18.12.2015 Aufrufe

Lebenswege Ulm 2015

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Betreuung<br />

Rund um die Uhr zur Stelle?<br />

Seit der „Arbeitnehmerfreizügigkeit“ für neue EU-Mitgliedsstaaten<br />

ist die Beschäftigung osteuropäischer Pflegekräfte<br />

rechtlich besser gesichert.<br />

INFORMATIONEN IM INTERNET<br />

Informationen zur Rechtslage vom Bundesverband<br />

Haushaltshilfe und SeniorenBetreuung e.V.<br />

(BHSB e.V.):<br />

http://www.bhsb.de/presse/veroeffent lichungen/558-pflegehilfen-aus-osteuropa-legalund-fair-.html<br />

Pflege-Informationsseiten des Bundesministeriums<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:<br />

http://www.wege-zur-pflege.de<br />

Die meisten älteren Menschen möchten auch<br />

bei eintretender Pflegebedürftigkeit ihr vertrautes<br />

Zuhause nicht verlassen. Doch oft<br />

können Angehörige die notwendige Betreuung<br />

nicht leisten, besonders wenn die pflegebedürftige<br />

Person zu keinem Zeitpunkt allein<br />

gelassen werden darf. So greifen Haushalte in<br />

Deutschland heutzutage gern auf Betreuungskräfte<br />

aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten des<br />

europäischen Ostens zurück. Handelt es sich<br />

um eine rechtlich einwandfreie Tätigkeit, sind<br />

die Kosten für Haushalts- und Pflegehilfen seit<br />

2009 steuerlich absetzbar.<br />

Beim Finanzamt kann man die Dienste eines helfenden<br />

„Engels“ als „haushaltsnahe Dienstleistung“<br />

geltend machen in einer Höhe bis 20.000 Euro pro<br />

Jahr, davon 20 Prozent. Dies entspricht einer Entlastung<br />

von maximal 4.000 Euro jährlich.<br />

Die für viele Familien unentbehrlichen Betreuungskräfte<br />

sind meist keine ausgebildeten Alten- oder<br />

Krankenpflegerinnen. Ihre Aufgabe ist es, sich um<br />

den Haushalt des Pflegebedürftigen zu kümmern,<br />

häufig auch für ihn zu kochen. Dazu entlasten sie<br />

pflegende Angehörige, indem sie die „Grundpflege“<br />

übernehmen – wie das tägliche Waschen, Kämmen<br />

und Anziehen des Pflegebedürftigen. Sie unterstützen<br />

ihn bei Bedarf bei der Nahrungsaufnahme,<br />

gehen mit ihm spazieren, begleiten ihn zum Arzt<br />

oder zum Einkaufen und leisten ihm freundlich Gesellschaft.<br />

Wichtig ist ihre Präsenz rund um die Uhr:<br />

Tritt beispielsweise nachts ein Problem auf, ist die<br />

Betreuerin, die in der Regel im selben Haus wohnt<br />

wie der ihr anvertraute Mensch, sofort da, um direkt<br />

zu helfen oder Hilfe herbei zu telefonieren – ganz wie<br />

ein pflegender Angehöriger es selbst tun würde.<br />

Seit Jahresende 2013 dürfen auch Arbeitnehmer<br />

aus den Neu-EU-Mitgliedsstaaten Bulgarien, Estland,<br />

Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei,<br />

Tschechien und Ungarn in Deutschland ohne eigens<br />

ausgestellte Arbeitserlaubnis in Deutschland tätig<br />

werden. So ist es im Prinzip kein Problem, mit einer<br />

Pflegehelferin oder Haushaltshilfe aus einem dieser<br />

Länder einen privaten Arbeitsvertrag abzuschließen.<br />

Bei der Suche nach geeigneten Bewerberinnen hilft<br />

die Arbeitsagentur, bei der man ein entsprechendes<br />

Stellenangebot einreicht. Wichtig ist, sich bei jeder<br />

Bewerberin genau über ihre Qualifikationen, ihre bisherige<br />

Berufserfahrung und ihre Sprachkenntnisse<br />

zu informieren sowie ihr eingehend zu erklären, welche<br />

Art Tätigkeiten sie übernehmen soll.<br />

Wer die Betreuerin anstellt, unterliegt bestimmten<br />

Arbeitgeberpflichten wie der Einhaltung des Arbeitsschutzes:<br />

Die Angestellte darf durchschnittlich<br />

nicht mehr als acht Stunden je Werktag in Aktion<br />

sein, die jedoch in Absprache mit ihr flexibel einteilbar<br />

sind. Die maximale Wochenarbeitszeit beträgt<br />

48 Stunden. Die Helferin hat einen Urlaubsanspruch<br />

auf mindestens 24 Werktage im Jahr. Der Arbeitgeber<br />

muss Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge<br />

abführen sowie Mitglied der gesetzlichen<br />

Unfallversicherung sein.<br />

Deutscher Mindestlohn<br />

Zunehmend kommen Betreuungskräfte und sogar<br />

ausgebildete Pflegerinnen aus Osteuropa in deutsche<br />

Haushalte, die bei entsprechenden Dienstleistungsunternehmen<br />

in ihren Heimatländern angestellt<br />

sind und von diesen nach Deutschland „entsandt“<br />

werden. Beauftragt man ein solches Unternehmen<br />

mit der Entsendung einer Arbeitnehmerin, ist zu beachten,<br />

dass der osteuropäische Dienstleister, nicht<br />

man selbst als Kunde gegenüber der Angestellten<br />

weisungsberechtigt ist. So bestimmt das Unternehmen<br />

Art und Umfang der von ihr zu leistenden Arbeit<br />

sowie Urlaubs- und Dienstzeiten, alle Abweichungen<br />

müssen mit dem Unternehmen vereinbart werden.<br />

Für den osteuropäischen Entsender wie auch für den<br />

deutschen Auftraggeber gelten die Mindestarbeitsbedingungen<br />

in Deutschland, was Arbeits-, Frei- und<br />

Urlaubszeit betrifft. Der deutsche Mindestlohn für<br />

Pflegeleistungen, 9,40 Euro (alte Bundesländer)<br />

bzw. 8,65 Euro (neue Bundesländer) pro Stunde,<br />

oder für Reinigungstätigkeiten 8,50 Euro, darf nicht<br />

unterschritten werden. So ist das Unterfangen nicht<br />

billig, zumal Verpflegung, Reise und Unterkunft der<br />

Helferin ebenfalls vom Auftraggeber zu zahlen sind<br />

und der Entsender Vermittlungsgebühren kassiert.<br />

Um sich zu vergewissern, dass die entsandte Betreuungskraft<br />

in ihrem Heimatland sozialversichert<br />

ist, sollte sie spätestens am Anreisetag die so genannte<br />

Bescheinigung „A 1“ vorlegen – andernfalls<br />

kann Ärger mit der kontrollierenden Zollbehörde<br />

drohen.<br />

Mit einer selbständigen Pflegerin, Pflege- oder<br />

Haushaltshelferin im Privathaushalt darf der Lohn<br />

frei vereinbart werden. Er sollte jedoch, nach Urteilen<br />

des Bundesarbeitsgerichts, nicht weniger als<br />

zwei Drittel des deutschen Mindestlohns betragen.<br />

Arbeitet eine selbständige Kraft nur für einen einzigen<br />

Auftraggeber, bei dem sie auch noch im Haus<br />

wohnt, kommt schnell – und oft nicht unberechtigt<br />

– der Verdacht auf Scheinselbständigkeit bzw.<br />

illegaler Schwarzarbeit auf. Im Fall einer Anzeige<br />

70

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!