De:Bug 179
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ACTRESS<br />
GHETTOVILLE<br />
[WERKDISCS/NINJA TUNE]<br />
PINK SKULL<br />
HUITLACOCHE<br />
[MY FAVORITE ROBOT RECORDS]<br />
01 Actress<br />
Ghettoville<br />
Werkdiscs/Ninja Tune<br />
02 Pink Skull<br />
Huitlacoche<br />
My Favorite Robot Records<br />
03 Achterbahn D’Amour<br />
Odd Movements<br />
Acid Test<br />
04 Flying Lotus<br />
Ideas Drafts Loops<br />
Not On A Label<br />
05 Burial<br />
River <strong>De</strong>aler EP<br />
Hyperdub<br />
06 Childish Gambino<br />
Because The Internet<br />
Glassnote<br />
07 Nina Kraviz & Luke Hess<br />
Mr. Jones EP<br />
Rekids<br />
08 Haf Haf<br />
Notch LP<br />
Gang Of Ducks<br />
09 Archie Pelago<br />
Lakeside Obelisk<br />
Archie Pelago Music<br />
10 Soulphiction<br />
When Radio Was Boss<br />
Pampa Records<br />
11 Break SL<br />
Haisel Stieht<br />
UV Limited<br />
12 Vessels<br />
Elliptic EP<br />
Cuckundoo Records<br />
13 Frits Wentink<br />
Fluffy Tit<br />
Wolfskuil Ltd.<br />
14 Lord Of The Isles<br />
301C Symphony<br />
Permanent Vacation<br />
15 Redshape<br />
Wires<br />
Present<br />
16 Illum Sphere<br />
Ghosts Of Then And Now<br />
Ninja Tune<br />
17 Mouse On Mars<br />
Spezmodia EP<br />
Monkeytown<br />
18 Mikal<br />
Immaterial EP<br />
Metalheadz<br />
19 Trus’Me<br />
Somebody<br />
Prime Numbers<br />
20 Alien Rain<br />
Acid Reign<br />
<strong>De</strong>ep Sound Channels<br />
21 Magic Mountain High<br />
Tiny Breadcrumbs<br />
Off Minor<br />
22 Neneh Cherry<br />
Blank Project<br />
Smalltown Supersound<br />
23 Raz Ohara<br />
Moksha<br />
Album Label<br />
24 Douster<br />
Iz U High<br />
No Brainer Records<br />
25 Twwth<br />
Thousand Million EP<br />
Signal Life<br />
www.werkdiscs.com<br />
Bei seinem inzwischen vierten Album angelangt, enthält die Musik für<br />
Actress angeblich keine lesbare Sprache mehr. Nun ist es mit der Sprache<br />
in der Musik zwar ohnehin so eine Sache, weil die sich ja nie ganz eindeutig<br />
entziffern lässt. Was bei "Ghettoville" allerdings auffällt, ist der fortgeschrittene<br />
Zustand des Verfalls, in dem man den Großteil seiner Tracks vorfindet. Schon<br />
die erste Nummer, "Forgiven", erinnert auf den ersten Eindruck mehr an<br />
Industrial-Etüden, als an Weiterentwicklungen von House und Bassmusik.<br />
Man ist geneigt, an beschädigtes Fabrikgerät zu denken – mit einer gut<br />
geschmierten Tanzflächenmaschine hat das alles sehr wenig zu tun. In recht<br />
ähnlicher Stimmung geht es zunächst weiter. Zwischendurch kommt nach<br />
und nach Bewegung in die Sache, in "Corner" noch verhalten und mit einer<br />
herrlichen trashigen Synthie-Bläser-Melodie, dann, in "Birdcage" zum Beispiel,<br />
beginnt der Groove wieder ein wenig an die rumpelnde Motorik von "Splazsh"<br />
anzuknüpfen, mit diesem aggressiven Schaben im Beat, das es bei Actress so<br />
häufig gibt, wie wenn jemand mit der geballten Faust in der Hosentasche tanzt.<br />
Dazwischen bricht sich immer mal eine schwer nostalgische Melancholie<br />
Bahn, als trauere Cunningham der verlorenen Zuversicht in seine Musik nach.<br />
"Street Corp" lässt die Flaschenhälse erst euphorisch aneinanderkrachen<br />
und lädt dann, begleitet von schaurig-schönen Gehörgangkratzern und alles<br />
zermalmendem Bassbrummen, zum polyphonen Pusten über die Öffnung der<br />
zur Hälfte leergesoffenen Kannen ein. Und wo wir schon bei Unbehagen sind:<br />
"Time" britzelt, flimmert, zittert und reibt sich behände durch die Boxen und<br />
flüstert einem dämonisch fauchende Sprachfragmente in den Nacken, bis die<br />
Härchen sich aufstellen. "Frontline" pumpt sich hinter der fest verschlossenen<br />
Clubtür zu einem Endlose-Stampfer auf, während es einen bei "Gaze" mit<br />
zerhackstückeltem Störgeräusche-Soulsample sofort komplett hineinzieht.<br />
Einigen Stücken lässt Cunningham dabei kaum mehr als zwei Minuten Zeit,<br />
um ihre Botschaft zu verkünden – oder eben nicht. Vielleicht sollte man aber<br />
auch nicht zu allzu sehr von den Worten der Ankündigung auf die "Sprache"<br />
der Musik schließen. Ganz sicher ist "Ghettoville" ein anderes Statement als<br />
die vorangegangenen Platten. <strong>De</strong>r Beat ist zurück, wird jedoch weitgehend<br />
aus dem Club-Zusammenhang gerissen, darf meistens lediglich Fragment<br />
sein. Das kann man ebenso gut als Abstraktion und Suchbewegung verstehen,<br />
ohne in jedem verrauschten Rumpeln gleich einen Schwanengesang<br />
erkennen zu müssen. Und wenn in "Rap" eine verfremdete Stimme "Wrap<br />
yourself around me" singt, ließe sich das durchaus als Aufforderung verstehen.<br />
Als kleine Aufmerksamkeit Cunninghams an seine Fans gibt es "Hazyville",<br />
das erste Album von Actress, in remasterter Form als Zugabe obendrauf.<br />
TCB<br />
www.cosmic-disco.com<br />
Irgendwie hört man schon am Namen, dass Pink Skull mal eine Band war.<br />
Eine Liveband, wie man mit etwas Abstand sagen würde. Und Amis. In<br />
wechselnden Besetzungen rings um Justin Geller und Julian Grefe gehört seit<br />
einer Weile Joe Lentini (den man vielleicht von seinen Releases auf Schematic<br />
kennt) dazu und ihr Sound hat sich in etwas verwandelt, dass uns schon<br />
mit den letzten EPs auf Days Of Being Wild und My Favorite Robot Records<br />
gepackt hat. Und jetzt? Das Album! Es hält nicht nur, was die EP schon<br />
versprochen hatte, sondern ist durch und durch ein Meisterwerk. Jeder Track<br />
wirkt irgendwie wie aus Stein gemeißelt. Hier wird um jeden Sound gekämpft.<br />
Egal, ob es in flatterigen Breakbeats oder geraden Drums losgeht, die Tracks<br />
sind voller darker Angriffslust, verrückter Breaks, unglaublich gedämpfter<br />
Synths, Stimmungen, Magie. Ich würde mir wünschen, man verpflichtete Pink<br />
Skull für den nächsten "Blade Runner". Das wäre konsequent. Ihre Basslines<br />
brechen Knochen, ihre Sounds zeugen vom Wissen um die Vergangenheit<br />
der Synthgeschichte, sind aber alles andere als rückwärtsgewandt, und<br />
in jedem der Stücke steckt diese Energie, die einem die Zukunft verheißt.<br />
Diese Einsamkeit der Dystopie, in der sich doch irgendwie ein Versprechen<br />
einer Welt findet, die voller Geheimnisse und Spannung steckt. Ein Album<br />
für den Floor, fürs Hirn, voller Funk und doch voller Geschichten. Wie schon<br />
der Titel. "Huitlacoche". Sieht aus wie angeranztes Hirn. Oder schlimmer.<br />
Wie Dinge halt aussehen, die sich Maisbeulenbrand nennen. Jahrelang als<br />
Schädling bekämpft, landet das Zeug mittlerweile in den Sternerestaurants<br />
als mexikanischer Trüffel. Die Mexikaner wussten das schon immer. Gesund<br />
ist es auch noch. Und schwer zu tippen. Warum wir das erzählen? Weil es so<br />
gut passt. Die Pilzeuphorie der Halbwahnsinnigen, die mexikanischen Mythen<br />
die die US-Seele immer wieder durcheinandergebracht haben. Pink Skull<br />
sind Psychic-TV-Fans, Faust, Can. Lieben ihren modularen Synth. Die Wüste<br />
vermutlich. Das perfekt Unnachahmliche im Unperfekten. Das Kaputte mit<br />
Hintergedanken. Die Zerstörung als Mittel der Entdeckung. Und die innere<br />
Reise, die nirgendwohin führt, außer zu unerwarteten Ergebnissen, die sich<br />
lohnen. Und all das kann man in den Tracks des Albums fast schmecken.<br />
Glanz? Nein, Gewucher führt zum Glück. Mutanten, abseitige Ideen, die Reste<br />
des Unentdeckten mitten in einer durchleuchteten Welt. "Huitlacoche". Wie<br />
schmeckt das? Je nachdem wen man fragt wie Erde, Dreck, Müll, oder nussig,<br />
süsslich, fruchtig, göttlich. Erste Farmer in den Staaten infizieren schon ihre<br />
Felder . Eine Goldgrube. Und die Etymologie zuletzt. Schlafende Scheiße. So,<br />
jetzt haben wir Hunger. Wird gestillt durch Hören des Albums in Dauerschleife.<br />
BLEED<br />
70