moments - Das Magazin für die schönsten Augenblicke
Ausgabe 3/2016
Ausgabe 3/2016
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PEOPLE & BUSINESS<br />
Zur Unabhängigkeit<br />
sozialisiert<br />
CHANCE. Als Aufdeckerin in der Hypo-Causa wurde Irmgard Griss<br />
öffentlich bekannt. Jetzt steht <strong>die</strong> anerkannte Juristin vor der wahrscheinlich<br />
größten Herausforderung ihrer Karriere: Sie will Bundespräsidentin werden.<br />
TEXT: DORIS NENTWICH<br />
Um bei der Wahl am 24. April<br />
überhaupt antreten zu können,<br />
braucht es 6.000 Unterstützungserklärungen.<br />
Eine Hürde<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> einzige unabhängige<br />
Kandidatin, <strong>die</strong> sich nicht auf einen<br />
Parteiapparat im Hintergrund verlassen<br />
kann. Neben <strong>die</strong>ser Herausforderung<br />
muss sich <strong>die</strong> 69-Jährige<br />
um <strong>die</strong> Finanzierung ihrer Kampagne<br />
kümmern, <strong>die</strong> zur Gänze durch<br />
Spenden bezahlt werden soll. Während<br />
<strong>die</strong> Parteien ihren Kandidaten<br />
bis zu 3,5 Millionen Euro zusichern,<br />
will Irmgard Griss mindestens eineinhalb<br />
Millionen aufstellen, berichtet<br />
sie am Rande des La<strong>die</strong>s Business<br />
Lunchs in der Kanzlei Leitner<br />
und Leitner in Linz.<br />
des Publikums nach dem Vortrag, in<br />
dem Griss bereitwillig auch über ihr<br />
Privatleben erzählt.<br />
Werdegang. Griss wächst in einem<br />
verträumten Örtchen in der Weststeiermark<br />
auf. Ihre Eltern betreiben<br />
eine kleine Landwirtschaft. Schon<br />
früh erkennt das Mädchen, es will<br />
mehr. Griss beschließt, Lehrerin zu<br />
an der renommierte Harvard Law<br />
School bekommt. Zurück in Österreich<br />
und nach ein paar Jahren als<br />
Konzipientin in einer Anwaltskanzlei<br />
in Wien beginnt 1979 ihre Richterkarriere,<br />
<strong>die</strong> von der Bestellung<br />
zur Präsidentin des Obersten<br />
Gerichtshofes 2007 gekrönt wird.<br />
Im Jahr 2011 verabschiedet sich<br />
Griss in <strong>die</strong> Pension, nur um weiter<br />
Ich habe mich nie einer Parteilinie<br />
oder -meinung unterordnen wollen.<br />
Da<strong>für</strong> bin ich viel zu kritisch.<br />
Irmgard Griss, Bundespräsidentschaftskandidatin<br />
FOTO: WWW.GRISS16.AT/PRESSE<br />
Griss schauen. Die Veranstaltung,<br />
<strong>die</strong> regelmäßig erfolgreiche Frauen<br />
vor den Vorhang holt, war noch nie<br />
besser besucht. Im Foyer herrscht<br />
ein regelrechtes Gedränge, alle wollen<br />
Griss schauen. Wie tickt <strong>die</strong> Frau,<br />
<strong>die</strong> in juristischen Fachkreisen als<br />
„kompetent, ehrgeizig und unbeirrbar<br />
von äußeren Einflüssen“ beschrieben<br />
wird? „Sehr entspannt<br />
und authentisch“, so das Resümee<br />
werden, scheitert allerdings an den<br />
nicht vorhandenen Sangeskünsten.<br />
Also beginnt sie als Alternative ein<br />
Jus-Studium, das sie mit der Promotion<br />
zum Dr. jur. an der Universität<br />
Graz 1970 abschließt. Im<br />
Anschluss bleibt sie als Assistentin<br />
an der Uni und verbringt ein Jahr<br />
davon in den USA, nachdem sie als<br />
erste Österreicherin ein Stipendium<br />
u. a. in der Schlichtungsstelle <strong>für</strong><br />
Verbrauchergeschäfte tätig zu sein.<br />
Im März 2014 wird sie beauftragt,<br />
<strong>die</strong> Kommission zur Hypo-Causa zu<br />
leiten. Ihr ungeschönter Abschlussbericht,<br />
in dem sie kritisch Entscheidungen<br />
der politischen Elite des<br />
Landes hinterfragt, machte sie über<br />
Nacht bekannt und bringt ihr breite<br />
Anerkennung ein.<br />
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