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Pattsituation einhergehenden ausgehandelten Transition zwischen beiden politischen Gegnern<br />

und der weiterhin starken Position des Militärs. Trotz der mehr als 50 Verfassungsreformen an<br />

der Verfassung von 1980, beinhaltete diese zahlreiche autoritäre Enklaven, die dem alten Regime<br />

zugutekamen (Rübenach 2010: 229-230). Zudem erließ Pinochet in der Übergangszeit<br />

von Dezember 1989 bis März 1990 noch zahlreiche Gesetze, die den Einfluss des Militärregimes<br />

absicherten und die Macht der neuen Regierung weiter beschränkten (Barahona de Brito<br />

1997: 98). So verfügte er z.B. eine Garantie gegen Entlassungen im öffentlichen Dienst (Rübenach<br />

2010: 237-238), ernannte neun pro-militärische Richter auf Lebenszeit in den Supreme<br />

Court und sicherte die militärische Autonomie vor zivilem Einfluss ab (Lawson 2005: 192).<br />

Das Militär nahm auch nach der Transition eine bedeutsame Stellung ein. Zum einen lag<br />

es daran, dass es eng mit der Person Pinochets verbunden blieb (Straßner 2007: 244). Zum<br />

anderen hatte es als „eine Art vierte Gewalt“ (Rübenach 2010: 236) die Aufgabe die demokratische<br />

Ordnung zu sichern. Seine Oberbefehlshaber waren nicht direkt dem Präsidenten unterstellt.<br />

Er konnte diese nur aus einer Auswahl ernennen, aber nicht vor dem Ende ihrer Amtszeit<br />

absetzen, zumal Pinochet die Amtszeiten für den Übergang nochmal verlängert hatte. Außerdem<br />

stand das Militär in engem Kontakt zu den politischen Parteien der rechten Opposition,<br />

„die ihre Interessen im politischen System artikulier[t]en und über Jahre als parlamentarische<br />

Veto-Akteure fungierten“ (Straßner 2007: 240). So waren die Ergebnisse des Übergangs und<br />

insbesondere das politische Leben Anfang der 90er Jahre stark von den Einflüssen des alten<br />

Regimes geprägt: „In the early part of the decade, the army's advisory committee acted like a<br />

virtual shadow government“ (Lawson 2005: 208).<br />

Dies wirkte sich auch auf den Bereich der Vergangenheitspolitik bzw. -bewältigung aus.<br />

Themen diesbezüglich kamen erst im Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen 1989<br />

auf, die zu einer belebten Diskussion, insbesondere hinsichtlich des Amnestiegesetzes von<br />

1978, führten. In diesem Gesetz wurde eine Amnestie für Verbrechen, die zwischen dem<br />

11.09.1973 und 10.03.1978 begangen wurden, ausgesprochen (Ensalaco 2000: 129). Dieses<br />

war in den vorausgegangenen Verhandlungen ausgeklammert worden und bestand somit fort.<br />

Das alte Regime begründete dabei immer wieder dessen Wichtigkeit und Pinochet betonte mit<br />

Nachdruck dessen Beibehaltung (Von Baer 2004: 66). Für die Concertación dagegen nahm vor<br />

allem das Thema Menschenrechte bzw. Menschenrechtsverletzungen eine wichtige Stellung<br />

ein (Von Baer 2004: 64), dem sich die neue Regierung auch direkt nach ihrem Amtsantritt<br />

widmete. Bereits im Wahlkampf warb sie für „Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung“<br />

(Von Baer 2004: 193). Präsident Aylwin machte die Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen<br />

zur Hauptaufgabe (Barahona de Brito, 1997: 152), wobei der Fokus letztendlich<br />

auf die Wahrheit gelegt wurde.<br />

Im Gegensatz zu den Interessen des früheren Regimes richteten sich die Erwartungen, insbesondere<br />

der Menschenrechts- bzw. speziell der Opferorganisationen sowie der Betroffenen,<br />

auf eine Aufarbeitung und Aufklärung der Vergangenheit (Rübenach 2010: 238). Die Rolle und<br />

Stärke dieser Gruppe bzw. dieses Teils der Zivilgesellschaft gilt es in diesem Absatz zu erläutern.<br />

Trotz der Diktatur hatte sich eine relativ große, differenzierte und miteinander verbundene<br />

Menschenrechtsbewegung entwickelt (Straßner 2007: 234), die neben verschiedenen Hilfsmaßnahmen<br />

für die Betroffenen auch durch die Dokumentation und Publikation der Verbrechen<br />

sowie öffentliche Aktionen in diesem Bereich aktiv war. Allerdings zeigte sich bereits während<br />

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