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entgegengesetzter Weise für ihr chilenisches Pendant. Bei der Art der Menschenrechtsverletzungen<br />
sind auf beiden Seiten ähnliche Einschränkungen zu entdecken, obwohl dennoch beide<br />
Seiten, d.h. Opposition und altes Regime, berücksichtigt wurden. Allerdings steht keine der<br />
untersuchten Wahrheitskommissionen komplett auf einer bestimmten Seite, wobei gerade die<br />
südafrikanische TRC zu einem großen Maß im Sinne der Opfer eingerichtet wurde, was das<br />
dargelegte Machtverhältnis hat so nicht vermuten lassen. Dagegen scheint die Wahrheitskommission<br />
in Chile schwächer als angenommen von den Interessen des ehemaligen Militärregimes<br />
beeinflusst worden zu sein, was auf weitere Einflussfaktoren schließen lässt, die es noch zu<br />
untersuchen gilt.<br />
Mit Rückblick auf die oben aufgestellten Hypothesen lässt sich letztendlich festhalten, dass<br />
diese hier bestätigt werden können. Die Analyse zur Rolle des Militärs hat gezeigt, dass bei<br />
einer starken Stellung dieses, wie es im postautoritären Chile der Fall war, auch eine stärkere<br />
Einschränkung des Mandats der Wahrheitskommission besteht. Anders zeigt es sich in Südafrika,<br />
wo das Militär eine untergeordnete Rolle einnahm und letztendlich während der Einsetzung<br />
der Wahrheitskommission keinen wirklichen politischen Einfluss hatte. Damit kommt<br />
dem Militär nicht nur eine einflussreiche, wenn nicht sogar entscheidende Rolle bei der Transition<br />
allgemein zu, sondern auch im Hinblick auf den Umgang mit vorausgegangenen Menschenrechtsverletzungen.<br />
Unterstützend für diese Argumentation muss ergänzt werden, dass<br />
sich beide Staaten eines ähnlichen Transformationsprozesses ausgesetzt sahen – eine friedliche,<br />
ausgehandelte Transition, die mit einer machtpolitischen Pattsituation einherging. Zudem kann<br />
davon ausgegangen werden, dass ebenso der Einfluss internationaler Normen relativ gleich sein<br />
müsste, da beide Fallbeispiele zeitlich nicht sehr weit auseinander liegen. Allerdings handelt es<br />
sich eben auch nur um zwei Fallbeispiele, deren Anzahl aufgrund des veranschlagten Umfangs<br />
dieser Ausarbeitungen begrenzt ist. Eine Überprüfung der aufgestellten Hypothesen und hier<br />
anschließende Untersuchung sollte noch für weitere Wahrheitskommissionen durchgeführt<br />
werden, um zuverlässigere Aussagen über den Einflussfaktor „nationale Machtverhältnisse“<br />
und die damit in Verbindung stehende militärische Rolle treffen zu können. Letztendlich konnten<br />
durch den vorgegebenen Umfang nur bestimmte Aspekte aufgegriffen werden. Erweiterungen<br />
sind nicht nur hinsichtlich der Anzahl der Fallbeispiele sinnvoll, sondern ebenso in Bezug<br />
auf den Vergleich weiterer Rahmenbedingungen, z.B. dem Einwirken internationaler Akteure.<br />
Auch die weitere Untersuchung hinsichtlich des Einflusses auf die Arbeit und Ergebnisse der<br />
Wahrheitskommissionen wären für zukünftige Forschungen angebracht, genau wie eine detailliertere<br />
und differenziertere Auseinandersetzung mit den beiden „Parteien“, die hier als Typen<br />
behandelt wurden.<br />
Wahrheitskommissionen sind Bestandteil und Ergebnis politischer Prozesse, wie die bisherige<br />
Forschung bestätigen konnte. Dementsprechend sind sie bestimmten politischen Einflüssen<br />
ausgesetzt: „Most truth commissions operate under many (…) constraints (…) – weak<br />
legal institutions, limited resources, dependence on cooperation from officials who served the<br />
previous regime, missing data, and political environments that limit their mandates and options.“<br />
(Chapman/Ball 2001: 5) Die Frage ist nur, wie diese Prozesse genau aussehen und welche<br />
Faktoren und in welcher Form diese auf sie wirken. Diese Ausarbeitung stellt nur einen<br />
Schritt dar, um ein besseres Verständnis für die Beziehung zwischen der Wahrheitskommission<br />
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