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De:Bug 179

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WIR SIND NIE<br />

DIGITAL GEWESEN<br />

Diese Zukunft<br />

wartet noch<br />

<strong>179</strong><br />

Was bleibt von dem Buzzword "Postdigital", wenn<br />

man sich eingesteht, dass wir noch eine ganze Menge<br />

Digitalisierung vor uns haben, dass die digitale Revolution<br />

noch bevorsteht? <strong>De</strong>r Versuch einer Erklärung, warum<br />

die Perspektive "Wir sind nie digital gewesen!" vielleicht<br />

die zielführendere Sichtweise wäre.<br />

Die vielen Weisen in denen der Begriff Postdigital verwendet<br />

wird lassen sich vor allem als eins beschreiben: Anti-<br />

Revolutionär. Jede <strong>De</strong>finition ist ein Aufbäumen gegen die<br />

verschiedenen Revolutionen, die dem Digitalen zugeschrieben<br />

wurden. Gleichzeitig aber ist der Versuch einer Erklärung<br />

auch von einer grundrevolutionären Geste geprägt, die jeder<br />

"Post"-Begriff in sich trägt, schlimmstenfalls zur Versicherung<br />

der eigenen Avantgarde. Egal, ob es sich um das "besser<br />

Hören", oder sonstige Zuschreibungen der als unhinterfragbar<br />

dargestellten Vorteile digitaler Technik handelt, ob es um<br />

die Sichtbarkeit des Digitalen, gerne vergöttert in Bildern<br />

von Computern, Göttern der Netzwerke oder gar Robotern,<br />

geht. Oder ob es letztendlich ein Blick über den Tellerrand<br />

des Digitalen zurück ins Analoge sein will: Postdigital will die<br />

nächste Revolution nach den Chimären der Digitalen nicht<br />

dem banal Digitalen überlassen.<br />

Postdigital zehrt von der revolutionären Kraft des Digitalen,<br />

aus den endlosen Zuschreibungen von geschichtlichen<br />

Brüchen und ihrer umwälzenden Kraft, den Future-Shock-<br />

Tsunamis oder eben dem Aufgehen von Allem im Digitalen,<br />

zu der wir uns "jetzt" - damit wären ca. die letzten 15 Jahre<br />

gemeint, in denen dieser Begriff des Postdigitalen seinen<br />

langsamen Aufstieg feiert - verhalten müssen. Revolutionen<br />

der Technik, davon haben wir oft genug gehört. Jeder kennt<br />

sie, in diesem und jenem Zusammenhang. Im eigentlichen<br />

Sinne sind alle diese Revolutionen aber immer schon<br />

Evolutionen gewesen. Ein langsames und obendrein<br />

berechenbares Voranschreiten der Prozessorkapazitäten pro<br />

Quadratzentimeter, eine stete Ausweitung der Messbarkeit<br />

unserer Wirklichkeit, ein langsam aufgedrehtes Licht der<br />

Technik in den verschiedenen Bereichen der Wissenschaft,<br />

oder schlicht ein paar neue Features für die Menschheit.<br />

In einer Welt, in der gesellschaftliche Revolutionen dank<br />

weltweiter Ausweitung der Kapitalzone kaum zu erwarten<br />

sind, sprang das Digitale nicht selten bereitwillig in die Lücke.<br />

<strong>De</strong>r vermeintliche Bruch war immer eher eine - zumeist<br />

posthume - Bestätigung von schleichenden Vorgängen in<br />

einer mal kritischen, mal praktischen Anwendung unter<br />

dem Vorwand jetzt endlich, doch, jetzt, jetzt aber wirklich,<br />

einzusehen dass ein neues Zeitalter blüht, droht oder<br />

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