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IM KW 07

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Wie steht es um die „Hürden im Alltag“?<br />

Die sog. „Barrierefreiheit“ wirft einige Fragen auf – Vertreter des ÖZIV sind um Antworten bemüht<br />

„Barrierefrei“, also ohne fremde Hilfe zugänglich, ist momentan<br />

das große Thema, da Unternehmen zehn Jahre lang Zeit gehabt<br />

hätten, um ihre Räumlichkeiten zu adaptieren. Hans Krabichler<br />

(ÖZIV Landeck-Imst) bzw. ÖZIV Tirol-GF Mag. Hannes<br />

Lichtner stellten sich jüngst den Fragen der RUNDSCHAU.<br />

Von Thomas Parth<br />

RUNDSCHAU: Wie steht es derzeit<br />

um die Barrierefreiheit in den<br />

beiden Bezirken Landeck und Imst?<br />

ÖZIV Tirol-Geschäftsführer<br />

Mag. Hannes Lichtner: In den<br />

letzten zehn Jahren ist einiges passiert,<br />

aber es gibt auch noch sehr<br />

viel zu tun. Einzelne Gemeinden<br />

und Betriebe haben schon viel Positives<br />

umgesetzt, aber es gibt auch<br />

viele, die das Thema immer noch<br />

ignorieren.<br />

ÖZIV-Bezirksobmann Hans<br />

Krabichler: Selbst in so tourismusstarken<br />

Gebieten wie dem Ötztal<br />

ist es z.B. immer noch schwierig,<br />

barrierefreie Lokalitäten oder Ausflugsziele<br />

für gemeinsame Aktivitäten<br />

unserer Mitglieder zu finden.<br />

RS: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit<br />

mit Wirtschaft und Behörden<br />

im Bezug auf die Umsetzung des<br />

Behindertengleichstellungsgesetzes?<br />

Lichtner: Obwohl das Behindertengleichstellungsgesetz<br />

bereits vor<br />

zehn Jahren beschlossen wurde,<br />

wächst erst jetzt, nach Auslaufen<br />

der Übergangsfristen, die Bereitschaft,<br />

aktiv zu werden und zusammenzuarbeiten.<br />

Mit der Wirtschaftskammer ist<br />

in letzter Zeit eine engere Kooperation<br />

entstanden, in der Behindertenorganisationen,<br />

wie der ÖZIV<br />

Tirol, auch als Partner wahrgenommen<br />

werden. Und das Land Tirol<br />

stellt Förderungen für Gemeinden<br />

und Tourismusbetriebe bereit, um<br />

die Umsetzung von Barrierefreiheit<br />

voranzutreiben.<br />

ÖZIV-Kontakt:<br />

ÖZIV Bezirksverein Landeck-<br />

Imst, Obmann Hans Krabichler,<br />

Tel. 0650 5591908 oder E-Mail:<br />

hans.krabichler@outlook.com.<br />

Sprechstunden im Widum in<br />

Landeck: Jeden 1. und 3. Freitag<br />

im Monat, von 9 bis 11 Uhr.<br />

ÖZIV „Support“-Beratungsstelle<br />

Imst, Karin Neuschmid,<br />

Tel. 069915660612 oder E-Mail:<br />

karin.neuschmid@oeziv-tirol.at<br />

ÖZIV Tirol-GF Mag. Hannes Lichtner<br />

versucht, die Anliegen der Menschen<br />

mit Behinderungen in den Köpfen und<br />

Herzen der Verantwortlichen zu verankern.<br />

Foto: Privat<br />

Der ÖZIV Tirol selbst nützt wiederum<br />

viele verschiedene Möglichkeiten<br />

– z.B. Vorträge bei Bürgermeisterkonferenzen<br />

– um positiv<br />

zu motivieren, aber auch, um klar<br />

auf die gesetzlichen Verpflichtungen<br />

hinzuweisen.<br />

RS: Werden hier Statistiken geführt,<br />

informiert z.B. die Wirtschaftskammer<br />

ihre Mitglieder bzw. wie wird die<br />

Umsetzung überprüft?<br />

Lichtner: Die Wirtschaftskammer<br />

Tirol informiert in ihren eigenen Medien<br />

und durch Aussendungen über<br />

die Sparten in letzter Zeit verstärkt<br />

zum Thema Barrierefreiheit und bietet<br />

ihren Mitgliedsbetrieben zudem<br />

eine spezielle Beratungsförderung<br />

zur Barrierefreiheit an. Wichtig wäre<br />

aber, dass Betriebe und Gemeinden<br />

ÖZIV-Bezirksobmann Hans Krabichler<br />

(r.) stellte sich den RS-Fragen.<br />

Wie steht es in der Gastronomie, in öffentlichen Gebäuden oder bei öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln um die Barrierefreiheit? Worin liegen die Schwierigkeiten versteckt?<br />

Die etwas sperrige Abkürzung „ÖZIV“ steht für die nicht weniger sperrige<br />

Bezeichnung „Österreichweite Zukunftsorientierte Interessen-Vertretung für Menschen<br />

mit Behinderungen“.<br />

Fotos: ÖZIV<br />

die bestehenden Beratungsangebote<br />

auch in Anspruch nehmen. Der<br />

ÖZIV Tirol steht dabei als unabhängige<br />

Beratungseinrichtung für<br />

bauliche und gestalterische Barrierefreiheit<br />

gerne für Informationen<br />

und Auskünfte zur Verfügung. Nach<br />

unserem Kenntnisstand gibt es keine<br />

Statistik, wie viele Tiroler Betriebe<br />

bereits Maßnahmen zur Barrierefreiheit<br />

umgesetzt haben.<br />

RS: Warum werden diversen Hilfestellungen,<br />

wie z.B. „barriere-check.<br />

at“, noch immer zu wenig Beachtung<br />

geschenkt?<br />

Lichtner: „barriere-check.at“ ist<br />

eine vom ÖZIV-Bundesverband<br />

und der Wirtschaftskammer gemeinsam<br />

entwickelte Online-Plattform,<br />

die einen Selbsttest über den Status<br />

der Barrierefreiheit eines Unternehmens<br />

ermöglicht. Genaue Zugriffszahlen<br />

sind uns nicht bekannt.<br />

Als Hintergrund, warum bestehende<br />

Angebote bis dato nicht mehr<br />

in Anspruch genommen werden,<br />

vermuten wir: Fehlende Kenntnis<br />

über die gesetzlichen Verpflichtungen,<br />

Angst vor zu hohen Kosten<br />

(kein Unternehmen wird über seine<br />

finanzielle Leistungsfähigkeit hinaus<br />

zu Maßnahmen verpflichtet) sowie<br />

mangelndes Bewusstsein und Interesse<br />

für das Thema Barrierefreiheit.<br />

Es geht nicht nur um eine möglichst<br />

gleichberechtigte Teilhabe von<br />

Menschen mit Behinderungen am<br />

gesellschaftlichen Leben, von Barrierefreiheit<br />

profitieren z.B. auch<br />

Eltern mit Kinderwagen, ältere Personen,<br />

Menschen mit temporären<br />

Einschränkungen z.B. nach Unfall<br />

oder Krankheit, Lieferanten und<br />

noch viele mehr. Barrierefreiheit fördert<br />

somit die Dienstleistungsqualität<br />

eines Unternehmens und erweitert<br />

den Kundenkreis. Oft kann man<br />

schon mit einfachen Maßnahmen<br />

und ohne großem Investitionsaufwand<br />

spürbare Verbesserungen erreichen.<br />

Erfahrene Experten sind dabei<br />

eine große Hilfestellung.<br />

RS: Wie sehr achten private Häuslbauer<br />

darauf, möglichst vorausschauend<br />

(wir werden alle nicht jünger) barrierefrei<br />

zu bauen?<br />

Lichtner: Genaue Zahlen sind<br />

uns nicht bekannt. Wir registrieren<br />

jedoch, erfreulicherweise auch bei<br />

jungen Menschen, zunehmendes<br />

Interesse, bereits in der Planung auf<br />

Barrierefreiheit zu achten und für<br />

das Alter vorzusorgen<br />

Leider mangelt es Architekten<br />

und Professionisten bis dato vielfach<br />

noch am nötigen Know-how sowie<br />

an der Bereitschaft, von Beginn an<br />

barrierefreie Maßnahmen einzuplanen.<br />

RS: Gibt es hier Möglichkeiten,<br />

z.B. über die Wohnbauförderung,<br />

lenkend und unterstützend Hilfestellungen<br />

zu geben?<br />

Lichtner: Die Tiroler Wohnbauförderung<br />

gewährt Zuschüsse für<br />

behinderten- und seniorengerechte<br />

Bau- und Adaptierungsmaßnahmen.<br />

Zum Beispiel werden bei Neubauten<br />

65% der Mehrkosten für eine barrierefreie<br />

Ausführung übernommen.<br />

RS: Speziell in der Gastronomie<br />

sind barrierefreie WC-Anlagen noch<br />

RUNDSCHAU Seite 34 17./18. Februar 2016

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