im Fall der Fälle laut Streitkräfte-<br />
Kommandant Generalleutnant Franz<br />
Reißner eine entscheidende Rolle als<br />
Logistic Lead Nation in der Versorgung<br />
der multinationalen Eingreifm<br />
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ENNS<br />
Die Heeresunteroffiziersakademie versteht sich als Kompetenzzentrum für<br />
ALLES<br />
NEU IN<br />
die nationale und internationale Unteroffiziersausbildung und -weiterbildung.<br />
Mit September 2016 gibt es dort große Neuerungen.<br />
Text: JOHANNES LUXNER Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />
D<br />
ie Ennser Towarek-<br />
Kaserne hat viele<br />
Geschichten zu erzählen.<br />
Bereits zu<br />
Kaisers Zeiten befand<br />
sich hier mit<br />
der k. u. k. Militärunterrealschule<br />
eine Ausbildungsstätte im militärischen<br />
Zusammenhang. Davon zeugt<br />
heute noch die klassische Monumentalarchitektur<br />
der Kaserne, die<br />
in den Jahren 1906 bis 1908 entstand.<br />
In den 1930er-Jahren war an<br />
diesem Standort das Alpenjägerregiment<br />
Nr. 8 zu Hause – und Franz Jägerstätter<br />
unterzeichnete in der Towarek-Kaserne<br />
seine Erklärung zur<br />
Kriegsdienstverweigerung für die<br />
Wehrmacht, die kurz darauf zu seiner<br />
Hinrichtung führte. Auch die<br />
B-Gendarmerie war einst im<br />
Gebäudekomplex untergebracht.<br />
Seit dem Jahr 1958 befindet sich in<br />
Enns nun die Heeresunteroffiziersschule,<br />
die 1995 zur Heeresunteroffiziersakademie<br />
adaptiert wurde. Damals<br />
erfolgte auch eine Anpassung<br />
der Ausbildung an die Erfordernisse<br />
der Zeit. Und bald kommt wieder<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
T R U P P E N B E S U C H<br />
HEERESUNTER-<br />
OFFIZIERSAKADEMIE<br />
XXX xxxxx<br />
spürbare Bewegung in die traditionelle<br />
Ausbildungsinstitution, die in<br />
den vergangenen Jahrzehnten über<br />
30.000 österreichische Unteroffiziere<br />
ausgebildet hat.<br />
Die angespannte Personalsituation<br />
bei den jungen Unteroffizieren sei<br />
kein Geheimnis, konkretisiert der<br />
Kommandant der Heeresunteroffiziersakademie,<br />
Brigadier Nikolaus<br />
Egger, die grundsätzliche Ursache<br />
für die nun bevorstehenden Maßnahmen.<br />
„Mit der neuen Ausbildungsstruktur<br />
werden wir wesentlich<br />
attraktiver. Mit einem zeitlich<br />
kompakten Kursangebot unter Beibehaltung<br />
der bewährten Inhalte<br />
werden wir mehr Anwärterinnen<br />
und Anwärter für den Unteroffiziersberuf<br />
nachhaltig motivieren<br />
können“, sagt Egger zum neuen Ausbildungsmodell,<br />
das für die auszubildenden<br />
Unteroffiziere analog der<br />
Offiziersausbildung nun planbarer<br />
gestaltet und ab September 2016<br />
AUSDAUER & ARCHITEKTUR In der Ennser<br />
Towarek-Kaserne wird im historischen<br />
Ambiente auf Höhe der Zeit ausgebildet.<br />
STÄRKE Bei<br />
Auslandseinsätzen<br />
zeige sich<br />
immer wieder<br />
die Fremdsprachenkompetenz<br />
österreichischer<br />
Soldaten, sagt<br />
Rudolf Pfalzer.<br />
umgesetzt wird. „Von der Straße bis<br />
zum Ausmustern in eineinhalb Jahren“,<br />
beschreibt Kommandounteroffizier<br />
Vizeleutnant Rudolf Pfalzer einen<br />
Aspekt der neuen Straffheit in der<br />
Ausbildung, die zu einer Attraktivierung<br />
des Unteroffiziersberufs beitragen<br />
soll. Der Ausbildungsweg zum<br />
Unteroffizier wird dabei transparenter<br />
und besser planbar. „Auch in<br />
Sachen Verdienst“, sagt Pfalzer, der<br />
maßgeblich in die Neuordnung der<br />
Lehrinhalte involviert war.<br />
Außerordentlich vielseitig wird die<br />
Ausbildung bleiben. Pädagogische<br />
Inhalte haben hier ebenso ihren Platz<br />
wie umfangreiche Rechtskurse, aber<br />
auch Ethik, Führung, politische Bildung<br />
und Fremdsprachen stehen<br />
auf dem Lehrplan.<br />
Insbesondere die Fremdsprachenkompetenz<br />
der österreichischen<br />
Unteroffiziere sei<br />
immer wieder bemerkenswert, sagt<br />
Pfalzer, der sich davon bei Auslands-<br />
Im Jahr 1958<br />
als Heeresunteroffiziersschule<br />
gegründet,<br />
wurde die<br />
Ausbildung der österreichischen<br />
Unteroffiziere im Jahr 1995 adaptiert<br />
und nennt sich seitdem Heeresunteroffiziersakademie<br />
(HUAk). Damals<br />
wie heute hat sie ihren Sitz in<br />
der Towarek-Kaserne im oberösterreichischen<br />
Enns. Auch die grundlegenden<br />
Aufgaben haben sich kaum<br />
verändert. Nach wie vor ist die HUAk<br />
die Aus- und Weiterbildungsstätte<br />
aller Heeresunteroffiziere, die sich<br />
aber immer wieder den Zeichen der<br />
Zeit anpasste. So wurde der Fremdsprachenunterricht<br />
angesichts der<br />
vielen Auslandseinsätze ausgebaut<br />
und im Lauf der Jahrzehnte ergänzten<br />
Themen und Fächer wie Militär<br />
ethik oder seit wenigen Jahren das<br />
Gender Mainstreaming die Lehrpläne<br />
der HUAk. Die internationale Ausrichtung<br />
der Bildungsinstitution äußert<br />
sich auch in Form zahlreicher<br />
Kooperationen wie jene mit der Unteroffiziersschule<br />
der Luftwaffe in<br />
Appen bei Hamburg, der Schule für<br />
Feldjäger und Stabsdienst in Hannover<br />
oder mit der Unteroffiziersschule<br />
in Delitzsch, nördlich von Leipzig.<br />
Am Standort Towarek-Kaserne sind<br />
aktuell rund 130 Menschen beschäftigt.<br />
Ab September 2016 wird die Kaderausbildung<br />
neu ausgerichtet, um<br />
damit den Beruf des Unteroffiziers<br />
zu attraktivieren. Der Ausbildungsablauf<br />
wird straffer und damit<br />
besser planbar.<br />
Oberösterreich<br />
Salzburg<br />
Kärnten<br />
Niederösterreich<br />
Steiermark<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 3 6 H E E R & M E H R<br />
internetbasierte Plattform gilt seit<br />
über zehn Jahren als wichtiges Instrument<br />
für die Weiterbildung der<br />
Unteroffiziere.<br />
VIELSEITIGE AUSBILDUNG Auch rechtlichen Aspekte sind bei der Ausbildung in Enns Thema.<br />
einsätzen immer wieder selbst ein<br />
Bild machen kann. Nicht nur die<br />
Sprache – auch die interkulturelle<br />
Kompetenz österreichischer Unteroffiziere<br />
steche bei Auslandseinsätzen<br />
hervor. „Auf den Ruf der Unteroffiziere<br />
im Ausland können wir alle sehr<br />
stolz sein“, sagt Kommandant Nikolaus<br />
Egger. Kein Wunder, gibt sich die<br />
Unteroffiziersausbildung doch auf<br />
vielen Ebenen höchst international.<br />
Die Heeresunteroffiziersakademie<br />
kooperiert etwa mit der Unteroffizierschule<br />
der deutschen Luftwaffe in<br />
Appen bei Hamburg. Im Rahmen der<br />
Unteroffiziersweiterbildung kommt<br />
daher auch die international erprobte<br />
Weiterbildungsplattform ENCOA<br />
(European Non Commissioned Officer<br />
Academy) zum Einsatz. Diese<br />
Auch die generelle Strukturreform<br />
des Bundesheeres wird nicht vollkommen<br />
spurlos an der Heeresunteroffiziersakademie<br />
vorüberziehen:<br />
„Die Akademie wird ihren Grundauftrag<br />
behalten und auch weiterhin für<br />
die Ausbildung aller Unteroffiziere<br />
zuständig sein. Doch um logistische<br />
Straffungsmaßnahmen werden auch<br />
wir nicht herumkommen“, nennt<br />
Brigadier Nikolaus Egger anstehende<br />
Herausforderungen, die noch nicht<br />
klar benannt werden können. Doch<br />
trotz all der Einsparungsmaßnahmen<br />
gelte es in erster Linie das hohe Niveau<br />
der Ausbildung beizubehalten<br />
und den Fokus richtig zu legen, sagt<br />
Egger: „Denn das wertvolle Gut sind<br />
hier die Menschen.“
T R U P P E N B E S U C H<br />
„Die Jungen sind sehr erlebnisorientiert.“<br />
Vizeleutnant<br />
Siegfried Gorofsky<br />
„Lehrgangsteilnehmer hinterfragen<br />
heute kritischer als früher und<br />
wissen, wo sie ihre Informationen<br />
herbekommen.“<br />
Sie sind als Hauptlehrunteroffizier und<br />
Klassenleiter tätig – wie darf man sich<br />
Ihren Arbeitsalltag vorstellen?<br />
Ich führe eine Klasse, die je nach Stärke<br />
drei bis vier Gruppen hat. In meinem<br />
Team habe ich einen Hauptlehrunteroffizier<br />
und zwei bis drei weitere Lehrunteroffiziere.<br />
Das entspricht der Struktur<br />
eines Zuges. Die Hauptaufgabe ist die<br />
Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung<br />
der Unteroffiziersausbildung<br />
in den diversen Themen.<br />
Welche Themen sind das konkret?<br />
Etwa Führen und Aufgaben im Einsatz –<br />
also das Gefecht. All das jedoch auf einem<br />
einfachen, standardisierten Level. Das hat<br />
seine Gründe: Denn, überspitzt gesagt,<br />
ich habe vom Jagdkommandosoldaten bis<br />
zum Feldkoch sämtliche Strukturen und<br />
Waffengattungen in meiner Klasse. Das ist<br />
eine sehr heterogene Gruppe, die in den<br />
Gefechtsaufgaben auszubilden ist. Mindeststandard<br />
ist etwa, eine Gruppe im<br />
gesicherten Fußmarsch von A nach B<br />
zu führen. Die soll aber auch, wenn am<br />
Marschweg etwas passiert, das gewonnene<br />
Gelände und die Verbindung zum<br />
Zugskommandanten halten können. Die<br />
Lehrgangsteilnehmer müssen also keinen<br />
„Krieg“ führen können – aber einfache Gefechtsaufgaben<br />
müssen sie beherrschen.<br />
Inwiefern haben sich im Zuge Ihrer<br />
Laufbahn die jungen Leute verändert?<br />
Erlebnis, Schnelllebigkeit und das Bedürfnis<br />
nach Information werden immer stärker.<br />
Sie hinterfragen kritischer und wissen,<br />
wo sie ihre Informationen herbekommen.<br />
Kurz gesagt: Es muss sich etwas rühren –<br />
die Jungen sind sehr erlebnisorientiert und<br />
genau das ist es auch, was in Zukunft bei<br />
der generellen Entwicklung des Bundesheeres<br />
berücksichtigt werden soll. Und<br />
auch die hohe Sportbegeisterung bei<br />
den Jungen fällt mir auf.
0 3 8 H E E R & M E H R<br />
„Wir sind im Sinne des<br />
Apothekengesetzes<br />
keine Apotheke,<br />
nehmen aber<br />
praktisch dieselben<br />
Aufgaben wahr.“<br />
Majorapothekerin Martina Lexa<br />
DIE<br />
APOTHEKERIN<br />
Das Bundesheer beschäftigt österreichweit drei Heeresapotheker. Wir haben mit<br />
Majorapothekerin Martina Lexa eine von ihnen einen Tag lang bei ihrer Arbeit im<br />
Sanitätszentrum Ost in Stammersdorf begleitet. Text: JÜRGEN ZACHARIAS Fotos: BUBU DUJMIC<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
T R U P P E N B E S U C H<br />
INTERVIEW<br />
„Ich wollte mich<br />
weiterentwickeln!“<br />
VERSORGUNGS-VORGANG Über einen sogenannten<br />
Versorgungsrapport (kurz VersRap) melden die Ambulanzen<br />
ihren Bedarf an die Apotheke. Dort werden die Arzneimittel,<br />
Verbandmittel und Reagenzien ausgegeben,<br />
beim Heeres-Zentrallager angefordert oder (bei Bedarf)<br />
direkt beim Hersteller oder Großhändler bestellt.<br />
ABWECHSLUNGSREICHE ARBEIT Majorapothekerin<br />
Martina Lexa schätzt viele Aspekte an ihrem Beruf. Im<br />
Besonderen, dass ihre Tätigkeit sehr „abwechslungsreich“<br />
ist und ständig neue Herausforderungen mit sich bringt.<br />
Majorapothekerin Martina Lexa hat mit<br />
30 Jahren ihren Ausbildungsdienst absolviert<br />
und danach in der Heeresapotheke<br />
im Heeresspital Wien (heute Sanitätszentrum<br />
Ost) zu arbeiten begonnen. Heute<br />
ist sie deren Leiterin und von ihrem<br />
„herausfordernden“ Job „mehr als nur<br />
begeistert“.<br />
Frau Majorapothekerin, wie sind Sie mit<br />
30 Jahren auf die Idee gekommen, ihren<br />
Ausbildungsdienst zu machen und zum<br />
Bundesheer zu gehen?<br />
(lächelt) Ich habe nach meinem Pharmaziestudium<br />
in einer öffentlichen Apotheke<br />
gearbeitet und wollte mich weiterentwickeln.<br />
Also habe ich mich um einen Job im<br />
damaligen Heeresspital beworben. 2004<br />
habe ich dann meinen Ausbildungsdienst<br />
geleistet und seit 2005 bin ich hier in der<br />
Heeresapotheke tätig und deren Leiterin.<br />
Wie sieht ihr Arbeitsalltag aus?<br />
Unsere Hauptaufgabe ist die Versorgung<br />
des Sanitätszentrums Ost sowie seiner<br />
fünf Außenstellen mit Arzneimitteln,<br />
Verbandsmaterial und Reagenzien. Ich<br />
persönlich kümmere mich dabei um den<br />
administrativen Teil, außerdem nehme ich<br />
bei uns im Haus, in den Außenstellen und<br />
allen Krankenrevieren des Bundesheeres<br />
in Ostösterreich eine Konsiliarfunktion<br />
wahr. Ich überprüfe hierbei, ob in den<br />
Ambulanzen die Haltbarkeit der Produkte<br />
gegeben ist, ob die Hygienevorschriften<br />
eingehalten werden und die Bevorratungsmengen<br />
passen.<br />
Ist das Aufgabengebiet der Heeresapotheke<br />
mit dem einer zivilen Apotheke<br />
vergleichbar?<br />
Wir sind im Sinne des Apothekengesetzes<br />
keine Apotheke, nehmen im Kern aber<br />
praktisch dieselben Aufgaben wahr. Zwar<br />
müssen wir hier keine Auslagen gestalten<br />
oder Verkaufsgespräche führen, allerdings<br />
decken wir auch Aspekte ab, die man so in<br />
zivilen Apotheken nicht oder kaum findet.<br />
In unserem Labor packen wir etwa selbst<br />
Elektrolytlösungen ab, wir stellen therapeutische<br />
Mittel her oder füllen Spezialanfertigungen<br />
wie Sonnencreme in Tuben ab.<br />
HEERESEIGENE ANFERTIGUNG<br />
Im Labor werden therapeutische<br />
Mittel (beispielsweise Salben) hergestellt<br />
und Großmengen in handelsübliche<br />
Gebinde wie Tuben,<br />
Säckchen oder Flaschen verpackt.<br />
TEAMARBEIT In der Heeresapotheke<br />
wird mit Erdina Cavalic auch<br />
ein Lehrling als Pharmazeutisch Kaufmännischer<br />
Assistent ausgebildet,<br />
Franziska Buresch (Bildmitte) ist für<br />
ihre Ausblidung verantwortlich.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 4 0 H E E R & M E H R<br />
„ICH BIN GUT DRAUF“<br />
In der vergangenen Saison gelang dem Heeresleistungssportler sein<br />
erster Sieg im Skisprung-Weltcup. Heuer möchte Korporal Michael<br />
Hayböck diesen Erfolg bestätigen. Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
err Korporal Hayböck,<br />
HSie haben in der<br />
vergangenen Saison<br />
Ihr erstes Weltcup-<br />
Springen gewonnen.<br />
Täuscht der Eindruck,<br />
dass Ihnen danach im Saison-Finish<br />
ein wenig die Luft ausging?<br />
Dieser Eindruck mag für einen Außenstehenden<br />
entstanden sein, ich selbst<br />
war mit der Saison durchaus zufrieden.<br />
Das war meine mit Abstand beste Saison<br />
und am Anfang ging alles sehr leicht<br />
von der Hand und bin ich regelmäßig<br />
aufs Podium gesprungen. Nach der Vierschanzentournee<br />
ist dann die Selbstverständlichkeit<br />
ein wenig verloren gegangen<br />
und es haben sich kleine Fehler in<br />
meine Sprünge geschlichen …<br />
Trotzdem konnten Sie in dieser<br />
Phase mit dem Team Silber bei der<br />
WM in Falun gewinnen?<br />
Genau, was ja auch zeigt, dass im Saison-Finish<br />
nicht alles schlecht war. Im<br />
Weltcup bin ich auch noch regelmäßig<br />
unter die ersten zehn gesprungen, für<br />
ganz vorne hat es eben nicht mehr so<br />
oft gereicht, was aber auch zeigt, wie<br />
stark die Dichte im Skisprung-Weltcup<br />
mittlerweile ist. Wenn die eigenen<br />
Sprünge nicht zu 100 Prozent passen,<br />
hat man keine Chance, ganz vorne<br />
dabei zu sein. Aber trotzdem war es,<br />
wie gesagt, alles in allem eine starke<br />
und lehrreiche Saison.<br />
Inwiefern lehrreich?<br />
Ich konnte mich selbst und meinen Körper<br />
besser kennenlernen und weiß jetzt,<br />
wie ich auf sportlichen Druck reagiere<br />
und wie mein Körper die Belastungen<br />
einer Saison im Spitzenfeld verkraftet<br />
und wie ich mir die Kräfte besser einteilen<br />
kann. Der ein oder andere Tag mehr<br />
Pause hätte mir im Nachhinein<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L<br />
betrachtet vielleicht gutgetan. Eventuell<br />
hätte ich die Reise zu den Bewerben<br />
nach Japan nicht mitmachen sollen, und<br />
dahingehend werde ich in dieser Saison<br />
sicher versuchen, mir meinen Energiehaushalt<br />
besser einzuteilen. Eine wichtige<br />
Erfahrung war auch, dass es mir<br />
bei der WM in Falun ausgerechnet bei<br />
einem Großereignis gelang, mich aus<br />
meinem größten Saisontief zu ziehen.<br />
Mit welchen Erwartungen gehen<br />
Sie nun in die neue Saison?<br />
Die Erwartungshaltung ist natürlich eine<br />
andere als noch vor einem Jahr, aber die<br />
Konkurrenz schläft bekanntlich nicht.<br />
Ich muss also besser und weiter springen,<br />
um wieder vorne mitzumischen.<br />
Es geht Ihnen also um eine Bestätigung<br />
des Erfolgs der letzten Saison?<br />
Natürlich, wobei ich meine Zielsetzung<br />
nicht an konkreten Platzierungen festmachen<br />
möchte. Ich weiß, dass wir gut<br />
trainiert haben und ich gut drauf bin,<br />
was das dann für den Wettbewerb bedeutet,<br />
werden wir spätestens beim ersten<br />
Bewerb sehen, das wird eine erste<br />
Standortbestimmung. Mein Ziel ist es,<br />
spätestens zur Vierschanzentournee<br />
gut in Form zu sein.<br />
Sie sind seit 2010 Heeresleistungssportler.<br />
Welchen Anteil an Ihrem<br />
Erfolg hat das Bundesheer?<br />
Einen sehr großen, weil ich mich dadurch<br />
voll auf den Sport konzentrieren<br />
kann. Ich bin direkt nach meiner Grundausbildung<br />
ins Heeresleistungssportzentrum<br />
(Anm.: HLSZ) gekommen und<br />
WIN-WIN-<br />
SITUATION<br />
Skispringer Korporal<br />
Michael Hayböck<br />
kann sich im HLSZ<br />
„voll auf den Sport<br />
konzentrieren“.<br />
FOTO S : G E T T Y I M AG E S , J U M PA N D R E AC H
I N T E R V I E W<br />
ZUR PERSON<br />
Michael Hayböck kam am 5. März 1991 in Linz zur Welt und versuchte sich im Alter von neun Jahren erstmals im Skispringen.<br />
Ab 2005 besuchte er das Skigymnasium Stams, seit 2010 ist er Heeresleistungssportler im HLSZ Salzburg, sein<br />
aktueller Rang: Korporal. In der Saison 2009/10 konnte Korporal Michael Hayböck erste Punkte im Skisprung-Weltcup<br />
sammeln, fünf Saisonen später sprang er erstmals auf das Podest und 2014/15 gewann er im Rahmen der Vierschanzentournee<br />
den Abschlussbewerb in Bischofshofen. In der Tournee-Gesamtwertung belegte Hayböck mit diesem Erfolg<br />
Platz 2, im Weltcup reichte es zu Gesamtplatz 5. Nach insgesamt vier Goldmedaillen bei Nordischen Junioren-Weltmeisterschaften<br />
konnte Hayböck in der vergangenen Saison bei der WM in Falun Silber im Team holen. 2014 gewann er mit<br />
der Mannschaft bereits Silber bei den Olympischen Spielen in Sotschi.<br />
gerade für Sportler am Anfang ihrer<br />
Karriere und in Randsportarten sind die<br />
HLSZ eine große Unterstützung. Man<br />
ist dort versichert, kann perfekte Trainingsbedingungen<br />
genießen und kommt<br />
auch noch mit Athleten aus anderen<br />
Sportarten zusammen, kann sich austauschen<br />
und voneinander lernen.<br />
Jetzt stehen Sie aber weder am Anfang<br />
ihrer Karriere, noch ist Skispringen<br />
hierzulande eine Randsportart.<br />
Warum sind Sie also immer noch<br />
Heeresleistungssportler?<br />
Für mich hat sich diese Frage nie gestellt,<br />
da ich hier perfekte Bedingungen vorfinde.<br />
Ich kann den ganzen Sommer und<br />
bei Bedarf auch im Winter hier in Rif<br />
(Anm.: das HLSZ Salzburg ist in Hallein/<br />
Rif angesiedelt) trainieren und bekomme<br />
nach wie vor den Rückhalt und die Absicherung,<br />
die ich brauche, um mich voll<br />
auf den Sport zu konzentrieren.<br />
Sind auch deshalb einige Ihrer<br />
Nationalteam-Kollegen im HLSZ?<br />
Für uns Skispringer sind die damit verbundenen<br />
Möglichkeiten perfekt und<br />
so bleibt jeder eigentlich so lange dabei,<br />
wie es möglich ist. Neben mir sind auch<br />
noch Manuel Poppinger, Stefan Kraft<br />
und Thomas Diethart im HLSZ, Manuel<br />
Fettner musste heuer im Herbst leider<br />
ausscheiden, er hatte seine maximale<br />
Dienstzeit erreicht.<br />
Sind mit den HLSZ auch Nachteile<br />
verbunden?<br />
Nein, da sehe ich keinen einzigen. Ich<br />
kann nur nochmals betonen, wie sehr<br />
ich davon profitiere. Für mich ist das<br />
Modell also perfekt!<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 4 2<br />
S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
ÄGYPTEN<br />
SETZT AUF<br />
MADE IN FRANCE<br />
Aufgrund der EU-Sanktionen gegen Russland<br />
verweigerte Frankreich 2014 die Auslieferung<br />
von zwei Hubschrauberträgern Mistral und<br />
refundierte die geleisteten Anzahlungen in<br />
Höhe von 1,1 Milliarden Euro an Moskau.<br />
Was aber tun mit den Schiffen? So schnell wie<br />
möglich verkaufen, war die Devise, und Mitte<br />
Oktober schlug Ägyptens Staatschef al-Sisi<br />
zum Schnäppchenpreis von 950 Millionen<br />
Euro zu. Schon davor hatte sich al-Sisi als Fan<br />
französischer Rüstungskunst erwiesen: Im<br />
Februar orderte er 24 Stück des Kampfjets<br />
Rafale und eine französische Fremm-Stealth-<br />
Fregatte, im August 2014 wurde der Kauf von<br />
vier Patrouillen-Korvetten Godwind vereinbart.<br />
Das Gesamtvolumen der Deals dürfte bei<br />
mehr als acht Milliarden Euro liegen, womit<br />
Kairo zum größten Rüstungskunden Frankreichs<br />
aller Zeiten avanciert.<br />
IM FOKUS<br />
DER KONZERN<br />
IM ÜBERBLICK<br />
64.300<br />
Mitarbeiter<br />
22,5 Mrd. Euro<br />
Umsatz (2014)<br />
Top-Produkt<br />
Jet T-38 Talon<br />
& Drohne X-47B<br />
NORTHROP GRUMMAN<br />
Am 27. Oktober gaben US-Luftwaffen-Staatssekretärin Deborah Lee<br />
James und ihr Vizesekretär für Entwicklung und Beschaffung, William<br />
LaPlante, bekannt, dass der künftige strategische Bomber der<br />
USAF von Northrop-Grumman gebaut werden wird. 100 Maschinen<br />
sollen ab 2025 die B-52 aus den 1950ern und die B-1B aus den<br />
1980ern ersetzen, Auftragswert: rund 74 Milliarden Euro. In der Auftragsvergabe<br />
hat sich der Nurflügelspezialist gegen ein kombiniertes Angebot der Giganten Boeing und Lockheed-<br />
Martin durchgesetzt. Letztere kamen bislang auf den sechsfachen Jahresumsatz von Northrop. Kein Wunder daher,<br />
dass die beiden Verlierer offiziellen Protest einlegten, das Verfahren sei speziell in der Kostenmechanikprognose<br />
„fundamental fehlerhaft“ gewesen. Für Northrop Grumman bedeutet der Auftrag im Umsetzungsfall eine umfassende<br />
Transformation: Der Rüstungskonzern dürfte sich damit von einer losen Sammlung operativer Unternehmensteile<br />
zu einem der wichtigsten militärischen Zulieferer der USA wandeln. Aktuell sind zwar sämtliche Entwürfe<br />
inklusive der Triebwerkszulieferer noch geheim und laut LaPlante wird es bis zu einer Veröffentlichung auch<br />
noch länger dauern, Gerüchten zufolge dürfte es sich aber um einen unterschallschnellen Stealth-Nurflügler kleiner<br />
als Northrops B-2B (siehe Bild) handeln, der optional unbemannt und nuklearwaffenfähig sein wird.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
N E W S A U S D E R S I C H E R H E I T S B R A N C H E<br />
Raytheon zeigt neue<br />
mini-Rakete PIKE<br />
Am 12. Oktober vermeldete das<br />
US-Unternehmen Raytheon, dass man<br />
aus einem 40-mm-Hand-Granatwerfer<br />
erstmals eine kleine lasergelenkte Rakete<br />
erfolgreich abgefeuert und damit<br />
Ziele in mehr als zwei Kilometern Entfernung<br />
getroffen habe. Damit könnte<br />
die Waffe die Vorgehensweise bei Infanterieeinsätzen<br />
im urbanen Umfeld<br />
signifikant verändern. „Die neue<br />
gelenkte Munition bietet dem Infanteristen<br />
eine Präzisionsfähigkeit über<br />
Entfernungen, wie man sie zuvor aus<br />
einer handgehaltenen Kleinwaffe<br />
nicht kannte“, so Raytheons Land<br />
Warfare Systems Director J.R. Smith.<br />
Das sogenannte System Pike nutzt<br />
einen programmierbaren, semiaktiven<br />
Laserzielsucher gegen stationäre<br />
wie bewegliche Ziele. Das<br />
Projektil wiegt weniger als ein Kilogramm<br />
und ist 42,5 Zentimeter<br />
lang. Abgefeuert aus einem einschüssigen<br />
M320 Granatwerfer<br />
zündet der rauchlose Treibsatz<br />
2,4 bis 3 Meter nach dem Abfeuern.<br />
„WIR RECHNEN MIT WEITEREN AUFTRÄGEN!“<br />
FOTO S : R Ay T H E O n , M A D E R , D n S C<br />
AIR MARSHAL<br />
MAHMOOD KHALID<br />
ist Programmverantwortlicher<br />
für Produktion und<br />
Vertrieb des pakistanischen<br />
Kampfjets<br />
JF-17 Thunder.<br />
Im Regelfall entwickelt ein Rüstungsbetrieb ein Waffensystem<br />
und versucht dieses an Streitkräfte zu verkaufen.<br />
Beim pakistanischen Kampfjet JF-17 Thunder ist das anders.<br />
Die pakistanische Luftwaffe (PAF) kümmert sich<br />
nämlich selbst um den Fertigungsbetrieb am Militärstützpunkt<br />
Kamra und ebenso um die internationale Vermarktung.<br />
Militär Aktuell sprach mit dem Programmverantwortlichen,<br />
Air Marshal Mahmood Khalid, über den<br />
Produktionsstand und potenzielle Exportkunden.<br />
Wie ist der aktuelle Programmstatus des Thunder?<br />
Die 50 Stück des ersten Bauloses „Block-I“ sind ausgeliefert<br />
und bei uns täglich im Dienst. Der erste Jet von<br />
„Block-II“ ist am 9. Februar erstmals geflogen und vier Jets<br />
davon sind inzwischen ebenfalls bei der PAF im Einsatz.<br />
Der JF-17 basiert auf dem chinesischen Chengdu FC-1.<br />
Wie läuft die Zusammenarbeit mit China?<br />
Ich muss korrigieren, es handelt sich beim Chengdu<br />
FC-1 und beim JF-17 um einen gemeinsamen Entwurf.<br />
42 Prozent der Struktur wurden in China entwickelt und<br />
58 Prozent in Pakistan. Hier bei uns sind auch die Avionik-Integration,<br />
die Endfertigung und alle Flugtests angesiedelt.<br />
Auch alle Zulieferer etwa für Radar oder Waffen<br />
werden von Kamra aus eingebunden.<br />
Wo sehen Sie den Thunder im internationalen Vergleich?<br />
Die Kampfkraft liegt wohl zwischen Gripen-C/D und F-16C/D,<br />
allerdings ist der Thunder deutlich günstiger. Außerdem hat<br />
er den Vorteil, dass wir modular Waffen und Sensoren nachoder<br />
aufrüsten können und in der Bauserie „Block-III“ sogar<br />
ein anderes Triebwerk wie das EJ-200. In Summe stellt das<br />
aus unserer Sicht ein sehr attraktives Gesamtpaket dar.<br />
Wie groß sind die Produktionskapazitäten in Kamra? Wie<br />
viele Flugzeuge könnten dort pro Jahr gefertigt werden?<br />
Wir bauen aktuell rund 20 Jets pro Jahr, daher sind wir mit<br />
der Fertigung von „Block-II“ noch rund zweieinhalb Jahre<br />
beschäftigt und danach starten wir die Produktion von<br />
„Block-III“. Bei Bedarf können wir die Fertigung aber jederzeit<br />
auf 25 Stück jährlich hochfahren, was uns eine gewisse Flexibilität<br />
in der internationalen Vermarktung gibt.<br />
Gibt es da bereits konkrete Vertragsabschlüsse? Auf Messen<br />
sind Sie ja weltweit präsent und zuletzt dürften vielversprechende<br />
Gespräche mit Sri Lanka stattgefunden haben, oder?<br />
Manch potenzieller Kunde will nicht genannt werden, aber<br />
Myanmar hat bereits zugesagt, 16 Stück abzunehmen, und ja,<br />
auch mit Sri Lanka befinden wir uns in detaillierten Verhandlungen.<br />
Wegen des unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnisses<br />
gibt es ständig Anfragen aus der ganzen Welt. Wir rechnen<br />
daher auch schon bald mit weiteren Aufträgen.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 4 4 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
WAS TUT SICH AM<br />
BUNDESHEER<br />
HIMMEL?<br />
Analyse: GEORG MADER<br />
Mit Eurofighter, Black Hawk und Hercules haben die österreichischen<br />
Fliegerkräfte in den frühen 2000er-Jahren einen ordentlichen<br />
Modernisierungsschub erfahren. Nun ist es an der Zeit, über Updates<br />
dieser Systeme und Neubeschaffungen nachzudenken. Ein Überblick.<br />
EUROFIGHTER<br />
Der Betrieb unserer 15 Eurofighter der Tranche-1 läuft nach Anfangsschwierigkeiten<br />
inzwischen problemlos. Bei Wartung und Checks hat die<br />
Fliegerwerft mittlerweile sogar eine derart herzeigbare Autarkie erreicht,<br />
dass sich selbst Luftwaffen der vier Herstellernationen in Zeltweg die Abläufe<br />
zeigen lassen. Auch Abnahmen und Überprüfungen nach größeren<br />
Werftereignissen werden selbst, ohne Beiziehung fremder Prüfer, durchgeführt.<br />
Das spart nicht nur Betriebskosten, sondern stellt auch einen international<br />
üblichen Klarstand sicher. Ein (durch die Laufzeitverlängerung<br />
der Tranche-1-Jets in Deutschland und Italien geringer gewordenes) Problem<br />
ist die mittel- bis langfristig abnehmende Ersatzteil-Versorgung der<br />
Tranche-1-Jets, weswegen verstärkt Tranche-2-Teile direkt vom Hersteller<br />
verwendet werden. Ein Mid-Life-Update ist in den kommenden Jahren<br />
trotzdem unumgänglich. Schon davor dürfte ab 2016 die Datalink-Anbindung<br />
mit den – auch auf internationalem Level – topmodernen neuen<br />
Alenia RAT-31DL Radars des Goldhaube-Systems beginnen.<br />
PILATUS<br />
PC-7 TURBO<br />
TRAINER<br />
Zwölf von einst 16 PC-7 Mk.1 werden<br />
in Zeltweg nach wie vor in<br />
der Piloten-Basisausbildung sowie<br />
(mit MG-Behältern ausgerüstet)<br />
gegen langsame Ziele bei Luftraumsicherungsoperationen<br />
eingesetzt.<br />
Nach 32 Einsatzjahren<br />
müssen allerdings einzelne<br />
Avionikkomponenten getauscht<br />
werden. Vom Bundesheer wird<br />
dabei eine vor allem kostengünstige<br />
Lösung präferiert. Ein volles<br />
neues Glascockpit – wie vom Hersteller<br />
in der Mk. 2 angeboten –<br />
dürfte es daher wohl eher nicht<br />
werden.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
B E S C H A F F U N G S - A N A LY S E<br />
SAAB 105<br />
Von der aktuellen Saab 105-Flotte dürften zwölf Jets mit nachgerüsteten Cockpits (dabei geht es um moderne Navigationshilfen<br />
und Kommunikationsmittel) bis 2020 fliegen. Spätestens dann muss sich das Bundesheer wohl um einen<br />
Nachfolger bemühen. Die verfügbaren Modelle (die italienische M346 dürfte intern Priorität genießen) werden<br />
daher schon jetzt ebenso wie mögliche Beschaffungsvarianten geprüft – auch eine Leasing-Lösung scheint denkbar.<br />
Die Ausschreibung sollte spätestens Ende 2016 erfolgen. Dem Vernehmen nach wurden übrigens alle für die Nachrüstung<br />
benötigten Teile wie Funkgeräte mit heute üblicher Kanalspreizung und fest eingebautes GPS ohne Beteiligung<br />
von Fremdausrüstern von eigenen Werkstätten gestemmt.<br />
FOTO S : G E O R G M A D E R , B U N D E S H E E R / Z I N N E R<br />
PILATUS<br />
PC-6 TURBO<br />
PORTER<br />
Eines der ältesten Systeme im heimischen<br />
Inventar scheint seinem Ende<br />
ferner denn je. Für eine Weiterführung<br />
der PC-6 sprechen die sensationell<br />
niedrigen Flugstundenkosten,<br />
aber auch die vielseitige Einsetzbarkeit,<br />
weshalb das Flugzeug intern<br />
häufig als Drohne bezeichnet wird.<br />
Neben optischer und IR-Fotoaufklärung<br />
mit sogenannten „Bildmaschinen“<br />
für die Luftaufklärungsstaffel,<br />
Fallschirmsprungausbildung oder<br />
Brandbekämpfung ist auch eine<br />
angedachte neue Funktion als<br />
Sprechfunk-Relaisstation in bergigem<br />
Gelände interessant.<br />
AGUSTA-BELL AB212<br />
Die als „Mid-Life-Update“ bezeichnete Cockpit-Modernisierung der<br />
23 italienischen AB212 durch Agusta wurde 2010 beschlossen und<br />
sollte bereits 2014 abgeschlossen sein. Anfänglich lief dabei allerdings<br />
wenig rund: Der Hersteller legte eine erstaunlich schwache handwerkliche<br />
Performance an den Tag und Abnahmen wurden auch aufgrund<br />
von schlampig verlegten Kabelsträngen abgelehnt. Inzwischen dürfte<br />
das Programm aber gut auf Schiene sein, weshalb sich die seit 1980 in<br />
Dienst befindlichen Zweiblatt-Arbeitspferde (als Pluspunkte gelten die<br />
drei großen Displays, das Flight Management System und die Nacht -<br />
sichtbrillen-Tauglichkeit) gute Chancen auf ihr 50-jähriges Dienstjubiläum<br />
in Österreich ausrechnen dürfen.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 4 6 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
FINANZIERUNG<br />
GESICHERT?<br />
Vieles in dieser Übersicht liest sich optimistisch,<br />
vielleicht sogar blauäugig. Zu<br />
viele Konzepte der Vergangenheit wanderten<br />
schließlich in den Rundordner.<br />
Aber die Verantwortlichen der einzelnen<br />
Programme scheinen fest auf die im<br />
Dezember 2014 im Parlament beschlossenen<br />
Sonderfinanzierungen zu vertrauen.<br />
Demnach erhält das Heer für die<br />
Abdeckung von dringendem Investitionsbedarf<br />
– explizit wurden die Luft-<br />
Beschaffungen genannt – zusätzliche<br />
616 Millionen Euro, davon 350 Millionen<br />
Euro bis 2019. Ausreichend Mittel<br />
für die geplanten Projekte sollten damit<br />
zur Verfügung stehen und auch der<br />
politische Wille zur Umsetzung sollte –<br />
vor dem Hintergrund eines in vielen<br />
Ländern aufgewerteten Sicherheits -<br />
bereichs – nun vorhanden sein.<br />
C-130K HERCULES<br />
In Kürze dürfte eine Entscheidung fallen, welche Art von Einsätzen man von<br />
den Transportfliegern zukünftig erwartet. Zur Wahl stehen „reguläre” Missionen<br />
wie bisher, Missionen unter „irregulären“ Bedingungen (ohne Flugsicherung<br />
und Radarabdeckung, auf Behelfspisten, völlig verdunkelt und mit<br />
Nachsichtbrillen, in einem multinationalen Einsatzverband) und Missionen in<br />
Kriegs- und Kampfgebieten. Für letztere bräuchte es neben Schulungen für<br />
Kampfzonenlandungen mehr Cockpithärtung und Selbstschutzeinrichtungen.<br />
Dabei dürfte man sich auf Bedrohungen im Infrarotspektrum sowie auf<br />
Raketenannäherungswarner und Düppelwerfer (Flares) konzentrieren. In<br />
Folge würde das Paket ausgeschrieben. Die Schweizer – deren Politik sich<br />
zuletzt erneut gegen die Beschaffung von Transportflugzeugen entschieden<br />
hat – scheinen weiter um eine Kooperation bemüht. Heeresinterne Stimmen,<br />
die budgetbedingt bereits das Abstellen der Hercules forderten, dürften<br />
auch deshalb Einzelmeinungen bleiben.<br />
OH-58B<br />
KIOWA &<br />
ALOUETTE III<br />
Für beide Muster ist die Ausphasung<br />
für 2020 vorgesehen, investiert wird in<br />
die Systeme aktuell daher nichts mehr.<br />
Als gemeinsamer Ersatz scheint ein<br />
moderner Mehrzweck-Hubschrauber<br />
der Klasse Eurocopter EC645, Agusta<br />
AW-129 oder Bell 407T wahrscheinlich.<br />
Ziemlich sicher werden es aber keine<br />
40 Hubschrauber mehr werden, sondern<br />
eine starke Staffel mit vielleicht 24<br />
Systemen. Das Projekt steuert jedenfalls<br />
seiner Ausschreibungsphase entgegen,<br />
die Bewaffnungsfähigkeit dürfte dabei<br />
ein wesentliches Kriterium sein.<br />
S-70 BLACK HAWK<br />
Die neun stärksten Hubschrauber des Bundesheeres, deren Einführung<br />
mittlerweile auch schon 13 Jahre zurückliegt, stehen kurz vor einem überfälligen<br />
Upgrade ihrer Cockpit-Anzeigebildschirme und relevanten<br />
Avionik-Rechner. Noch ist nicht klar, wer das Upgrade umsetzen wird, die<br />
Lösungen und Preise etlicher Anbieter – besonders aktiv sind in diesem<br />
Segmant israelische Firmen – werden noch bewertet. Auch bei den<br />
elektronischen Selbstschutzsystemen der Black Hawk tut sich etwas:<br />
Die „Bibliotheken“-Software, die sich jeder Nutzer selbst erarbeiten muss,<br />
wird bei der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule in Langenlebarn<br />
und in den Staffeln fleißig befüllt. Der Fokus liegt dabei am IR-Segment.<br />
FOTO S : G E O R G M A D E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
E U R O F I G H T E R - N E W S<br />
EUROFIGHTER TYPHOON<br />
Text: GEORG MADER<br />
AB IN DIE<br />
VERLÄNGERUNG!<br />
Das Golfemirat Kuwait lässt sich den Kauf von 28 Eurofighter-Kampfjets<br />
acht Milliarden Euro kosten. Auch sonst gibt es für das<br />
Herstellerkonsortium gute Nachrichten.<br />
FOTOS:EUROFIGHTER<br />
angsam wurde im Eurofighter-Konsortium<br />
die<br />
L<br />
Nervosität spürbar: Zwar<br />
durften die am größten<br />
europäischen Kampfflugzeugprogramm<br />
beteiligten<br />
Unternehmen schon 450 Maschinen<br />
ausliefern, seit dem Verkauf<br />
von zwölf Jets der Fertigungs-Tranche<br />
3 im Jahr 2012 an den Oman (Auslieferung<br />
ab 2017) konnten allerdings keine<br />
neuen Aufträge an Land gezogen werden.<br />
Ein Ende der Langläuferteile-Fertigung<br />
drohte, außerdem wurde ein<br />
neuer Fertigungsmangel publik. Diesmal<br />
war nicht das Rumpfheck betroffen,<br />
sondern die Leitwerkswurzel, ein<br />
großes Problem stellte das Problem<br />
aber – einmal mehr – nicht dar. Zwar<br />
unterbrach der aufgetretene Mangel<br />
vorübergehend die immer noch laufenden<br />
Abnahmen aus Tranche 3, nach<br />
Italien überlegt aber nun auch England,<br />
seine Tranche 1 noch länger zu<br />
betreiben als ursprünglich geplant.<br />
Vor wenigen Wochen gab es dann<br />
noch mehr Positives zu berichten:<br />
Nachdem der italienische Eurofighter-<br />
Partner Finmeccania SpA/Alenia<br />
Aermacchi schon 2013 in Kuwait mit<br />
dem Eurofighter Hitzetests bei mehr als<br />
50 °C durchgeführt hatte, unterschrieb<br />
Scheich al-Sabah nun die Absichtserklärung<br />
zum Kauf von 28 Jets der<br />
Tranche 3. Inklusive Ausbildung und<br />
Waffen dürfte das Paket rund um die<br />
22 Ein- und sechs Zweisitzer acht<br />
Milliarden Euro schwer sein. Kuwait<br />
wird wohl der erste Kunde des 2014<br />
präsentierten, elektronisch strahlschwenkenden<br />
Aktiv-Feuerleitradars<br />
CAPTOR-E werden. Im November<br />
erfolgten zudem Abwurftests mit dem<br />
Marschflugkörper Storm Shadow.<br />
Das mit Kuwait getroffene Memorandum<br />
auch in einen Vertrag zu gießen,<br />
wird übrigens Aufgabe eines neuen<br />
Chefs: Der deutsche Manager Volker<br />
Paltzo löst ab 1. Jänner 2016 den Spanier<br />
Alberto Gutierrez als CEO der Eurofighter<br />
GmbH ab. Der 51-Jährige<br />
war zuvor schon einmal Leiter des<br />
deutschen EF-Anteils und bekommt<br />
mit dem Kuwait-Deal Zeit, um die vier<br />
Fertigungsstraßen bis über 2020 hinaus<br />
auszulasten. Trotzdem wurden am<br />
britischen BAE-Standort Samlesbury<br />
351 Mitarbeiter freigesetzt. Diese<br />
Maßnahme zeigt, wie essenziell es ist,<br />
weitere Aufträge zu sichern. Potenzielle<br />
Kunden sieht das Unternehmen in<br />
einem Folgeauftrag etwa in Saudi-<br />
Arabien, aber auch in Dänemark,<br />
Finnland, Belgien, Bahrain, Malaysia<br />
und Indonesien. Die Vereinigten<br />
Arabischen Emirate dürften sich<br />
wohl für Dassaults Rafale entscheiden,<br />
laut Aussagen auf der Dubai Airshow<br />
sei man bereits in „finalen<br />
Gesprächen“.<br />
NEUER-CHEF Der Deutsche Volker Paltzo<br />
löst mit 1. Jänner 2016 den Spanier Alberto<br />
Gutierrez als CEO der Eurofighter GmbH ab.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 4 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
Die Industriellenvereingung<br />
sieht<br />
in Österreichs<br />
Rüstungs- und Sicherheitsindustrie<br />
eine<br />
Hochtechnologiebranche<br />
mit großem<br />
„Zukunftspotenzial“.<br />
Ein Gespräch mit<br />
Generalsekretär<br />
Christoph Neumayer.<br />
KLEIN,<br />
ABER<br />
FEIN<br />
Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
n vielen Rüstungs- und<br />
I<br />
Sicherheitsbereichen<br />
sind heimische Unternehmen<br />
nicht oder nicht<br />
mehr präsent. Trotzdem<br />
genießt Österreich in der<br />
Branche weltweit einen guten Ruf,<br />
oder täuscht dieser Eindruck?<br />
Nein, der täuscht keineswegs. Wir<br />
sprechen hier von einer kleinen, aber<br />
feinen Hochtechnologiebranche, die<br />
als wirkliche Zukunftsindustrie zu<br />
bezeichnen ist und eine überdurchschnittlich<br />
hohe Wettbewerbsfähigkeit<br />
vorzuweisen hat. Der gute Ruf der<br />
österreichischen Sicherheitsindustrie<br />
besteht also völlig zu Recht.<br />
Lässt sich die Branche aufgrund der<br />
Tatsache, dass viele Unternehmen<br />
sogenannte Dual-Use-Produkte herstellen,<br />
die sowohl im militärischen<br />
als auch im zivilen Bereich Verwendung<br />
finden, in Zahlen fassen?<br />
Eine Abgrenzung ist in der Tat nicht<br />
immer leicht. Trotzdem können wir<br />
von einem Umsatzwert von rund 2,5<br />
Milliarden Euro und einer Exportquote<br />
von mehr als 90 Prozent ausgehen.<br />
Im engeren Sinn umfasst die Community<br />
rund 50 Unternehmen, aufgrund<br />
des hohen Multiplikatorwerts von<br />
1:2,5 bis 1:3 sind in Summe bis zu<br />
30.000 Arbeitsplätze direkt oder<br />
indirekt von der Branche abhängig.<br />
In Anbetracht dieses hohen Werts<br />
wird die Branche öffentlich aber<br />
kaum wahrgenommen?<br />
Das stimmt – die Unternehmen reüssieren<br />
am Weltmarkt, das entsprechende<br />
Bewusstsein dafür ist in Österreich<br />
selbst aber nur sehr gering ausgeprägt.<br />
Hier würden wir uns mehr –<br />
positive – Wahrnehmung wünschen,<br />
FOTO : M A R KU S P R A N T L / I V<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N T E R V I E W<br />
schließlich sprechen wir – wie gesagt –<br />
von einer Hochtechnologiebranche,<br />
die auch für den Wirtschaftsstandort<br />
und damit hochattraktive Jobs von<br />
entscheidender Bedeutung ist.<br />
Inwieweit blockiert die Gesetzeslage<br />
eine noch bessere Entwicklung einzelner<br />
Unternehmen und der Branche<br />
insgesamt?<br />
Die Gesetzeslage stellt für die Betriebe<br />
natürlich eine Herausforderung dar,<br />
insbesondere vor dem Hintergrund des<br />
hohen Exportanteils. Hier sollte sich<br />
Österreich vermehrt an den Regelungen<br />
vergleichbarer Länder orientieren.<br />
Zudem wäre eine stärkere Standardisierung<br />
– gerade bei den Exportbestimmungen<br />
von Dual-Use-Produkten<br />
– innerhalb Europas wünschenswert.<br />
Welche Länder könnten dabei für<br />
Österreich ein Vorbild sein?<br />
Etwa die Schweiz, aber auch Schweden,<br />
das bekanntermaßen über eine bedeutende<br />
Sicherheitsindustrie verfügt.<br />
Stellen die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
für heimische Unternehmen<br />
einen Wettbewerbsnachteil dar<br />
oder können sie damit gut umgehen,<br />
weil sie immer schon streng waren?<br />
Sowohl als auch. Viele Unternehmen<br />
gehen pragmatisch an das Thema heran,<br />
aber es gibt immer wieder auch<br />
Einzelfälle mit Diskussionsbedarf. Klar<br />
ist, dass Unternehmen in dem Bereich<br />
das Gesamtpaket in Österreich zu tragen<br />
haben. Aber ebenso klar ist, dass<br />
die Regelungen in Österreich in einzelnen<br />
Bereichen über die ohnehin hohen<br />
internationalen Standards hinausgehen<br />
und dass dies einen Wettbewerbsnachteil<br />
bedeuten kann.<br />
Inwiefern stellt auch das knapp<br />
bemessene Verteidigungsbudget<br />
einen Wettbewerbsnachteil dar?<br />
Vielfach werden Komponenten doch<br />
in Kooperation und Zusammenarbeit<br />
mit Streitkräften entwickelt.<br />
In Deutschland und vielen anderen<br />
Staaten sind solche Partnerschaften<br />
selbstverständlich und aus Sicht des<br />
Staates macht es auch Sinn, sich bestimmte<br />
Kernfähigkeiten zu erhalten.<br />
Diesen Zugang gab es aber in der Vergangenheit<br />
in Österreich kaum und<br />
die wirtschaftlichen Auswirkungen der<br />
wirklich eklatanten budgetären Einschränkungen<br />
der vergangenen Jahre<br />
konnten wir alle hautnah beobachten.<br />
Ein höheres Verteidigungsbudget<br />
wirkt sich also auch unmittelbar<br />
positiv auf die Branche aus?<br />
Defintiv. Der gesamte Forschungsund<br />
Entwicklungsbereich profitiert<br />
davon und natürlich auch der Fertigungsbereich,<br />
schließlich hat die<br />
Industrie damit einen potenten Abnehmer<br />
im eigenen Land. Wichtig<br />
wäre aus unserer Sicht aber auch<br />
ein verstärkter Schwerpunkt auf den<br />
Bildungs- und Ausbildungsbereich. Da<br />
sind wir als Industriellenvereinigung<br />
mit unterschiedlichen Initiativen<br />
engagiert, um das Kompetenzniveau<br />
zu erhalten und auszubauen.
0 5 0 s c h l u s s p u n k t<br />
WAS WILL RUSSLAND<br />
IN SYRIEN WIRKLICH?<br />
Es blühen Gerüchte und Spekulationen rund um Moskaus militärische Intervention in Syrien.<br />
Der österreichische Forscher Gustav C. Gressel, Visiting Fellow am European Council on Foreign<br />
Relations in Berlin, vermutet in Moskaus Engagement eine Umgehungstaktik der westlichen<br />
Isolationspolitik. Mithilfe der Luftangriffe will Wladimir Putin von den USA und von Europa<br />
wieder als Gesprächspartner anerkannt werden. Und politische Zugeständnisse erzwingen.<br />
Der von Russland im Donbass<br />
geführte abnutzungskrieg gegen<br />
die ukraine endete im september<br />
<strong>2015</strong> in einer sackgasse. Russland<br />
konnte weder den Willen kiews<br />
nach Westorientierung brechen, noch<br />
konnte es die europäische unterstützung<br />
für die ukraine untergraben. Die<br />
Verluste Russlands im Donbass stiegen<br />
an, die ukrainische armee wurde besser.<br />
moskau konnte entweder den<br />
krieg weiter eskalieren, oder sich über<br />
einen anderen konflikt Verhandlungsmasse<br />
gegenüber dem Westen erspielen<br />
und ihn zu Zugeständnissen zwingen.<br />
Zweites geschah durch die Intervention<br />
in syrien, zeitgerecht vor der<br />
un-Generalversammlung inszeniert.<br />
Die rein militärische Wirkung der Intervention<br />
wird sich in Grenzen halten.<br />
Russland stationierte zwei staffeln<br />
kampfflugzeuge und eine staffel<br />
kampf- und eine transporthubschrauber<br />
in syrien, hinzu etwa ein mechanisiertes<br />
bataillon zu trainingszwecken<br />
sowie spezialkräfte zum anfordern<br />
und einweisen der luftschläge. Die<br />
usa haben je nach Verfügbarkeit ihrer<br />
Flugzeugträger ein bis drei Geschwader<br />
in der Region – ohne dass die luftschläge<br />
allein eine Wende im krieg gebracht<br />
hätten. Russland konnte mit seinen<br />
schlägen weitere Gebietsverluste<br />
des Regimes assads verhindern, dessen<br />
herrschaftsbereich da und dort<br />
arrondieren. steigende Guerilla-attacken<br />
im Rücken assads streitmacht<br />
machen aber ein problem deutlich,<br />
das die usa bereits im Irak hatten: Gebiet<br />
erobern heißt noch nicht, Gebiet<br />
halten oder gar zu kontrollieren – vor<br />
allem wenn einen die lokale bevölkerung<br />
nicht akzeptiert. sollte Russland<br />
seine begrenzten offensiven tatsächlich<br />
einmal auf das territorium des<br />
„Russland ist auf Zugeständnisse<br />
des Westens<br />
aus. Nicht auf die Stabilisierung<br />
Syriens und<br />
schon gar nicht auf eine<br />
Niederlage des IS.“<br />
Islamischen staates (Is) ausweiten,<br />
wird sich dieses problem noch vergrößern.<br />
eine russische einnahme der „Ishauptstadt“<br />
Rakka würde Ähnliches<br />
nach sich ziehen wie die amerikanische<br />
einnahme der irakischen stadt<br />
Falluja: eine lange und blutige stadtguerilla.<br />
um den Islamischen staat nachhatig<br />
niederzuringen, bräuchte es einen<br />
sunnitischen Verbündeten, der Is-territorien<br />
besetzen könnte, ohne auf konfessionelle<br />
ablehnung zu stoßen. Faktisch<br />
haben nur die türkei und saudiarabien<br />
streitkräfte, die dazu in der<br />
lage sind. beide fürchten eine gefestigte<br />
iranisch-russische allianz mehr<br />
als den Is und reagierten deswegen<br />
durchwegs ablehnend auf moskaus<br />
Vorgehen. es wird vermutlich noch<br />
Jahre dauern, bis sich eine konstruktivere<br />
linie durchsetzt. Das kann moskau<br />
nur recht sein: es hat sich nun so<br />
positioniert, dass der Westen es nicht<br />
weiter isolieren kann. und da sich die<br />
Flüchtlingskrise in europa und nicht in<br />
Russland abspielt, wird der Druck,<br />
Russland Zugeständnisse zu machen,<br />
steigen. und auf diese Zugeständnisse<br />
ist moskau aus. nicht auf die stabilisierung<br />
syriens und schon gar nicht auf<br />
eine niederlage des Is.<br />
Foto s : G e t t y I m aG e s , b e I G e st e l lt<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 5 1 P A N O R A M A<br />
Das kürzlich angeschaffte<br />
geschützte Mehrzweckfahrzeug<br />
Husar zeichnet<br />
sich durch guten Schutz für<br />
die Besatzung bei gleichzeitig<br />
hoher Mobilität und<br />
Lufttransportfähigkeit aus.<br />
Text: HANS SCHNEEWEISS<br />
NEUE HUSA<br />
Belgien, Italien, Kroatien, Norwegen, ungeschützten Fahrzeugen wie Pinzgauer<br />
Russland, Slowakei, Spanien, Tschechien,<br />
und den größeren gepanzerten<br />
Großbritannien und viele andere<br />
Allschutz-Transportfahrzeugen Dingo<br />
Länder betreiben heute schon 2 zu füllen, hat nun auch das Bundes-<br />
ganze Flotten an Light Multirole Vehicles<br />
heer insgesamt 150 geschützte Mehr-<br />
(LMV). Um die Lücke zwischen zweckfahrzeuge zu einem<br />
Gesamt-<br />
I L LU ST R AT I O N E N : C L AU D I A M O L I TO R I S<br />
HÖHE<br />
1,9 Meter<br />
BODEN-<br />
FREIHEIT<br />
0,493 Meter<br />
LÄNGE<br />
4,8 Meter<br />
RADSTAND<br />
3,2 Meter<br />
FACTBOX<br />
Geschütztes Mehrzweckfahrzeug Husar<br />
Hersteller Iveco<br />
Höchstzul. Gesamtmasse 7.680 Kilogramm<br />
Motor schallgedämpfter Iveco F1D-Turbodieselmotor<br />
Motorleistung 136 kW (185 PS)<br />
Höchstgeschwindigkeit 110 km/h<br />
Steigfähigkeit 60 Prozent<br />
Reichweite rund 500 Kilometer<br />
Verbrauch 14 Liter/100 Kilometer<br />
Stationierung Von den 150 bestellten Fahrzeugen sind<br />
aktuell bereits 128 an das Bundesheer übergeben.<br />
Diese sind zahlreichen Einheiten österreichweit<br />
zugeteilt und dort im Einsatz<br />
BREITE<br />
2,2Meter<br />
PSYOPS-VARIANTE<br />
Der Husar ist aufgrund seiner flexiblen<br />
Konzeption, der hohen Mobilität und<br />
seinem wirksamen Selbstschutz durch<br />
einfache Umrüstung vielfältigst einsetzbar.<br />
Eine der Spezialvarianten stellt das<br />
sogenannte PsyOps-Fahrzeug dar, das<br />
auf Basis einer Planungsvorgabe im eigenen<br />
Bereich konzipiert und verwirklicht<br />
wurde. Herzstück ist ein leistungsstarker<br />
Lautsprecher aus dem Marinebereich,<br />
der zur Information und kontrollierten<br />
Lenkung großer Menschenmassen zum<br />
Einsatz kommt.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N F O G R A F I K<br />
ARENSTÜCKE<br />
preis von 108 Millionen Euro<br />
von der Firma Iveco angeschafft.<br />
Das Fahrzeug wird unter<br />
der Bezeichnung Husar geführt<br />
und erinnert damit an die<br />
leicht gepanzerten, hoch be-<br />
FAHRZEUGLACKIERUNG<br />
Aus dem Bereich des Panzerbaus<br />
wurden verschiedene Lösungen<br />
übernommen, um die thermische<br />
Sichtbarkeit und die Reflexion von<br />
Radarstrahlen zu verringern. Die<br />
gewählte Beschichtung reduziert<br />
die Infrarotsignatur auf ein Minimum.<br />
WAFFENSTATION<br />
Der Husar verfügt über eine vom<br />
sicheren Innenraum aus fernbedienbare<br />
Waffenstation. Diese Electrically<br />
Remote Controlled Weapon Station –<br />
Medium (ERCWS-M) kann Maschinengewehre<br />
der Kaliber 5,56 mm, 7,62 mm<br />
und 12,7 mm oder auch eine 40-mm-<br />
Granatmaschinenwaffe aufnehmen.<br />
Direkt neben der Waffe befindet sich<br />
die Sensorenbox mit tv-Kamera, Wärmebildgerät,<br />
Laserentfernungsmesser<br />
und Suchscheinwerfer.<br />
MINENSCHUTZ<br />
Landminen werden von Fahrzeugen<br />
meist durch die Reifen ausgelöst. Die<br />
Räder des Husar wurden daher deutlich<br />
von der Sicherheitszelle abgesetzt,<br />
sodass Minen möglichst weit<br />
von der Besatzung entfernt ausgelöst<br />
werden. Die Fahrzeugsitze stammen<br />
aus dem Luftfahrtbereich und erhöhen<br />
ebenfalls den Schutz der Besatzung<br />
bei Explosionen. Außerdem<br />
verfügt der Husar auch über ein<br />
ABC-Schutzsystem.<br />
weglichen berittenen Truppen gleichen<br />
Namens, die einst neben Aufklärungsaufgaben<br />
auch als Spezialeinheiten<br />
die Tätigkeit einer Feldpolizei<br />
übernahmen. Ähnlich vielfältig<br />
ist auch das Einsatzspektrum der<br />
ZUSATZ-AUSSTATTUNG<br />
Zur fast schon komfortablen<br />
Innenausstattung des Husar<br />
gehören eine Rückfahrkamera<br />
und eine Klimaanlage.<br />
REIFEN<br />
Die Reifen des Husar besitzen<br />
notlaufeigenschaften und ermöglichen<br />
dadurch auch im<br />
Pannenfall die Weiterfahrt zur<br />
nächsten Basis. Außerdem ist<br />
im Fahrzeug die zentrale Reifenfüllanlage<br />
CITS (on-board<br />
central tyre inflation system)<br />
integriert.<br />
BALLISTISCHER SCHUTZ<br />
neben seinem Minenschutz<br />
(siehe Kasten links) verfügt das<br />
Fahrzeug auch über einen<br />
leichten Rüstsatz gegen Beschuss<br />
aus Infanteriewaffen bis<br />
zum Kaliber 7,62 mm aus 30<br />
Metern. Die Keramik-verbundmaterial-Panzerplatten<br />
des<br />
sogenannten AMAP Systems<br />
werden in der gewünschten<br />
Schutzstufe zwischen der<br />
inneren und äußeren Hülle<br />
der Zelle montiert.<br />
neuen Systeme, die sowohl für<br />
Transport- und Patrouillenzwecke<br />
wie auch als Führungs- und Aufklärungsfahrzeuge<br />
eingesetzt werden.<br />
INTERVIEW<br />
„Ein vergleichbares<br />
System gibt es nicht!“<br />
Major Alexander Schiller<br />
ist Leiter der Abteilung<br />
für psychologische<br />
Operationen.<br />
Für welche Aufgaben wird der Husar<br />
momentan eingesetzt?<br />
Der Husar wird aktuell beim Assistenzeinsatz,<br />
aber auch bei der Vorbereitung<br />
auf die EU-Battlegroup im kommenden<br />
Jahr verwendet und stellt das Einsatzfahrzeug<br />
der Abteilung Psychologische<br />
Operationen für alle Einsatzaufgaben<br />
im In- und Ausland dar.<br />
Beim Assistenzeinsatz kommt ein als<br />
Lautsprecherfahrzeug modifizierter<br />
Husar zum Einsatz?<br />
Das Fahrzeug wurde speziell für die<br />
Bedürfnisse der Abteilung Psychologische<br />
Operationen ausgerüstet und ist<br />
derzeit in der Südsteiermark im Einsatz.<br />
Die Lautsprecheranlage ist unter<br />
vollem Schutz bedienbar, es können<br />
Tonaufnahmen abgespielt oder<br />
Sprachdurchsagen gemacht werden.<br />
Und wie bewährt sich das Fahrzeug<br />
im Einsatz?<br />
Der sehr effektive Einsatz des Fahrzeuges<br />
zur Information und Lenkung<br />
von großen Menschenmassen stellt<br />
ein wesentliches Mittel im laufenden<br />
Assistenzeinsatz dar. Auch die Polizei,<br />
die wir vor Ort unterstützen, ist von<br />
der Leistungsfähigkeit begeistert. Ein<br />
vergleichbares System gibt es derzeit<br />
in Österreich nicht.<br />
Foto : P R I vAt<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Kriege<br />
Museum<br />
gehören ins<br />
Das Heeresgeschichtliche Museum erweiterte um eine zusätzliche Außenstelle!<br />
Bunkeranlage Ungerberg<br />
Die Schauanlage Ungerberg (U3) wurde 1959/1960<br />
als eine der ersten Anlagen eines breiten Sperrriegels<br />
errichtet. Diese hatte im Zusammenwirken mit<br />
anderen im Abschnitt befindlichen Anlagen und<br />
Waffensystemen den Zweck, feindliche, mechanisierte<br />
Kräfte entlang der Bundesstraße 10 (B10) in<br />
Richtung Wien aufzuhalten. Hierfür wurden starke<br />
Sperrriegel zwischen Leitha und Neusiedlersee errichtet.<br />
Die Bunkerlinie, nach dem damaligen Verteidigungsminister<br />
Karl Schleinzer (Verteidigungsminister<br />
von 1961 bis 1964) auch Schleinzerwall<br />
genannt, war mit ihren festen Anlagen und sonstigen<br />
Befestigungen bis 1964 in ihren Grundzügen<br />
fertiggestellt. Während des »Kalten Krieges« galt<br />
der Wall als Bollwerk und erste Verteidigungslinie<br />
bei Angriffen aus dem Osten. Die Schauanlage<br />
Ungerberg zeigt heute noch die umfassenden Anstrengungen,<br />
die unternommen wurden, um Angriffen<br />
möglichst lange standzuhalten.<br />
Konzipierte Waffensysteme<br />
» Vier CENTURION – Panzertürme mit 10,5 cm<br />
Kanonen<br />
» Zwei 10,5 cm Feldhaubitzen als Artillerie bzw.<br />
» Grabengeschütz<br />
» Fünf MG-Kuppeln<br />
» Panzerabwehrrohr-Kuppeln und<br />
» 10 befestigte Zwei-Mann-Kampfdeckungen<br />
Zufahrt über B10 durch<br />
Bruck/Leitha und Bruckneudorf<br />
B10<br />
Bruck an der Leitha<br />
Bahnhof<br />
A4 - Ost Autobahn<br />
B10 - Budapester Straße<br />
Leitha Leitha<br />
Parkplatz vor<br />
Bahnschranken<br />
Anfahrtsplan<br />
Bunkeranlage<br />
Ungerberg<br />
Knoten<br />
Bruckneudorf<br />
A4 - Ost Autobahn<br />
Abfahrt<br />
Parndorf<br />
B10<br />
A6 - Nordost Autobahn<br />
Zufahrt über A4<br />
Abfahrt Parndorf<br />
Parndorf<br />
B10 - Budapester Straße<br />
Zufahrt über B10<br />
durch Parndorf<br />
Fixe Öffnungszeiten<br />
Die Anlage kann von September bis Juni jeden<br />
letzten Freitag und Samstag des Monats um 10:00,<br />
12:00 und 14:00 Uhr besichtigt werden. Gruppen<br />
bis maximal 15 Personen können an diesen Tagen<br />
auch außerhalb der Zeiten eine Führung buchen.<br />
Variable Öffnungszeiten<br />
Voranmeldung bei: OStv Josef Hatos<br />
Tel: 05020114 42051 / Mobil: 0699 196 61 807<br />
Email: tuepl.bruckneudorf@bmlvs.gv.at<br />
HGM-Außenstelle<br />
Bunkeranlage<br />
Ungerberg<br />
www.hgm.at
Gehärtete Oberflächen<br />
Safe Action ® Abzugssystem<br />
Backstraps<br />
Montageschiene<br />
Wechselbarer Magazinhalter<br />
Polymer Griffstück<br />
Hohe Magazinkapazität<br />
SAFE. SIMPLE. FAST.<br />
GLOCK 17 Gen4 Pistols<br />
www.glock.com