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ein Kern an Wahrheitskommissionen untersucht, bei denen insbesondere Südafrika einen beliebten<br />
Untersuchungsgegenstand darstellt (Roper/Barria 2009: 376, 388). Zudem sind vor allem<br />
qualitative Studien vorzufinden, die, wenn sie Vergleiche beinhalten, nur eine begrenzte<br />
Anzahl berücksichtigen können, was das Wissen zu übergreifenden Mustern und Zusammenhängen<br />
begrenzt.<br />
Trotz dieser Einschränkungen werden im Folgenden die wichtigsten Punkte der Forschung<br />
zu den Ursachen bzw. Entscheidungen für Wahrheitskommissionen und deren Inhalte, die im<br />
Vordergrund der hier angestrebten Untersuchung stehen, so gut wie möglich dargelegt. Eine<br />
generell akzeptierte und immer wieder angeführte Erklärung in der Literatur stellt die der<br />
Machtbalance zwischen den alten Machthabern und der Opposition im Zeitraum nach dem Umbruch,<br />
d.h. während und nach der Transition, dar (Ranft 2010: 29; Roper/Barria, 2009: 374).<br />
Dies wird auch von mehreren Studien unterstützt (Roper/Barria: 2009; Zhu 2009; Sriram 2004).<br />
In diesem Zusammenhang ist besonders die Studie von Skaar (1999) zu nennen, die dieser Arbeit<br />
als Ausgangspunkt und Grundlage dient. In ihrer Analyse von 30 Ländern, die nach 1975<br />
eine demokratische Transition erlebt haben, konnte sie aufzeigen, dass Wahrheitskommissionen<br />
vor allem dann eingesetzt werden, wenn die Stärke zwischen den Forderungen des alten<br />
Regimes bzw. demselben an sich und den öffentlichen Forderungen bzw. Druck von Seiten der<br />
Opfer gleich hoch ist. Allerdings ist hinsichtlich der Machtbalance festzuhalten, dass es unterschiedliche<br />
Auffassungen gibt, wer alles unter dieses Verhältnis fällt bzw. welche Machtbeziehung<br />
genau gemeint ist. In enger Verbindung stehen damit häufig auch die zivil-militärischen<br />
Beziehungen und insbesondere die Stellung des Militärs, das ebenso Auswirkungen auf die<br />
Aufarbeitung hat, wie dies bei Sriram (2004), aber auch Skaar (1999) deutlich wird.<br />
Neben diesen nationalen bzw. landestypischen Determinanten, zu denen u.a. auch das Ausmaß<br />
der Menschenrechtsverletzungen (Roper/Barria 2009; Sriram 2004) und die Transitionsart<br />
(Sriram 2004: 13) als weitere Faktoren gezählt werden, existieren Studien, die die Bedeutung<br />
der internationalen Gemeinschaft bzw. Faktoren außerhalb des nationalen Kontextes betonen.<br />
Allerdings lassen sich diesbezüglich sehr unterschiedliche Ergebnisse finden (siehe z.B.<br />
Roper/Barria 2009; Dancy/Poe 2006; Sriram 2004; Gonzaléz-Enríquez/Aguilar/Barahona de<br />
Brito 2002). Obwohl es weder einheitliche noch abschließende Ergebnisse und auch noch zu<br />
wenig Forschung im Bereich der Einsetzung von Wahrheitskommissionen allgemein gibt, lässt<br />
sich schlussfolgern, dass die Gründung einer Wahrheitskommission ein politischer Prozess ist<br />
(Roper/Barria 2009: 374), bei dem mehrere Faktoren hineinspielen. Die Machtbalance zwischen<br />
altem Regime und Opposition stellt dabei „the most important general factor“ (Gonzaléz-Enríquez/Aguilar/Barahona<br />
de Brito 2002: 304) auf nationaler Ebene dar, dem generell eine<br />
hohe Erklärungskraft zugesprochen wird. Noch weniger Untersuchungen liegen hinsichtlich<br />
der Einflüsse auf die konkrete Ausgestaltung von Wahrheitskommissionen vor. Gonzaléz-Enríquez,<br />
Aguilar und Barahona de Brito (2002) argumentieren, dass die „[balance of power] also<br />
substantially affects the way in which such policies are untertaken and evolve“ (Gonzaléz-Enríquez/Aguilar/Barahona<br />
de Brito 2002: 305), und Chapman und Ball (2001) legen dar, dass<br />
das Mandat bzw. der Aufgabenbereich bei vielen Wahrheitskommissionen den politischen<br />
Kompromiss widerspiegelt (Chapman/Ball 2001: 12). Zudem existieren Ansätze, die sich mit<br />
dem Einfluss der politischen Umwelt auf die Struktur der Wahrheitskommissionen auseinandersetzen<br />
(Roper/Barria 2009: 375). Diese existieren allerdings hauptsächlich im qualitativen<br />
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