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oneX magazin 03.2015

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AUSGABE 3 MÄRZ 2015<br />

Radio-<br />

Mann<br />

Bernhard Schär<br />

Er ist Kult auf Radio DRS.<br />

Bernhard Schär über den Skizirkus<br />

und Roger Federer<br />

AUFSTÄNDISCH<br />

Als die Oberaargauer<br />

gegen die Obrigkeit<br />

revoltierten<br />

TOP-TEAM<br />

Tom Lüthi und<br />

Dominique Aegerter<br />

fahren im selben Team<br />

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EDITORIAL / INHALT<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser<br />

26<br />

Mal ehrlich, wenn Sie ein paar wichtige<br />

Medien aufzählen müssten, würde Ihnen<br />

das Radio überhaupt noch in den Sinn<br />

kommen? Oder denken Sie vielleicht, das<br />

ist doch längst vom Fernsehen und vom<br />

Internet überholt worden? Tatsächlich ist<br />

Radio immer noch viel wichtiger, als wir<br />

denken. Wir hören es im Auto. Da ist es<br />

aus Sicherheitsgründen gar das einzige<br />

Medium, das wir geniessen dürfen. Wir<br />

hören es aber auch am Arbeitsplatz, oder<br />

zum Frühstück. Radio ist heute nicht mehr<br />

das Hauptmedium, dafür aber als Nebenmedium,<br />

oder besser gesagt, als Nebenher-<br />

Medium umso wichtiger. Wir lassen uns<br />

vom Radio unterhalten oder informieren,<br />

während wir etwas anderes tun. Radio<br />

spielt in diesem Magazin eine wichtige<br />

Rolle.<br />

Können sie sich vorstellen, dass der Oberaargauer<br />

aufmüpfig sein kann? Fleissig sei<br />

er, bescheiden und bodenständig. Dies sagt<br />

zurecht auch Bernhard (Börni) Schär, unser<br />

Interviewgast in dieser Ausgabe. Doch<br />

das war auch schon anders. Während die<br />

übrige Schweiz in der Zeit der Helvetik vor<br />

den Franzosen kuschte, lehnten sich die<br />

Oberaargauer auf. Das kam den Franzosen<br />

gar nicht bescheiden vor.<br />

Ebenfalls nicht allzu bescheiden möchten<br />

die Top-Töffcracks Tom Lüthi (ein Emmentaler)<br />

und Dominique Aegerter (ein Oberaargauer)<br />

in der bevorstehenden Rennsaison<br />

ans Werk gehen, denn beide haben<br />

hoch gesteckte Ziele. An diesem Wochenende<br />

finden die ersten Rennen in Katar<br />

statt und wir berichten über die letzten<br />

Tests in Jerez.<br />

Viel Spass beim Lesen<br />

Ihr Bruno Wüthrich<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber: one X Services<br />

Redaktion: Bruno Wüthrich und<br />

Klaus Zaugg<br />

4<br />

4 DER RADIO-MANN<br />

Bernhard Schär berichtet<br />

seit Jahrzehnten vom Skizirkus<br />

und begleitet Roger<br />

Federer auf der ganzen<br />

Welt. Das grosse Interview<br />

mit der Radio-Legende.<br />

10 MASSENMEDIUM<br />

Radio gibts schon seit über<br />

100 Jahren. Doch bevor es<br />

sich durchsetzte, mussten<br />

sich die Lokalsender der<br />

Schweiz zerstreiten.<br />

14 WUSSTEN SIE?<br />

Warum Frauen risikofreudig<br />

werden, wenn<br />

sie Boxershorts betasten,<br />

erfahren Sie in unserer<br />

Wissensrubrik.<br />

16 UNRUHE IM OBERAARGAU<br />

Als die Oberaargauer gegen<br />

die Truppen Napoleons aufstanden.<br />

22 BURGÄSCHISEE<br />

Die Idylle an der Grenze zu<br />

Solothurn ladet zum Bade.<br />

26 DAS TRAUM-TEAM<br />

In der Moto2-Serie fahren<br />

die Schweizer Tom Lüthi<br />

und Dominique Aegerter<br />

2015 im selben Team.<br />

34 LESERBRIEFE<br />

Hier haben die Leserinnen<br />

und Leser das Wort.<br />

16<br />

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one X 3 / 2015 3


BERNHARD SCHÄR, RADIOREPORTER<br />

Stimme<br />

Sportfans und Radiohörer kennen Ihn:<br />

Bernhard Schär berichtet von Roger Federers<br />

Turnieren aus der ganzen Welt und begleitet<br />

im Winter den Ski-Zirkus. Der Oberaargauer<br />

besticht durch einfühlsame Interviews und<br />

eine stupende Fachkenntnis.<br />

TEXT: KLAUS ZAUGG UND BRUNO WÜTHRICH<br />

Die<br />

aus dem<br />

Oberaargau<br />

Er berichtet über den grossen Sport<br />

von überall auf der Welt. Stars wie<br />

Roger Federer und Didier Cuche<br />

lieben und schätzen ihn, weil er<br />

das Gespür hat für Nähe und Abstand,<br />

weil seine Fragen Substanz haben und<br />

weil er, typisch Oberaargauer, die Werte Anstand,<br />

Respekt, Bescheidenheit und Fleiss<br />

hoch hält. Seine Stimme ist ebenso prägnant<br />

wie Kult. Bernhard (Börni) Schär erzählt über<br />

seine Berufung zum Radioreporter, seine Beziehung<br />

zum Sport und den Sportstars, sowie<br />

darüber, wieso Fernsehen für ihn trotz seiner<br />

telegenen Erscheinung nie in Frage kam.<br />

One X Magazin: Sie sind die Stimme des<br />

Oberaargaus, die in der ganzen Schweiz<br />

zu hören ist…<br />

Bernhard Schär:….nur nicht übertreiben.<br />

Es gibt im Oberaargau viele, die etwas zu<br />

sagen haben und es bloss nicht laut und vernehmlich<br />

in die Welt hinaus tragen. Der<br />

Oberaargauer ist bescheiden, fleissig, anständig,<br />

robust und sicher kein Showman.<br />

Moment mal: Sie verkörpern als Radioreporter<br />

geradezu den Showman. Sie<br />

zelebrieren Radioreportagen als Show.<br />

Nein, ich mache keine Show. Ich bin bloss<br />

ein Verkäufer. Ich muss mein Produkt, meine<br />

Reportage an den Mann bringen. Sonst hört<br />

mir niemand zu. Das ist keineswegs ein Zeichen<br />

fehlender Bescheidenheit.<br />

Tatsache ist, dass man Ihnen gerne zuhört.<br />

Sie gelten als eine der markantesten<br />

Stimmen am Radio. Börni Schär ist Kult.<br />

Bis zu 1,3 Millionen Hörerinnen und Hörer<br />

hören Ihnen zu.<br />

Ich habe das Glück, dass ich eine Stimme<br />

habe, die auf eine ganz natürliche Art und<br />

Weise gut rüber kommt. Ich merke das nicht<br />

nur an guten Kritiken. Wenn ich rede, hören<br />

die Leute zu, ich merke das auch privat. Der<br />

Ton aber ist für das Medium Radio entscheidend.<br />

Tönst du nicht hörerfreundlich, kann<br />

dein Bericht noch so gut sein. Trotzdem wird<br />

dir kaum jemand gerne zuhören. Ich muss mit<br />

dem Ton gut umgehen, und einen Effekt erzielen,<br />

damit der Hörer aufmerksam wird.<br />

Sie sind ein emotionaler Radioreporter.<br />

Das ist gerade auf dem «Staatssender»<br />

eher ungewöhnlich.<br />

Ich reportiere so, als ob ich unter den Zuschauern<br />

im Stadion stehen würde. Die Stimmung<br />

im Stadion wirkt auf mich stimulierend.<br />

Ich will das an einem Beispiel erläutern.<br />

Ich hatte einen Sprechausbildner, der<br />

mir sagte, dass es wichtig sei, ruhig zu bleiben<br />

und von den Emotionen runter zu kommen.<br />

Ich nahm ihn mit ans Lauberhorn in<br />

meine Reporterkabine und er setzte sich die<br />

Kopfhörer auf, durch die er die ganze Stimmung<br />

im Zielraum mitbekam. Ich forderte<br />

ihn auf, jeweils meine Hand zu drücken,<br />

wenn er das Gefühl habe, ich sei zu laut und<br />

4 one X 3 / 2015


Bernhard Schär,<br />

Sportreporter bei<br />

Radio DRS<br />

zu emotional. Er drückte kein einziges Mal<br />

– weil auch er durch die Atmosphäre mitgerissen<br />

wurde.<br />

Als das Fernsehen aufkam, wurde das Radio<br />

totgesagt. Doch auch heute, wo in<br />

nahezu jedem Haushalt Fernsehgeräte<br />

stehen, ist Radio aktuell. Weshalb ist das<br />

so? Was macht Radio aus?<br />

Sie haben recht. Als das Radio aufkam, sagte<br />

man die Zeitungen tot. Es gibt sie heute<br />

noch. Als das Fernsehen aufkam, schien das<br />

Ende des Radios absehbar. Radio ist so aktuell<br />

wie eh und je. Und auch das Fernsehen<br />

gibt es noch, obwohl es nach dem Aufkommen<br />

des Internets als überflüssig angesehen<br />

wurde. Mein Lieblingsmedium ist das Radio,<br />

weil es schnell und spontan ist, und<br />

weil es nie sterben wird. Während die Fernsehleute<br />

noch mitten in der Produktion<br />

einer Sendung stecken, haben wir die Meldung<br />

oder den Bericht über das Radio<br />

längst gesendet.<br />

Sie wirken spontan. So, als hätten Sie alles<br />

im Kopf.<br />

Das Radio ist ein spontanes Medium. Es ist<br />

sehr wichtig, Resultate, Erlebnisse und Begegnungen<br />

im Kopf zu haben. Der beste<br />

Computer ist mein Gehirn. Vom Blatt abzulesen<br />

würde nicht funktionieren.<br />

Sie sehen ganz gut aus und würden sicherlich<br />

auch im Fernsehen eine gute Figur<br />

machen. Haben Sie noch nie daran gedacht,<br />

ins Fernsehen zu gehen?<br />

one X 3 / 2015 5


Bernhard Schär<br />

erzählt begeistert<br />

von seinem Beruf<br />

«Mit Roger Federer herumzureisen,<br />

ist faszinierend. Er ist eine<br />

absolute Ausnahme erscheinung.<br />

Es ist für mich ein Privileg, mit<br />

ihm zusammenzuarbeiten»<br />

lute Ausnahmeerscheinung. Wenn er mit<br />

Ihnen spricht, wird er auch Fragen stellen<br />

und er wird in 10 Minuten herausfinden, was<br />

er von Ihnen mitnehmen kann. Er ist ein sehr<br />

guter Menschenkenner. Wer weltweit mit so<br />

vielen interessanten Menschen zusammenkommt,<br />

nimmt sehr viel mit.<br />

Wie ist Ihr Verhältnis mit Roger Federer?<br />

Geprägt von grossem Respekt und Anstand.<br />

Wenn wir uns grüssen, dann sagen wir immer<br />

den Namen. Das mag Ihnen als Detail<br />

erscheinen. Aber es sagt doch viel. Roger<br />

Federer ist ein sehr gut erzogener, hoch anständiger,<br />

feinfühliger Champion. Es ist absolut<br />

einzigartig, dass er in Laufe seiner<br />

Karriere, beobachtet von allen Medien der<br />

Welt, noch nie in einen Skandal verwickelt<br />

Diese Frage ist mir wohl schon hundert Mal<br />

gestellt worden. Sie haben recht: Mit etwas<br />

Schminke wäre ich wohl auch ein TV-Mann.<br />

Aber das Radio ist mein Medium und bringt<br />

meine Stärken, meine Spontanität voll zur<br />

Geltung. Kommt dazu, dass ich eher Einzelkämpfer<br />

bin. Ich kann meinen Tagesrhythmus<br />

selbst bestimmen. Die ganze Technik,<br />

ohne die es beim Fernsehen nicht geht, brauche<br />

ich nicht. Keinen Kameramann, keinen<br />

Techniker. Das schätze ich sehr.<br />

Sie sind in der Lage, sofort auf Sendung<br />

zu gehen?<br />

Ich bin in fünf Sekunden bereit. Das ist sehr<br />

viel Zeit. Das merken Sie, wenn Sie in aller<br />

Ruhe zählen: Einundzwanzig, zweiundzwanzig,<br />

dreiundzwanzig, vierundzwanzig,<br />

fünfundzwanzig. Das ist für mich fast eine<br />

Ewigkeit und es wäre schlimm, wenn ich<br />

fünf Sekunden am Mikrofon schweigen würde.<br />

Sie sehen daran, wie spontan und direkt<br />

das Medium Radio ist und wie wichtig es<br />

sein kann, alles im Kopf zu haben. Es muss<br />

sprudeln.<br />

Lernen Sie Statistiken eigentlich auswendig?<br />

Ich war Mittelschullehrer und sage heute<br />

noch: Am besten behält man, was man selbst<br />

aufgeschrieben hat. Über Jahre hinaus habe<br />

ich komplette Statistiken für meine Sportarten<br />

erarbeitet. Wenn Sie so wollen, arbeite<br />

ich jeden Tag daran und ich mache das<br />

aus Leidenschaft. So bin ich immer auf dem<br />

Laufenden und komme nicht auf einmal vor<br />

einer Grossveranstaltung wie einer Ski-WM<br />

in Stress.<br />

Ihre Reportagen leben aber nicht nur von<br />

guten Statistiken. Sondern auch durch die<br />

vielen Geschichten.<br />

Nicht die sieben Medaillen sind wichtig, die<br />

einer gewonnen hat. Das wissen andere<br />

auch. Ich will es an einem Beispiel erklären:<br />

Daniel Yule hat zwei Jahre auf die WM hingearbeitet<br />

und dann war in fünf Sekunden<br />

alles vorbei. Er hatte den kürzesten Auftritt<br />

bei diesen Titelkämpfen. In zwei Jahren bei<br />

der nächsten Ski-WM in St. Moritz wird diese<br />

Geschichte noch einmal Thema sein.<br />

Sie sind der Mann, der fürs Radio Roger<br />

Federer rund um den Globus begleitet.<br />

Gerade im Fall von Roger Federer ist es wichtig,<br />

viel zu wissen. Bei einem grossen Turnier<br />

weiss ich, wann und wo Roger trainiert und<br />

bin bei jedem Training dabei. Das hilft mir.<br />

Wie gut kennen Sie Roger Federer?<br />

Ich kenne ihn jedenfalls schon sehr lange.<br />

Ich hatte ihn 1998 beim Fed-Cup in Genf (der<br />

Davis Cup der Frauen – die Red.) erstmals<br />

vor dem Mikrofon. Er war als Gast bei diesem<br />

Anlass.<br />

Wie ist Roger Federer?<br />

Mit Roger Federer herumzureisen, ist faszinierend.<br />

Er ist in jeder Beziehung eine absowar.<br />

Das hängt eben mit seiner<br />

Erziehung, seinem Anstand,<br />

seinem Charakter und<br />

seiner Professionalität zusammen.<br />

Es ist ein Privileg,<br />

mit einem solchen Sportler<br />

zusammenarbeiten zu können.<br />

Ist er sozusagen das Gegenstück<br />

zu Paul Accola<br />

(Schweizer Skirennfahrer,<br />

Weltcup-Gesamtsieger 1991/92, die<br />

Red.)?<br />

Ja, aber im guten Sinne. Paul Accola ist einfach<br />

eine ganz andere Persönlichkeit. Roger<br />

Federer kann sich in wenigen Minuten beruhigen<br />

und hoch konzentriert ein Interview<br />

geben. Für Accola war es oft besser, wenn er<br />

erst am nächsten Tag ein Interview gab.<br />

Werden Sie wegen Ihrer Nähe zu den Stars<br />

oft eingeladen? Oder heisst es in Restaurants<br />

sogar: Ihre Rechnung geht auf das<br />

Haus?<br />

Nein, so nicht. Aber ich werde viel darauf<br />

angesprochen: Ah, du bist doch der, der oft<br />

Roger Federer interviewt.<br />

Strahlt etwas vom Ruhm von Roger Federer<br />

auch auf Sie ab?<br />

Fotos: Marcel Bieri; ZVG<br />

6 one X 3 / 2015


BERNHARD SCHÄR, RADIOREPORTER<br />

Bernhard Schär mit Bundesrat Samuel Schmid am Eidgenössischen Hornusserfest<br />

Ein wenig ist das wohl so. Ich schätze jedenfalls<br />

jeden Tag, den ich im Rahmen meines<br />

Berufes mit diesem einzigartigen Sportler<br />

erleben darf. Ich bin bei allen Grand Slam<br />

Turnieren dabei – ausser dem Saisonauftakt<br />

in Australien. Weil ich da mit dem Skizirkus<br />

unterwegs bin.<br />

Dürfen wir eine boshafte Frage stellen?<br />

Nur zu!<br />

Sie sind eben ein schlauer Kerl. Sie wissen<br />

ganz genau: Skisport wird in der Schweiz<br />

immer im Fokus bleiben, aber Tennis wird<br />

ohne Roger Federer nicht mehr interessant<br />

sein.<br />

Das sehen Sie richtig. Auch wenn der beste<br />

Schweizer nur 17. wird, sind wir am Lauberhorn,<br />

in Kitzbühl oder bei der Ski-WM immer<br />

noch dabei. Aber wenn der beste Schweizer<br />

Tennisspieler keine Chance hat, ins Viertelfinale<br />

zu kommen, werden wir beim Tennis<br />

nicht mehr vor Ort sein. Der Skisport ist mein<br />

zweites Standbein.<br />

Sie werden den Rücktritt von Roger Federer<br />

bedauern?<br />

Ja sicher. Nicht nur ich,die ganze Tenniswelt<br />

wird Roger Federer als Spieler und als Menschen<br />

vermissen. Eine so charismatische und<br />

erfolgreiche Figur ist nur schwer zu ersetzen.<br />

Doch noch ist es nicht soweit. Nicht einmal<br />

Roger Federer selber weiss, wann der Zeitpunkt<br />

seines Rücktritts fällig ist. Klar ist<br />

jedoch,dass unsere Beziehung so oder so<br />

weitergehen wird.<br />

Hören Sie eigentlich selbst auch Radio?<br />

Nicht so viel wie ich sollte und nicht gezielt.<br />

Vor allem im Auto, wenn ich unterwegs bin,<br />

höre ich oft SRF 3. Ich höre dann aufmerksam<br />

und gezielt Radio, wenn mich etwa<br />

Kollegen um ein Feedback bitten.<br />

Sie holen in Interviews oft mehr heraus<br />

als viele Ihrer Kollegen. Wie kommt das?<br />

Nehmen wir als Beispiel Silvano Beltra metti<br />

(36, ehem. Schweizer Skirennfahrer, bis zu<br />

seinem Unfall am 8.Dezember 2001 aufstrebender<br />

Nachwuchsstar mit bereits zwei<br />

Weltcup-Podestplätzen, seither querschnittgelähmt,<br />

die Red.). Ich denke heute noch<br />

jeden Tag fünf Sekunden an ihn und an sein<br />

Schicksal. Er hat mir einmal gesagt: Wenn<br />

Du mit mir Interview machst, dann muss ich<br />

ZUR PERSON<br />

Bernhard Schär<br />

geboren am 17. April<br />

1956, wuchs in Herzogenbuchsee<br />

auf und studierte<br />

an der Universität Bern<br />

Mathematik und Geographie.<br />

«Ich schrieb zwar<br />

gerne Aufsätze, aber Germanistik<br />

zu studieren, wäre<br />

für mich nicht in Frage<br />

gekommen.» Auch Latein<br />

war nicht unbedingt sein<br />

Ding. Doch nachdem ihm<br />

die schriftliche Prüfung<br />

gründlich missraten war,<br />

rettete er sich mit dem<br />

wegen deiner prägnanten Stimme und kurzen<br />

und klaren Fragestellung einfach konzentriert<br />

sein, zuhören und antworten. Das<br />

war ein riesiges Kompliment für mich. Wenn<br />

das Mikrofon läuft, dann plaudere ich nicht<br />

mehr. Dann bin ich professionell, ernst und<br />

konzentriert. Es geht um Respekt und Distanz<br />

gegenüber dem Interviewpartner, es<br />

geht um eine kritische Haltung, aber auch<br />

um die Würdigung seiner Leistung. Ich gehe<br />

davon aus, dass keiner absichtlich langsam<br />

die Lauberhornpiste hinunterfährt oder im<br />

Tennis einen Doppelfehler macht. Man darf<br />

kritisch sein, aber niemals hämisch oder von<br />

oben herab sagen, was nicht gut war.<br />

Bekannt sind Sie für Ihre Reportagen aus<br />

dem Ski- und Tennis-Zirkus. Aber eigentlich<br />

verdanken Sie ihren Radio-Job den<br />

russischen Eishockeystars Slawa Bykow<br />

und Andrej Chomutow.<br />

Das stimmt. Bevor ich am 1. Februar 1991<br />

definitiv meinen Lehrerjob aufgab und<br />

Auswendiglernen von lateinischen<br />

Zitaten für die<br />

mündliche Prüfung doch<br />

noch zu einer genügenden<br />

Gesamtnote. «Börni» war<br />

auf den Tag genau 10 Jahre<br />

lang Mittelschullehrer<br />

(Phil II), bevor er ab dem 1.<br />

Februar 1991 definitiv<br />

zum Radio wechselte, für<br />

welches er bereits zuvor<br />

nebenamtlich tätig war<br />

(SRF-Regionaljournale<br />

Bern, Fribourg und Wallis).<br />

Er ist damit wohl der einzige<br />

noch aktive Radioreporter,<br />

der nie für ein Lokalradio<br />

tätig war, sondern<br />

gleich beim staatlichen<br />

Sender einstieg. «Ich war<br />

mit Leib und Seele Lehrer,<br />

und wechselte nicht etwa<br />

aus Frustration, sondern<br />

obwohl mir der Beruf sehr<br />

gut gefiel als Sportredaktor<br />

zum Radio.» Im Militär<br />

bekleidete Schär den Rang<br />

eines Hauptmanns. Er ist<br />

verheiratet und Vater eines<br />

Sohnes (14).


Radio ist unsterblich – davon<br />

ist Bernhard Schär überzeugt<br />

zum Radio wechselte, war ich freier SRF-<br />

Mitarbeiter für die Regionaljournale Bern,<br />

Fribourg und Wallis. Ich kenne Jean Martinet,<br />

den damaligen Präsidenten des NLA-<br />

Eishockeyvereins Fribourg-Gottéron. Bykow<br />

und Chomutow haben mich sofort fasziniert.<br />

Ich sass wohl als erster Journalist daheim bei<br />

Bykow am Küchentisch und machte Interviews.<br />

Bei den Tagessitzungen haben wir<br />

vom Regionaljournal jeweils für die nationalen<br />

Sendungen Beiträge von Bykow und<br />

Chomutow angeboten. Urs Leutert, damals<br />

Sportchef beim Radio, wurde so auf mich<br />

aufmerksam und aus dem freien Regionaljournal-Mitarbeiter<br />

Schär wurde ein Festangestellter<br />

der Sportabteilung.<br />

Hat sich die Bedeutung des Mediums Radio<br />

verändert?<br />

Nicht die Bedeutung. Aber die Form. Radio<br />

ist unsterblich, weil es ein einfaches und<br />

schnelles Medium ist. Und weil wir Schweizer<br />

nach wie vor keine Kultur des Frühstückfernsehens<br />

haben, ist das Radio auch das<br />

Begleitmedium durch den Vormittag. Aber<br />

die Form ist anders. Die Beiträge sind im<br />

Vergleich zu meiner Anfangszeit im Jahre<br />

1988 viel kürzer geworden.<br />

Um wie viel kürzer?<br />

«Radio ist unsterblich, weil es ein<br />

einfaches und schnelles Medium<br />

ist. Das wird immer so bleiben.<br />

Allerdings hat sich die Form der<br />

Beiträge gewandelt.»<br />

Einst waren die Beiträge vier Minuten lang,<br />

heute höchstens noch zwei Minuten. Früher<br />

hatten wir am Sonntagnachmittag mit der<br />

Sendung «Sport und Musik» vier Stunden<br />

lang für die Sportberichterstattung zu Verfügung<br />

und wir machten Interviews, die fünf<br />

bis sechs Minuten dauerten.<br />

Ist denn diese Verkürzung notwendig?<br />

Ja und Nein. Am Vormittag sollten Wortbeiträge<br />

nicht mehr länger als eineinhalb Minuten<br />

sein. Aber am Abend sind nach 20 Uhr<br />

Hintergrundsendungen mit einem einstündigen<br />

Wortblock durchaus möglich.<br />

Sie haben auch den Vorteil, dass Sie einfach<br />

berichten können, was ist. Sie müssen<br />

sich nicht mit Recherchen in unangenehmen<br />

Bereichen befassen.<br />

Das ist so. Mein Auftrag ist es<br />

live, eins-zu-eins, zu berichten.<br />

Das wird immer so sein.<br />

Weil das Radio das schnellste<br />

Medium ist. Aber die Wortbeiträge<br />

werden immer kürzer<br />

und es gibt weniger Hintergrundbeiträge.<br />

Wir hatten<br />

einst am Dienstag das Gefäss<br />

«Sport im Clinch». Da konnten<br />

wir während elf Minuten<br />

auf Ereignisse vom Wochenende eingehen.<br />

Leider gibt es diese Sendung nicht mehr.<br />

Auch die Technik hat sich verändert…<br />

….gewaltig verändert. Heute kann ich ganz<br />

allein eine Sendung machen. Ich hole im<br />

Zielraum die Aussagen von Lindsey Vonn,<br />

thematisiere das Duell Tina Mase gegen<br />

Anna Fenninger mit Aussagen von beiden<br />

Athletinnen, dazu nehme ich die Stimmen<br />

von Fabienne Suter, Lara Gut und Dominique<br />

Gysin. Anschliessend übertrage ich die<br />

Interviews in meinen Laptop mit einem entsprechenden<br />

Programm und schneide alles<br />

zusammen auf die gewünschte Sendezeit<br />

von 2 Minuten und zehn Sekunden. Das<br />

Ganze übermittle ich dann per E-Mail ins<br />

Die Fussballmädchen Studio. waren gut integriert in der Region<br />

8 one X 3 / 2015


BERNHARD SCHÄR, RADIOREPORTER<br />

Bernhard Schär<br />

in seinem Element:<br />

Er berichtet<br />

von den<br />

Tennisplätzen<br />

aus aller Welt<br />

über Siege und<br />

Niederlagen von<br />

Roger Federer<br />

Wie lange dauert das Zusammenschneiden<br />

der Sendung?<br />

Für zwei Minuten Sendezeit beträgt der Aufwand<br />

etwa anderthalb Stunden.<br />

Haben Sie eigentlich auch privat Kontakt<br />

mit den Sportlern?<br />

Nein. Aber rund um die Wettkämpfe. Es kann<br />

schon sein, dass ich während der Pistenbesichtigung<br />

mit Carlo Janka ins Gespräch<br />

komme. Aber nur, wenn er mich anspricht,<br />

denn ich würde ihn bei seinen Vorbereitungen<br />

auf das Rennen nie stören.<br />

Ihr soziales Umfeld sind also nicht primär<br />

die Sportler?<br />

Nein. Mein soziales Umfeld besteht aus meiner<br />

Familie und guten Kumpels. Die sind<br />

zwar sportinteressiert, aber selber nicht im<br />

Sport tätig.<br />

Ihr Sohn Jonas ist ein sehr talentierter<br />

Tennisspieler. Er ist 14 Jahre alt und erreichte<br />

bei den 16jährigen den Final der<br />

Schweizer Meisterschaft. Wird er so gut<br />

wie Roger Federer?<br />

Dieser Einzug in den Final war für Jonas<br />

tatsächlich ein überaus schöner und wertvoller<br />

Erfolg. Aber bei Vergleichen nehme<br />

ich das Wort «Federer» nicht in den Mund.<br />

Wird er ein Tennisprofi?<br />

Er ist wie gesagt erst 14 jährig und da passiert<br />

noch viel. Er ist ein leidenschaftlicher Spieler<br />

und liebt den Tennissport. Er geht in die<br />

normale öffentliche Schule, wird aber, weil<br />

er im Tennis-Nationalkader ist, bis zu maximal<br />

13 Lektionen entlastet.<br />

Aber er hat ein grosses Potenzial?<br />

Ja, er hat eine sehr gute Technik und eine<br />

hohe Spielintelligenz. Weil er in einer<br />

Wachstumsphase steckt, happert es jedoch<br />

noch etwas mit der Koordination.<br />

Dann kann er wenigstens in die Top 100<br />

der Welt kommen?<br />

Schauen Sie, ich bin seit 25 Jahren im Weltsport<br />

Tennis hautnah dabei und weiss genau,<br />

wie enorm schwierig, ja fast unmög lich es<br />

ist, in die Top 100 vorzustossen. Es braucht<br />

ein ausserordentliches, wirklich ausserordentliches<br />

Talent und einen grossen Willen<br />

und es kostet hundertausende von Franken.<br />

Richtig gutes Geld verdienen am Schluss<br />

jedoch nur die Top 30.<br />

Sie sind Mittelschullehrer mit Abschluss<br />

in Geographie und Mathematik. Hilft die<br />

Präzision der Mathematik in Ihrem Beruf?<br />

Ja. Bei einer Rechenaufgabe kommen sie auf<br />

ein Resultat, das sie doppelt unterstreichen.<br />

Bei einem Radiobeitrag müssen sie ebenso<br />

präzis arbeiten und exakt auf die vorgegebene<br />

Zeit fertig werden.<br />

Sie sind auch Offizier. Hat das «Weitermachen»<br />

geholfen?<br />

Ich war Hauptmann und habe somit die Offiziersschule<br />

und die Zentralschule absolviert<br />

und diese militärische Ausbildung hat<br />

mir durchaus geholfen. Es hat geheissen:<br />

Schär, zum Vortrag, drei Minuten. Dann hat<br />

der Instruktionsoffizier genau nach drei Minuten<br />

mitten im Satz gestoppt und gesagt:<br />

Schär, setzen! Das ist mir nur einmal passiert.<br />

Ich habe gelernt, exakt auf die Zeit zu<br />

formulieren. Und ich habe gelernt, ohne<br />

Angst vor Leuten aufzutreten und zu reden.<br />

Dann sollte also jeder Radiomann in der<br />

Armee weitermachen?<br />

Falsch. Sie versuchen mir eine Aussage unterzujubeln.<br />

Ich sage es so: Eine militärische<br />

Ausbildung ist kein Nachteil.<br />

Sie haben Mathematik und Geographie<br />

studiert. Welche Rolle spielt Ihre Ausbildung<br />

bei Ihrer heutigen Tätigkeit?<br />

Vor allem die Mathematik ist Gold wert.<br />

Sport besteht aus Zahlen. Sie einordnen und<br />

vergleichen zu können, ist wichtig. Ich kann<br />

mit Zahlen umgehen, und ich kann sie im<br />

Kopf behalten. Dies ist für die spontane Moderation<br />

sehr wichtig. Doch auch bei der<br />

Analyse hilft mir meine Ausbildung. Der<br />

frühere Spitzenspieler und heutige Experte<br />

Heinz Günthardt betrachtet Tennis als Physik.<br />

Ich bin einer derjenigen, die mit ihm auf<br />

Augenhöhe über Prozesse, wie sie im Tennis<br />

stattfinden, diskutieren können.<br />

Sie sind waschechter Oberaargauer, in<br />

Herzogenbuchsee aufgewachsen, und haben<br />

sogar Beiträge für das «Jahrbuch des<br />

Oberaargau» verfasst.<br />

Das stimmt. Mehr als einmal. Eine besondere<br />

Genugtuung war der Beitrag über «Die<br />

Liebesbriefe». Ich empfinde es noch heute als<br />

grosse Ehre, dass ich als Autor für das «Jahrbuch<br />

des Oberaargaus» tätig sein durfte.<br />

IM ALTEN SCHLACHTHAUS<br />

Schär live<br />

Bernhard Schär ist am 23. April 2015<br />

Gast von Hannes Hug und Bänz Friedli<br />

im «Alten Schlachthaus» zu Herzogenbuchsee<br />

(pflotschhoger 4). «In diesem<br />

Schlachthaus schaute ich jeweils als<br />

Kind zusammen mit dem Götti meines<br />

Sohnes zu, wie sie die Kühe und<br />

Schweine töteten. Als Kinder hat uns<br />

dies fasziniert. Wenn sie uns wegschickten,<br />

dauerte es jeweils nicht lange,<br />

bis wir dem Treiben durch einen<br />

Türspalt erneut zuschauten. In diesem<br />

nun ehemaligen Schlachthaus darf ich<br />

einige Anekdoten über meine Buchser-<br />

Zeit zum besten geben.»<br />

one X 3 / 2015 9


HINTERGRUND<br />

Die Geschichte des<br />

Radios in der Schweiz<br />

Radio hören kann man überall und es erfreut sich trotz Internet<br />

und Fernsehen nach wie vor grösster Beliebtheit. Doch wie war das<br />

eigentlich vor 100 Jahren, als die Geschichte des Radios so richtig<br />

Fahrt aufnahm? Wir blicken zurück.<br />

TEXT: BRUNO WÜTHRICH<br />

A<br />

ls die Menschen begannen, mit<br />

Elektrizität zu experimentieren,<br />

fanden bald einmal auch<br />

Versuche statt, Nachrichten zu<br />

übermitteln. Erst mit Draht,<br />

bald ohne. Voraussetzung für die drahtlose<br />

Telegrafie war die Entdeckung der elektromagnetischen<br />

Wellen durch Heinrich Hertz<br />

in den Jahren 1887 und 1888. Röhrenbetriebene<br />

Sendeanlagen erzeugten Hochfrequenz-Schwingungen,<br />

welche die Übertragung<br />

von Sprache und Musik erlaubten.<br />

Die ersten Radioempfangs-Konzessionen<br />

in der Schweiz werden an Prof. P. L. Mercanton<br />

(Lausanne), an die Ecole d’horlogerie,<br />

La Chaux-de-Fonds, und an A. Thürler (Uhrmacher,<br />

Zürich) vergeben. Alle drei sind an<br />

den seit 1910 ausgestrahlten Zeitzeichen des<br />

Die ersten Lokaladios<br />

in der Schweiz<br />

sendeten bereits in<br />

den 20er-Jahren des<br />

letzten Jahrhunderts<br />

Senders Paris interessiert. In Basel wird eine<br />

erste Radioantenne zwischen dem Arbeitsraum<br />

des Uhrmachers am Nadelberg und<br />

dem Turm der Peterskirche gespannt. Die<br />

Physikalische Anstalt der Universität Basel<br />

macht erste Radioversuche.<br />

In den Anfängen des Radios vor dem Ersten<br />

Weltkrieg (1914–1918) erproben sowohl<br />

Armeeangehörige als auch Einzelpersonen<br />

und Universitäten die drahtlose Telegrafie<br />

und Telefonie. Das Radio gilt schon früh als<br />

strategisch wertvolles Kommunikationsmittel,<br />

da die Radiowellen auch über Feindesland<br />

oder über das Meer hinweg einen Informationsaustausch<br />

ermöglichen. Während<br />

des Ersten Weltkrieges verbieten die meisten<br />

Staaten, unter ihnen auch die Schweiz, jegliche<br />

private, zivile Nutzung der Radiotechnologie.<br />

Die bis dato erteilten 128 privaten<br />

Radioempfangskonzessionen werden entzogen.<br />

Erst 1919 werden in der Schweiz wieder<br />

Konzessionen vergeben. Die kommerzielle<br />

Nutzung des Mediums beginnt 1922.<br />

ALLES BEGANN MIT LOKALSENDERN<br />

Als Roger Schawinski 1979 Radio 24 gründet,<br />

damit vom Pizzo Groppera in Oberitalien<br />

aus sowohl den Staatssender wie auch<br />

die Schweizer Politik ärgert, und schliesslich<br />

dafür sorgt, dass die SRG ihre Monopolstellung<br />

verliert, betreibt er deswegen längst<br />

nicht das erste Lokalradio der Schweiz.<br />

Lokalsender gibtg es lange, bevor das Radio<br />

staatlich wird. Denn die eigentliche Geschichte<br />

des Radios in der Schweiz beginnt<br />

mit Lokalsendern.<br />

1923 bewilligen die Bundesbehörden Versuche<br />

für Lokalradios. Von da an geht es richtig<br />

los. Wenig später senden die ersten Lokalstationen<br />

in der deutschen Schweiz (Zürich,<br />

Bern und Basel) stundenweise, unkoordiniert<br />

und teilweise in direkter Konkurrenz. Feste<br />

Sendefrequenzen sind nicht bekannt, weshalb<br />

die Hörerinnen und Hörer ihren Sender<br />

jeweils im gesamten Wellenbereich suchen<br />

müssen. Die noch heute bekannten Sendeformen<br />

wie Wetterbericht, Nachrichten, Reportagen,<br />

Hörspiele und Vorträge werden zum<br />

ersten Mal ausprobiert.<br />

Abgesehen von so genannten Schallplattenkonzerten<br />

sind alle Sendungen<br />

grundsätzlich live, Tonaufzeichnungsgeräte<br />

sind noch nicht bekannt.<br />

Das Finalspiel des Olympischen Fussballturniers<br />

zwischen der Schweiz<br />

und Uruguay (0:3) wird aus Paris direkt<br />

in die Zürcher Tonhalle übertragen.<br />

Das Radiofieber beginnt die Deutsch-<br />

Fotos: Shutterstock.com / Everett Collection<br />

10 one X 3 / 2015


Ohne feste Frequenz:<br />

Früher mussten die<br />

Hörer ihren Radiosender<br />

jedesmal von<br />

Hand suchen<br />

schweiz zu erfassen. Bis Ende 1923 werden<br />

980 Empfangskonzessionen erteilt, im folgenden<br />

Jahr schnellt die Zahl auf 16 964.<br />

Wie abenteuerlich Radio zu dieser Zeit ist,<br />

verdeutlicht folgende Episode: 1926 wird die<br />

Radiogenossenschaft Basel (gehört heute zur<br />

SRF) gegründet. Doch die geplante Übertragung<br />

der Eröffnungsansprache von Professor<br />

Zickendraht verzögert sich, weil der stundenweise<br />

gemietete Flugplatzsender Basel zum<br />

vorgesehenen Zeitpunkt zur Einweisung<br />

eines Flugzeugs verwendet werden muss.<br />

Mittlerweile sind über 50 000 Konzessionen<br />

erteilt, und die Zeitungsverlage machen<br />

sich zunehmend Sorgen um ihr Geschäft. Sie<br />

sehen sich durch das neue Medium in ihrer<br />

Existenz bedroht. Der Schweizer Zeitungsverlegerverband<br />

und der Verein der Schweizer<br />

Presse erreichen mit Unterstützung der<br />

Bundesbehörden, dass die Radiostationen<br />

ihre aktuellen Informationssendungen stark<br />

einschränken und zudem die Nachrichtenmeldungen<br />

ausschliesslich von der Schweizerischen<br />

Depeschenagentur (SDA) übernehmen<br />

müssen. Diese wird von den Zeitungsverlegern<br />

kontrolliert. Somit kann das<br />

Radio seinen Vorteil als schnelles Medium<br />

nur selten ausspielen.<br />

RADIO ALS STAATLICHES<br />

MASSENMEDIUM<br />

Doch dies ist nicht die einzige Sorge der Radiomacher.<br />

Ab 1927 geraten die Lokalradios<br />

immer stärker in finanzielle Schwierigkeiten,<br />

und sie zerstreiten sich bei der Suche nach<br />

gemeinsamen Lösungen. Radio Zürich und<br />

Radio Bern lancieren mit gegensätzlichen<br />

Projekten eine landesweite Debatte über die<br />

Zukunft des Radios in der Schweiz.<br />

1929 bewilligt das Parlament einen Millionenkredit<br />

für den Bau von drei starken<br />

Landessendern. In den Amtssprachen<br />

Deutsch, Französisch und Italienisch soll je<br />

ein Programm ausgestrahlt werden. Über<br />

100 000 Empfangskonzessionen sind inzwischen<br />

erteilt. Es werden mehrere weit reichende<br />

Entscheide zur nationalen Radiopolitik<br />

gefällt.<br />

ANZAHL KONZESSIONEN<br />

Entwicklung in<br />

der Schweiz<br />

1911 ..................................................... 3 Konzessionen<br />

1912 ..................................................20 Konzessionen<br />

1913 ..................................................88 Konzessionen<br />

1914 ..............................................128 Konzessionen<br />

(Konzessionseinzug während<br />

des 1. Weltkriegs)<br />

1919 ..............................................131 Konzessionen<br />

1920 ..............................................155 Konzessionen<br />

1923 ..............................................980 Konzessionen<br />

1924 ....................................16’964 Konzessionen<br />

1925 ....................................38’500 Konzessionen<br />

1926 ....................................51’194 Konzessionen<br />

1930 ................................103’808 Konzessionen<br />

1931 ................................150’021 Konzessionen<br />

1932 ................................231’400 Konzessionen<br />

1935 ................................481’499 Konzessionen<br />

1937 ................................504’132 Konzessionen<br />

1940 ................................634’248 Konzessionen<br />

2004 ...........................2’815’035 Konzessionen<br />

Quelle: SRF<br />

one X 3 / 2015 11


HINTERGRUND<br />

Radio als begehrter<br />

Luxusartikel: Wer<br />

etwas auf sich hielt,<br />

beschaffte sich einen<br />

Rundfunkempfänger<br />

Das Radio soll in föderalistischem Geist<br />

organisiert und nicht den Marktkräften überlassen<br />

werden. Bis heute werden die Programme<br />

in französischer, italienischer und<br />

rätoromanischer Sprache durch den SRF-<br />

Finanzausgleich zu einem bedeutenden Teil<br />

mit Deutschschweizer Gebührengeldern<br />

finanziert, damit alle Bevölkerungsteile mit<br />

professionell produzierten Radioprogrammen<br />

versorgt werden können.<br />

Die regionalen Radioorganisationen<br />

schliessen sich zur Schweizerischen Rundspruch-Gesellschaft<br />

(SRG, heute SRF) zusammen,<br />

und es entstehen sprachregionale<br />

Einheitsprogramme für die Schweiz. In den<br />

drei grossen Sprachregionen werden die<br />

Mittelwellen-Landessender Beromünster,<br />

Sottens und Monte Ceneri gebaut. Die Inbetriebnahme<br />

der Landessender beendet die<br />

erste «Lokalradio-Ära» der Deutschschweiz.<br />

Auch die Hörgewohnheiten ändern sich.<br />

War der Empfang anfänglich nur über Kopfhörer<br />

möglich, so setzen sich in den 1930er<br />

Jahren die Lautsprecher durch. Sie bilden<br />

die technische Voraussetzung, um aus dem<br />

Radio ein Massenmedium zu machen. Empfangsgeräte<br />

mit Lautsprechern sind allerdings<br />

Anfang der 1930er Jahre noch selten.<br />

Man findet sie hauptsächlich<br />

in Restaurants, Vereinslokalen<br />

und in Coiffeursalons.<br />

Die Produktion der Sendungen<br />

verändert sich durch<br />

technische Entwicklungen.<br />

Dank Aufzeichnungs gerä ten<br />

können ab Mitte der 1930er<br />

Jahre Sendungen vorproduziert<br />

und mehrfach zeitverschoben<br />

ausgestrahlt werden.<br />

Um die damalige Bedeutung<br />

des Radios als Massenmedium<br />

voll zu erfassen, genügt<br />

ein Blick über die Landesgrenze<br />

nach Deutschland.<br />

Nach ihrer Machtübernahme<br />

1933 kontrollieren die Nationalsozialisten<br />

den Rundfunk. Da schon in<br />

der Weimarer Republik Sendeanlagen und<br />

Empfangstechnik staatlich kontrolliert waren,<br />

haben die neuen Machthaber nicht viel<br />

Mühe, den Rundfunk ganz in den Dienst<br />

ihrer Ideologie zu stellen. Dazu machen die<br />

Nationalsozialisten, allen voran Propagandaminister<br />

Joseph Goebbels, zunächst das<br />

Radio zum Massenmedium und lassen ein<br />

billiges Gerät produzieren: den Volksempfänger,<br />

im Volksmund auch «Goebbelsschnauze»<br />

genannt. Zwar ist es möglich, mit<br />

einem Volksempfänger ausländische Sender<br />

zu empfangen, allerdings ist das Hören von<br />

«Feindsendern», insbesondere der britischen<br />

BBC, streng untersagt. Auf die Weitergabe<br />

der «Feindsender»-Informationen steht die<br />

Todesstrafe. Gerade in der Anfangszeit wird<br />

diese zur Abschreckung tatsächlich auch<br />

verhängt und vollstreckt.<br />

Fotos: Shutterstock.com / Everett Collection<br />

12 one X 3 / 2015


WISSEN<br />

DENKEN NUR MIT DEM GEHIRN?<br />

Sind auch Frauen hormongesteuert?<br />

Die Männer kennen den Vorwurf: «Du<br />

denkst wieder nur an das Eine!» Unbegründet<br />

ist die Aussage nicht. Studien belegen,<br />

dass Männer Entscheidungen nicht<br />

nur mit dem Gehirn, sondern auch noch<br />

mit einem andern Körperteil treffen. Doch<br />

wie ist das bei Frauen? Sind sie auch hormongesteuert?<br />

Tests der Universität KU<br />

Leuven (BE) haben genau dies untersucht.<br />

Beim ersten Test hatten die Probandinnen<br />

angeblich die Qualität von T-Shirts<br />

und Boxershorts zu beurteilen. Anschliessend<br />

wurden ihnen einige Fragen zu ihren<br />

finanziellen Gepflogenheiten gestellt und<br />

zudem ihre Risikobereitschaft getestet. Es<br />

stellte sich heraus, dass die Frauen, die zuvor<br />

die Boxershorts befühlt hatten, die ja<br />

mit männlicher Sexualität assoziiert sind,<br />

bereit waren, deutlich mehr Geld für Genussmittel<br />

auszugeben, und zudem beim<br />

Spiel um Geld und Schokolade deutlich<br />

höhere Risiken eingingen, als die Frauen,<br />

die nur die T-Shirts in den Händen hatten.<br />

Dass aber Frauen doch anders gestrickt<br />

sind als Männer, ergab ein weiterer Test, an<br />

dem sowohl männliche als auch weibliche<br />

Personen teilnahmen, und die in drei Gruppen<br />

eingeteilt wurden. Die erste Gruppe<br />

sollte Boxershorts (Männer BHs) befühlen,<br />

die zweite Gruppe sollte sich die gleiche Unterwäsche<br />

hinter Plexiglas ansehen, und die<br />

dritte Gruppe sollte T-Shirts befühlen.<br />

Bei den Männern genügte ein Blick auf die<br />

BHs, und schon waren sie bereit, sowohl<br />

für Genussmittel als auch für trivialere<br />

Dinge mehr Geld auszugeben. Bei den<br />

Frauen funktionierte dies jedoch nur, wenn<br />

sie die Boxershorts auch befühlten. Der<br />

Blick durch das Plexiglas reichte nicht.<br />

Für Frauen und Männer gilt: Allein der<br />

unbewusste Gedanke an Sex reicht, um die<br />

Entscheide oder das Kaufverhalten zu beeinflussen.<br />

Dabei hat die Unterwäsche eine<br />

derart starke erotische Assoziation, dass<br />

das Belohnungssystem im Gehirn in Gang<br />

gesetzt wird. Bei den Männern reicht dafür<br />

der visuelle Reiz. Bei Frauen braucht es<br />

den Tastsinn.<br />

1<br />

WUSSTEN<br />

SIE SCHON?<br />

14 one X 3 / 2015


WAS IST WICHTIGER<br />

Der Anfang oder das Ende?<br />

Wie ist das nun wirklich? Ist es tatsächlich<br />

der erste Eindruck, der entscheidet? Oder<br />

ist es doch eher der letzte? Bei der Liebe auf<br />

den ersten Blick ist es klar. Dass der erste<br />

Eindruck für die Beziehung zweier Menschen<br />

wichtig ist, leuchtet ebenfalls ein. Wir<br />

fällen unser Urteil über eine Person bei der<br />

2<br />

ersten Begegnung, und daran später noch<br />

zu rütteln, fällt schwer. Dies nennt man den<br />

Primäreffekt. Dem gegenüber steht der<br />

sogenannte Rezenzeffekt (engl. «recent»<br />

bedeutet kürzlich). Dieser wiederum be<br />

deutet, dass der letzte Eindruck entscheidend<br />

ist. Ja, was denn nun?<br />

Beides ist wichtig. Der letzte Eindruck führt<br />

teilweise sogar zu irrationalen Beurteilungen.<br />

Ist der letzte Ferientag ein Regentag,<br />

so neigen wir dazu, die ganzen Ferien<br />

bezüglich Wetter als etwas durchzogen zu<br />

beurteilen. Noch schlimmer beispielsweise,<br />

wenn eine Beziehung endet. Das scheussliche<br />

Ende täuscht häufig darüber hinweg,<br />

dass es zuvor viele gute Zeiten gab und wie<br />

schön der Anfang war.<br />

Doch was steckt dahinter? Der Rezenzeffekt<br />

entsteht dadurch, dass die zuletzt gespeicherten<br />

Informationen länger im Kurzzeitgedächtnis<br />

bleiben, da sie noch nicht<br />

von anderen Informationen überschrieben<br />

worden sind. Weil er noch am präsentesten<br />

ist, kann der letzte Bewerber auf eine<br />

Arbeitsstelle die grössten Chancen haben.<br />

Der Primäreffekt dagegen wird damit erklärt,<br />

dass Erinnerungen an den ersten Eindruck<br />

ins Langzeitgedächtnis übergehen.<br />

Nicht eindeutig zu bestimmen ist,<br />

welches denn nun der stärkere der beiden<br />

Effekte ist. Gute Redner und die Werbung<br />

benutzen beide. Eine gute Ansprache<br />

beginnt mit einer gelungenen Pointe und<br />

endet mit einer überraschenden Wendung.<br />

Für den Werbespot verhält es sich ähnlich.<br />

EIN MUTIGER MANN<br />

Schweinekastrator schreibt<br />

Medizingeschichte<br />

3<br />

Fotos: Shutterstock.com / aneheli /Antonio Guillem / Rob Hainer<br />

Anno 1500: Er tut es bestimmt nicht, um<br />

Medizingeschichte zu schreiben. Doch der<br />

Schweinekastrator Jacob Nufer aus Siegershausen<br />

im Kanton Thurgau ist in Not. Denn<br />

seine Frau Elisabeth liegt seit zwei Tagen in<br />

den Wehen, aber das Kind steckt fest. Nach<br />

dem Verständnis der damaligen Zeit heisst<br />

das: Abwarten, bis die Frau tot ist und ihr<br />

dann das Kind aus dem Leib schneiden.<br />

Doch Jacob will seine Frau retten und<br />

traut sich eine Schnittentbindung zu. Den<br />

Eingriff hat er bereits mehrfach bei trächtigen<br />

Schweinen vorgenommen. Nachdem er<br />

den Segen beim Pfarrer eingeholt hat, geht<br />

er ans Werk.<br />

Der Eingriff gelingt. Nach einem sauberen<br />

Schnitt kann das Kind unverletzt geborgen<br />

werden. Als erfahrener Schweineoperateur<br />

weiss Nufer, dass sich die Gebärmutter<br />

nicht von selbst zusammen<br />

zieht, wie die Ärzte damals<br />

glaubten, sondern dass<br />

man sie wie die Bauchdecke<br />

nähen muss. Beides<br />

erledigt er schnell «auf die<br />

Weise, wie man alte Schuhe<br />

flickt». Mutter und Kind<br />

überlebten bei bester Gesundheit.<br />

Den Nufers werden<br />

später noch vier weitere<br />

Kinder geboren, allesamt auf<br />

natürlichem Weg.<br />

Der Fall Nufer ist somit<br />

der erste verbürgte Kaiserschnitt<br />

der Medizingeschichte,<br />

der an einer lebenden<br />

Schwangeren vorgenommen<br />

wurde.<br />

one X 3 / 2015 15


HISTORISCHES AUS DEM OBERAARGAU<br />

Aufstand und Kapitulation<br />

der aufmüpfigen<br />

Oberaargauer<br />

Revolution im Oberaargau? Aufstand gegen die Obrigkeit? Ja,<br />

das hat es gegeben. Ein Blick zurück zeigt uns den Freiheitswillen<br />

der Oberaargauer, und die bernische Obrigkeit tut gut daran, den<br />

Oberaargau auch im 21. Jahrhundert gut zu behandeln.<br />

TEXT: BRUNO WÜTHRICH UND KLAUS ZAUGG<br />

16 one X 3 / 2015


Schlacht bei<br />

Neuenegg am 5. März<br />

1798, bei dem die<br />

Bernischen Truppen<br />

die Franzosen<br />

besiegten<br />

ein wenig zurückdrehen.<br />

Ins Jahr 1798. Das Jahr, in<br />

dem das alte Bern untergegangen<br />

ist. Die Franzosen<br />

haben das Bernbiet erobert und besetzt.<br />

Beim Versuch, die jungen Leute Ochlenbergs<br />

für den Militärdienst zu registrieren, gibt es<br />

Widerstand. Ein Agent wird sogar mit dem<br />

Tode bedroht. Der ganze Oberaargau ist in<br />

Aufruhr. Thörigen, Lotwzil und Langenthal.<br />

Schliesslich muss die französische Armee für<br />

Ordnung sorgen.<br />

Die Oberaargauer nehmen nicht hin, dass<br />

die jungen Männer zwischen 18 und 25 Jahren<br />

den Franzosen bei ihren Kriegszügen als<br />

Kanonenfutter dienen sollen. Während die<br />

Registrierung (heute würden wir sagen: die<br />

Aushebung) der jungen Leute in den Kantonen<br />

Basel, Zürich, Luzern, Baden, Thurgau<br />

u. a. ohne grössere Schwierigkeiten durchgeführt<br />

werden kann, wehren sich der<br />

Bild: François-Aloys Müller - Graphische Sammlung Zentralbibliothek ZürichW<br />

ir müssen das Rad der Zeit<br />

Kanton Bern und vor allem der Oberaargau<br />

gegen die fremden Herren und ihre Handlanger<br />

aus den eigenen Reihen, die als Verräter,<br />

Schelme und Seelenverkäufer beschimpft<br />

werden. Im Kanton Bern haben die<br />

Bürger die von den Franzosen beschlagnahmten<br />

privaten Waffen noch nicht zurückerhalten<br />

und die Eroberer sind hier besonders<br />

verhasst.<br />

Der aufgezwungene Bündnisvertrag vom<br />

19. August 1798 hat die Schweiz zum Vasallenstaat<br />

Frankreichs gemacht. Artikel 2 dieses<br />

Vertrages besagt, dass die Schweizer in<br />

der französischen Armee dienen müssen.<br />

Einzige Einschränkung: Unsere Soldaten<br />

dürfen nicht in Übersee eingesetzt werden.<br />

Ein schwacher Trost. Napoleon führt in erster<br />

Linie in Europa Krieg.<br />

Es gärt nicht nur wegen der Rekrutierung<br />

der jungen Männer für den Militäreinsatz im<br />

Dienste der Franzosen. Den Bewohnern im<br />

Oberaargau geht es nicht gut. Sie müssen<br />

die französischen Truppen unterbringen und<br />

verköstigen. Hier die Chronologie der Ereignisse<br />

in den letzten zwei Monaten des Jahres<br />

1798, der wohl dramatischsten Zeit in der<br />

Geschichte des Oberaargaus.<br />

MITTWOCH, 31.OKTOBER 1798<br />

Unterstatthalter Dr. jur. Stuber reist von Bern<br />

nach Herzogenbuchsee und beginnt am<br />

folgenden Tag mit seiner Arbeit. Er findet<br />

jedoch keine gute Aufnahme. In allen Gemeinden<br />

rotten sich die Bürger zusammen.<br />

In den Wirtshäusern wird heftig politisiert<br />

und polemisiert. Es wird behauptet, der<br />

Statthalter und seine Agenten würden bei<br />

der Zwangsrekrutierung für die französische<br />

Armee Geld verdienen.<br />

FREITAG, 02. NOVEMBER 1798<br />

Statthalter Stuber kann in Thörigen das Volk<br />

nicht beruhigen. Aufgebrachte Bürger wollen<br />

ihm an den Kragen. Einer schreit ihm<br />

one X 3 / 2015 17


HISTORISCHES AUS DEM OBERAARGAU<br />

Noch heute werden<br />

die Schlachten<br />

Napoleons von begeisterten<br />

Amateuren<br />

aufwendig nachgespielt<br />

zu, wenn er in den Himmel fahren wolle,<br />

solle er noch beten; man wolle ihm dazu<br />

verhelfen. Einer packt einen Hund und versucht,<br />

diesen über die Köpfe der Menge hinweg<br />

dem Regierungsvertreter ins Gesicht zu<br />

werfen.<br />

SAMSTAG UND SONNTAG, 3. UND 4.<br />

NOVEMBER 1798<br />

Wüste Krawalle in Langenthal. Ein amtlicher<br />

Bericht meldet: «In der Samstagnacht vom<br />

3. auf den 4. November lief der Pöbel zu<br />

grossen Rotten und mit dem grässlichsten<br />

Geschrei im Flecken herum. Ihr Wüthen und<br />

Toben richtete sich gegen Patrioten (Langenthaler,<br />

die mit den Franzosen zusammenarbeiteten).<br />

Mit Fenstereinwerfen und mit den<br />

fürchterlichsten Drohungen und Lästerungen<br />

wünschten sie allen vermeintlichen Verrätern<br />

und Beamten Tod und Verderben.»<br />

Sonntagnacht bleibt es ruhig, aber am<br />

Morgen liegt der Freiheitsbaum abgesägt<br />

am Boden. Auch die Freiheitsbäume in Mättenbach,<br />

zu Lotzwil und Leimiswil werden<br />

gefällt.<br />

Schlimm geht es auch in Thunstetten zu<br />

und her. Samstagnacht wird das Haus des<br />

Agenten Wolf im Forst gesteinigt. Am Sonntag<br />

nach der Predigt wird er misshandelt;<br />

am Nachmittag rottet sich die Menge erneut<br />

zusammen, dringt ins Pfarrhaus ein, nimmt<br />

dem Pfarrer mit Gewalt den «Toufrodel»<br />

weg und erzwingt die Versiegelung des Buches.<br />

Man will so die Bekanntgabe der Stellungspflichtigen<br />

verhindern. Am Montag<br />

wird der Agent neuerdings vor das «Volksgericht»<br />

geschleppt, verprügelt und gezwungen,<br />

die Schriften der Rekrutierung zu<br />

zerreissen. Man beschuldigt ihn, er sei ein<br />

Donnersschelm und ein Seelenverkäufer<br />

und verkaufe die jungen Oberaargauer an<br />

die Franzosen.<br />

In den Gemeinden Bleienbach, Aarwangen<br />

und Roggwil bleibt es weitgehend ruhig,<br />

wenn auch die Tagesereignisse von den Einwohnern<br />

lebhaft erörtert werden. Demgegenüber<br />

folgt in Lotzwil eine stürmische<br />

Versammlung nach der anderen. Man lässt<br />

Erst die Anwesenheit von 35<br />

bewaffneten Luzernern und<br />

einer französischen Kavallerie-<br />

Einheit kühlte den Mut der<br />

revoltierenden Oberaargauer<br />

den Pfarrer wissen, er solle sich hüten, Auszüge<br />

aus dem Taufrodel herauszurücken.<br />

Der wildeste Schreier zu Lotzwil ist der «rote<br />

Kessler», der um seine zwei stellungspflichtige<br />

Buben fürchtet. Mit seiner Kesslerware<br />

auf dem Buckel läuft er durch die<br />

Dörfer und stachelt die Leute zum Widerstand<br />

auf.<br />

DIENSTAG, 6. NOVEMBER 1798<br />

Statthalter Stuber wird von der Zentralregierung<br />

ermahnt, in den Distrikten Wangen<br />

und Langenthal Ruhe und Ordnung mit<br />

friedlichen Mitteln wieder herzustellen und<br />

den Beamten zu befehlen, auf ihren Posten<br />

auszuharren. Zu seinem Schutz treffen 35<br />

berittene luzernische Freiwillige ein.<br />

DONNERSTAG, 8. NOVEMBER 1798<br />

Statthalter Stuber versucht, das Volk mit<br />

Hilfe von angesehenen Parteigängern zu beruhigen.<br />

Es gelingt ihm, bei einer Gemeindeversammlung<br />

in Langenthal die Gemüter<br />

einigermassen zu besänftigen.<br />

Aber in der Nacht ertönt<br />

plötzlich Sturmgeläute. Zwischen<br />

Langenthal und Lotzwil<br />

ist eine freistehende<br />

Scheune, die einem «Patrioten»<br />

gehört, angezündet worden.<br />

Aber es bleibt ruhig, die<br />

Anwesenheit der 35 bewaffneten<br />

Luzerner schüchtert<br />

ein. Zufällig marschiert auch<br />

noch eine französische Kavallerie-Abteilung<br />

durch den aufmüpfigen<br />

Oberaargau. Das kühlt den Mut der Revoluzzer.<br />

FREITAG, 09. NOVEMBER 1798<br />

An diesem Tag versucht Statthalter Stuber<br />

die Lotzwiler zu beruhigen. Es wird ihm<br />

nicht erlaubt, junge Lotzwiler für die fran-<br />

Bilder: Wikimedia commons; Shutterstock ANADMAN BVBA<br />

18 one X 3 / 2015


ZUSATZINFOS<br />

Die Helvetik<br />

Ausgerufen am 12. April 1798,<br />

wurde die Helvetische Republik<br />

am 10. März 1803 wieder<br />

aufgelöst. So kurz sie auch<br />

dauerte, so intensiv war sie.<br />

Unter dem Einfluss von Frankreich<br />

wurde die Schweiz in<br />

dieser Zeit gleich mehrfach<br />

neu aufgeteilt. Der Kanton<br />

Bern verlor seine Untertanengebiete<br />

Waadt und Aargau, die<br />

selbständig wurden, sowie seinen<br />

Staatsschatz an Napoléon<br />

Bonaparte, der das bernische<br />

und weitere helvetische<br />

Staats vermögen zur Finanzierung<br />

seines Ägyptenfeldzuges<br />

einsetzte. Vier Staatsstreiche<br />

führten zu wechselnden Regierungen<br />

zwischen den «Unitariern»<br />

und den «Föderalisten».<br />

Die Unitarier waren Anhänger<br />

der Revolution und des Einheitsstaates<br />

nach französischem<br />

Muster, die Föderalisten<br />

wollten die möglichst weitgehende<br />

Souveränität der Kantone,<br />

aber gleichzeitig auch<br />

eine Einschränkung der Volkssouveränität<br />

zugunsten der<br />

Patrizier. Sowohl mit der Forderung<br />

nach einem Einheitsstaat<br />

als auch mit der Einschränkung<br />

der Volksrechte<br />

wären heutzutage politisch<br />

keine Punkte mehr zu gewinnen,<br />

doch damals herrschten<br />

andere Zeiten. Frankreich<br />

setzte seinen Einfluss in der<br />

Schweiz in diesen Jahren<br />

mehrmals militärisch durch,<br />

und auch Österreich, das die<br />

Helvetische Republik vorerst<br />

nicht anerkannte, sich aber<br />

durch Frankreich bedroht<br />

fühlte, mischte vor allem im<br />

Osten des Landes wacker mit.<br />

Ende Oktober 1798 verlangte<br />

Frankreich von der Helvetischen<br />

Republik die Stellung<br />

von 18 000 Mann Hilfstruppen.<br />

Der Kommandant der französischen<br />

Armee in Helvetien<br />

hatte jedoch Schwierigkeiten,<br />

diese Truppe anzuwerben, weil<br />

die helvetischen Behörden<br />

gleichzeitig versuchten, eine<br />

eigene Armee aufzustellen. Es<br />

kamen deshalb nie mehr als<br />

4000 Mann zusammen.<br />

Die Helvetische Republik auf einer Darstellung aus dem Jahr 1798<br />

zösische Armee auszuheben. Vielmehr stellen<br />

die Lotzwiler die Forderungen an die<br />

Franzosen, das Land wieder zu räumen, dem<br />

Volk die Waffen zurückzugeben, sowie die<br />

Zehnten und Bodenzinsen abzuschaffen.<br />

Erst wenn die Regierung aus braven Männern<br />

bestünde, werde man ihr treu sein und<br />

wie früher vom 16. bis zum 60. Lebensjahr<br />

Militärdienst leisten.<br />

Doch diese Forderung kann der Regierungsvertreter<br />

nicht erfüllen. Er spielt auf Zeit und<br />

lädt die die Lotzwiler ein, diese Bedingungen<br />

beim Direktorium in Bern direkt geltend zu<br />

machen. Denn seine Gewährsleute melden<br />

ihm, die Stimmung sei gefährlich und es sei<br />

jetzt nicht ratsam, die Rädelsführer zu verhaften.<br />

Er zieht sich in sein Hauptquartier<br />

nach St. Urban zurück und wartet.<br />

Doch in Langenthal geht der Rummel von<br />

neuem los. Ein kleiner Trupp von stellungspflichtigen<br />

Burschen dringt ins Pfarrhaus ein<br />

und will die Taufrödel zerreissen. Der Pfarrer<br />

wird arg bedrängt, weiss aber das Vorhaben<br />

zu vereiteln. Dann laufen die Burschen ins<br />

Haus des Statthalters, bedrohen und misshandeln<br />

den alten Mann, dem es schliesslich<br />

gelingt, nach St. Urban zu fliehen. Danach<br />

one X 3 / 2015 19


HISTORISCHES AUS DEM OBERAARGAU<br />

rottet sich ein neuer Haufen von etwa<br />

50 Ruhestörern zusammen, um die Kirchenbücher<br />

doch noch zu vernichten. Die Sache<br />

endet so, dass die Bücher zumindest versiegelt<br />

werden.<br />

So scheitert also auch der zweite Versuch<br />

der Obrigkeit, im Oberaargau die öffentliche<br />

Ruhe wiederherzustellen. Stuber meldet von<br />

St. Urban nach Luzern, die Krise sei mit den<br />

verfügbaren Kräften nicht zu meistern.<br />

DIENSTAG, 13. NOVEMBER 1798<br />

Nun wendet sich das Direktorium in Bern an<br />

General Schauenburg und meldet, dass es<br />

nicht gelungen sei, den Oberaargau mit<br />

friedlichen Mitteln zu befrieden. Der General<br />

möge die in Frage stehenden 13 Dörfer mit<br />

einigen Bataillonen besetzen, die Hauptschuldigen<br />

verhaften, die Behörden wieder<br />

in Amt und Würden setzen und die Freiheitsbäume<br />

wieder aufrichten.<br />

Schauenburg beauftragt den Brigade-<br />

General Lorge mit der Strafexpedition. Am<br />

Abend hallt der Wirbel der französischen<br />

Trommeln durch die Gassen von Langenthal.<br />

In den oberaargauischen Dörfern wird eine<br />

zweisprachige Proklamation des Generals<br />

angeschlagen. Verlangt wird die sofortige<br />

Unterwerfung, die Auslieferung der Anstifter<br />

und der Waffen, und bei Wohlverhalten wird<br />

Schonung versprochen.<br />

Die Niederwerfung des Aufstandes bereitet<br />

keine grossen Schwierigkeiten mehr.<br />

Schon nach wenigen Tagen sind mit Hilfe<br />

der französischen Truppen 40 Hauptbeteiligte<br />

verhaftet. Unter ihnen der «rote Kessler»<br />

von Lotzwil, ferner der Hundeschleuderer<br />

von Thörigen, sowie der Schulmeister von<br />

Röthenbach. Jene die fliehen, werden zur<br />

Fahndung ausgeschrieben. Die Gefangenen<br />

kommen auf die Festung Aarburg, wo sie erst<br />

einmal ohne Stroh, Decken und Nahrung<br />

auskommen müssen.<br />

Nach Weihnachten 1798 meldet Statthalter<br />

Stuber Vollzug. Er richtet an die Bevölkerung<br />

eine Proklamation, in der er der<br />

Nach der Niederschlagung<br />

des Aufstands beklagte sich<br />

die Bevölkerung weiter über<br />

die finanziellen Belastungen<br />

durch die französischen Truppen<br />

Uniformen von Angehörigen der Schweizer Regimenter in französischen Diensten 1812<br />

Hoffnung Ausdruck gibt, dass solche Verfehlungen<br />

nicht mehr vorkommen und verlässt<br />

den Oberaargau. Die Aushebung der jungen<br />

Männer für den französischen Kriegsdienst<br />

wird nun in allen Gemeinden durchgesetzt.<br />

Bereits im Frühjahr 1799 folgt der Marschbefehl.<br />

Am 8. April 1799 rücken am Mobilmachungsort<br />

Bern zur grossen Freude der<br />

Obrigkeit 95 Rohrbacher und 67 Langenthaler<br />

ein. Sie kämpfen dann an der Seite der<br />

Franzosen tapfer gegen die in die Ostschweiz<br />

vorgerückten Österreicher.<br />

Die französischen Soldaten<br />

lagen der Bevölkerung<br />

weiterhin auf der Tasche.<br />

Zwar wurden die Infanteriebataillone<br />

abgezogen und<br />

verlegt, dafür zog nun die Kavallerie<br />

ein. Ein schlechter<br />

Tausch. Denn jetzt mussten<br />

auch noch die Pferde gefüttert<br />

werden. Und die Kavalleristen<br />

trieben es so wild, dass die<br />

Langenthaler im Februar 1799 eine Klage an<br />

den Kantonsstatthalter richteten: «Künftigen<br />

Montag sind bereits 14 Wochen, dass die Dragoner<br />

hier eingerückt sind, und seither hat<br />

der ganze Stab auf der Gemeinde Unkosten<br />

hin gelebt, gegessen, getrunken und Bälle<br />

gehabt, wofür nun unsere drei Wirthe bey<br />

2000 Pfund fordern, welches alles aus dem<br />

gemeinen Seckel soll bezahlt werden. Letzten<br />

Montag haben die zwei Adjutanten Laroche<br />

und Chap vom 11. Dragoner-Regiment beym<br />

«Kreuz» den Ofen eingeschlagen, für einige<br />

Kronen Portraits vernichtet, ein Bett zu Grunde<br />

gerichtet, die Thüren zerbrochen, so dass<br />

der Kreuzwirth nun für den Schaden 9 Louisdor<br />

an die Munizipalität fordert. Gestern<br />

sind 4 Officiers von Wangen hierher gekommen,<br />

haben bey dem «Löwen» gezecht, gefuttert<br />

und wacker darauf losgetrunken, denn<br />

ohne zu bezahlen wieder verreist. Endlich<br />

vernehmen wir, dass sie künftigen Dienstag<br />

verreisen werden. Allein am Mittwoch will<br />

das 13. Dragoner-Regiment einrücken, so<br />

dass also noch von keiner Erleichterung die<br />

Rede ist. Die Last ist wahrlich zu gross!»<br />

Quelle: Ein Aufstandsversuch der Oberaargauer,<br />

von Gottlieb Kurz, aus dem Jahrbuch<br />

des Oberaargaus von 1967.<br />

Bild: Wikimedia commons<br />

20 one X 3 / 2015


BURGÄSCHISEE<br />

DIE IDYLLE<br />

AM SEE<br />

Nur wenige Kilometer südwestlich von Herzogenbuchsee<br />

liegt der Burgäschisee, der zum Baden, Spazieren,<br />

Fischen, Bräteln oder einfach zum Verweilen einlädt.<br />

TEXT: BRUNO WÜTHRICH<br />

ZUSATZINFOS<br />

So kommen Sie hin<br />

Wer über die Hauptstrasse T1 von Herzogenbuchsee<br />

in Richtung Kirchberg fährt,<br />

dem weist bereits nach wenigen Kilometern<br />

ein Wegweiser den Weg nach rechts<br />

in Richtung Burgäschisee. Nur wenige<br />

100 Meter von der Hauptstrasse entfernt<br />

liegt der idyllische See bis auf das<br />

Ostufer fast gänzlich im Wald. Der Burgäschisee<br />

ist der grösste See im Kanton<br />

Solothurn. Die Seefläche teilt sich allerdings<br />

die Solothurner Gemeinde Aeschi<br />

mit der Berner Gemeinde Seeberg.<br />

Höhe über Meer: 465 m<br />

Fläche: 20,65 ha<br />

Länge: 600 m<br />

Breite: 500 m<br />

Tiefe: 31 m


Um 1850 fand ein Jäger im<br />

Ufergebiet des Burgäschisees<br />

auf einem Maulwurfhaufen<br />

Gesteinssplitter, die sich als<br />

Feuer stein-Überreste herausstellten.<br />

Dieser Fund bedeutete den Startschuss<br />

zu umfangreichen archäologischen<br />

Grabungen und Forschungen, die vor allem<br />

nach der Seeabsenkung während des zweiten<br />

Weltkriegs neue Erkenntnisse zutage<br />

förderten. Das Ergebnis ist eindrücklich:<br />

Älteste Besiedlungsspuren reichen in die<br />

Mittelsteinzeit bis 10 000 Jahre vor Christus<br />

zurück. Umfangreich sind vor allem die<br />

Pfahlbaufunde der Jungsteinzeit um 3000<br />

v. Chr. Die Forschungen, die in der zweiten<br />

Hälfte des vorletzten Jahrhunderts begannen,<br />

dauern bis heute an. Erst 2013 wurde<br />

bei Probebohrungen im erweiterten Ufergebiet<br />

im Nordwesten des Sees ein sechster<br />

jungsteinzeitlicher Siedlungsplatz entdeckt.<br />

SPAZIERGANG UM DEN<br />

BURGÄSCHISEE<br />

Der kleine Moränensee, entstanden in der<br />

letzten Eiszeit, ist ein Kleinod im Grenzgebiet<br />

der Kantone Solothurn und Bern. Er gilt<br />

zusammen mit den drei Riesenfindlingen auf<br />

dem nahen Steinhof als Überbleibsel des<br />

Rhonegletschers, der einst das ganze Mittelland<br />

bis in die Gegend von Wangen an der<br />

Aare bedeckte. Das stille Gewässer ist eine<br />

Hinterlassenschaft der Eiszeit, ein sogenanntes<br />

Toteisloch. Beim Rückzug des Gletschers<br />

blieb hier ein grosses Stück Eis eine<br />

Weile liegen. Als es endlich ebenfalls weggetaut<br />

war, hinterliess es eine<br />

mit Wasser gefüllte Senke.<br />

Deren Ufer wurden zur<br />

Siedlungsstätte von Steinzeitsippen,<br />

die hier vor<br />

etwa 6000 Jahren ihre Pfahlbauten errichteten.<br />

Reste dieser Behausungen sowie Waffen<br />

und Geräte wurden am Burgäschisee<br />

gefunden. Diese Funde können im Naturmuseum<br />

in Solothurn besichtigt werden. Eine<br />

Informationstafel beim Restaurant Seeblick<br />

am östlichen Ufer erklärt die See-Entstehung<br />

und beschreibt das Leben der Pfahlbauer.<br />

Spaziergänger können auf dem Holzschnitzelweg<br />

den See umrunden. Der Weg<br />

führt teilweise durch den Wald und dem<br />

Ufer entlang. Unterwegs bieten Stege Gelegenheiten,<br />

auf den See hinauszutreten.<br />

Wunderschöne Wechselstimmungen von<br />

Licht und Schatten sowie wunderbare Wasserspiegelungen<br />

mit Farbveränderungen<br />

verleihen dem See eine ganz besondere<br />

Stimmung. Eine Infotafel erzählt vom naturverbundenen<br />

Leben der Pfahlbauer und<br />

zeigt illustrativ die vor Ort gefundenen Geräte<br />

und Waffen.<br />

Heute steht der ganze See unter Naturschutz.<br />

Obwohl das Wasser bräunlich<br />

scheint, ist er einer der saubersten Seen in<br />

der Region. Die bräunliche Färbung entsteht<br />

durch feinste Moorpartikel. In dieser Umgebung<br />

wachsen Schilf und Seerosen, seltene<br />

Pflanzen wie Sonnentau oder Moosbeeren<br />

und mit etwas Glück können auch seltene<br />

Vögel beobachtet werden.<br />

Einzigartig ist an diesem See, wie Natur<br />

und Mensch nebeneinander Platz finden. Ein<br />

kleines Strandbad lädt zum Baden und Ausruhen<br />

unter Bäumen ein. Das Floss im See<br />

reizt, hinauszuschwimmen. Wer er romantischer<br />

mag, mietet ein Ruderboot, geniesst<br />

die Ruhe sanft schaukelnd auf dem See.<br />

Natur pur: Der<br />

Burgäschisee steht<br />

komplett unter<br />

Naturschutz, die<br />

Nutzung ist<br />

eingeschränkt<br />

one X 3 / 2015 23


SEITENTITEL<br />

In der Badeanstalt<br />

und im angrenzenden<br />

Restaurant Seeblick<br />

können Sie die<br />

Natur geniessen<br />

Von der Terrasse des Restaurants Seeblick<br />

gleich neben dem Strandbad können Gäste<br />

die wunderschöne Stimmung geniessen. Es<br />

bietet sich ein einzigartiges Spiel von Licht<br />

und Schatten, Spiegelung und Farbschattierungen.<br />

Das liebevoll gepflegte Strandbad am<br />

Burgäschisee steht wie der See ebenfalls<br />

unter Naturschutz. Deshalb gibt es für die<br />

Badenden einige Einschränkungen: Shampoo<br />

und Duschmittel sind hier verboten. Für<br />

geübte Schwimmer befinden sich auf dem<br />

See zwei verankerte Holzflosse zum Ausruhen<br />

oder Sonnen. Zum Reinspringen steht<br />

ein 1-Meter- und 3-Meter-Sprungbrett zur<br />

Verfügung. Das Kinderplanschbecken wird<br />

täglich frisch mit Seewasser aufgefüllt. Die<br />

grossen, stattlichen, alten Bäume spenden<br />

natürlichen Schatten. Im kleinen Kiosk des<br />

Schwimmbads gibts allerlei zum Naschen,<br />

Glaces, Kaffee und kleine Snacks.<br />

IM NATURSCHUTZGEBIET<br />

Der Burgseeverein Burgäschi<br />

und der ProAeschisee-Verein<br />

Seeberg kümmern sich um die<br />

Pflege des Sees. Alljährlich findet<br />

eine Seeputzete statt. Dabei<br />

werden die Fusswege mit Schnitzel<br />

belegt, die Stege repariert<br />

und die Ufer gepflegt und gereinigt.<br />

Der Burgäschisee liegt in<br />

einem Naturschutzgebiet.<br />

Gummiboote und Surfbretter<br />

sind verboten, ebenso das Baden ausserhalb<br />

des Strandbades und der ausgezonten Badestelle.<br />

Hunde dürfen nicht ins Wasser.<br />

NAHERHOLUNG<br />

Etwas südwestlich vom Strandbad kann<br />

man auf einer Wiese auch grillieren und oft<br />

schon im Mai im See schwimmen. Die frei<br />

zugängliche Badestelle finden Sie auf der<br />

Berner Seite des Burgäschisees. Abgesehen<br />

von einer Kaltwasserdusche und Grillstellen<br />

bietet sie keine weitere Infrastruktur. Der<br />

Badeplatz liegt an einer kleinen Waldlichtung,<br />

Sonnenbadende weichen auch auf die<br />

danebenliegende Wiese aus. In der Nähe der<br />

Bernstrasse an einer Kiesgrube, aber ohne<br />

direkten Zugang zum See, gibt es auch eine<br />

FKK-Stelle.<br />

ZUSATZINFOS<br />

Das Strandbad<br />

Am Ostufer des Sees befindet sich das<br />

Strandbad, das im Sommer rege genutzt<br />

wird. Gleich beim Strandbad liegt auch<br />

das Restaurant Seeblick. Etwas weiter<br />

nördlich am östlichen Ufer gibt es eine<br />

Bootsvermietung mit einigen Holzruderbooten.<br />

Infrastruktur und Angebot des<br />

Strandbades:<br />

• Seebad mit Strand an grossem Badesee<br />

• Abgegrenzter Nichtschwimmerbereich<br />

• Floss<br />

• 1- und 3-m-Sprungbrett<br />

• Kinderplanschbecken<br />

• Beachvolleyballfelder<br />

• Feuerstellen<br />

• Spielplatz mit Kletterturm<br />

• Garderoben mit Kleiderkasten<br />

(Depotmat Fr. 5.–)<br />

• Vermietung von Tages- und<br />

Saisonkabinen<br />

• WCs<br />

Das Baden im See geschieht auf eigene<br />

Verantwortung. Für Unfälle im See wird<br />

nicht gehaftet.<br />

ANGELN<br />

Auf den Stegen und Fischerplätzen haben<br />

Fischer Vorrang. Baden ist dort nicht erlaubt.<br />

Für das Fischen benötigen Sie eine<br />

Fischerkarte des Burgseevereins. Der Volg-<br />

Laden Äschi bietet verschiedene Patente an.<br />

In der Fangstatistik finden Sie Egli vor Hecht<br />

und Felchen.<br />

Seit den 1970er-Jahren wird durch eine<br />

Tiefenwasserableitung sauerstoffarmes<br />

Wasser aus dem See abgeführt. Die Badewasserqualität<br />

im Burgäschisee wird regelmässig<br />

vom Gesundheitsamt Solothurn<br />

überwacht. Die Messungen ergaben jeweils<br />

eine gute Qualitätsklasse (2013: Klasse A<br />

und B).<br />

Fotos: ZVG<br />

24 one X 3 / 2015


www.bowling-langenthal.ch<br />

Montag & Dienstag Ruhetag | Mittwoch & Donnerstag 14:00 – 23:00 Uhr<br />

Freitag & Samstag 14:00 – 24:00 Uhr | Sonntag 12:00 – 22:00 Uhr<br />

Lotzwilstrasse 66 | 4900 Langenthal | Tel. 062 919 01 16


MOTO2-WM<br />

DEN STARS<br />

den Puls gefühlt<br />

Dominique Aegerter beginnt die Töff-Saison<br />

am 29. März beim GP von Katar unter ganz<br />

neuen Voraussetzungen. Sein Erzrivale Tom<br />

Lüthi ist jetzt sein Teamkollege. Die Analyse<br />

dieser motorisierten Zwangsehe, die 2015<br />

nicht nur im Oberaargau, sondern in der<br />

ganzen Schweizer Sportöffentlichkeit für<br />

viel Gesprächsstoff sorgen wird.<br />

TEXT: KLAUS ZAUGG<br />

Der Klimawandel ist nicht unbedingt<br />

ein Thema, das die<br />

Töffstars beschäftigt. Doch in<br />

diesen Tagen ist im Schweizer<br />

Töff-Zirkus so viel über das Wetter,<br />

über die Veränderungen des Klimas geredet<br />

worden wie wohl noch nie. An 16 Tagen<br />

wollte das Team von Dominique Aegerter<br />

und Tom Lüthi im Februar und im März testen.<br />

Die beiden «Asphalt-Cowboys» haben ja<br />

die Pferde gewechselt und sind von Suter auf<br />

Kalex umgestiegen. Bei ausgiebigen Testfahrten<br />

sollten sie sich vor dem Saisonstart (am<br />

29. März in Katar) mit ihren neuen Höllenmaschinen<br />

vertraut machen.<br />

Aber eben: Das Wetter ist in diesem Frühjahr<br />

nicht so wie es sein sollte. Im Süden ist<br />

es kalt und regnerisch und bei uns im<br />

Dominique Aegerter<br />

war in den Testfahrten<br />

bisher<br />

immer langsamer als<br />

Tom Lüthi<br />

Oberaargau schön und warm. An keinem<br />

einzigen der 16 Testtage, alle angesetzt im<br />

sonnigen Südfrankreich und im noch sonnigeren<br />

Süden von Spanien, war richtig schönes,<br />

klares, warmes, trockenes Wetter. Und<br />

die wichtigsten Tests überhaupt, nämlich die<br />

letzten offiziellen Tests vor dem Saisonstart,<br />

fielen buchstäblich ins Wasser. Im andalusischen<br />

Jerez regnete es an den drei Testtagen<br />

(17., 18. und 19. März) bei Temperaturen<br />

von weniger als 15. Grad. Teamchef Fred<br />

Corminboeuf sagt, man müsse die ganze<br />

Testerei neu organisieren. «Es ist wohl<br />

besser, wenn wir künftig bereits zwei Wochen<br />

vor dem ersten Rennen nach Katar<br />

fliegen und dort ausgiebig testen.» Katar ist<br />

ein Wüstenstaat. Dort ist es garantiert warm<br />

und fast immer trocken.<br />

HOHE ERWARTUNGEN<br />

Und so kommt es, dass die Ungewissheit vor<br />

einer der aufregendsten Töff-Saisons aller<br />

Zeiten gross ist. Die Erwartungen sind hoch.<br />

Fotos: Marcel Bieri<br />

26 one X 3 / 2015


Dominique Aegerter,<br />

links, und Tom Lüthi<br />

sind in diesem<br />

Jahr erstmals Teamkameraden<br />

Tom Lüthi war schon Weltmeister (2005 bei<br />

den 125ern) und Dominique Aegerter ist GP-<br />

Sieger (2014 auf dem Sachsenring). Also<br />

sind WM-Titel und GP-Siege das Ziel. Aber<br />

eben: Wo stehen Dominique Aegerter und<br />

Wegen des schlechten Wetters<br />

während der Testphase weiss<br />

heute niemand, wo die beiden<br />

Schweizer Spitzenfahrer im<br />

Vergleich zur Konkurrenz stehen.<br />

Tom Lüthi? Sind sie konkurrenzfähig? Können<br />

sie um Siege und WM-Titel mitfahren?<br />

Solche Fragen waren in den letzten Jahren<br />

verhältnismässig leicht zu beantworten. Die<br />

Resultate der letzten offiziellen Jerez-Tests<br />

unmittelbar vor dem Saisonstart haben<br />

jeweils eine Prognose ermöglicht, die weitaus<br />

verlässlicher war als der Wetterbericht. In<br />

Jerez wird erstmals mit den exakt gleichen<br />

Maschinen geübt, die dann auch beim ersten<br />

Rennen eingesetzt werden. Also Fremder,<br />

reise nach Jerez, studiere die<br />

gefahrene Rundenzeiten, befrage<br />

die Helden und wir wissen,<br />

wie die neue Saison wird.<br />

So einfach war es jahrelang.<br />

Die Ranglisten der ersten<br />

Rennen entsprachen fast<br />

immer mehr oder weniger<br />

dem Klassement der letzten<br />

Jerez-Tests. Wer dort schnell<br />

war, fuhr auch in den ersten<br />

Rennen vorne.<br />

Aber so einfach ist es dieses Jahr nicht.<br />

Wie eingangs ausgeführt wegen des Wetters.<br />

Natürlich sind Tom Lüthi und Dominique<br />

Aegerter in Jerez bei diesen letzten Tests<br />

gefahren. Aber die Rangliste taugt nicht für<br />

Prognosen. Auf der nassen Piste ging kei-<br />

DIE DATEN 2015<br />

GP Kalender 2015<br />

29. März: Katar (Doha)<br />

12. April: Amerika (Austin)<br />

19. April: Argentinien (Rio Hondo)<br />

3. Mai: Spanien (Jerez)<br />

17. Mai: Frankreich (Le Mans)<br />

31. Mai: Italien (Mugello)<br />

14. Juni: Spanien (Barcelona)<br />

27. Juni: Holland (Assen)<br />

12. Juli: Deutschland (Sachsenring)<br />

9. August: Indianapolis (Indianapolis)<br />

16. August: Tschechien (Brünn)<br />

13. September: San Marino (Misano)<br />

27. September: Aragon (Aragon)<br />

11. Oktober: Japan (Motegi)<br />

18. Oktober: Australien (Philip Island)<br />

25. Oktober: Malaysia (Sepang)<br />

8. November: Spanien (Valencia)<br />

Alle Rennen am Sonntag – ausser<br />

Assen (am Samstag).<br />

one X 3 / 2015 27


Das Team: Dominique<br />

Aegerter, Tom Lüthi<br />

und der dritte im<br />

Bunde, der nette<br />

Robin Mulhauser<br />

ner ans Limit. Ja, Lüthi hat sogar einzelne<br />

Trainingsessionen ganz ausgelassen.<br />

Wenn uns die Rangliste nicht weiterhilft,<br />

dann müssen wir uns näher mit dem neuen<br />

Schweizer Team befassen. Mit Manager Fred<br />

Corminboeuf, den Technikern, mit den Fahrern<br />

reden. Auf den Zahn fühlen, wie man<br />

so schön sagt. Robin Mulhauser, den freundlichen<br />

dritten Fahrer im Team, dürfen wir<br />

ignorieren. Er spielt die Rolle eines «Haustiers».<br />

Alle mögen ihn, niemand nimmt ihn<br />

ernst und sowohl Tom Lüthi als auch Dominique<br />

Aegerter würden sofort die Karriere<br />

beenden, wenn sie unter regulären Bedingungen<br />

von Robin Mulhauser besiegt werden<br />

sollten. Wir erlauben es uns deshalb, den<br />

netten Robin in dieser Analyse nicht mehr<br />

zu erwähnen.<br />

Betrachten wir also die Ausgangslage:<br />

Dominique Aegerter und Tom Lüthi, die beiden<br />

Stars der Schweizer Töffszene,<br />

fahren jetzt im gleichen<br />

Team. Sie haben ihre<br />

eigenen bewährten Cheftechniker<br />

und Mechaniker ins<br />

neue Team, in die «Töff-Ehe»,<br />

mitgebracht. Gilles Bigot, ein<br />

scheuer, introvertierter Franzose,<br />

ein technisches Genie,<br />

kümmert sich weiterhin um<br />

Dominique Aegerter. Der gründliche,<br />

er fahrene Deutsche Alfred Willecke bleibt<br />

Cheftechniker bei Tom Lüthi.<br />

WAS BRINGT DIE NEUE MARKE?<br />

Aber wie wir ja wissen, haben beide Schweizer<br />

die Marke gewechselt. Sie steigen vom<br />

Schweizer Fabrikat «Suter», wo sie Vorzugsbehandlung<br />

genossen haben, auf die deutsche<br />

«Kalex» um. Dort sind sie nur noch zwei<br />

TECHNISCHER HINTERGRUND<br />

Die Klassen MotoGP, Moto2, Moto3<br />

MotoGP<br />

1000 ccm Vierzylinder<br />

Viertakter<br />

Rund 260 PS<br />

Verschiedene Motoren<br />

und Fahrwerke, Einheitsreifen<br />

(Bridgestone).<br />

Mindestgewicht der<br />

Maschine: 160 kg<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

rund 350 km/h<br />

Moto2<br />

600 ccm Vierzylinder<br />

Viertakter<br />

Rund 110 PS<br />

Für alle gleiche Motoren<br />

(Honda), gleiche Reifen<br />

(Dunlop) verschiedene<br />

Fahrwerke.<br />

Mindestgewicht für<br />

Maschine und Fahrer<br />

215 kg*<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

rund 290 km/h<br />

*wird das Mindestgewicht nicht erreicht, muss Zusatzgewicht montiert werden.<br />

Moto3<br />

250 ccm Einzylinder<br />

Viertakter<br />

Rund 60 PS<br />

Verschiedene Motoren<br />

und Fahrwerke, Einheitsreifen<br />

(Dunlop).<br />

Mindestgewicht Maschine<br />

und Fahrer: 148 kg<br />

Höchstgeschwindigkeit<br />

rund 240 km/h<br />

von 22 Kunden. Ja, jene, die schon bisher<br />

«Kalex» gefahren sind, haben exklusiv Zugang<br />

zu technischen Neuerungen. Das mag<br />

auf den ersten Blick wenig Bedeutung haben.<br />

Schliesslich fahren in der Moto2-WM<br />

alle dieselben Motoren und dieselben Reifen.<br />

Den freien Markt gibt es nur bei den<br />

Fahrgestellen. Da ist doch Suter oder Kalex<br />

«Hans was Heiri.»<br />

Aber so ist es eben nicht. Tatsächlich sind<br />

die Unterschiede zwischen den beiden Marken<br />

optisch für den Laien nicht sichtbar. Es<br />

geht um Details. Aber in dieser extrem ausgeglichenen<br />

Rennklasse entscheiden diese<br />

Details über Sieg oder Niederlage. Und daher<br />

ist die perfekte Abstimmung so wichtig.<br />

Warum dann also der Wechsel? Dominique<br />

Aegerter und Tom Lüthi sind im Laufe der<br />

letzten Saison zum Schluss gekommen, dass<br />

diese Abstimmung mit einer Kalex einfacher<br />

ist als mit einer Suter. Deshalb haben beide<br />

die Suter in die Ecke gestellt und rücken nun<br />

mit der Kalex aus.<br />

Aber eben: Die beiden Schweizer sind<br />

neu bei Kalex. Ihre Konkurrenten kennen<br />

diese Marke hingegen schon seit Jahren. Das<br />

bedeutet, dass sich Dominique Aegerter und<br />

Tom Lüthi als einzige Titel- und Sieg-<br />

28 one X 3 / 2015


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MOTO2-WM<br />

kandidaten an eine neue Höllenmaschine<br />

gewöhnen müssen. Deshalb stellte Teamchef<br />

Fred Corminboeuf für die Winterpause ein<br />

so umfangreiches Testprogramm auf Rennstrecken<br />

im sonnigen Spanien zusammen:<br />

Das schlechte Wetter hatte einen<br />

grossen Vorteil: Aegerter und<br />

Lüthi lernten sich in den Zwangspausen<br />

besser kennen und<br />

konnten Vorbehalte abbauen.<br />

16 Tage in Aragon, Valencia und zum Abschluss<br />

Jerez. Das Team hat seine Basis im<br />

südfranzösischen Le Castellet. Mit einer<br />

Rennstrecke gleich vor der Werkstatt. Auch<br />

dort sollte immer wieder geübt werden. Das<br />

Ziel: 2000 und 3000 Testkilometer bis zum<br />

Saisonstart<br />

Nun hat das Wetter alle Pläne zunichte<br />

gemacht. Tests in Le Castellet und Aragon<br />

mussten sogar wegen Schneefall abgesagt<br />

werden und dort, wo es nicht schneite (Valencia,<br />

Jerez) hat Regenwetter den Testbetrieb<br />

beeinträchtigt. Davon betroffen sind<br />

zwar alle Piloten. Aber Tom Lüthi sagt nach<br />

den letzten Tests und vor dem WM-Start:<br />

«Wegen des Wechsels zu Kalex wären Tests<br />

für uns ganz besonders wichtig gewesen. Ich<br />

weiss nicht, wo wir stehen.»<br />

TRAUMPAAR – ODER DOCH NICHT?<br />

Und damit sind wir wieder beim vorhin angeschnittenen<br />

Thema: Auf den Zahn fühlen<br />

um herauszufinden, wie es um Dominique<br />

Aegerter und Tom Lüthi steht. Ganz umsonst<br />

war das umfangreiche Testprogramm trotz<br />

1. Esteve «Tito» Rabat (Sp), Kalex<br />

2. Jesko Raffin (Sz), Kalex<br />

3. Simone Corsi (I), Kalex<br />

4. Randy Krummenacher, (Sz) Kalex<br />

5. Johan Zarco (Fr), Kalex<br />

7. Lorenzo Baldassari (I), Kalex<br />

8. Gino Rea (Gb), Kalex<br />

10. Thitipong Warokorn (Th), Kalex<br />

11. Sandro Cortese (De), Kalex<br />

12. Tom Lüthi (Sz), Kalex<br />

19. Xavier Simeon (Be), Kalex<br />

21. Franco Morbidelli (It), Kalex<br />

22. Sam Lowes (Gb), Speed Up<br />

23. Marcel Schrötter (De), Tech 3<br />

25. Azian Shah (Mal), Kalex<br />

30. Takaaki Nakagami (Jap), Kalex<br />

«Das Tom-Problem ist<br />

gelöst». Dominique<br />

Aegerter blickt<br />

zuversichtlich in die<br />

neue Saison.<br />

des miserablen Wetters nämlich nicht. Die<br />

beiden Piloten sind sich im Laufe des Winters<br />

näher gekommen. Weil sie so oft stundenlang<br />

untätig herumsitzen mussten. «Wir verstehen<br />

uns gut» sagt Tom Lüthi. Er sagt es mit der<br />

coolen Selbstsicherheit eines<br />

Alphatieres. Er weiss, dass er<br />

das vor der Saison so sagen<br />

muss. Er kann ja nicht sagen,<br />

es werde Schwierigkeiten geben<br />

oder er wisse ganz genau,<br />

dass er Dominique Aegerter im<br />

Griff habe. Teamchef Fred<br />

Corminboeuf und die Männer,<br />

die das Team mit insgesamt<br />

rund drei Millionen Franken<br />

finanzieren, würden an die Decke springen.<br />

Auch Dominique Aegerter spricht nur gut über<br />

seinen neuen Teamkollegen. «Als ich erfuhr,<br />

dass Tom mein Teamkollege wird, da war ich<br />

DIE PILOTEN DER MOTO2-WM 2015<br />

Alle Namen und Marken<br />

*Aufstieg aus Moto3-WM<br />

skeptisch und dachte, dass das nie funktionieren<br />

kann. Nun haben wir viel<br />

Zeit miteinander verbracht. Wir<br />

reisten zusammen zu den Tests<br />

und sassen oft stundenlang<br />

herum. Nun kann ich sagen:<br />

Das Tom-Problem ist gelöst.»<br />

Eine alte Regel im Motorsport<br />

sagt, man solle nur über den<br />

Teamkollegen reden, wenn man<br />

etwas Gutes zu sagen habe – und<br />

sonst solle man schweigen.<br />

Dominique Aegerter und Tom Lüthi sind<br />

also das neue Traumpaar unseres Motorsportes.<br />

Zwei Freunde, die gemeinsam zum<br />

Abenteuer Moto2-WM 2015 aufbrechen,<br />

sich gegenseitig unterstützen und wunderbar<br />

harmonieren? Nicht ganz. Es gibt ein<br />

Bild, das mehr aussagt als alle Erklärungen.<br />

Donnerstag, 19. März. Der letzte, verreg nete<br />

Testtag in Jerez. Tom Lüthi lässt das letzte<br />

Training ausfallen und läuft schon in Zivilkleidung<br />

herum. Dominique Aegerter müht<br />

sich hingegen noch auf nasser Piste ab. Ist<br />

es so, dass es sich der Routinier erlauben<br />

kann, auf Tests zu verzichten während sich<br />

der Lehrbub draussen abmühen muss? «Das<br />

mit dem Lehrbub habe ich überhört», sagt<br />

Tom Lüthi. «Aber was soll ich auf nasser<br />

Piste fahren? Das bringt mir gar nichts<br />

mehr.» Dominique Aegerter wirkt bei der<br />

gleichen Frage etwas nachdenklicher. «Ich<br />

brauche einfach mehr Zeit. Deshalb bin ich<br />

nochmals raus. Der Tom hat mehr Erfahrung,<br />

sitzt einfach auf den Töff und ist sofort<br />

schnell.»<br />

Wenn wir genauer hinhören (oder eben<br />

auf den Zahn fühlen), dann spüren wir, dass<br />

es bereits ganz feine Unterschiede gibt. Tom<br />

Lüthi ist im Laufe des Winters bereits der<br />

stille, der heimliche Chef im Team geworden.<br />

Gewiss, Dominique Aegerter ist der<br />

36. Mika Kallio (Fi), Kalex<br />

39. Luis Salom (Sp), Kalex<br />

40. Alex Rins (Sp), Kalex*<br />

49. Axel Pons (Sp), Kalex<br />

51. Zaqwan Zaidi (Mal), Suter<br />

55. Hafizh Syahrin (Mal), Kalex<br />

60. Julian Simon (Sp) Speed-Up<br />

66. Florian Alt (De), Suter<br />

70. Robin Mulhauser (Sz), Kalex<br />

73. Alex Marquez (Sp), Kalex*<br />

77. Dominique Aegerter (Sz) Kalex<br />

88. Ricky Cardus (Sp), Tech 3<br />

94. Jonas Folger (De), Kalex<br />

95. Anthony West (Aus), Speed-Up<br />

96. Louis Rossi (Fr), Tech 3<br />

30 one X 3 / 2015


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MOTO2-WM<br />

Popstar, der Sunnyboy im Team. Aber er ist<br />

ein überaus sensibles Alphatier. Seine robuste,<br />

fröhliche Art macht ihn zwar in einem<br />

guten Sinne «unkaputtbar». Aber er hat<br />

noch bei weitem nicht die Erfahrung von<br />

Tom Lüthi.<br />

Der Weltmeister von 2005 ist fünf Jahre<br />

länger im Geschäft. Fünf Jahre mögen im<br />

Vergleich zur Ewigkeit oder einer menschlichen<br />

Lebensspanne bedeutungslos sein. Im<br />

GP-Zirkus aber sind sie eine Ewigkeit. Tom<br />

Lüthi hat schon alles erlebt und durchgestanden.<br />

Triumphe und Krisen. Himmelhohe<br />

Erwartungen, die nicht erfüllt werden konnten.<br />

Jahre ohne Siege. Zeiten, in denen er<br />

um die Fortsetzung seiner Karriere<br />

bangen musste. Wie es ist, als<br />

Promi im Scheinwerferlicht der<br />

Medien zu stehen, weiss er aus<br />

Erfahrung in verschiedensten<br />

auch heiklen Situationen. Seine<br />

Beziehung mit der schönen<br />

und klugen Fabienne Kropf und<br />

das Ende dieser Romanze sind<br />

öffentlich abgehandelt worden.<br />

Kurzum: was auch immer kommen<br />

mag, Siege oder Niederlagen, Tom Lüthi<br />

wird es nicht aus der Fassung bringen. Er<br />

steht vor seiner 13. Saison und ein Star ist<br />

er schon seit 2005, als er Weltmeister (125<br />

ccm) und vor Roger Federer Sportler des<br />

Jahres wurde.<br />

ZEIT DER BESTÄTIGUNG<br />

Dominique Aegerter fehlt diese Erfahrung.<br />

Er steht zwar auch schon vor der 9. Saison.<br />

Aber erst im Laufe der letzten Saison ist er<br />

mit dem Sieg auf dem Sachsenring ein nationaler<br />

Sportstar geworden. Dass er diesen<br />

Triumph in den restlichen Rennen nicht ganz<br />

bestätigen konnte, hat noch nicht zu einer<br />

ernsthaften Krise geführt. Aber jetzt sind die<br />

Tom Lüthy ist im<br />

Laufe des Winters der<br />

heimliche Chef des<br />

neuen Teams<br />

geworden.<br />

Erwartungen hoch. «Das stimmt und ich spüre<br />

es, dass in meinem Umfeld mehr erwartet<br />

wird. Ich setze mich ja selbst unter Druck<br />

und versuche alles, um besser zu werden.<br />

Aber es ist schon eine neue Art von Druck.»<br />

Er werde deshalb wieder mit einem Mentaltrainer<br />

arbeiten. «Ich muss wieder lernen,<br />

alle äusseren Einflüsse auszublenden. Ich<br />

kann schon Nein sagen. Das ist nicht das<br />

Problem. Aber es ist nicht so einfach vor dem<br />

Rennen die hundertprozentige Konzentration<br />

zu finden.»<br />

Wer Dominique Aegerter länger kennt, dem<br />

fällt auf, dass er nachdenklicher geworden<br />

ist. Das hat seinen Grund. Die Rangliste der<br />

verregneten Tests sind zwar nicht aussagekräftig<br />

– doch Tom Lüthi war immer schneller<br />

als er. «Ich war bei Tests zwar noch nie<br />

wirklich schnell, auch letzte Saison nicht.<br />

Aber ich muss schneller werden, das ist klar.»<br />

Er ist nachdenklich geworden. Aber noch ist<br />

er nicht verunsichert und noch zweifelt er<br />

nicht an seinen Fähigkeiten.<br />

ZUSATZINFOS<br />

Die Schweizer Piloten<br />

Dominique Aegerter<br />

30. September 1990<br />

174 cm/69 kg.<br />

Moto2-WM-<br />

Klassierungen:<br />

2010: 15.<br />

2011: 8.<br />

2012: 8.<br />

2013: 5.<br />

2014: 5.<br />

1 Sieg<br />

6 Podestplätze<br />

Erster GP: 2006/<br />

Portugal 125 ccm/26<br />

Tom Lüthi<br />

6. September 1986<br />

172 cm/62 kg.<br />

Moto2-WM-<br />

Klassierungen:<br />

2010: 4.<br />

2011: 5.<br />

2012: 4.<br />

2013: 6.<br />

2014: 4.<br />

4 Siege<br />

25 Podestplätze<br />

(nur Moto2)<br />

Erster GP: 2002 Sachsenring/125<br />

ccm/26.<br />

Randy Krummenacher<br />

24. Februar 1990<br />

180 cm/70 kg.<br />

Moto2-WM-<br />

Klassierungen:<br />

2011: 18.<br />

2012: 19.<br />

2013: 19.<br />

2014: 24.<br />

Kein Sieg<br />

1 Podestplatz<br />

(125 ccm/2006)<br />

Erster GP: 2006<br />

Donington Park/<br />

125 ccm/20<br />

Robin Mulhauser<br />

7. November 1991<br />

170 cm/68kg.<br />

Moto2-WM-<br />

Klassierungen:<br />

2014: keine WM-<br />

Punkte<br />

Bisher beste Klassierung:<br />

17. Valencia 2014<br />

Erster GP: 2013/<br />

Aragon/13.<br />

Jesko Raffin<br />

12. Juni 1996<br />

177 cm/67 kg.<br />

Moto2-WM-<br />

Klassierungen:<br />

2015 ist die erste<br />

ganze GP-Saison<br />

Bisher keine WM-<br />

Punkte<br />

Beste Klassierung:<br />

2014 Valencia<br />

Erster GP: September<br />

2012/Aragon/27<br />

32 one X 3 / 2015


BUCHBESPRECHUNG<br />

Letzte Saison war Dominique Aegerter der<br />

Mittelpunkt seines Teams und Tom Lüthi der<br />

Rivale, den er nur draussen auf der Piste zu<br />

bekämpfen hatte. Ist es für ihn störend, dass<br />

der einstige Rivale nun als Teamkollege ständig<br />

um ihn herum ist? «Nein. Wir haben ja<br />

unsere eigenen Techniker und unseren Freiraum.<br />

Wir sehen uns während eines Rennwochenendes<br />

eigentlich nur beim Essen,<br />

daneben können wir unsere eigenen Wege<br />

gehen.» Aegerter hat wieder im Fahrerlager-<br />

Hotel ein Zimmer für die ganze Saison gemietet.<br />

Lüthi hat seine Rückzugsmöglichkeit<br />

in einer Koje im Team-Lastwagen.<br />

Ist also alles so wie es sein sollte? Ja, in<br />

den Tagen vor der neuen Saison. Aber wie<br />

es während der Saison sein wird, wissen wir<br />

nicht. Die Beziehung zwischen Dominique<br />

Aegerter und Tom Lüthi steckt erst in den<br />

Flitterwochen. Noch hat keiner ein Rennen<br />

verloren, noch musste keiner dem anderen<br />

den Vortritt lassen, noch gibt es keine Polemik,<br />

keine kritischen Fragen. Der Alltag hat<br />

im grossen Schweizer Töff-Team noch nicht<br />

begonnen.<br />

Dieser Alltag begann gestern Donnerstag,<br />

den 26. März mit dem ersten Training zum<br />

GP von Katar, und am Sonntag, dem<br />

29. März wird es erstmals einen Sieger und<br />

einen Verlierer im Team geben. Anders als<br />

in einer echten Ehe können von diesem<br />

Tag an nicht mehr beide Partner restlos<br />

glücklich sein.<br />

Dominique<br />

Aegerter –<br />

VOM LAUSBUBEN ZUM GP-SIEGER<br />

Ein Bub aus dem ländlichen Rohrbach wird einer der besten Töffrennfahrer der<br />

Welt. Die Geschichte über Dominique Aegerters Weg aus Rohrbach hinaus in<br />

die weite Welt, vom «Töfflibueb» bis zum GP-Sieger, könnte nicht erfunden<br />

werden. Die Wirklichkeit übertrifft die Fiktion. Es ist eine der besten Geschichten,<br />

die der Schweizer Sport je geschrieben hat. Das Buch erzählt Dominique Aegerters<br />

Weg vom Lausbuben bis zum Rockstar der internationalen Töffszene, leuchtet Hintergründe<br />

aus und zeigt auf, wie diese Karriere möglich geworden ist. Es geht um<br />

Menschen und Maschinen, um Triumphe und Tragödien. Die meisten dieser<br />

Geschichten sind so noch nie erzählt worden. Die Bilder haben die besten GP-Fotografen<br />

beigesteuert.<br />

DAS BUCH<br />

Dominique Aegerter –<br />

Ein Leben als Rennfahrer<br />

Von Klaus Zaugg und Werner<br />

J. Haller. 108 Seiten, durchgehend<br />

farbig illustriert.<br />

Format: 297 × 210 mm. Verkauspreis:<br />

Fr. 27.– plus Fr. 9.– Versandkosten.<br />

Erhältlich im Buchhandel oder direkt<br />

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IN EIGENER SACHE<br />

Leserbriefe<br />

Jodeln als Thema<br />

Seit 2009 wohne ich in Roggwil und habe<br />

deshalb auch das one X Magazin in meinem<br />

Briefkasten. Ob Sie vorhaben, auch<br />

einmal etwas über den Jodelgesang zu<br />

veröffentlichen, weiss ich nicht. Aber ich<br />

bin ganz sicher, dass für unser schönes<br />

Brauchtum ab und zu auch Strom nötig ist.<br />

Natürlich können wir in der freien Natur<br />

einen Jutz ertönen lassen, bekanntlich<br />

werden allerdings die meisten Jodleranlässe<br />

auf einer Bühne, in einem Festzelt<br />

oder in einer Kirche organisiert. Während<br />

sich die Rock- und Popmusik vor allem mit<br />

Verstärkern profilieren will, sind wir eher<br />

auf andere Stromverbraucher, z. B. für die<br />

Beleuchtung, für ein Mikrofon für die<br />

Ansage oder für die Orgel angewiesen. Im<br />

Namen unserer Vereinigung würden wir<br />

uns natürlich sehr freuen, wenn wir ab<br />

und zu aus der Jodlerszene berichten<br />

dürften. Lassen Sie es uns wissen. Schon<br />

im Voraus besten Dank.<br />

Josef Rösli, Roggwil<br />

Vielen Dank für die wertvolle Anregung. Wir<br />

werden diese in die Planung von künftigen<br />

Ausgaben einbeziehen.<br />

GCZ nicht der älteste Fussballclub<br />

Ich habe mit Freude die Interviews mit<br />

Stephan Anliker & Tom Lüthi gelesen.<br />

Klaus Zaugg und Bruno Wüthrich haben<br />

sehr interessante Fragen gestellt. Leider<br />

ist Ihnen bei der Behauptung, dass GCZ<br />

der älteste Fussballclub der Schweiz sei,<br />

ein grober Fehler unterlaufen: Der FC<br />

St. Gallen wurde bereits 1879 gegründet,<br />

also 7 Jahre vor GCZ!<br />

Hans U. Brunner-Bürki, Oberbipp<br />

In den Zusatzinfos zu obigem Artikel<br />

schreiben Sie, dass der Grasshopper<br />

Club Zürich der älteste Fussballclub der<br />

Schweiz sei. Das stimmt jedoch nicht. Der<br />

älteste Fussballclub der Schweiz und Kontinentaleuropas<br />

ist der FC St. Gallen (Gründungsjahr<br />

1879). Dieser ist also sieben<br />

Jahre älter als GC.<br />

Peter Beer, Wynigen<br />

Ihre Meinung<br />

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interessieren könnten? Oder haben Sie eine<br />

Ergänzung zu einem Artikel? Dann schreiben<br />

Sie uns. Ab der kommenden Ausgabe<br />

reservieren wir Platz für Sie.<br />

Oder möchten Sie über ein Thema, das wir<br />

noch nicht gebracht haben, mehr erfahren?<br />

Wir können Ihnen zwar keinen Artikel darüber<br />

garantieren. Aber prüfen werden wir<br />

Ihren Vorschlag ganz bestimmt.<br />

Wir wissen noch nicht, was auf uns zukommt,<br />

wenn wir die Möglichkeit zu Leserreaktionen<br />

bieten. Möglich, dass keine einzige<br />

kommt. Ebenfalls möglich, dass wir<br />

nicht alle Ihre E-Mails und Briefe publizieren<br />

können, und deshalb eine Auswahl treffen<br />

müssen. Werden Sie bitte nicht zu lang.<br />

Sonst müssten wir Ihren Beitrag eventuell<br />

kürzen.<br />

Beiträge mit beleidigenden, diffamierenden,<br />

rassistischen und sexistischen Inhalt werden<br />

nicht veröffentlicht.<br />

Wir freuen uns auf Ihr Feedback.<br />

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4900 Langenthal<br />

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34 one X 3 / 2015


1<br />

⁄1 Inserat randabfallend<br />

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