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Wilde Kaiserin Frühjahr/Sommer 2016

Das Magazin für Gäste und Einheimische

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TEXT: MARIA KRÖLL<br />

FOTO: GMEDIA<br />

SCHULE SCHAFFT<br />

MÖGLICHKEITEN<br />

LERNEN IST WIE RUDERN GEGEN DEN STROM. HÖRT MAN DAMIT AUF, TREIBT MAN ZURÜCK.<br />

Gleich in mehrerlei Hinsicht treffen die Worte des chinesischen Philosophen Laozi auf Andreas Wurzrainer<br />

zu. Denn seit der 39-jährige Direktor der Volksschule Itter ist, hat er dort für ganz schön frischen<br />

Wind gesorgt und ein neues Unterrichtskonzept eingeführt - die Potenzialfokussierte Pädagogik.<br />

„Potenzialfokussierte Pädagogik - was ist<br />

das?“ werden sich nun viele denken. Es ist<br />

natürlich schwer, ein komplexes Konzept<br />

in wenige Worte zu fassen, ein Versuch sei<br />

trotzdem gewagt: Es wird dabei versucht,<br />

die Schülerinnen und Schüler durch individuelle<br />

Förderung und intensives Miteinbeziehen<br />

in die Unterrichtsgestaltung zu<br />

eigenverantwortlichem Lernen und selbstständigem<br />

Denken anzuhalten. Die Kinder<br />

sollen sehen, dass das, was sie tun, sinnvoll<br />

und wichtig ist, betont der Schulleiter:<br />

„Schule muss Sinn machen, sonst braucht<br />

man nicht hinzugehen.“<br />

WENDEPUNKT<br />

Sein Interesse an neuen Wegen im Unterricht<br />

erwachte relativ spät. Erst 2006,<br />

nachdem er bereits fünf Jahre als Lehrer<br />

arbeitete, begann Andreas, sich damit auseinanderzusetzen.<br />

Doch gerade das gibt Laozi Recht - ausgelernt<br />

hat man eben nie. Und wie vielseitig<br />

die Wege sind, auf denen Lernen und Bildung<br />

vonstatten gehen können, weiß Andreas<br />

Wurzrainer aus erster Hand. Sein<br />

Interesse komme nämlich nicht von ungefähr,<br />

erklärt er. Nicht etwa durch abstrakte<br />

Theorien und komplizierte Fachaufsätze<br />

sei es geweckt worden, sondern ganz<br />

praxis-, ja lebensnah. Dazu gebracht hat<br />

ihn die Zusammenarbeit mit Schülern<br />

und Schülerinnen einer Sonderschule,<br />

wo er ein Jahr lang Informatik unterrichtete.<br />

„Ganz zu Beginn haben die Kinder<br />

gesagt ‚Wir sind die, von denen du nichts<br />

zu erwarten brauchst‘. Worauf ich meinte,<br />

dass wir dann ja nichts zu verlieren hätten.<br />

Und es hat geklappt“, erzählt der junge<br />

Lehrer von diesem Wendepunkt in seiner<br />

Karriere.<br />

IN ALLEN LEBENSBEREICHEN<br />

So kam es, dass sich der junge Lehrer immer<br />

intensiver mit der Thematik beschäftigte.<br />

Dies hat nicht nur die Art und Weise, wie<br />

er seinen Unterricht gestaltet und seiner<br />

Rolle als Volksschuldirektor nachkommt,<br />

verändert, sondern ihn auch privat beeinflusst.<br />

„Früher habe ich gedacht, das Leben<br />

ist manchmal einfach so oder so und dass<br />

es Dinge gibt, die man einfach hinnehmen<br />

muss. Doch durch den Potenzialfokussierten<br />

Ansatz habe ich gemerkt, dass, wenn<br />

man sich selber verändert, man auch die<br />

Anzahl seiner Möglichkeiten verändert.“<br />

Eben dies besagt ja auch der ethische Imperativ<br />

Heinz von Försters, der ein Vorbild<br />

für Andreas ist. Diese Handlungsmaxime<br />

formulierte der österreichische Physiker in<br />

Anlehnung an Kants kategorischen Imperativ<br />

- „Handle stets so, dass die Anzahl der<br />

Wahlmöglichkeiten größer wird.“<br />

PHILOSOPHIE IM KLASSENZIMMER<br />

Wie lassen sich aber nun solch teils sehr<br />

philosophische Gedanken in den Schulalltag<br />

integrieren? Begriffe wie Potenzialfokussierte<br />

Pädagogik und ethischer Imperativ<br />

scheinen auf den ersten Blick so<br />

gar nichts mit Klassenzimmern voller quirliger<br />

6- bis 10-Jähriger zu tun zu haben.<br />

<strong>Wilde</strong> <strong>Kaiserin</strong><br />

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