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Zu der Art der Menschenrechtsverletzungen, dem ersten Kriterium, das hier untersucht<br />
werden soll, zählten Mord, Entführung, Folter und schwere Misshandlungen sowie jeder Versuch,<br />
jede Verschwörung, Anstiftung und Befehl zu einer dieser Taten (FAS 1995: Act No. 34,<br />
Chapter 1, 1.,(1),(ix),(a),(b)). Andere Tatbestände, die während der Apartheid legal waren, aber<br />
trotzdem zum institutionalisierten Rassismus gehörten und der alltäglichen Unterdrückung<br />
dienten, blieben außen vor (Durczak 2001: 68). Die Zeitspanne der Untersuchung (2) erstreckte<br />
sich vom 1. März 1960 bis zum 6. Dezember 1993, dem Tag, an dem die Übergangsverfassung<br />
verabschiedet wurde, und beinhaltete damit auch den Großteil der Transitionsperiode. Später<br />
wurde der Zeitraum auf den 10. Mai 1994 erweitert. Grund dafür war „politischer Druck, insbesondere<br />
von Seiten des rechten Flügels“ (Durczak 2001: 64). In Bezug auf das dritte Kriterium,<br />
den Urhebern bzw. Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen gab es keine weiteren<br />
Einschränkungen. Für die zukünftigen Kommissionsmitglieder (4) wurde nur festgelegt:<br />
„The commissioners shall be fit and proper persons who are impartial and who do not have a<br />
high political profile“ (FAS 1995: Act No. 34, Chapter 2, 7.,(2),(b)). Zudem wurde beschlossen,<br />
dass sie durch den Präsidenten in Absprache mit dem Kabinett bestimmt werden sollten.<br />
Letztendlich wurden die späteren 17 Kommissare unter Einbezug der Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit<br />
ausgewählt. Darunter befanden sich nicht nur sechs weiße Mitglieder, sondern es<br />
wurde auch auf die Repräsentation eines breites politischen Spektrums geachtet. Ein Großteil<br />
von ihnen hatte sich gegen die Apartheid eingesetzt (Bacher 2004: 91). In Bezug auf die Macht<br />
und Autorität (5) wurden der Wahrheits- und Versöhnungskommission umfangreiche Kompetenzen<br />
mit justizähnlichen Vollmachten (Werle 1998: 227) zugesprochen. Für ihre Ermittlungen<br />
bzw. Untersuchungen hatte sie das Recht, Anhörungen abzuhalten (FAS 1995: Act No. 34,<br />
Chapter 2, 5.,(d)), Zeugen vorzuladen (notfalls unter Strafandrohung) sowie Durchsuchungen<br />
durchzuführen und Beweismittel zu beschlagnahmen (Durczak 2001: 65; FAS 1995: Act No.<br />
34, Chapter 6, 29., 32.). Darüber hinaus konnte sie in Abstimmung mit den zuständigen Behörden<br />
Informationen aus anderen Ländern sammeln (FAS 1995: Act No. 34, Chapter 2, 5.,(i)).<br />
Außerdem traf sie die Entscheidung bezüglich der Amnestieanträge. Hinsichtlich der Transparenz<br />
(6) kann ebenfalls ein positives Feedback gezogen werden: Grundsätzlich sollten die Anhörungen<br />
öffentlich abgehalten werden. Zudem wurde festgelegt, dass die Namen der Täter und<br />
derjenigen, die eine Amnestie erhielten öffentlich sein sollten (FAS 1995: Act No. 34, Chapter<br />
4, 20.,(6)). Es war ebenso vorgesehen, dass die Kommission einen Abschlussbericht mit den<br />
Ergebnissen verfasst, der dann vom Präsidenten veröffentlicht werden sollte (FAS 1995: Chapter<br />
7, 44.).<br />
Zwischenfazit<br />
Die Analyse der nationalen Machtverhältnisse zwischen den früheren Machthabern und der<br />
Opposition bzw. den Opfern der Repressionen und Menschenrechtsverbrechen hat gezeigt, dass<br />
zum Einsatz der Wahrheits- und Versöhnungskommission diese sich in einem relativen Gleichgewicht<br />
befanden, wobei ein leichtes Mehrgewicht auf der Seite der Opfer bzw. Opposition,<br />
insbesondere im Bereich der Vergangenheitsbewältigung, lag. Dabei darf natürlich auch nicht<br />
der Entstehungsprozess dieser Wahrheitskommission aus Acht gelassen werden, der einen verhandlungstechnischen<br />
Kampf, insbesondere hinsichtlich der Amnestie, zwischen beiden Seiten<br />
darstellte und letztendlich auch durch die Einflussnahme der Zivilgesellschaft geprägt war. Das<br />
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