juden-von-rothenfels
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Juden <strong>von</strong> Rothenfels 45<br />
sondern mit einem Giebel zur Mainseite und dem Eingang<br />
im schmalen Durchschlupf zwischen den alten<br />
Hausnummern 12 (heute Hauptstraße 26) und 14<br />
(Hauptstraße 28). Just dieser Durchgang trug ehemals<br />
den Namen Judenwinkel oder, in der heutigen Erinnerung<br />
alter Einwohner, Jüdewinkel oder Judengasse. 247<br />
Zur aktuellen Situation: Während die beiden Vorderhäuser<br />
schön verzierte Fassaden mit Handwerkerzeichen<br />
und der Jahreszahl 1753 über den Türen zeigen,<br />
sind die auf den Stümpfen der Stadtmauer aufsitzenden<br />
Hinterhäuser völlig schmucklos. Miteinander<br />
zwar verbunden, bilden Vorder- und Rückgebäude derzeit<br />
wie ehedem getrennte Wohneinheiten.<br />
Der Familie Heil gehört in Rothenfels ein zweites<br />
Haus: die alte Nr. 95 (heute Hauptstraße 25), ein äußerlich<br />
unscheinbares Gebäude, auf der bergseitigen<br />
Stadtmauer aufsitzend, neben dem damals schon verschwundenen<br />
Obertor außerhalb der Altstadt gelegen.<br />
Der Immobilienbesitz der Familie in der Stadt kommt<br />
bei Hanna Heil zusammen, der Witwe des jüngsten der<br />
Brüder Josef, David und Abraham. Die verkauft die<br />
Häuser schließlich an christliche Bürger. 248 Zuvor hat<br />
der jüdische Kaufmann David Grünewald, verheiratet<br />
mit Fanny Heil, einer Tochter <strong>von</strong> Abraham und Hanna<br />
Heil, das Haus Nr. 95 einige Jahre lang besessen<br />
und bewohnt. 249<br />
In Berg<strong>rothenfels</strong> lassen sich sechs jüdische Wohnstätten<br />
identifizieren. 250 Aus den schriftlichen Quellen<br />
geht nicht hervor, wo die ersten Generationen lebten.<br />
Mittelpunkt der kleinen, 1750 gebildeten Kultusgemeinde<br />
ist das Anwesen der Familie Männlein. Im<br />
Grundsteuerkataster wird es als Haus Nr. 56 ausgewiesen,<br />
als Wohnhaus mit Keller, Stallung und Hofraum,<br />
und so ist es auch in der „Uraufnahme“ <strong>von</strong> 1843<br />
sichtbar. Dazu gehören einige in der Dorfflur verstreute<br />
Gärten und Äcker. 251 Heute steht an der Stelle<br />
(Berg<strong>rothenfels</strong>er Straße 30) ein zur Unkenntlichkeit<br />
der historischen Substanz modernisiertes, mit dem früheren<br />
Nachbarhaus zusammengelegtes Gebäude, die<br />
ehemalige Bäckerei und Gaststätte „Berger Stuben“.<br />
247 StadtAR IV 3/4 S. 101. Nach einem späteren Besitzer des Hauses<br />
Mainstraße 10, Oswald Scheeb, heißt der Durchgang auch<br />
Scheebsgasse (freundliche Hinweise <strong>von</strong> Hans Walter, Rothenfels).<br />
248 StAWü GrStKat Rothenfels: Renoviertes GrStKat S. 21 (1876:<br />
Nr. 15 verkauft an Andreas Schüppert), S. 182 (1887: Nr. 95<br />
verkauft an Georg Gerhard).<br />
249 StadtAR II 10/3 (unpaginiert, 15. 8. 1887; dort heißt es Nr. 85,<br />
wohl ein Schreibfehler); II 10/4 (unpaginiert, 4. 8. 1885; dort<br />
heißt es Nr. 95). Im Heberegister für 1883 wird David Grünewald<br />
mit Grundsteuer für Haus Nr. 95 aufgeführt (StadtAR IV<br />
9/8). In den Standesamtsregistern wird wechselweise Nr. 91<br />
und 93 genannt (VG Marktheidenfeld, Standesamt Karbach,<br />
Heiratsbuch Bd. I, Sterbebuch Bd. I).<br />
250 Vgl. die Einzelnachweise Anm. 251-261; dazu StadtAR 40-16<br />
(Brandversicherung). Die alten Hausnummern finden sich in<br />
der „Uraufnahme“ <strong>von</strong> 1843 (Landesamt für Digitalisierung,<br />
Breitband und Vermessung, München, NW.085.62d).<br />
251 StAWü GrStKat Berg<strong>rothenfels</strong>: Grund-, Saal- und Lagerbuch<br />
Bd. V fol. 1427-1432; Renoviertes GrStKat Bd. I S. 10 sowie S.<br />
205 f.<br />
Oben: Berg<strong>rothenfels</strong>, Berg<strong>rothenfels</strong>er Straße 30<br />
und 32. Das mehrfach modernisierte ehemalige Haus<br />
Nr. 56 (links) war Wohngebäude und Mittelpunkt der<br />
jüdischen Gemeinde.<br />
Mitte: Berg<strong>rothenfels</strong>er Straße 45 und 43. Links<br />
das ehemalige Haus Nr. 14, rechts die Alte Schule.<br />
Unten: Zum Alten Herrgott 14 (ehemals Haus Nr.<br />
40). Hier und zwei Häuser weiter am nordwestlichen<br />
Ortsausgang befanden sich die Bauernhöfe der Familie<br />
Heil.