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oneX magazin 07.2016

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AUSGABE 7 JULI 2016<br />

MULTI<br />

TALENT<br />

Corinne Sutter<br />

Die Karikaturistin über<br />

ihren TV-Auftritt und<br />

dessen ungeahnte Folgen<br />

IMMANUEL KANT<br />

Das fiktive Interview<br />

zum kategorischen<br />

Imperativ<br />

MÄRKTE<br />

Der Wandel vom<br />

Bauernmarkt zum<br />

Erlebnis-Event<br />

DOMI AEGERTER<br />

Der Töfffahrer ist<br />

in der tiefsten Krise<br />

seiner Karriere


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EDITORIAL / INHALT<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser<br />

4<br />

Jetzt hat also unser Magazin einen neuen<br />

Namen: s’Positive. Der alte (one X<br />

Magazin) hat ausgedient. Da stellen sich<br />

zwei Fragen. 1.) Interessieren positive Artikel<br />

überhaupt? 2.) Wird damit ein Magazin<br />

produziert, welches blindlings einen<br />

auf Positivismus macht?<br />

Zur ersten Frage: Es ändert nur der<br />

Name. Das Konzept bleibt gleich. Unsere<br />

Artikel hatten auch bisher immer einen positiven<br />

Ansatz. Dies wird so bleiben. Das<br />

heisst nicht, dass wir unkritisch sind. Im<br />

Gegenteil: Doch Kritisieren heisst nicht<br />

Schlechtmachen. Etwas mit einem positiven<br />

Ansatz zu betrachten heisst nicht, alles<br />

gut zu finden.<br />

Und damit wären wir schon bei der<br />

zweiten Frage. Von Krieg, Terror, Mord,<br />

Verbrechen etc. mal abgesehen, gibt es<br />

nicht viele Dinge, die per se schlecht sind.<br />

Das Meiste hat auch seine positiven Seiten.<br />

Muss ich, um ein Beispiel zu nennen, weil<br />

ich den Schadstoffausstoss der Autos und<br />

seinen Einfluss auf die Klimaerwärmung<br />

nicht gut finde, die individuelle Mobilität<br />

verteufeln? Wir finden, dass wir dies nicht<br />

müssen. Aber wir können sie thematisieren,<br />

kritisieren und versuchen, Möglichkeiten<br />

aufzuzeigen. Wie wir dies auch bisher<br />

schon getan haben.<br />

s’Positive kann, weil es nur einmal im<br />

Monat erscheint, kein News-Magazin<br />

sein. Wir bringen keine oder nur wenig<br />

News zum Tagesgeschehen. Aber wir beleuchten<br />

Hintergründe, beschreiben Sachverhalte,<br />

und stellen weitgehend Unbekanntes<br />

vor. Und verfolgen dabei immer<br />

einen positiven Ansatz.<br />

Viel Spass beim Lesen<br />

Ihr Bruno Wüthrich<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber: one X Services<br />

Redaktion: Bruno Wüthrich,<br />

Klaus Zaugg<br />

Layout: tnt-graphics AG,<br />

www.tnt-graphics.ch<br />

Auflage: 69 000 Exemplare<br />

Druck: NZZ Print, www.nzzprint.ch<br />

Versand: Die Post<br />

Inserate-Annahme und Redaktion:<br />

redaktion@onex<strong>magazin</strong>.ch<br />

14<br />

4 CORINNE SUTTER<br />

Mit Ihrem Auftritt in «Das<br />

grösste Schweizer Talent»<br />

wurde sie weltweit bekannt<br />

– dank dem Internet. Das<br />

hat für Corinne Sutter auch<br />

seine Schattenseiten.<br />

14 WUSSTEN SIE<br />

Ein Fechtduell barbusiger<br />

Frauen (es ging um Blumenschmuck),<br />

von wohl<br />

organisierten Kaninchen<br />

und dreierlei Charakteren.<br />

16 IMMANUEL KANT<br />

Er wurde mit dem «Kategorischen<br />

Imperativ» berühmt<br />

und gibt uns ein fiktives Interview<br />

über Moral, Pflicht<br />

und Zwang.<br />

24<br />

24 MÄRKTE IM WANDEL<br />

Früher hatten Märkte<br />

grosse wirtschaftliche<br />

Bedeutung, heute sind sie<br />

vor allem unterhaltsam.<br />

28 DOMINIQUE AERGERTER<br />

Der Motorradfahrer steckt<br />

in der grössten Krise seines<br />

Rennfahrerlebens.<br />

34 DIE SEITE DER LESER<br />

Leserbriefe und<br />

Veranstaltungskalender.<br />

28<br />

16<br />

s’Positive 7/ 2016 3


CORINNE SUTTER<br />

Die<br />

Karikaturistin<br />

und das heimliche Multitalent<br />

Die Jury einer Schweizer Castingshow «buzzerte» sie zu<br />

Unrecht aus dem Rennen. Doch die Niederlage gedieh<br />

zum grossen Sieg. Im Interview erzählt uns Corinne Sutter<br />

von ihren Anfängen als Karikaturistin und Malerin, sowie<br />

von ihren anderen Talenten.<br />

TEXT: BRUNO WÜTHRICH UND KLAUS ZAUGG<br />

FOTOS: MARCEL BIERI<br />

4 s’Positive 7/ 2016


Das Multitalent<br />

Corinne Sutter vor<br />

ihrem Atelier in<br />

Aarwangen<br />

Lassen wir die Situation nochmals<br />

vor unserem geistigen Auge ablaufen.<br />

Gespannt verfolgt das Publikum<br />

die Bewegungen der Zeichnerin<br />

auf dem Podium und schaut auf<br />

das Bild, das da entsteht. Schnell wird deutlich,<br />

was da auf dem Bild gedeiht. Es ist der<br />

Kopf von Monsieur Gilbert Gress, seines<br />

Zeichens Ex Fussball-Nationaltrainer und<br />

aktuell Jurymitglied bei «Das grösste Schweizer<br />

Talent». Doch schon ertönt der erste<br />

Buzzer. Es ist Susanne Kunz, die sich im Verlaufe<br />

der Show einmal mehr als die Ungeduldigste<br />

erweist. Bald darauf drücken auch<br />

Bligg und Jonny Fischer auf ihre Knöpfe. Als<br />

letzter drückt auch Gress, und damit ist der<br />

Auftritt vorbei – eigentlich. Doch die Zeichnerin<br />

lässt sich nicht beirren, sie braucht ja<br />

nur noch ein paar Sekunden. Monsieur Gress<br />

ist längst klar zu erkennen. Doch dann wird<br />

das Bild gedreht, Staub wirbelt auf, und zu<br />

erkennen ist, klar und deutlich, Bligg.<br />

Die Überraschung ist perfekt. Auch bei<br />

der Jury. Am schnellsten reagiert Gilbert<br />

Gress. Er erkennt als erster seinen gresslichen<br />

Irrtum, steht unverzüglich auf und<br />

entschuldigt sich. Ihm ist das ehrliche Bedauern<br />

anzusehen. Auch Bligg ist konsterniert.<br />

Susanne Kunz dauerte die Show, die<br />

das ganze Publikum faszinierte, zu lange.<br />

s’Positive 7/2016 5


CORINNE SUTTER<br />

2<br />

1<br />

s’Positive: Steigen wir mit Ihrem Auftritt<br />

in der TV-Sendung «Das grösste Schweizer<br />

Talent» ein: Sie sind dort zwar gescheitert,<br />

aber das dürfte Ihrem Bekanntheitsgrad<br />

nicht geschadet haben.<br />

Corinne Sutter: Ja, so ist es. Diese Sendung<br />

ist sogar so etwas wie ein Fixpunkt geworden.<br />

Ich ertappe mich dabei, wie ich meine Karriere<br />

unterteile: in die Zeit vor dieser Sendung<br />

und in die Zeit danach.<br />

Sie sind dadurch bekannter geworden.<br />

Ja, und wahrscheinlich hat es mir sogar geholfen,<br />

dass ich gleich rausgeflogen bin. Es<br />

war klar, dass ich nicht in den Liveshows<br />

nochmals zu sehen sein würde. Die Neugierde<br />

an der Schwarzmalerin, welche die Jury<br />

«Wahrscheinlich hat es mir genützt,<br />

dass ich rausgeflogen bin.<br />

Das Interesse der Medien war<br />

geweckt und in den sozialen<br />

Medien kam es zu einem Hype»<br />

etwas vorgeführt hatte, war geweckt, die<br />

Medien mussten auf mich zugehen, um mehr<br />

über mich herauszufinden. In den sozialen<br />

Netzwerken ist es zu einem Hype gekommen.<br />

Haben die sozialen Medien mehr bewirkt<br />

als das Fernsehen?<br />

Ja. Das Finale von «Das grösste<br />

Schweizer Talent» haben<br />

800 000 Zuschauer im Fernsehen<br />

gesehen – rund 200 000 mehr als<br />

letztes Jahr. Im Internet verzeichnet<br />

mein TV-Auftritt über 150<br />

Millionen Views. Begonnen hat<br />

der Hype 10 Tage nach der Ausstrahlung in<br />

Asien mit 250 000 Views binnen weniger<br />

Stunden, ich konnte es anfänglich kaum fassen.<br />

Interessanterweise kamen vor allem<br />

Reaktionen aus eher «ärmeren» Ländern,<br />

also von der Südhalbkugel. Aber es kamen<br />

auch Mitteilungen aus Kanada, den USA.<br />

Hat sich das auch finanziell ausbezahlt?<br />

Nein. Für den Bekanntheitsgrad war es gut.<br />

Aber ich werde 2016 bedeutend<br />

weniger Umsatz machen<br />

als 2015. Weil das Interesse an<br />

meiner Person so gross war,<br />

dass ich von Medientermin zu<br />

Medientermin geeilt bin und<br />

viel Fanpost beantwortete,<br />

fehlte mir die Zeit, meiner<br />

eigentlichen Tätigkeit nachzugehen.<br />

An den Medienterminen<br />

verdiene ich nichts.<br />

Weil ich mit meiner Arbeit eine Familie ernähre,<br />

fragte ich mich manchmal schon, für<br />

wen ich das alles eigentlich mache und ob<br />

sich das mal irgendwie lohnen würde.<br />

Aber bestimmt werden Sie jetzt besser<br />

gebucht.<br />

Ich wurde auch zuvor schon gut gebucht,<br />

hatte aber ein paar zusätzliche Auftritte dank<br />

DGST. Vor allem kamen endlos Anfragen für<br />

Karikaturen aus aller Welt, da musste ich mir<br />

Gedanken machen, was ich will. Es war unmöglich,<br />

der Nachfrage gerecht zu werden,<br />

weshalb ich kurzum alles absagte. Ich finde,<br />

das hat irgendwie Stil.<br />

Haben Sie keinen Manager, der für Sie die<br />

Termine verwaltet und Ihnen den Rücken<br />

freihält?<br />

Nein, und ich will es auch nicht. Ich organisiere<br />

seit 13 Jahren alles selber und bin dabei<br />

routiniert und recht effizient. Ich will die<br />

Dinge nicht aus der Hand geben. Hingegen<br />

wäre ein Berater sehr willkommen.<br />

Sie sind als Karikaturistin bekannt. Ist das<br />

nach wie vor Ihre Haupttätigkeit?<br />

Ja – eine intensive! Ich muss einen grossen<br />

Hut tragen, um alles unter einen Hut zu bringen.<br />

Ich werde beispielsweise für Messen<br />

oder Betriebsfeiern als Live-Karikaturistin<br />

gebucht, zeichne manchmal an einem Tag<br />

acht Stunden lang und reise dazu noch durch<br />

die halbe Schweiz. Mir ergeht es dabei oft<br />

wie Nora, meiner Hundefreundin aus Kind-<br />

6 s’Positive 7/ 2016


3<br />

heitstagen: Bergauf rannte sie wie verrückt<br />

und am Schluss musste sie ins Tal getragen<br />

werden – auch mir fehlen oft Energie und<br />

Zeit, «runter» zu kommen.<br />

Von wie vielen Auftritten reden wir da?<br />

Dies ist völlig unterschiedlich. Manchmal ist<br />

es nur einer in der Woche, aber beispielsweise<br />

im August trete ich während einer Woche<br />

täglich auf, teils sogar mehrmals.<br />

Wenn Sie eine Karikatur zeichnen, sehen<br />

Sie ja nur das Gesicht. Gelingt es Ihnen<br />

auch, in den Menschen hineinzuschauen?<br />

Ich versuche es zumindest. Mich interessieren<br />

nicht in erster Linie eine grosse Nase oder<br />

abstehende Ohren. Das mag zwar lustig sein,<br />

wird aber ganzheitlich gesehen dem Gegenüber<br />

nicht gerecht. Ich bin stets auf der Suche<br />

nach dem Zusammenhang zwischen<br />

Aussehen und dem Menschen dahinter. Manche<br />

wollen gar nicht, dass ich so tief in sie<br />

rein sehe, es kann ja auch bedrohlich sein,<br />

wenn jemand versucht, in die Seele zu schauen.<br />

Ich bin jedoch nicht Mike Shiva, würde<br />

deshalb nie behaupten, dass ich mit meinem<br />

Blick richtig liege. Aber ich spüre und sehe<br />

viel und finde es hoch interessant, beispielsweise<br />

eine Asymmetrie auf einseitiges<br />

Betätigen der Hirnhälften zu<br />

untersuchen.<br />

Sieht man im Gesicht des Menschen<br />

seine Seele?<br />

Es gibt einen Zusammenhang,<br />

doch ist es komplex. Es kann sich<br />

auch um eine Wechselwirkung handeln. Das<br />

Gesicht und die Ausstrahlung spiegeln die<br />

Seele. Aber wird ein Mensch nicht gleichzeitig<br />

auch geprägt von der Art und Weise, wie<br />

sein Umfeld auf ihn reagiert? Von den Erwartungen<br />

an sein Wesen, inspiriert durch<br />

sein Gesicht? Ich mutmasse, dass das Aussehen<br />

die Seele beeinflusst und diese mit<br />

dem Älterwerden zunehmend das Aussehen.<br />

Manchmal fällt mir auf, wie jemand mit 15<br />

noch unstimmig oder unscheinbar wirkte,<br />

mit 30 aufblüht und attraktiv erscheint –<br />

weil er oder sie zu sich fand.<br />

Kann man diese Ausstrahlung in der Karikatur<br />

herausarbeiten?<br />

Es ist möglich, aber dafür braucht es ein<br />

Interesse an und ein Einfühlen in die Persönlichkeit.<br />

Deshalb lasse ich mich nicht von<br />

äusserlichen Merkmalen wie einer Hakennase<br />

oder einem Doppelkinn ablenken und<br />

stelle diese auch nicht allzu überzeichnet<br />

dar. Ich liebe es auch, feine Eigenheiten eines<br />

Gesichtes herauszuschälen. Mit einem<br />

über die Lippen gezeichneten Eckzahn erwecke<br />

ich einen hämischen Eindruck. Mit<br />

nur einer Linie am richtigen Ort kann ich<br />

Bild 1: Corinne Sutter wagte den Versuch<br />

mit der Castingshow.<br />

Bild 2: Der entscheidende Moment führte<br />

zu vielen Kommentaren im Internet.<br />

Bild 3: Die Karrikaturen von Corinne Sutter<br />

sind nie beleidigend.<br />

eine zynische, intellektuelle oder naive Wirkung<br />

erzielen.<br />

Auf guten Karikaturen sind die gezeichneten<br />

Menschen gut erkennbar, auch<br />

wenn sie anders dargestellt sind, als sie<br />

eigentlich aussehen. Wie reagieren die<br />

Leute auf Ihre Karikaturen?<br />

Sie freuen sich, wenn sie sich selbst wiedererkennen,<br />

und wenn sie sich dabei gefallen,<br />

absolviert der Narzisst in ihnen einen kleinen<br />

Freudentanz. Schon durch die Tatsache, dass<br />

die meisten einen «Verriss» erwarten, sind<br />

die Reaktionen nahezu jedes Mal positiv. Es<br />

ist nicht mein Stil, Menschen negativ darzustellen.<br />

Der Auftrag, eine Karikatur zu machen,<br />

ist kein Freipass zum Schlechtmachen.<br />

Das italienische Wort «caricare» steht für<br />

übertreiben und ist nicht wertend.<br />

Sie arbeiten als Karikaturistin auch für<br />

den Nebelspalter. Das ist sozusagen eine<br />

Adelung.<br />

Es freut mich wahnsinnig, dass ich für den<br />

Nebelspalter arbeiten darf. Denn in der<br />

Schweiz ist der Nebelspalter für Karikaturen<br />

DAS Blatt. Ich war immer schon sehr ehrs’Positive<br />

7/2016 7


CORINNE SUTTER<br />

geizig, gaukelte mir jedoch vor, wenn ich es<br />

einmal in den Nebelspalter geschafft hätte,<br />

würde ich lieb zu mir sein und einen Gang<br />

zurückschalten. Eine Illusion!<br />

Wird Ihnen ein Thema vorgegeben, oder<br />

zeichnen Sie, was sie wollen?<br />

Die vier Köpfe der Rubrik «Leute von heute»<br />

sind jeweils vorgegeben.<br />

Wenn wir Sie richtig verstanden haben,<br />

ist es mit dem Ehrgeiz nicht besser geworden...<br />

Nein. Ich bin nie am Ziel und selten zufrieden<br />

mit meiner Leistung. Es fällt mir schwer,<br />

Erreichtes als Erfolg zu verbuchen. Dadurch<br />

bleibe ich ein ziemlich unsicherer Mensch…<br />

…so wirken Sie aber ganz und gar nicht.<br />

Es ist aber so. Eine Selbstzufriedenheit stellt<br />

sich nicht ein, auch wenn ich viel leiste und<br />

gelegentlich etwas erreiche, worauf die Gesellschaft<br />

schliesst, dass ich eine selbstsichere<br />

Person sein muss. Es ist wie eine innere<br />

Zerrissenheit. Mein Ehrgeiz treibt mich, die<br />

Managerin in mir nimmt Aufträge, Auftritte<br />

an, während die Künstlerin in mir nur in<br />

Ruhe ihrer Kunst nachgehen will. Der «innere<br />

Schweinehund» würde am liebsten in der<br />

Hängematte rumliegen. Da die vorlaute Managerin<br />

meist zuerst zum Zuge kommt, sollte<br />

die Künstlerin ständig leisten und für den<br />

Schweinehund bleibt sowieso kaum Platz.<br />

Da kommt es gelegentlich vor, dass der<br />

Schweinehund und die Künstlerin händchenhaltend<br />

davonspazieren, weil es ihnen<br />

zu dumm wird. Der Weg zur Fertigstellung<br />

von Bildern verlangt mir viel ab. Aber ich<br />

weiss um die Befriedigung, wenn ich etwas<br />

geschafft habe. Die künstlerische Tätigkeit<br />

ist halt ebenso qual- wie lustvoll.<br />

Welcher Teil in Ihnen setzt sich jeweils<br />

durch: die Managerin oder die Künstlerin?<br />

Während der letzten 13 Jahre meist erstere.<br />

Nun soll die Künstlerin mal endlich ausdrücken,<br />

was in ihr – in mir – ist und auch mal<br />

wild drauf los malen dürfen. Aufträge anzunehmen<br />

bedeutet grossenteils, die Ideen<br />

anderer, und nicht meine eigenen, umzusetzen.<br />

Das fühlt sich an wie Prostitution. Daher<br />

beschränke ich mich als Karikaturistin neuerdings<br />

auf Auftritte. Da kann ich doch sehr<br />

authentisch machen, was ich sehe.<br />

Sie sind ja nicht «nur» Karikaturistin. Sie<br />

sind auch eine begabte Musikerin, Sie malen,<br />

Sie machen Skulpturen, Sie sind Moderatorin,<br />

Sie sind eine begabte Schreiberin<br />

und haben auch schon als Journalistin gearbeitet<br />

– Sie sind schwierig einzuordnen.<br />

Ich habe tatsächlich keinen Masterplan für<br />

meine Karriere. Wahrscheinlich wäre es<br />

kommerziell besser, wenn ich mich einfach<br />

auf eine Tätigkeit konzentrieren würde. Aber<br />

ich lasse mich nicht einengen. Meine Eigenständigkeit,<br />

die Freiheit, meine verschiedenen<br />

Neigungen auszuleben und meinen<br />

Kindern eine gute Mutter zu sein, sind mir<br />

wichtig. Für den rein kommerziellen Weg bin<br />

ich zu eigenwillig. Nur zu kreieren, was sich<br />

verkaufen lässt, schränkt künstlerisch ein.<br />

Könnten Sie künstlerisch tätig sein, wenn<br />

Ihr Mann seine Karriere nicht aufgegeben<br />

hätte und Hausmann geworden wäre?<br />

Sicher nicht in dem Ausmass.<br />

Jens hält mir einerseits<br />

den Rücken frei, indem<br />

er sich um die Kids,<br />

den Haushalt und Garten<br />

kümmert, wenn ich weg<br />

bin. Gleichzeitig tüftelt er<br />

ständig an neuen Techniken,<br />

deckt mich mit den<br />

unglaublichsten Materialien<br />

ein. Wir haben die klassische<br />

Rollenverteilung ausgetauscht. Das<br />

können Sie ruhig im Interview stehen lassen,<br />

die Leute dürfen gerne um diese Rollenverteilung<br />

wissen. Meine Eltern haben<br />

mir bereits ein atypisches Modell vorgelebt.<br />

Sie arbeiten je 50 Prozent, unterrichten zusammen<br />

eine Klasse und teilen sich die<br />

Hausarbeit auf.<br />

Was möchten Sie einmal der Nachwelt<br />

hinterlassen?<br />

Meine Karikaturen werden nach meinem Ableben<br />

nicht an Wert gewinnen. Ich habe in<br />

den letzten 13 Jahren über 10 000 gezeichnet,<br />

«Mein wichtigstes Motto:<br />

Wertschätzung durch Verzicht.<br />

Nur, wenn ich zwischendurch auf<br />

einem harten Bett schlafe, kann ich<br />

ein weiches Bett richtig schätzen»<br />

das sind ganz einfach zu viele. Karikaturen<br />

sind nicht zu verwechseln mit klassischen<br />

Kunstwerken. Es sind persönliche Momentaufnahmen.<br />

Ich male aber auch in meinem<br />

Atelier. Dabei mache ich nicht Gemälde mit<br />

dem Ziel der Wandverzierung. Wenn «zie-<br />

8 s’Positive 7/ 2016


Bis zum 16. Lebensjahr<br />

dominierte in<br />

Corinne Sutters Leben<br />

die Musik, erst anschliessend<br />

konzentrierte<br />

sie sich aufs<br />

Zeichnen<br />

ZUR PERSON<br />

Corinne Sutter<br />

Am 4. März 1985 kam Corinne Sutter<br />

in Flawil zur Welt, wo sie auch aufwuchs.<br />

Sie schloss 2007 den Bachelor<br />

of Arts an der Pädagogischen Hochschule<br />

St. Gallen in Rorschach ab mit<br />

einer Sonderauszeichnung für musikalische<br />

und künstlerische Leistungen,<br />

was eigentlich insofern erstaunlich ist,<br />

als dass sie mit 17 Jahren ihre Karriere<br />

als Zeichnerin und Malerin forciert.<br />

Die Allround-Künstlerin begann schon<br />

im frühen Alter mit dem Zeichnen und<br />

konnte als Autodidaktin mit viel Leidenschaft<br />

ihren Traum, Zeichnerin zu<br />

werden, verwirklichen. Menschen und<br />

Gesichter hatten es ihr schon früh besonders<br />

angetan, und gepaart mit ihrer<br />

fröhlichen Natur war bald «die Karikaturistin»<br />

geboren.<br />

Corinne Sutter, die nach eigenen Angaben<br />

alle ihre Hobbys zum Beruf gemacht,<br />

und deshalb keine Hobbys<br />

mehr hat, ist verheiratet und hat zwei<br />

Kinder. Sie lebt und arbeitet in Aarwangen.<br />

ren», dann bevorzuge ich es, zu «provo-zieren».<br />

Es geht mir mehr darum, in meinen<br />

Gemälden die Gesellschaft und deren Mechanismen<br />

zu spiegeln. Ich mag es, etwas auf<br />

unkonventionelle Art darzustellen und gängige<br />

Denkmuster zu hinterfragen. So ein wenig<br />

wie ein Regenwurm, der durch die Erde<br />

geht. Würmer sind nicht primär schön, aber<br />

sehr wichtig. So malte ich mal eine Reihe von<br />

Schwangeren – darunter einen umoperierten,<br />

schwangeren Mann oder eine Rauchende.<br />

Haben Sie DAS Kunstwerk schon gemalt?<br />

Nein, aber es entspricht nicht meiner Art,<br />

diese Frage jemals mit Ja zu beantworten.<br />

Ich habe viele Ideen im Kopf und bislang zu<br />

wenig Zeit, sie zu realisieren.<br />

Dann wäre der Idealfall der Gewinn einer<br />

Lottomillion. So wären Sie von der Rolle<br />

der Managerin befreit und könnten Ihren<br />

Neigungen nachgehen und Kunstwerke<br />

entstehen lassen.<br />

Dann wäre ich zwar von allen finanziellen<br />

Sorgen befreit. Aber das wäre nicht nur gut<br />

für mich.<br />

Warum denn nicht? Viele grosse Künstler<br />

sind im Mittelalter von Kurfürsten am Hofe<br />

ausgehalten worden.<br />

Ja, das schon, aber es kann auch einengen,<br />

verpflichten. Ich kämpfte lange gegen das<br />

Müssen, sehe dieses jedoch inzwischen als<br />

eine grosse Chance. Es zwingt den Schweinehund<br />

in die Knie. Im Anschluss stellt sich<br />

ein schönes Gefühl ein, etwas geleistet, geschaffen<br />

zu haben, das ich ohne das Müssen<br />

– da entgegen der Lust – niemals geschafft<br />

hätte.<br />

Nun werden Sie philosophisch!<br />

Finden Sie? Es ist eine ganz reale Lebenserfahrung<br />

und zugleich mein wichtigstes Motto<br />

überhaupt: Wertschätzung durch Verzicht.<br />

Nur, wenn ich zwischendurch auf einem<br />

harten Bett schlafen muss, kann ich ein weiches<br />

Bett richtig schätzen. Ich bin ein Fan von<br />

Einschränkung. Es ist ein gelebter Gegentrend<br />

zur heutigen Zeit, zur ständigen Jagd<br />

nach mehr. «Streben bis zum sterben» macht<br />

nicht glücklich, weil sich der Zustand der<br />

Zufriedenheit vor uns her schiebt. Viele wollen<br />

immer mehr und immer höher, dabei<br />

liegen die wahren Schätze, welche die Zufriedenheit<br />

bringen, in der Tiefe.<br />

Konsequenterweise müsste dies auch auf<br />

Ihre Zeit zutreffen. Je weniger, desto wertvoller.<br />

Aber auch, je mehr, desto wertloser.<br />

Bedingt durch die Aufträge bleibt mir oft zu<br />

wenig Zeit für die Kunst und die Familie.<br />

Wenn also Zeit frei wird dadurch, dass ich<br />

weniger Aufträge annehme, so wird diese<br />

einfach wieder gefüllt.<br />

Wie haben Sie eigentlich Ihr Talent entdeckt?<br />

Ich war als Kind schon sehr sensibel, nahm<br />

alles um mich auf wie ein Schwamm. Wenn<br />

dieser, metaphorisch ausgedrückt, von zu<br />

viele Farben vollgesaugt war, ergab das ein<br />

Schlamassel, das ich reinigen musste. So<br />

brauchte ich früh Methoden, die ich in verschiedensten<br />

künstlerischen Ausdrucksformen<br />

fand wie der Musik oder dem Zeichnen.<br />

Den Zusammenhang zwischen Unsicherheit<br />

und Ehrgeiz habe ich schon erläutert – dazu<br />

kam der Irrglaube, nur dann geliebt zu<br />

s’Positive 7/2016 9


CORINNE SUTTER<br />

Das Multitalent<br />

Corinne Sutter<br />

konzentrierte sich<br />

zuerst auf die Musik<br />

und erst anschliessend<br />

aufs Zeichnen<br />

Stress und schwor mir: Wenn ich 18 bin,<br />

MUSS ich etwas vorweisen können, sonst<br />

wird aus mir keine Künstlerin. Ich malte ein<br />

paar Porträts in den unterschiedlichsten Stilen<br />

mit dem Ziel, diese von einer Fachperson<br />

beurteilen zu lassen mit der Hoffnung auf<br />

Aufträge. So suchte ich im Internet nach einem<br />

Agenten. Dem ersten, der auf Google<br />

erschien, schickte ich dann meine Bilder und<br />

bat um eine Einschätzung. Ich hatte Glück<br />

«In der Sendung werden<br />

spezielle Talente gesucht<br />

und am Schluss gewinnt<br />

doch ein Sänger. Ich<br />

dachte aber, die Macher<br />

hätten dazugelernt.»<br />

werden, wenn ich möglichst überall top bin.<br />

Die Unsicherheit hatte auch damit zu tun,<br />

dass ich vieles nicht beherrschte, was meine<br />

älteren Schwestern konnten. Dieser Mix<br />

führte dazu, dass ich eine sehr gute Schülerin<br />

wurde und oft mit Arbeiten lange vor<br />

meinen Klassenkameradinnen fertig war.<br />

Die Lehrerin pflegte dann zu sagen, ich solle<br />

doch einfach bis zum Ende der Stunde für<br />

mich ein wenig zeichnen. So habe ich sehr<br />

viel gezeichnet. Aber bis 16 war ich in erster<br />

Linie Musikerin. Bereits mit vier wusste ich,<br />

dass ich Geige spielen will, und mit fünf erhielt<br />

ich meine erste Geigenstunde. Für mich<br />

war immer klar, dass ich Künstlerin werden<br />

wollte, fand es reizvoll, dass es bei der Kunst<br />

kein Limit nach oben gibt und man mit dem<br />

Älterwerden immer besser werden kann. Als<br />

mir mit 17 bewusst wurde, dass ich noch<br />

nichts erreicht hatte, bekam ich mächtig<br />

und erhielt erfreulichen Bescheid, wurde als<br />

erste Frau in seiner Zeichneragentur aufgenommen.<br />

Dabei verlagerte ich die ganze<br />

Energie aus der Schule ins Zeichnen, was die<br />

Lehrer gut zu spüren bekamen.<br />

War Ihre Unsicherheit der Faktor, dass Sie<br />

sich für ein Mitmachen beim «Das grösste<br />

Schweizer Talent» entschieden haben?<br />

Ich habe mich nicht beworben, sondern wurde<br />

angefragt. Anfangs war ich hin- und hergerissen,<br />

wog die Chancen und Risiken ab.<br />

Ich sah die Möglichkeit, aus meiner Schublade<br />

ausbrechen zu können ebenso wie die<br />

Gefahr, eine «Leider-nein» Nummer zu werden<br />

oder ein Leben lang auf diese Show angesprochen<br />

zu werden… und sagte schliesslich<br />

trotzdem zu.<br />

Weshalb?<br />

DGST ist die Sendung, in der ein Talent gesucht<br />

wird und in der am Schluss doch ein<br />

Sänger gewinnt. Die Macher betonten, sie<br />

wollten eben nicht nur Gesang und Tanz,<br />

sondern seien auch auf der Suche nach speziellen<br />

Talenten. Die Anfrage erreichte mich<br />

in Schottland, wo wir Familienferien verbrachten.<br />

Ich hatte Zeit für Zielsetzungen<br />

und die gingen klar in Richtung, endlich<br />

weniger zu arbeiten. Ich war also im Ferienmodus<br />

und sagte nicht gleich zu. Aber dann<br />

dachte ich: Warum nicht beweisen, dass auch<br />

wir Maler und Zeichner berühren, beeindrucken<br />

können. Mir begann der Gedanke zu<br />

gefallen, unsere Sparte zu vertreten. Und<br />

dachte, die Macher hätten dazugelernt.<br />

Schliesslich reizte mich auch die Herausforderung.<br />

Bisher war mir vieles leicht zugeflogen,<br />

fast unverdient leicht, der Schweinehund<br />

hatte beim Lernen jeweils klar die<br />

Oberhand gehabt. Jetzt stand ich vor einer<br />

Aufgabe, die mich forderte. Ich wusste, dass<br />

meine Spontanität bei dem Auftritt nicht<br />

10 s’Positive 7/ 2016


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CORINNE SUTTER<br />

reichen würde, dass ich mich auf diesen Auftritt<br />

sehr gut vorbereiten und etwas lernen<br />

musste. Dies war meine grösste Herausforderung<br />

überhaupt.<br />

Aber bei kritischer Voraussicht hätte Ihnen<br />

doch klar sein müssen, dass Sie in einem<br />

solchen Format keine Chance haben.<br />

Da haben Sie recht. Aber: Es gibt so viele<br />

Castingshows nur für Sänger. Hier schien<br />

sich der Fokus auch auf andere Künste zu<br />

öffnen. Man zeigte sich sehr interessiert an<br />

mir. Mir erschien alles sehr plausibel.<br />

Verstehen wir Sie richtig: Sie mussten sich<br />

nicht einem Massencasting stellen?<br />

Nein, das musste ich nicht. Trotz der Anfrage<br />

hiess es zuerst, ich solle mich auf dem<br />

normalen Weg anmelden. Doch dann hätte<br />

es mir nichts gebracht, dass ich angefragt<br />

worden war. Wenn sie mich wollten, sollten<br />

sie mich auf direktem Weg reinnehmen. Die<br />

Gefahr, mich umsonst lange vorbereiten zu<br />

müssen, ohne mich auf der Bühne der Öffentlichkeit<br />

präsentieren zu können, war mir<br />

zu gross.<br />

Wie kamen Sie auf die Idee Ihrer Show?<br />

Das, was Sie an diesem Casting boten, war<br />

ja eigentlich allererste Sahne.<br />

Danke! Als ich zusagte, ging ich davon aus,<br />

dass DJ Bobo in der Jury sitzen würde. Eigentlich<br />

wollte ich mit ihm etwas machen<br />

und stand kurz davor, wieder abzusagen,<br />

als ich erfuhr, dass Bobo nicht dabei sein<br />

würde. Aber dann entstand in einer Nacht<br />

die Idee, gleich sämtliche Schwierigkeiten<br />

zu paaren, also beidhändig, auf dem Kopf,<br />

dabei unsichtbar und negativ, eine Täuschung…<br />

Das Wortspiel Trèbligg kam dann<br />

aber erst einige Tage später. Kurz nach diesem<br />

Entschluss ging mir auf, dass die Haare<br />

von Gilbert Gress eigenlich auch das Shirt<br />

von Bligg sein könnten, und die Nase von<br />

Bligg die Krawatte von Gress. Mein Mann<br />

war sofort begeistert, wozu es viel braucht.<br />

So stand fest, was ich der Jury und dem<br />

Publikum zeigen würde.<br />

«Es ging mir auf, dass<br />

die Haare von Gilbert<br />

Gress eigenlich auch das<br />

Shirt von Bligg sein<br />

könnten, und die Nase<br />

von Bligg die Krawatte<br />

von Gress»<br />

Sie sind ja seit langer Zeit Teil der Kunstszene.<br />

Verwunderte es Sie nicht, dass keiner<br />

aus der Jury Sie kannte?<br />

Nein. Die Vier spielen, zumindest was die<br />

Bekanntheit betrifft, in einer anderen Liga<br />

als ich. Aber Viola Tami kannte mich<br />

von «Joiz». DJ Bobo hätte sich wegen<br />

dem Interview, das ich mit ihm gemacht<br />

hatte, bestimmt auch noch an<br />

mich erinnert. Parallel zum Interview<br />

zeichnete ich ihn und er zeigte das<br />

Bild jubelnd seiner Crew.<br />

Wir haben schon darüber gesprochen,<br />

dass Sie eine vielseitige<br />

Künstlerin sind. Warum kennt man eigentlich<br />

im breiten Publikum «nur» Ihre<br />

Karikaturen und nicht auch Ihre Musik?<br />

Das Zeichnen von Karikaturen ist immer gut<br />

gelaufen, die Leute haben Freude daran. Nur<br />

selten fragt jemand nach meiner Musik. Ich<br />

komponiere meistens melancholische Stücke,<br />

insgesamt in vielen Stilen, kann also<br />

auch hier nicht gut festgemacht werden.<br />

Manchmal denke ich für mich, dass ich eigentlich<br />

eine bessere Musikerin bin als<br />

Zeichnerin, ich habe viele Melodien in mir,<br />

ich würde sie gerne rauslassen. Vielleicht tue<br />

ich das mal, «klangheimlich»…<br />

Wenn Sie an der Castingshow weiter gekommen<br />

wären, hätten Sie Ihren zweiten<br />

Auftritt als Musikerin bestreiten können.<br />

Meine Idee war eigentlich, bereits beim Jurycasting<br />

eine Melodie von mir im Hintergrund<br />

Die Reaktion der<br />

Jury provozierte<br />

viel Kritik im Internet,<br />

für Corinne Sutter<br />

ist der Auftritt<br />

abgehakt<br />

laufen zu lassen. Hätte ich dies tun dürfen,<br />

so habe ich mir sagen lassen, wäre ich heute<br />

saniert, zumindest für ein paar Monate – weil<br />

immer, wenn mein Auftritt irgendwo gezeigt<br />

worden wäre, hätte ich dafür Geld erhalten.<br />

Doch dies wurde mir nicht gestattet.<br />

Sie sind jetzt 31. Wo möchten Sie mit 40<br />

stehen?<br />

Eine gute Frage. Mit 40 möchte ich als Künstlerin<br />

mehr Selbstvertrauen haben und es<br />

schaffen, mich von der Rolle der Unterhaltungszeichnerin<br />

zu lösen. Die Kinder sind bis<br />

dahin Teenies, ich verspreche mir mehr Zeit,<br />

Geduld und innere Ruhe, um meine Ideen<br />

zu realisieren. Und hoffe, bei tollen Projekten<br />

mitwirken zu dürfen. Ich habe in letzter<br />

Zeit eine grosse Freude entwickelt, mit andern<br />

Menschen Visionen zu teilen und zu<br />

realisieren, Synergien zu entwickeln.<br />

12 s’Positive 7/ 2016


WUSSTEN SIE SCHON<br />

WUSSTEN<br />

SIE SCHON?<br />

DIE HIERARCHIE ENTSCHEIDET<br />

So läufts im Kaninchenbau<br />

1<br />

Gegraben wird an vielen Stellen gleichzeitig,<br />

aber immer so, dass sich die Höhlen treffen.<br />

Alle Bewohner packen mit an, mit den Vorderbeinen<br />

wird gegraben, die Hinterbeine<br />

dienen zum Abtransport der Erde. So entsteht<br />

ein Höhlensystem, das bis zu 100 Quadratmeter<br />

gross sein kann. Dabei entstehen<br />

Haupt- und Nebeneingänge, Notausgänge,<br />

eine sanft abfallende Röhre ist der Haupteingang,<br />

gekennzeichnet mit einem kleinen<br />

Erdhaufen. Dieser Eingang wird von allen<br />

Bewohnern benutzt. Die Hintertüren befinden<br />

sich meist im Gebüsch und sind senkrecht<br />

abfallend. Ein flüchtendes Mitglied<br />

kann sich da einfach reinfallen lassen und<br />

ist dann wie vom Erdboden verschluckt. Die<br />

Rede ist vom Bau der Wildkaninchen.<br />

Höhlen und Röhren liegen meist zwei Meter<br />

tief in der Erde. Die Luftfeuchtigkeit liegt<br />

etwa bei 90 Prozent, die Temperaturen<br />

schwanken zwischen vier und 14 Grad. Kein<br />

Frost und keine Sommerhitze. Das Wohnzimmer<br />

(Kessel) bildet das Zentrum des Baus. Bis<br />

zu 50 Kaninchen leben darin. Dort wird gekuschelt,<br />

gedöst, sich geputzt. Von dort zweigen<br />

die Haupt und Fluchtwege ab. Letztere<br />

sind so eng, dass gerade mal ein Kaninchen<br />

hindurch passt. Ausbuchtungen, ähnlich wie<br />

bei Strassentunneln, verhindern Staus.<br />

In den Nestkammern, den Kinderzimmern,<br />

liegen Stroh, Gras, und von der Mama<br />

ausgezupftes Bauchfell. Diejenigen, die von<br />

den ranghohen Müttern belegt werden, sind<br />

direkt mit dem Höhlensystem verbunden.<br />

Die Zugänge werden mittels Duftdrüsen<br />

markiert. Rangniedrige Weibchen müssen<br />

ihre Nester ohne direkte Verbindung zum<br />

Hauptbau anlegen. Für sie gibt es auch keinen<br />

Notausgang.<br />

14 s’Positive 7 / 2016


DA WAREN ES NUR NOCH DREI<br />

Den Charakter einfach aufgeteilt<br />

2<br />

Was haben wir nicht schon alles über Charakter<br />

gelesen, wie man ihn erkennt, und<br />

welchen wir haben. Dabei ist doch es doch<br />

total out, Menschen in Schubladen zu stecken.<br />

Jetzt stellt uns aber eine internationale<br />

Forschergruppe ein neues und unkompliziertes<br />

Modell der Typologisierung zur Verfügung.<br />

Damit kann man auch komplizierte<br />

Charaktere auf einfache Nenner bringen.<br />

Und zwar genau auf drei. Das Modell finde<br />

sich weltweit millionenfach bestätigt.<br />

Wer Stress gut verträgt, und wen Konflikte<br />

oder schwierige Lebenslagen nicht aus der<br />

Bahn werfen, gehört zu Typ 1, oder zu den<br />

widerstandsfähigen «Resistenten». Diese<br />

Menschen sind sozialkompetent und haben<br />

einen grossen Bekanntenkreis. Sie sind gewissenhaft,<br />

friedlich und ausgeglichen. Sie<br />

werden fast nie kriminell.<br />

Weniger belastbar, schneller gestresst<br />

und oft übervorsichtig, das ist Typ 2, oder<br />

der «Überkontrollierte». Sein Selbstvertrauen<br />

ist ebenso klein, wie seine Hemmungen<br />

gross sind. Oft ist er sich selbst eine Last.<br />

Oft ein Ärgernis für die Umwelt ist Typ 3,<br />

oder der «Unterkontrollierte». Seine mangelnde<br />

Selbstkontrolle führt oft zu Unfreundlichkeit,<br />

Unbeherrschtheit und Aggression.<br />

Die Schuld sucht er meist bei anderen. Dieser<br />

Charakter wird am häufigsten kriminell.<br />

Neben dem angeborenen Temperament<br />

ist auch die Art der elterlichen Erziehung<br />

dafür verantwortlich, in welche Richtung sich<br />

ein Mensch entwickelt. Am ehesten resistent<br />

wird, wer sich als Baby und Kleinkind geborgen<br />

fühlt. Aber ein zu enger und ängstlicher<br />

Beziehungsstil erzieht Überkontrollierte. Zu<br />

lässige, oder gar desinteressierte Eltern produzieren<br />

die Unterkontrollierten.<br />

KEINE REINE MÄNNERDOMÄNE<br />

So duellierten sich die Frauen<br />

Fotos: Shutterstock: GGRIGOROV/ Brian A Jackson, zVg<br />

Es diente in erster Linie dem Erhalt oder der<br />

Wiederherstellung der männlichen Ehre: das<br />

Duell. Ein Zweikampf, ausgetragen mit potentiell<br />

tödlichen Waffen, z. B. mit Pistolen<br />

oder Degen. Frauen im Duell verstiessen<br />

dagegen ganz extrem gegen die<br />

gesellschaftlichen Normen. Deshalb<br />

duellierten sich Frauen in<br />

der Regel nicht. Doch es gab Ausnahmen.<br />

Vaduz, Lichtenstein, im<br />

August 1892. Prinzessin Pauline<br />

von Metternich (56) und Anastasia<br />

von Kilmannsegg (32) trafen<br />

sich zum Duell. Dabei ging es<br />

nicht etwa um amuröse Konflikte.<br />

Finaler Auslöser war die unterschiedliche<br />

Auffassung über die<br />

Blumendekoration für die «Internationale<br />

Ausstellung für Musikund<br />

Theaterwesen». Tatsächli-<br />

3<br />

den Damen kämpften mit blossem Oberkörper<br />

und mit dem Degen. Was pikant klingt,<br />

hatte hygienische Gründe. Kleiderstoff in<br />

frischen Wunden konnten Entzündungen<br />

auslösen. Ausserdem waren bei diesem Duell<br />

auch die Sekundanten und die Unparteiischen<br />

allesamt weiblich.<br />

Der Ablauf des Duells wird wie<br />

folgt beschrieben: Nach einigen<br />

eher harmlosen Finten landete<br />

Anastasia den ersten Treffer. Sie<br />

verletzte ihre Gegnerin an der Nase.<br />

Selbst schockiert über das, was<br />

sie getan hatte (es floss Blut),<br />

schlug sie die Hände vor dem Gesicht<br />

zusammen. Diese Gelegenheit<br />

nutzte Pauline von Metternich,<br />

und durchstach den Arm<br />

ihrer Konkurrentin. Daraufhin<br />

fielen beide Damen in Ohnmacht<br />

und das Duell war beendet.<br />

cher Hintergrund dürfte jedoch die gesellschaftliche<br />

Stellung gewesen sein.<br />

Es war kein Kampf, bei dem an den Haaren<br />

gerissen, gekratzt oder gebissen wurde, sondern<br />

es ging richtig ernst zur Sache. Die beis’Positive<br />

7 / 2016 15


IMMANUEL KANT<br />

Immanuel Kant<br />

erklärt seinen kategorischen Imperativ<br />

Er ist bereits seit 212 Jahren tot. Doch sein Werk lebt<br />

bis in die heutige Zeit, und die Philosophie des 21. Jahrhunderts<br />

kommt nicht um ihn herum. Wir treffen Immanuel Kant zum<br />

(fiktiven) Interview. TEXT: BRUNO WÜTHRICH<br />

Er äusserte als erster Philosoph öffentlich,<br />

dass die Menschen sich<br />

ihres eigenen Verstandes bedienen<br />

und sich kein Gedankengut<br />

von anderen Menschen eintopfen<br />

lassen sollten: Immanuel Kant. Dies war zur<br />

Zeit der Aufklärung und der Ablösung von<br />

der Kirche von wirklich elementarer Wichtigkeit.<br />

Kants Ethik, eben die Grundlagen aller<br />

Handlungen des Lebens, ist eine Pflichtenethik<br />

basierend auf der reinen Vernunft, fern<br />

von Neigungen. Um der Menschheit begreifbar<br />

zu machen, was er damit meinte, hat er<br />

ein allgemeines Gesetz formuliert, welches<br />

sich kategorischer Imperativ nennt. Nach<br />

diesem sollten die Menschen handeln und<br />

ihr Leben dadurch an die Universalität anpassen.<br />

Seine Kritiker monieren, sein kategorischer<br />

Imperativ sei zu streng, zu unerbittlich<br />

und zuweilen sogar erbarmungslos. Er sei<br />

ohne Herz. Zudem seien Menschen nur Menschen,<br />

und könnten ihr Leben nicht frei von<br />

Neigungen gestalten. Nachdem wir in der<br />

Juni-Ausgabe Kants Theorie vorstellten (auf<br />

www.onex<strong>magazin</strong>.ch auch online einsehbar),<br />

lassen wir ihn diesmal gleich selbst zu<br />

Wort kommen und konfrontieren ihn mit den<br />

Kritiken.<br />

s’Positive: Wie kamen Sie auf den kategorischen<br />

Imperativ? Was war der Auslöser?<br />

Immanuel Kant: Das war an einem kühlen<br />

Tag im Sommer auf meinem täglichen Nachmittagsspaziergang.<br />

Es gab in diesem Sommer<br />

nur wenig Insekten. Da erblickte ich ein<br />

paar junge Schwalben, die zerschmettert am<br />

Boden lagen. Erschrocken blieb ich stehen.<br />

Als ich die Angelegenheit untersuchte, fand<br />

ich heraus, dass die Schwalben selbst ihre<br />

Jungen aus dem Nest geworfen hatten. Voll<br />

Verwunderung über diesen verstandesähnlichen<br />

Naturtrieb, der die Schwalben lehrte,<br />

bei einem Mangel an Nahrung einige aufzuopfern,<br />

um alle übrigen erhalten zu können,<br />

Fotos: Wikipedia<br />

16 s’Positive 7/ 2016


ZUSATZINFOS<br />

Glossar<br />

Moralphilosophie<br />

Kants Begriff für Ethik<br />

Moralgesetz<br />

Anderer Begriff für Sittengesetz<br />

oder praktisches Gesetz;<br />

oberster Begriff von Sittlichkeit,<br />

der im kategorischen Imperativ<br />

seinen Ausdruck findet.<br />

Guter Wille<br />

Er ist das «summum bonum»,<br />

das höchste Gut als Ausdruck<br />

der Gesinnung. Alle anderen<br />

Tugenden können zwar gut<br />

sein, sind aber nicht ausschliesslich<br />

gut.<br />

Pflicht<br />

Sie ist mit Zwang verbunden.<br />

Kommt der Zwang von aussen<br />

und bewegt meinen Willen, ist<br />

dieser fremdbestimmt; kommt<br />

der Zwang von mir selbst und<br />

bewegt meinen Willen, geschieht<br />

Freiheit.<br />

Glückseligkeit<br />

Als das natürliche Streben des<br />

Menschen darf Glück nicht zur<br />

materialen Willensbestimmung<br />

dienen, sondern ist Folge der<br />

sittlichen Anstrengung.<br />

Pflichtgemässe (pflichtmässige)<br />

Handlung<br />

Sie entspricht der Legalität.<br />

Handlung aus Pflicht<br />

Sie entspricht der Moralität.<br />

Maximen<br />

Dieser Schlüsselbegriff in<br />

Kants Ethik meint ein Prinzip<br />

des Willens bzw. Wollens. Sie<br />

sind eine beabsichtigte Handlungsweise<br />

mit dem Anspruch,<br />

über die singuläre Verwirklichung<br />

hinauszugehen. Nur sie<br />

gehören auf den Prüfstand des<br />

kategorischen Imperativs,<br />

nicht die Handlungen.<br />

Erfahrung und Neigung<br />

Da sie der Zufälligkeit unterworfen<br />

sind, taugen sie nicht,<br />

Moral zu begründen.<br />

Hypothetischer Imperativ<br />

Er liegt vor, wenn eine Handlung<br />

als Mittel zur Erreichung<br />

eines Zwecks geboten ist.<br />

Kategorischer Imperativ<br />

Er liegt vor, wenn eine Handlung<br />

an sich gut ist und wenn<br />

sie allgemein und notwendig<br />

geboten ist.<br />

Reich der Zwecke<br />

Es ist ein moralisches Ideal: eine<br />

Gemeinschaft vernünftiger<br />

Wesen, wo keiner den anderen<br />

als Mittel zu einem Zweck betrachtet,<br />

sondern jeder dem<br />

anderen die Würde des Selbstzweckes<br />

zubilligt.<br />

Zweck an sich<br />

Nach dem Moralgesetz soll ein<br />

Mensch nicht nur als Mittel zum<br />

Zweck behandelt werden, sondern<br />

auch als Zweck an sich.<br />

Autonomie des Willens<br />

Damit ist nicht gemeint, wir<br />

könnten machen, was wir wollen,<br />

denn damit würden wir<br />

empirischen Faktoren wie Lust<br />

und Neigung folgen. Sondern:<br />

Wir machen die Gesetze, denen<br />

wir gehorchen, selbst.<br />

Freiheit<br />

Sie ist der Gegenbegriff zum<br />

Naturgesetz, bzw. die Unabhängigkeit<br />

von ihm. Somit hat<br />

die Möglichkeit der Sittlichkeit<br />

ihren Ursprung in der Freiheit.<br />

stand mein Verstand still. Mein Angesicht<br />

glühte vor hoher Andacht. Ich musste meine<br />

Hände falten, und es hätte nicht viel gefehlt,<br />

und ich wäre auf meine Knie gesunken. Da<br />

wollte ich ein Gesetz finden, das den Menschen<br />

ebenso untrüglich und sicher leitet,<br />

wie der Instinkt das Tier.<br />

Wir sind doch keine Tiere, die ihre Kinder<br />

töten, nur weil zu viele auf der Welt sind.<br />

Sie haben vollkommen recht. Ich musste<br />

auch ziemlich lange daran arbeiten.<br />

Dies würde ja auch Ihrem Leitsatz widersprechen:<br />

Was du nicht willst, was man<br />

dir antut, das tue auch keinem andern an.<br />

Das soll mein Leitsatz sein? Wo haben Sie<br />

den denn gelesen?<br />

Das ist doch, einfach erklärt, Ihr kategorischer<br />

Imperativ.<br />

Nein, das ist Faselei.<br />

LEGALITÄT UND MORALITÄT<br />

Taugt das Glück dazu, Ethik zu begründen?<br />

Glückseligkeit als des Menschen natürliches<br />

Streben nach Glück taugt nicht als materiale<br />

Willensbestimmung. Das ist ja die Summe<br />

aller Neigungen und Bedürfnisse, und somit<br />

empirisch bedingt.<br />

Ist denn das eigene Glück der Lohn für die<br />

sittliche Anstrengung?<br />

Lohn? Ein unschönes Wort! Ich würde eher<br />

sagen, die Folge.<br />

Aber was ist denn das höchste Gut, von<br />

dem man ausgehen kann, um unser Handeln<br />

zu bestimmen?<br />

«Verstand, Witz und Urteilskraft sind wünschenswerte<br />

Gaben Aber sie können auch äusserst böse<br />

und schädlich werden, wenn nicht der Wille gut ist.»<br />

Es gibt kein höchstes materiales Gut. Es gibt<br />

nur eines, das ohne Einschränkung gut ist:<br />

der gute Wille.<br />

Das müssen Sie uns erklären.<br />

Nehmen wir einmal Verstand, Witz und Urteilskraft.<br />

Oder Mut, Beharrlichkeit und Entschlossenheit.<br />

All diese Gaben sind ohne<br />

Zweifel gut und wünschenswert. Aber sie<br />

können auch äusserst böse und schädlich<br />

werden, wenn nicht der Wille gut ist. Ebenso<br />

ist es mit Ehre, Reichtum, Macht, ja, selbst<br />

mit der Gesundheit. Diese machen zwar Mut,<br />

aber auch öfters Übermut, wo nicht ein guter<br />

Wille da ist.<br />

Sie meinen, der gute Wille ist allein durch<br />

das Wollen gut? Ist das Ihr Ernst?<br />

Natürlich. Der gute Wille kann doch nicht<br />

durch das, was er bewirkt gut sein. Oder<br />

durch die Tauglichkeit zur Erreichung irgendeines<br />

Zweckes.<br />

Was heisst das für jemand, der wenig Talent<br />

besitzt?<br />

Wenn es diesem durch eine stiefmütterliche<br />

Ausstattung seiner Natur an Vermögen<br />

fehlt, seine Absicht durchzusetzen, dann<br />

zählt auch bei ihm der gute Wille. Selbst<br />

wenn bei grösster Bestrebung dennoch<br />

nichts erreicht würde, – allerdings unter<br />

Aufbietung aller Mittel, – und nur der gute<br />

Wille übrig bleibt, dann ist das etwas, was<br />

seinen vollen Wert in sich selbst hat.<br />

Aber ist nicht auch der Verstand und die<br />

Vernunft gut, die Sie ja auch preisen?<br />

Gut schon. Aber nicht ausschliesslich. Ist<br />

denn zum Beispiel der messerscharfe Verstand<br />

gut, den ein Mörder braucht, um den<br />

perfekten Mord zu begehen?<br />

Aber wie erkenne ich denn, ob eine Gesinnung<br />

gut ist?<br />

Das ist ein Problem: Wir können Sittlichkeit<br />

nicht am äusseren Handeln ablesen. Genauso<br />

wenig, wie wir Freiheit in der sichtbaren<br />

Welt beweisen können, aber denken müssen.<br />

Sie meinen damit, dass man bei einem<br />

Rettungsschwimmer mit den Augen nicht<br />

erkennen kann, ob er den Ertrinkenden<br />

von Berufs wegen oder aus freien Stücken<br />

rettet.<br />

Genau. Um aber den Begriff eines guten Willens<br />

zu entwickeln, der in der Schätzung des<br />

ganzen Werts immer oben ansteht, und die<br />

Bedingung für alles Übrige ausmacht, brauchen<br />

wir den Begriff der Pflicht, der den<br />

guten Willen enthält.<br />

s’Positive 7/2016 17


2<br />

1<br />

Der Begriff der Pflicht enthält schon den<br />

guten Willen?<br />

Mit gewissen Einschränkungen. Kann es vielleicht<br />

sein, dass der Begriff Pflicht für Sie<br />

etwas abschreckendes ist?<br />

Das ist so. Bei Pflicht denken wir doch<br />

immer an Zwang.<br />

Aber doch nur, wenn der Zwang von jemand<br />

anderem kommt. Wenn der Zwang von mir<br />

selbst kommt, von innen, dann kann er meinen<br />

Willen bewegen. Und wenn der Willen<br />

durch mich bewegt wird, dann geschieht<br />

doch Freiheit. Was nun die Pflicht betrifft,<br />

unterscheide ich zwischen einer Handlung,<br />

die pflichtmässig ist, und einer Handlung,<br />

die aus Pflicht geschieht.<br />

Sie unterscheiden zwischen Legalität und<br />

Moralität.<br />

Richtig: Der Legalität entspricht das Pflichtmässige.<br />

Und die Moralität die Handlung aus<br />

Pflicht. Wenn jemand einem Bettler ein Almosen<br />

gibt, und der Grund dafür der ist,<br />

damit er später in den Himmel kommt, hat<br />

diese Handlung keinerlei sittlichen oder moralischen<br />

Wert.<br />

Wann haben denn meine Handlungen<br />

einen moralischen Wert?<br />

Das ist eindeutig. Eine Handlung aus Pflicht<br />

hat ihren Wert nicht in einer Absicht oder<br />

einer Wirkung, die es zu erreichen gilt, sondern<br />

in der Maxime, nach der sie beschlossen<br />

wird.<br />

Was genau ist eine Maxime?<br />

Eine Maxime ist ein Prinzip des Willens oder<br />

Wollens.<br />

HYPOTHETISCH ODER KATEGORISCH<br />

Könnten Sie mir ein Beispiel für eine Maxime<br />

nennen?<br />

Das Beispiel, das ich in meiner Grundlegung<br />

verwende lautet: Ich will keine Beleidigung<br />

ungerecht erdulden.<br />

Die Maxime klingt ja nicht gerade nett.<br />

Wählen Sie selbst ein Beispiel.<br />

Ich will bei jeder Gelegenheit ein Maximum<br />

an Profit machen.<br />

Auch dies ist eine Maxime, die auf den Prüfstand<br />

gehört.<br />

Eine Maxime, ist das jetzt ein Prinzip oder<br />

eine Absicht? Was genau ist es?<br />

Eine Maxime ist mehr als eine Willenserklärung<br />

und weniger als eine Tatsachenbeschreibung.<br />

Sie bestimmt einen Teil meines<br />

Lebens, gilt aber nicht unumstösslich. Und<br />

immer sind es die Maximen, die auf den Prüfstand<br />

gehören, und nicht die Handlungen.<br />

Sie schreiben, Pflicht ist die Notwendigkeit<br />

einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz.<br />

Sehe ich das richtig, dass Sie damit<br />

nicht das Strafgesetzbuch oder ein göttliches<br />

Gesetz meinen, sondern...<br />

...sondern das praktische oder moralische<br />

Gesetz. Es ist ein Gesetz, das in der Welt<br />

herrscht, die ich jenseits der sinnlich wahrnehmbaren<br />

Welt annehme.<br />

Dann ist mit dem praktischen Gesetz die<br />

Gesetzmässigkeit gemeint, die herrschen<br />

würde, wenn bei allen Menschen die Vernunft<br />

die volle Gewalt über ihren Willen<br />

hätte?<br />

Exakt. Wenn ich von der Vernunft spreche,<br />

so heisst das doch, dass zwei wichtige Faktoren<br />

ausgeschlossen sein müssen, die auf keinen<br />

Fall unser Handeln bestimmen dürfen.<br />

Um welche zwei Faktoren handelt es sich<br />

da?<br />

Da ist einerseits die Erfahrung. Sie ist der<br />

erste Feind jeder Sittlichkeit, wie ich dies in<br />

meinem Buch «Kritik an der reinen Vernunft»<br />

beschrieben habe.<br />

Weshalb die Erfahrung?<br />

Weil Erfahrungen gänzlich ungeeignet sind,<br />

ein oberstes Prinzip der Sittlichkeit zu finden.<br />

Erfahrungen werden doch immer angepriesen.<br />

Schauen Sie, es gibt doch Menschen, die<br />

beim Krämer Güter entwenden. Mit welchem<br />

Erfolg?<br />

Sie meinen, es gibt Ladendiebe mit guten<br />

und schlechten Erfahrungen.<br />

18 s’Positive 7/ 2016


Bild 1: «Kritik der<br />

reinen Vernunft»,<br />

erschienen 1781<br />

Bild 2: Kants Wohnhaus<br />

in Königsberg<br />

Bild 3: Das Kant-<br />

Denkmal in Kaliningrad,<br />

dem früheren<br />

Königsberg<br />

3<br />

Wenn Sie diese armseligen Geschöpfe so<br />

nennen wollen. Sehen Sie, es gibt so viele<br />

halb vernünftige Moralprinzipien. Ich nenne<br />

sie «populäre Philosophie». Es ist ein ekelhafter<br />

Mischmasch von zusammengestapelten<br />

Beobachtungen und halb vernünftigen<br />

Prinzipien. Schale Köpfe laben sich daran,<br />

weil es immerhin etwas Brauchbares für das<br />

«Ich bin nur gegen Halbheiten.<br />

Ein jeder nimmt sich das,<br />

was er braucht. Den Rest lässt<br />

er unbeachtet. Nein! So geht<br />

das nicht!»<br />

alltägliche Geschwätz ist, – ein Blendwerk.<br />

Na, das ist deutlich.<br />

Ich bin nur gegen Halbheiten. Ein jeder<br />

nimmt sich das, was er braucht. Den Rest<br />

lässt er unbeachtet. Nein! So geht das nicht!<br />

Und was ist der zweite Feind der Sittlichkeit?<br />

Die Neigungen oder Triebfedern unseres<br />

Handelns.<br />

Meinen Sie mit Neigungen, wenn ich jemanden<br />

gern habe?<br />

Ja.<br />

Dann ist meine Handlung sittlich wertlos,<br />

wenn ich jemandem aus Sympathie helfe?<br />

So ist es. Doch denen, den geholfen wird,<br />

ist dies egal. Die Frage der Sittlichkeit interessiert<br />

nur den Handelnden selbst, um seine<br />

Handlung abwägen zu können. Die<br />

Handlung selbst könnte jedoch die Anderen<br />

durchaus mehr interessieren. Zum Beispiel<br />

den Bettler, dem etwas gegeben wird.<br />

Sie sprachen die vernünftigen Prinzipien<br />

an...<br />

Alles in der Natur wirkt nach Gesetzen. Nur<br />

ein vernünftiges Wesen kann nach Prinzipien<br />

handeln. Da zur Ableitung der<br />

Handlungen von Gesetzen<br />

Vernunft erfordert wird, so ist<br />

der Wille nichts anderes als<br />

praktische Vernunft. Wenn<br />

die Vernunft den Willen unausbleiblich<br />

bestimmt, so sind<br />

die Handlungen eines solchen<br />

Wesens, die als objektiv notwendig<br />

erkannt werden, auch<br />

subjektiv notwendig.<br />

Also nimmt z.B. ein Mensch, der, um abzunehmen,<br />

einen abgeänderten Speiseplan<br />

erstellt, die Möglichkeit wahr, als<br />

Vernunftswesen seinem Willen sein eigenes<br />

Gesetz vorzustellen.<br />

Ja. Das nennt man, ein Prinzip aufstellen.<br />

Man erstellt sich sein eigenes Gesetz. In der<br />

Natur kommt dieses Gesetz nicht vor. Das<br />

Tier kennt nur den Hungertrieb. Dazu ist<br />

aber keine Vernunft nötig, im Gegensatz zu<br />

der Diät. Ohne Vernunft, keine Diät.<br />

Hat dies bereits mit dem kategorischen<br />

Imperativ zu tun?<br />

Noch nicht. Aber es ist ein Imperativ. Wenn<br />

nun die Handlung a) bloss dazu da ist, um<br />

b) zu erreichen oder zu erhalten, so ist der<br />

Imperativ hypothetisch.<br />

Dann folge ich also mit der Diät einem<br />

hypothetischen Imperativ.<br />

Richtig: Nur wenn die Handlung an sich gut<br />

ist, mithin als notwendig in einem der Vernunft<br />

gemässen Willen, als Prinzip des Willens,<br />

so ist er kategorisch. Weil die Diät nicht<br />

in jedem Fall, also an sich gut ist, wird der<br />

Imperativ nicht allgemein gültig. Die Notwendigkeit<br />

der Diät ist nicht kategorisch,<br />

sondern hypothetisch. Der hypothetische<br />

Imperativ sagt also nur, dass die Handlung<br />

zu irgend einer möglichen oder wirklichen<br />

Absicht gut ist. Die Absicht abzunehmen ist<br />

Mittel zum Zweck. Anders der kategorische<br />

Imperativ, der ein Verhalten unmittelbar gebietet,<br />

ohne irgend eine andere durch ein<br />

gewisses Verhalten zu erreichende Absicht<br />

als Bedingung zu Grunde zu legen. Er betrifft<br />

nicht die Materie der Handlung und was aus<br />

ihr erfolgen soll, sondern die Form und das<br />

Prinzip, woraus sie selbst folgt, und das wesentlich<br />

Gute besteht in der Gesinnung. Der<br />

Erfolg mag sein, welcher er wolle.<br />

Ist es richtig, dass man Ihre Ethik deshalb<br />

formale oder formalistische Ethik nennt,<br />

weil dieser Imperativ nicht die Handlung<br />

selbst, nicht die Materie, sondern die<br />

Form der Handlung gebietet?<br />

Exakt. Der Unterschied zwischen hypothetischem<br />

und kategorischen Imperativ ist der,<br />

dass die Notwendigkeit eines hypothetischen<br />

Imperativs nicht den Charakter eines unbedingten<br />

Gesetzes hat. Diese Notwendigkeit<br />

gilt nicht unbedingt, sondern nur bedingt.<br />

Also wenn ich sage: «Übe täglich drei<br />

Stunden mit der Geige, wenn du ein<br />

s’Positive 7/2016 19


IMMANUEL KANT<br />

guter Geigenspieler werden willst», so ist<br />

dies ein hypothetischer Imperativ.<br />

Exakt. Und weil Geige spielen zu können<br />

zwar schön und gut, aber nicht allgemein<br />

notwendig ist, kann es kein kategorischer<br />

Imperativ sein. Die Notwendigkeit, gut Geige<br />

spielen zu können, gilt nur bedingt. Und<br />

zwar unter der Bedingung, dass man es auch<br />

spielen möchte. Wenn die Notwendigkeit<br />

unter allen Umstanden gilt, also bedingungslos<br />

ist, so hat sie unbedingten, also<br />

kategorischen Charakter, wie schon der Name<br />

sagt.<br />

Und weil nur ein Imperativ kategorischen<br />

Charakter hat, verwenden Sie in Ihrer<br />

Formulierung das Wort Gesetz.<br />

Ja.<br />

Handle nur nach derjenigen Maxime,<br />

durch die du zugleich wollen kannst, dass<br />

sie zum allgemeinen Gesetz werde.<br />

Das ist die Formulierung aus meiner Grundlegungsschrift.<br />

In der «Kritik der praktischen<br />

Vernunft» habe ich dies dann präzisiert:<br />

«Handle so, dass die Maxime deines Willens<br />

jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen<br />

Gesetzgebung gelten könne».<br />

Jetzt gibt es aber Kritiker, die der Meinung<br />

sind, ihr kategorischer Imperativ sei<br />

streng, unerbittlich, zuweilen erbarmungslos.<br />

Er sei sozusagen ohne Herz.<br />

Ohne Herz? Um Himmels willen! Wollen Sie<br />

denn ein oberstes Prinzip für Sittlichkeit aus<br />

«Was würde passieren, wenn<br />

jeder seine eigene Herzensbildung<br />

zu Grunde legen würde?<br />

Das ergäbe einen Flickenteppich<br />

unterschiedlichen Prinzipien!»<br />

dem Herzen ableiten? Was glauben denn<br />

diese Kritiker, was passieren würde, wenn<br />

jeder seine eigene Herzensbildung zu Grunde<br />

legen würde? Der Hafenarbeiter, der Taxichauffeur,<br />

der Pfarrer oder der Atheist. Der<br />

Gemeindeschreiber oder der Grossrat. Das<br />

ergäbe ja einen Flickenteppich von unterschiedlichen<br />

Prinzipien. Grauenvoll! Ich<br />

wollte etwas Neues über Moral sagen. Das<br />

Neue ist ein Prinzip von Moralität, das losgelöst<br />

von jedem Eigennutzdenken für alle<br />

Menschen gültig ist. Das unabhängig von der<br />

jeweiligen Situation einen Anspruch auf Gültigkeit<br />

zu allen Zeiten erhebt.<br />

Jesus argumentierte im Evangelium ohne<br />

strenge Gesetzlichkeit, aber mit der Liebe.<br />

Selbst er muss mit unserem Ideal der vollkommenen<br />

Sittlichkeit verglichen werden.<br />

In einer Formulierung des kategorischen<br />

Imperativs habe ich den Mensch als Zweck<br />

an sich beschrieben. Sie lautet: Handle so,<br />

dass du die Menscheit sowohl in deiner Person<br />

als auch in der Person eines jeden anderen<br />

jederzeit sogleich als Zweck, niemals<br />

bloss als Mittel brauchest.<br />

Könnten Sie dies etwas ausführen?<br />

Es gibt viele materielle Zwecke, für die es<br />

Mittel braucht, um sie zu erreichen. Aber<br />

kein einziger materieller Zweck kann Zweck<br />

an sich sein.<br />

Aber es gibt doch auch private Zwecke. Zum<br />

Beispiel den Postboten, den<br />

ich als Mittel zum Zweck der<br />

Briefzustellung nutze.<br />

Natürlich! Alle vernünftigen<br />

Wesen unterstehen dem Gesetz,<br />

dass keiner einen anderen<br />

Menschen, zum Beispiel<br />

Ihren Postboten, bloss als<br />

Mittel, sondern jederzeit zugleich<br />

als Zweck an sich behandeln<br />

soll.<br />

Ist es das, was Sie unter einem «Reich der<br />

Zwecke» verstehen?<br />

Das Reich der Zwecke ist mein moralisches<br />

Ideal. Eine Gemeinschaft vernünftiger Menschen,<br />

wo keiner den Anderen als Mittel zum<br />

Zweck betrachtet. Der Mensch muss unter<br />

allen Umständen Selbstzweck bleiben. Darin<br />

besteht seine Würde.<br />

Abgeleitet von: Kant, Sophie und der kategorische<br />

Imperativ<br />

Das Kant-Denkmal in<br />

Königsberg (links),<br />

Kant mit Tischgenossen<br />

am Debatieren<br />

(unten)<br />

20 s’Positive 7/ 2016


GESCHICHTE<br />

JAHRMÄRKTE<br />

im<br />

WANDEL<br />

Die Bedeutung der traditionellen Jahrmärkte nimmt ab: Nicht mehr<br />

zeitgemäss, nicht mehr notwendig. Aber das stimmt nur auf den<br />

ersten Blick. Der Jahrmarkt erlebt in neuer Form eine Renaissance.<br />

TEXT: KLAUS ZAUGG<br />

Eine jahrhundertelange Geschichte<br />

des Kampfes Stadt gegen Land hat<br />

sich scheinbar in Nichts aufgelöst.<br />

Denn das Recht, Märkte abhalten<br />

zu dürfen, ist über die Jahrhunderte<br />

von den Ortschaften hart erkämpft und<br />

erdauert worden. Bis ins Spätmittelalter setzte<br />

die Obrigkeit eine strikte wirtschaftliche<br />

Trennung durch: Handwerk, Gewerbe und<br />

Handel waren das Vorrecht der Städte und<br />

vom Land wurde erwartet, ja verlangt, dass<br />

es sich mit der Urproduktion begnügt. Der<br />

städtische Markt hatte die Funktion der einzigen<br />

Umschlagstätte der Güter. Auf diesem<br />

Markt in der Stadt setzte der Bauer seine<br />

Erzeugnisse ab, um mit dem Erlös gleich seinen<br />

Bedarf an Geräten und Kleidung zu decken.<br />

Die Obrigkeit, unter dem Einfluss oder<br />

in Abhängigkeit der reichen Städter, setzte<br />

alles daran, dass Handel und Handwerk (und<br />

damit das «Big Business») in den Städten<br />

blieben. Die Abwanderung der Handwerker,<br />

der Weber, Schneider, Gerber, Zimmerleute,<br />

Schreiner oder Schmiede aufs Land liess sich<br />

allerdings auf Dauer nicht aufhalten.<br />

Die Märkte waren gesetzlich bis in alle<br />

Einzelheiten geregelt. Die Landwirte litten<br />

unter der Kontrollwut der Bürovögte. Es gab<br />

Bestimmungen über Preise und Qualität der<br />

Waren. Die Regierungen haben eben schon<br />

in alten Zeiten versucht, die Wirtschaft zu<br />

regulieren, zu kontrollieren und zu zentralisieren.<br />

Handelsbeschränkungen, vornehmlich<br />

zum Wohle der Reichen und eher zum<br />

Nachteil des Landmannes sind keine «Erfindung»<br />

der neuen Zeit.<br />

PFIFFIGE HÄNDLER GEGEN STÄDTE<br />

Der Markt konnte seine zentrale Bedeutung<br />

allerdings nur bewahren, wenn die Waren<br />

tatsächlich in die Stadt getragen und gefahren<br />

und dort verkauft wurden. Es kam indes<br />

Fotos: Marcel Bieri<br />

22 s’Positive 7/ 2016


Märkte haben<br />

ihre Bedeutung<br />

als<br />

Heiratsbörse<br />

verloren<br />

Heute sind Märkte<br />

liebevoll veranstaltete<br />

Ereignisse<br />

für die ganze<br />

Bevölkerung<br />

Handel war das Vorrecht der Städte<br />

und vom Land wurde erwartet,<br />

ja verlangt, dass es sich mit der<br />

Urproduktion begnügt.<br />

immer wieder vor, dass pfiffige Händler und<br />

Spekulanten Vieh, Korn, Butter, Früchte und<br />

andere landwirtschaftliche Erzeugnisse<br />

ausser halb der Märkte aufkauften und verkauften.<br />

Mit allen Mitteln versuchten die<br />

Städte, diesen sogenannten «Fürkauf» mit<br />

der Androhung schwerer Strafen zu unterbinden.<br />

Es war das, was wir heute einen<br />

«Schwarzmarkt» nennen würden. Die Märkte<br />

waren im Bernbiet (das bis 1798 auch den<br />

Aargau umfasste) gesetzlich auf die Städte<br />

Bern, Thun, Burgdorf, Huttwil, Laupen,<br />

Wangen, Aarwangen, Büren, Zofingen, Aarau,<br />

Wiedlisbach, Brugg und Lenzburg beschränkt.<br />

Und es gab in diesem strikt geregelten<br />

bernischen Wirtschaftsgebiet zwei<br />

Dörfer – sozusagen die gallischen Dörfer im<br />

Reich der Herren von Bern – denen gestattet<br />

wurde, bedeutende Märkte abzuhalten: Herzogenbuchsee<br />

und Langenthal. In erster Linie<br />

wegen der grossen wirtschaftlichen Bedeutung<br />

dieser beiden Orte.<br />

Die Jahrmärkte spielten bei der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung einzelner Orte eine wichtige<br />

Rolle – bis ins 20. Jahrhundert hin ein.<br />

Die Gewerbefreiheit, wie wir sie heute kennen,<br />

hat sich weitgehend erst im Laufe des<br />

19. Jahrhunderts mit der liberalen Gesetzgebung<br />

des 1848 gegründeten Bundesstaates<br />

Schweiz entwickelt – und einzelne Zweige<br />

(etwa die Landwirtschaft) sind bis heute unter<br />

weitgehender staatlicher Kontrolle geblieben<br />

bzw. könnten ohne staatliche Zuschüsse<br />

und Regulierung nicht existieren.<br />

Aber wir sind vom Thema «Jahrmärkte»<br />

abgekommen. Die zentrale wirtschaftliche<br />

Rolle hat logischerweise auch eine starke<br />

soziale Wichtigkeit nach sich gezogen. Die<br />

Jahrmärkte waren bis ins 20. Jahrhundert<br />

hinein im Leben der Landbevölkerung von<br />

zentraler Bedeutung. Die Mobilität war gering,<br />

Telefon gab es noch nicht und der<br />

Markttag bot die einzige Gelegenheit zum<br />

Austausch von Neuigkeiten und waren zugleich<br />

eine Heiratsbörse. Deshalb wurde am<br />

Abend des Markttages getanzt. So manche<br />

Heirat ist am Rande des Jahrmarktes eingefädelt<br />

worden. Und ein guter Bauer gab seinen<br />

Knechten und Mägden am Markttag frei<br />

und wer nicht gerade ein «Uhung» mit seinem<br />

Personal war, drückte seinen Dienstboten<br />

ein «Nötli» in die Hand.<br />

BÄUERLICHE FESTTAGE<br />

Vor allem im Herbst waren die Jahrmärkte<br />

bäuerliche Festtage. Gab es denn ein stolzeres,<br />

freudigeres Bild für einen Landmann,<br />

als die langen Reihen lebenden und geduldig<br />

in den wärmenden Strahlen der Septemberund<br />

Oktobersonne ausharrenden Viehs? Es<br />

war stets der gleiche Anblick: Langsamen<br />

Schrittes durchmessen die Käufer den Platz<br />

und prüfen mit Kennerblick die Qualität der<br />

Ware. Hier und da kommt es zur Diskussion<br />

mit den Züchtern, irgendeine Bemerkung<br />

wird angebracht; der Preis ist vielleicht<br />

s’Positive 7/2016 23


GESCHICHTE<br />

Heute bieten<br />

Märkte viele<br />

verschiedene<br />

Attraktionen<br />

zu hoch, gar «unverschant» und sollte herabgesetzt<br />

werden. Lange dauert es freilich<br />

nicht, bis man sich einig wird und das Geschäft<br />

abgeschlossen werden kann. Man<br />

musste sie sehen, diese Leute, musste beobachten,<br />

wie sie es wohl verstanden, Korn und<br />

Spreu voneinander zu scheiden.<br />

Daneben waren Warenstände aufgeschlagen.<br />

Da sind nun auch die Bäuerinnen zugegen:<br />

Stoff, Wäsche, Haushaltgegenstände<br />

und wohl auch viel billiger Tand werden<br />

eingehandelt, verlorene oder schadhafte<br />

Dinge ersetzt und bereits für den nahenden<br />

Winter vorgesorgt – schliesslich trägt noch<br />

heute der letzte Besucher der Lüdern-Chilbi<br />

am letzten August-Sonntag den Winter im<br />

Rucksack ins Tal hinunter. Und gar mancher<br />

erhoffte sich am «Märit» Linderung von seinen<br />

Leiden. Sogar Zähne wurden gezogen<br />

und Dachsenschmalz und Fuchsfett gab es<br />

wohlfeil zu kaufen.<br />

JEREMIAS GOTTHELFS SCHILDERUNG<br />

Heute wissen wir, dass Dachsenschmalz etwas<br />

Cortison enthält und deshalb einst dem<br />

Landmann und der Landfrau die Schmerzen<br />

bei «Gsüchti» milderte und Fuchsfett besser<br />

ist für eine glatte, ewig junge Haut als jede<br />

Kosmetika.<br />

Der grosse Dichterfürst Jeremias Gotthelf<br />

hat uns geschildert, wie es an einem Jahrmarkt<br />

zu und hergegangen ist. Die meisten<br />

seiner grossen Romanfiguren lebten im<br />

Oberaargau und es gilt heute als gesichert,<br />

dass der legendäre Hof «Glungge» im<br />

Oberaargau und nicht im Emmental stand.<br />

Das, was Ueli der Knecht auf dem Markt erlebt<br />

hat, dürfte sich im 19. Jahrhundert eher<br />

in Herzogenbuchsee oder Wiedlisbach als in<br />

Langnau zugetragen haben: «Einmal, und<br />

damals war es heiss, hatte Ueli eine Kuh zu<br />

Markt geführt. Der Meister hatte ihm gesagt,<br />

wieviel er lösen sollte, was er darüber hinaus<br />

ermarkte, das könne er behalten. Aber er solle<br />

sich dabei wohl in Acht nehmen, dass er<br />

nicht zwischen Stühle und Bänke kommen,<br />

und am Ende die Kuh heimbringen müsse. Es<br />

Ob Weihnachtsoder<br />

Mittelaltermarkt:<br />

Spezialmärkte<br />

haben<br />

Hochkonjunktur<br />

sei schon manchem so gegangen, dass er den<br />

Preis hätte lösen können, aber zu hoch gespannt<br />

und zuletzt keinen Käufer mehr gefunden<br />

habe. Ueli hatte sich beim Mästen dieser<br />

Kuh viel Mühe gegeben und ging gespannter<br />

Erwartungen voll auf den Markt. Kann ich<br />

wohl zwanzig, kann ich vierzig Batzen herausschlagen,<br />

oder muss ich mit gar nichts Vorlieb<br />

nehmen? Das ging ihm ständig rundum im<br />

Kopfe. Schon weit vor der der Stadt passten<br />

Leute auf, schrien ihn an: «Junge, wie teuer<br />

die Kuh?». Sie griffen mit ihren Händen um<br />

die Kuh herum, führten alle Griffe aus, und<br />

die Haut sei gar dünn, sagten sie, und Fett<br />

nicht viel mehr als für einem Kind die Schühli<br />

zu salben. Sie verspotteten die Kuh, dass<br />

Ueli bald dreingeschlagen hätte. Dann kamen<br />

andere und fingen an zu rühmen, so halb und<br />

halb, man müsse sie dieses Jahr nehmen wie<br />

man sie finde, es seien Haufen Kühe feil, aber<br />

Mancher erhoffte sich am «Märit»<br />

Linderung von seinen Leiden,<br />

auch Zähne wurden gezogen<br />

das sei noch keine von den schlechtesten, das<br />

Mästen gehe etwas hart bei dem grauen Heu.<br />

Fast wie Bremsen das Vieh beim Eintritt in den<br />

Wald empfangen, wurde Ueli und seine Kuh<br />

von den Leuten umsumst, die verspotteten,<br />

rühmten, bald die Kuh, bald ihn, und verlangten,<br />

er solle sie schätzen, er solle doch sagen,<br />

was er fordern dürfe für so ein mageres Tier-<br />

chen. Ueli begann zu ahnen, dass die Ware<br />

besonders gesucht sei, dass er seinen Schnitt<br />

machen könnte, er forderte fünf Taler mehr,<br />

als der Meister ihm gesagt hatte. Nun erhob<br />

sich Gebrüll gegen ihn, wie wenn er in ein Wespennest<br />

gestochen, und akkurat so fuhren die<br />

Menschen von ihm weg. Indessen bemerkte er<br />

doch, dass ihn einige nicht aus den Augen liessen,<br />

und sich den Ort merkten, so er auf dem<br />

Markt sich und seine Kuh stellte. Einen Bekannten,<br />

der bei ihm vorbeiging, rief er herbei,<br />

um die Kuh ihm einen Augenblick zu halten,<br />

und durchstrich flüchtig den Markt, um zu<br />

hören, was Kauf und Lauf sei. Er sah zu seiner<br />

Freude, dass seine Ahnung ihn nicht betrog<br />

und heute etwas für ihn zu machen sei. Als er<br />

zurückkam, fand er seinen Stellvertreter in<br />

grober Verlegenheit, es waren Käufer da, wollten<br />

den Preis wissen, und er kannte ihn nicht.<br />

Alsbald kam Uli in Handel. Er blieb bei seiner<br />

Forderung, man bot, man<br />

markte, man ging weg, aber er<br />

merkte, dass die meisten der<br />

Bietenden die Kuh im Auge behielten,<br />

dass man ungern aus<br />

dem Handel ging, und einen<br />

anderen dazu liess, er kam zur<br />

Einsicht, dass er um eine Dublone<br />

Gewinn verkaufen könne, und er tat es<br />

endlich auch. Fürchtend, durch zu langes Hinhalten<br />

möchte er endlich um alle Käufer kommen.<br />

Es verzögerte sich, bis er das Geld in<br />

Empfang genommen, und es brannte eben die<br />

heisseste Nachmittagssonne, als er heimging.»<br />

Wie wir wissen, war Ueli ein ehrenwerter<br />

Mann und seinem Vreneli in Treue zuge-<br />

24 s’Positive 7/ 2016


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GESCHICHTE<br />

Altes Handwerk<br />

ist an<br />

Märkten sehr<br />

beliebt<br />

tan. Vreneli erwartete ihn mit einem «Chacheli»<br />

Milchkaffee und einem «Schnäfeli»<br />

Fleisch. Er war eben kein «Hudu hung», nach<br />

dem Moto «Dr Ueli het ä Chue verchouft, der<br />

Ueli wott, dass öppis louft». Und so schildert<br />

uns Gotthelf nicht die andere Seite des Jahrmarkttreibens:<br />

Das lebhafte Treiben übertrug<br />

sich natürlich auch in die Wirtshäuser. Mit<br />

einem guten Trunke wurden da die Geschäfte<br />

bekräftigt, Musik hielt die Laune hoch und<br />

spielte am Abend zum Tanze auf. Und natürlich<br />

kühlten ab und zu die rauflustigen Jungen<br />

ihren Übermut. So manche «Dorffeindschaft»<br />

wurde in einer wüsten Wirtshausschlägerei<br />

ausgetragen – eigentlich nichts<br />

anderes als «Jahrmarkt-Hooligans».<br />

Im Laufe des 19. Jahrhunderts hat sich<br />

das Umfeld der traditionellen Jahr- und<br />

Dorfmärkte stark verändert. Zwar steht ihnen<br />

längst kein ausschliessliches Marktrecht<br />

der Städte mehr entgegen und die Regierung<br />

hat andere Sorgen, als Dorf- und Jahrmärkte<br />

zu regeln. Aber neue Formen der Erzeugung,<br />

des Transportes, der Mobilität und der<br />

Wir erleben eine Renaissance der<br />

Marktromantik. Während der<br />

klassische Jahrmarkt langsam<br />

von der Landkarte verschwindet,<br />

boomen die Spezialmärkte.<br />

Sog der urbanen Zentren haben ihnen die<br />

Existenzgrundlage weitgehend entzogen.<br />

Inzwischen haben die klassischen Jahrmärkte<br />

ihre wirtschaftliche Bedeutung gänzlich<br />

eingebüsst, weil niemand mehr seinen Bedarf<br />

an Gebrauchsgütern auf dem Jahrmarkt<br />

deckt. Nach dem Motto: Lieber rennt der<br />

Landmann in die Landi als er sich gönnt auf<br />

dem Jahrmarkt ein wenig Gaudi.<br />

Noch in den 1970er Jahren hatten die<br />

Jahrmärkte wenigstens ein bisschen Erlebniswert<br />

bewahrt. In Huttwil gab es beispielsweise<br />

im «Kino Rex» (das längst seine Tore<br />

geschlossen hat) Extra-Vorstellungen und<br />

das Gedränge im Städtchen war gross. Heute<br />

ist ein Jahrmarkt hier eine flaue Sache<br />

geworden. Es gibt nicht einmal mehr halb so<br />

viele Marktfahrer wie noch vor 20 Jahren.<br />

Das Gedränge hält sich in Grenzen. Und<br />

längst hat der Jahrmarkt im Zeitalter von<br />

Hosentelefonen und Facebook seine Rolle als<br />

«Heiratsbörse» verloren. Getanzt wird nach<br />

den Jahrmärkten auch nicht mehr. Das Ende<br />

des klassischen Jahrmarktes ist heraufgezogen,<br />

die Romantik dahin. Oder?<br />

Nein. Wir erleben gerade eine Renaissance<br />

der Marktromantik. Während der klassische<br />

Jahrmarkt langsam von der Landkarte<br />

verschwindet, boomen die Spezialmärkte.<br />

Weihnachtsmarkt, Käsemarkt, Handwerkermarkt,<br />

Mittelaltermarkt –<br />

und einzelne Märkte wie der<br />

Zuger Stierenmarkt oder der<br />

Pferdemarkt zu Saignelégier<br />

sind gar in riesige Volksfeste<br />

verwandelt worden. Wenn in<br />

Zug auf dem Stierenmarkt<br />

gerockt wird, kann der EVZ<br />

nicht einmal mehr Heimspiele<br />

austragen.<br />

Ist das unlogisch? Nein,<br />

logisch. Der Mensch ist kein Einzelwesen. Als<br />

die Videos aufkamen, ging die Angst um, nun<br />

werde das Kino aussterben. Wer geht denn<br />

noch ins Kino, wenn man zu Hause jeden Film<br />

sehen kann? Als das Fernsehen begann, Sportanlässe<br />

live zu übertragen, gab es von klugen<br />

Leuten schwere Bedenken: Wer geht denn<br />

noch ins Stadion, wenn er zu Hause auf dem<br />

Sofa alles noch viel besser sieht? Und daher<br />

die Schlussfolgerung: Wer geht denn noch an<br />

einen Markt, wenn er in jedem Supermarkt<br />

alles bekommt und erst noch schneller und<br />

billiger?<br />

MÄRKTE MIT ERLEBNISWERT<br />

Aber wir lesen schon im Buch der Bücher, dass<br />

der Mensch nicht vom Brot alleine lebt. Gemeint<br />

ist bei dieser Mahnung zwar, der<br />

Mensch sollte auch in die Kirche gehen – aber<br />

leider sind die Gotteshäuser heute recht leer.<br />

Dafür finden wir den Menschen wieder an<br />

den Märkten. Echte soziale Kontakte sind<br />

eben immer noch besser als virtuelle im Internet<br />

und die verschiedenen Spezialmärkte<br />

schaffen diese Kontakte – sie haben einen<br />

hohen Erlebniswert in einer Zeit, da die Menschen<br />

diesen Erlebniswert suchen. So erlebt<br />

der Markt eine neue, eine erstaunliche Renaissance.<br />

Ein Trend, der viele überrascht hat.<br />

Was sich an einer kleinen Anekdote zeigt:<br />

Als vor 20 Jahren in Huttwil ein paar Unentwegte<br />

einen Weihnachtsmarkt kreieren wollten,<br />

stiessen sie auf Unverständnis. Die lokalen<br />

Banken weigerten sich, für ein solches<br />

Vorhaben einen Kredit von 40 000 Franken<br />

zu gewähren – das Geld wurde für die Markthäuschen<br />

gebraucht. Also finanzierten die<br />

Initianten die Sache selbst – und daraus ist<br />

ein gutes Geschäft geworden: Der Weihnachtsmarkt<br />

in Huttwil und hat längst nationale<br />

Bedeutung und mit dem Vermieten der<br />

Markthäuschen an andere Märkte wird kräftig<br />

Geld verdient. Huttwil ist vielleicht das<br />

beste Beispiel dafür, wie der traditionelle<br />

Jahrmarkt seine Bedeutung auf Kosten von<br />

Spezialmärkten verloren hat. Und wie die<br />

Marktromantik eine Renaissance erlebt.<br />

26 s’Positive 7/ 2016


Die «Landbeiz» mit Charme und regionalem Charakter<br />

Ein Besuch lohnt sich ...<br />

• Saisonal wechselnde Speisekarte<br />

mit vielen regionalen Produkten – feine<br />

Mittagsmenüs<br />

• Gemütliche Gaststube, 2 Säali für<br />

kleine Bankette<br />

• Faires Preis/Leistungsverhältnis<br />

• Wunderschöner Garten mit Blick<br />

auf den Jura<br />

• Grosser Parkplatz<br />

• Monatlicher Wettbewerb mit tollen<br />

Preisen<br />

Jedermann/frau ist bei uns herzlich Willkommen – wir werden alles daran setzten,<br />

dass Sie sich bei uns wohlfühlen und freuen uns schon jetzt auf Ihren Besuch!<br />

Susanne und Roland Moeri und Team<br />

Restaurant Kreuz – Melchnaustrasse 21<br />

4924 Obersteckholz – 062 915 68 26<br />

info@kreuz-steckholz.ch / www.kreuz-steckholz.ch<br />

Sonntag ab 17.00 Uhr, Montag und Dienstag geschlossen


DOMINIQUE AEGERTER<br />

Dominique Aegerter<br />

konzentriert sich<br />

vor dem Rennen<br />

Die Leiden des jungen<br />

DOMINIQUE<br />

AERGERTER<br />

2014 gewann Dominique Aegerter den GP von Deutschland<br />

auf dem Sachsenring. Nun steckt er zwei Jahre später in der<br />

grössten Krise seiner Karriere. Was ist passiert?<br />

TEXT: KLAUS ZAUGG<br />

Donnerstag, 14. Juli 2016. Am<br />

Sachsenring. Es ist eine perfekte<br />

Inszenierung. Wie der Auftakt<br />

zu einem Film. Draussen<br />

jagt der Wind Regenwolken<br />

über die bewaldeten Hügel. Hudelwetter vor<br />

dem GP von Deutschland – und es wird nicht<br />

besser werden. Das Wetter passt zu Dominique<br />

Aegerters Laune. Der «Sunnyboy»<br />

wirkt wie ein verregneter Schmetterling.<br />

Wenigstens hat er nicht den Humor verloren.<br />

Er sagt: «Jetzt komme ich schon zum Gesprächstermin<br />

zum Chronisten ins Medienzentrum.<br />

Früher war das anders…»<br />

Ja, früher war das am Sachsenring anders.<br />

2014 gewann er hier. Er dominierte<br />

nach Belieben. Pole-Position. Sieg. Die Töffwelt<br />

lag ihm zu Füssen. Er musste nicht zu<br />

den Chronisten gehen. Sie kamen zu ihm.<br />

Seit diesem Triumph hat es in 32 Rennen<br />

nur noch zu zwei dritten Plätzen und nie<br />

mehr zu einer Trainings-Bestzeit gereicht.<br />

Natürlich hatte er oft auch kein Glück. In<br />

Führung dahinrasend ist er im letzten September<br />

von einem Konkurrenten «abgeschossen»<br />

worden. Die Sturzverletzungen<br />

waren so gravierend, dass er die restlichen<br />

vier Rennen auslassen musste. Kein Glück,<br />

die Erkrankung seines Vaters, zu dem er eine<br />

sehr enge Beziehung hat und nun die Rückkehr<br />

auf den Sachsenring, der Stätte seines<br />

einzigen Triumphes – all das hat Dominique<br />

Aegerter nachdenklich gestimmt. Er ahnt, er<br />

spürt, ja er weiss schon am Donnerstag, dass<br />

er in ein Debakel fahren wird. Und tatsächlich:<br />

Es wird ihm am Samstag im Abschlusstraining<br />

gerade noch zu Platz 23 und zur 8.<br />

Startreihe und im Rennen am Sonntag zum<br />

10. Platz reichen. Mit Johann Wolfgang Goethe,<br />

dem grossen Dichterfürsten («Die Leiden<br />

des jungen Werthers»), der die meiste<br />

Zeit nur gut 100 Kilometer vom Sachsenring<br />

in Weimar lebte, können wir sagen: die Leiden<br />

des jungen Dominique Aegerter.<br />

Wie konnte es zu dieser Krise kommen?<br />

Nach dem Saisonauftakt in Katar schien<br />

doch alles in bester Ordnung. Sein Teamkollege<br />

Tom Lüthi gewann, Dominique<br />

28 s’Positive 7/ 2016


In der grössten Krise<br />

seines Rennfahrerlebens:<br />

Dominique<br />

Aegerter<br />

s’Positive 7/2016 29


DOMINIQUE AEGERTER<br />

Winken ja, siegen<br />

nein: der junge<br />

Töffrennfahrer steckt<br />

tief in der Krise,<br />

wohin sein Weg führt,<br />

ist noch unklar<br />

Aegerter holte Platz 5 und beendete auch<br />

das zweite und dritte Rennen mit einem 5.<br />

und 4. Platz in der Spitzengruppe. Alles<br />

schien wohlgeordnet, harmonisch und aufeinander<br />

abgestimmt wie eine Wagnerpartitur<br />

in einer Aufführung von Alberto Toscanini<br />

– also wie perfekt gespielte und dirigierte<br />

Musik.<br />

Nur gut drei Monate später ist nach acht<br />

Rennen, bei Saison-Halbzeit alles anders.<br />

Die Unberechenbarkeit des Motorsportes.<br />

ZUSATZINFOS<br />

Halbzeitbilanz Dominique Aegerter<br />

Nach der Hälfte, bzw.<br />

nach 9 Rennen der Moto2-<br />

WM liegt Dominique<br />

Aegerter mit 65 Punkten<br />

auf dem 9. Zwischenrang.<br />

Mehr als die Hälfte der<br />

Punkte realisierte der<br />

Rohrbacher in den ersten<br />

drei Rennen. Seither läuft<br />

es ihm jedoch nicht mehr<br />

so gut. Ränge zwischen<br />

8 und 13 wie in den letzten<br />

sechs Rennen (1 Ausfall)<br />

entsprechen, zumal<br />

in Serie heraus gefahren,<br />

bestimmt nicht den Erwartungen<br />

von Dominique<br />

Aegerter.<br />

DATUM ORT QUALIFYING RENNEN PUNKTE<br />

20. März Qatar 14 5 11<br />

3. April Argentinien 19 5 11<br />

10. April USA 4 4 13<br />

24. April Spanien 18 8 8<br />

8. Mai Frankreich 13 13 3<br />

22. Mai Italien 12 10 6<br />

5. Juni Catalonien 14 out 0<br />

26. Juni Niederlande 3 9 5<br />

17. Juli Deutschland 23 10 6<br />

65<br />

Dominique Aegerter hat vor dem GP auf dem<br />

Sachsenring mit seinem grossen Förderer<br />

und Hauptsponsor Olivier Métraux telefoniert.<br />

Solche Telefonate sind äusserst selten.<br />

Denn der Westschweizer Unternehmer mag<br />

die Diskretion. Er überlässt Fred Corminboeuf<br />

das Management des Teams und schwebt<br />

nur ein oder zweimal im Jahr mit seinem<br />

Privatjet (den er selber pilotiert) zu einem<br />

Rennen ein. Dominique Aegerter mag nicht<br />

so recht erzählen, worüber am Telefon gesprochen<br />

worden ist. Aber später rutscht ihm<br />

die launige Bemerkung heraus, Fred Corminboeuf<br />

müsse sich warm anziehen. Aha. Der<br />

Manager war ein Thema. Er wird während<br />

der ganzen Saison ein Thema bleiben.<br />

Der Manager ist wichtig. Motorradrennsport<br />

ist Teamsport mit einer Diva. Der Fahrer<br />

muss gut drauf sein. Locker. Selbstsicher.<br />

Charismatisch. Nichts darf seine Laune trüben.<br />

Aber auch das Team muss perfekt arbeiten.<br />

In der Moto2-WM haben alle die<br />

gleichen Motoren (Honda), die gleichen<br />

Reifen (Dunlop) und fast alle auch das gleiche<br />

Fahrwerk (Kalex). Also entscheidet die<br />

Detailarbeit. Die Fähigkeit eines Fahrers,<br />

zusammen mit seinen Technikern die Höllenmaschine<br />

abzustimmen. Und genau das gelingt<br />

Dominique Aegerter inzwischen überhaupt<br />

nicht mehr. Die Frage, warum das so<br />

ist, treibt ihn um wie noch nie zuvor und hat<br />

zum Telefonat mit Olivier Métraux geführt.<br />

EIN FATALER VERTRAUENSBRUCH<br />

Ein Blick zurück hilft uns, die Gegenwart zu<br />

verstehen. Noch vor zwei Jahren war es Dominique<br />

Aegerters Team. Alles drehte sich<br />

um ihn. Er war ganz oben angekommen.<br />

Alles stimmte. Aber nach dem grossen Sieg<br />

auf dem Sachsenring begann Teammanager<br />

Fred Corminboeuf hinter Dominique Aegerters<br />

Rücken die Verpflichtung von Tom Lüthi<br />

voranzutreiben. Inzwischen wissen wir:<br />

Auch wenn es eine Zeitlang schien, die Sache<br />

sei erledigt – dieser Vertrauensbruch hat<br />

alles verändert. Seither ist die Beziehung<br />

zwischen Dominique Aegerter und seinem<br />

Teamchef nicht mehr so wie sie einmal<br />

Fotos: carxpert-racing.com<br />

30 s’Positive 7/ 2016


1<br />

⁄1 Inserat randabfallend<br />

(210 × 297 mm)


DOMINIQUE AEGERTER<br />

war – und wird es nie mehr sein. Anfang<br />

Juli stürzte Dominique Aegerter bei den<br />

Tests zum 8-Stunden-Rennen in Suzuka<br />

schwer. Er kam mit zwei Rissen im linken<br />

Mittelfuss davon. Aber Fred Corminboeuf<br />

meldete sich bei seinem Piloten nie, erkundigte<br />

sich nie nach dem Wohlergehen und<br />

die beiden sprachen erst wieder auf dem<br />

Sachsenring miteinander. Das getrübte Verhältnis<br />

mit dem Chef beeinflusst die Leistungsfähigkeit<br />

eines so sensiblen Fahrers<br />

wie Dominique Aegerter.<br />

Tom Lüthi ist schneller,<br />

besser und erfahrener –<br />

Teammanager Fred<br />

Corminboeuf kümmert<br />

sich intensiver um seinen<br />

schnelleren Piloten.<br />

ZUSATZINFOS<br />

Halbzeitbilanz Tom Lüthi<br />

Nach der Hälfte, beziehnungsweise<br />

nach neun<br />

Rennen der Moto2-WM<br />

liegt Tom Lüthi mit 93<br />

Punkten auf dem 4. Zwischenrang.<br />

Mit den beiden<br />

Nullern in den letzten<br />

beiden Rennen hat Lüthi<br />

seine Chancen auf den Titel<br />

allerdings arg kompromitiert.<br />

Gemessen an seinen<br />

Ambitionen ist auch<br />

der Emmentaler nicht auf<br />

Kurs. Doch mit einem<br />

Sieg, einem 3. Rang und<br />

zwei Trainignsbestzeiten<br />

war seine Saison gar nicht<br />

so übel.<br />

DATUM ORT QUALIFYING RENNEN PUNKTE<br />

20. März Qatar 9 1 25<br />

3. April Argentinien 6 7 9<br />

10. April USA 5 7 9<br />

24. April Spanien 5 6 10<br />

8. Mai Frankreich 1 3 16<br />

22. Mai Italien 7 4 13<br />

5. Juni Catalonien 3 5 11<br />

26. Juni Niederlande 1 out 0<br />

17. Juli Deutschland 12 out 0<br />

93<br />

Der Rohrbacher hat sich inzwischen zwar<br />

damit abgefunden, dass Tom Lüthi die Nummer<br />

1 im Team geworden ist, das einmal sein<br />

Team, sein Königreich war. Dass Tom Lüthi<br />

schneller, besser, erfahrener ist und dass sich<br />

Fred Corminboeuf halt intensiver um seinen<br />

schnelleren Piloten kümmert. Ja, zu Saisonbeginn<br />

schien es sogar, als habe er mit dieser<br />

Situation seinen Frieden gemacht und sei<br />

nun lockerer, befreiter. Aber inzwischen zeigt<br />

sich: Es kann für ihn kein Dauerzustand sein.<br />

Er kann, darf und mag nicht resignieren.<br />

Dominique Aegerter hoffte in der Vergangenheit,<br />

Wechsel würden die Wende herbeiführen.<br />

Ende 2014 der Umstieg von Suter auf<br />

Kalex und Ende 2015 der Austausch des<br />

Cheftechnikers. Gilles Bigot kümmert sich<br />

seither um Tom Lüthi und der unerfahrene<br />

Franzose Florian Chiffoleau um den einstigen<br />

Sieger vom Sachsenring. Das Problem ist<br />

nicht das technische Fachwissen.<br />

PROBLEM MIT DEM CHEFTECHNIKER<br />

Das Problem ist die Persönlichkeit: Ein Cheftechniker<br />

muss einem Piloten widersprechen.<br />

Das wagt Florian Chiffoleau nicht. Dominique<br />

Aegerter sagt: «Wir passen noch nicht<br />

zusammen.» Der Wechsel des Cheftechnikers,<br />

dem er zugestimmt hatte, war wohl ein<br />

Fehler. Er hat nur Tom Lüthi geholfen.<br />

Der Rohrbacher<br />

hat den<br />

Humor nicht<br />

verloren<br />

Ist für Dominique Aegerter im Team von Fred<br />

Corminboeuf und neben Tom Lüthi eine<br />

Rückkehr ganz nach oben möglich? Das ist<br />

die alles entscheidende Frage. Er wird im<br />

September 26 und ahnt, dass seine Karriere<br />

an einem Wendepunkt angelangt ist. Entweder<br />

er stagniert auf solidem Niveau oder er<br />

wird doch noch ein grosser Fahrer. Er kann<br />

die Problemlösung nicht mehr allein seinem<br />

Manager Robert Siegrist überlassen. So tüchtig<br />

der Zürcher Anwalt auch sein mag – in<br />

dieser heiklen Phase ist er womöglich nicht<br />

immer der richtige Berater. Er neigt in Verhandlungen<br />

schon mal zu «Rumpelpsychologie».<br />

Und die Situation bleibt in den nächsten<br />

Wochen heikel. Die Frage ist, ob ein<br />

Teamwechsel der Befreiungsschlag sein<br />

könnte.<br />

Der Transfer in ein anderes Team wäre<br />

ein grosser und riskanter Schritt und kann<br />

zum Bruch mit seinem Förderer und Sponsor<br />

Olivier Métraux führen. Dominique Aegerter<br />

weiss um dieses Risiko. Er sagt aber auch:<br />

«Wenn ich weiterkommen will, dann muss<br />

ich so gut sein, dass ich mich auch ohne Olivier<br />

Métraux in einem anderen Team durchsetzen<br />

kann.»<br />

So oder so: wahrscheinlich ist ein Wechsel<br />

der äusseren Umstände für Dominique<br />

Aegerter einfacher als sich selbst in Frage zu<br />

stellen. Immerhin sagt er: «Ich kann nicht<br />

alles auf die Technik abschieben. Ich muss<br />

auch an mir arbeiten.» Bis Mitte August soll<br />

die Entscheidung fallen. Die Teammanager<br />

wollen eine Antwort – auch für Dominique<br />

Aegerter ist es besser, wenn die Ungewissheit<br />

ein Ende hat. Sie stört die Konzentration und<br />

ist alles andere als leistungsfördernd.<br />

32 s’Positive 7/ 2016


… so schnell wie die Truckracer sind wir nicht,<br />

jedoch sehr schnell wenn es um den Verkauf<br />

Ihrer Immobilie geht!<br />

1<br />

⁄1 Inserat randabfallend<br />

(210 × 297 mm)


FRITZ SCHEIDEGGER<br />

Fritz Scheidegger ein wesentlicher aerodynamischer<br />

Faktor ist. Die Idee des «Kneelers»<br />

ist zwar nicht neu. Durchgesetzt ha ten<br />

sich diese Maschinen aber bis dato nicht.<br />

Nun stimmt a les.<br />

DAS TRAGISCHE UNGLÜCK<br />

Nach dem Erfolgsjahr 1966 wi l Fritz Scheidegger,<br />

nunmehr 36 Jahre alt, vom Rennsport<br />

zurücktreten. Da s er sich von Freunden<br />

und Bewunderern von diesem Entscheid<br />

DANK ERNST STRAHM<br />

abbringen lä st, wird tragische Folgen haben.<br />

Im ersten Rennen der neuen Saison, am<br />

Ostersonntag 1967, verunglückt er tödlich.<br />

In Ma lory Park (GB) rast seine Maschine<br />

bemüht, das unvermeidliche<br />

Risiko seines Sports<br />

um jenes Quentchen zu<br />

reduzieren, das andere<br />

bedenkenlos drangeben.<br />

Bis zum finalen Unglück<br />

schied er praktisch nie wegen<br />

vermeidbaren Defekten aus. Er<br />

wartete seine Motoren und Fahrwerke<br />

mit Hingabe und Präzision.<br />

Er galt in Fachkreisen als sicherster<br />

und besonnenster Pilot. Darüber hinaus<br />

wurde er als sensibler,<br />

freundlicher<br />

Mann sehr geschätzt. Er<br />

war im besten Wortsinn<br />

ein Gentleman. Auf<br />

dem Höhepunkt seiner<br />

Karriere war er schlie s-<br />

lich unbesiegbar und gewann<br />

die letzten acht Rennen<br />

seines Lebens. Er stirbt<br />

unbesiegt den Rennfahrertod.<br />

Getreu jener bi teren<br />

es zum Eklat. Der Pfa rer lä st<br />

kritische Worte über den Rennsport in seine<br />

Abdankung einflie sen und bezeichnet Fritz<br />

Scheidegger als Raser. Die Angehörigen<br />

und die zahlreichen in- und ausländischen<br />

Einer von<br />

vielen Pokalen,<br />

die Fritz<br />

Scheidegger<br />

gewonnen hat.<br />

Langenthal hat seinen Weltmeister<br />

doch noch gewürdigt. mir im Ke ler gelandet. Später Sache. Der Langenthaler Stein-<br />

seiner Beerdigung. Es war trü-<br />

Scheid eggers Grabstein bei ser wieder Bewegung in die thal. Ich war dann auch bei<br />

Sein Grabstein ist vor zehn sind mehrmals Anfragen aus hauer Hanspeter Wyle reinigte<br />

den Grabstein, der nun seit weiss nicht mehr genau, was<br />

bes, regnerisches We ter. Ich<br />

Jahren wieder aufgeste lt worden.<br />

Fritz Scheideggers Grab mich noch erinnern kann, 2006 bei der Gei sberg-Kirche der Pfa rer damals gesagt hat.<br />

England gekommen, soweit ich<br />

wurde 1996 aufgehoben – wo lten die Besitzer der Rennstrecke,<br />

auf der Fritz verunhen<br />

steht. Nur dieser Grab-<br />

Trauergäste entsetzt waren.<br />

etwas abseits der Gräbe rei-<br />

Ich erinnere mich nur, dass die<br />

und so kam Ernst «Aschi»<br />

Strahm aus Madiswil ins Spiel. glückt ist, den Grabstein zu stein erinnert in Langenthal Sinngemäss sagte der Pfa rer<br />

«Der Friedhofgärtner fragte seinen Ehren aufste len.» noch an Fritz Scheidegger. bei der Abdankungsfeier, Fritz<br />

mich damals, ob ich nicht Interesse<br />

am Grabstein hä te, den So kam nach zehn Jahren Scheidegger noch persönlich. schuld, weil er mit der go tlo-<br />

Ernst Strahm kannte Fritz Scheidegger sei auch selber<br />

so lte man doch irgendwie auch dank dem damaligen «Mit meinem Vater war ich oft sen Raserei das Schicksal herausgefordert<br />

aufbewahren. So ist Fritz Stadtpräsident Hans-Jürg Kä-<br />

in seiner Werksta t in Langen-<br />

habe.»<br />

Hans Rüdi ser<br />

menschlichen als christlichen Worte von Pfa rer Schn eberger entschuldigen.<br />

Mit freundlichen Grü sen und bestem Dank<br />

(Unterzeichnet auch von Pfa rer Schn eberger)<br />

Langenthal, 4. April 1967<br />

Mit einem langen<br />

Brief entschuldigten<br />

sich Pfa rer und<br />

Kirchgemeinderat für<br />

den Eklat an der<br />

Beerdigung.<br />

32 s’Positive 6 / 2016 s’Positive 6/ 2016 33<br />

LESERBRIEFE<br />

AUSGABE 6 JUNI 2016<br />

Stimmen zum Namenswechsel<br />

Besser, aber noch nicht gut<br />

1<br />

⁄1 Inserat randabfallend<br />

(210 × 297 mm)<br />

Nun will ich doch endlich loswerden, was ich schon seit einigen<br />

Monaten tun wollte und – na, wir wissen ja, wie es geht – Immer<br />

noch nicht gemacht habe! Der Artikel zum Namenswechsel gibt<br />

nun den nötigen Anstoss.<br />

Zuerst ein ganz grosses Dankeschön und Kompliment für das<br />

Magazin, das ich sehr gerne und praktisch von vorne bis hinten<br />

durchlese. Ich wohne seit einigen Monaten in Wangen an der<br />

Aare und finde das Magazin in meinem Briefkasten. Immer wieder<br />

fragte ich mich, wer und was da wohl dahintersteckt, denn<br />

etwas Vergleichbares habe ich bisher nicht oder nur in sehr bescheidener<br />

Variante gekannt. Die Artikel bieten mir eine höchst<br />

willkommene Einführung in den Oberaargau, sind gründlich recherchiert<br />

und eröffnen mir manchen Blick auf Themen, die mir<br />

neu sind. So fühle ich mich mittlerweile recht gut eingeführt in<br />

die Bedeutung des Eishockeys für die Gegend, und ich habe mit<br />

Vergnügen den Artikel zum Hornussen gelesen. Auch das aktuelle<br />

Magazin mit dem Artikel zu<br />

Sonja Hasler gefällt mir sehr.<br />

Nur mit dem Namen «one X Magazin»<br />

konnte ich nichts anfangen.<br />

Nach dem erklärenden Beitrag<br />

in diesem Heft ist seine Entstehung<br />

klar geworden (ja, die<br />

Jungen!). «s’Positive» ist sicher<br />

besser, gut finde ich den Namen<br />

aber immer noch nicht. Wenn<br />

schon, dann einfach «Positiv»?<br />

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg<br />

DER GUTE MENSCH<br />

Kants Philosophie<br />

über das richtige<br />

Handeln.<br />

TÖFF-LEGENDE<br />

Fritz Scheidegger<br />

war im Seitenwagen<br />

der Schnellste.<br />

Sonja<br />

Hasler<br />

«Arena»-tauglich<br />

Die Theologin und ehemalige<br />

«Arena»-Moderatorin<br />

im Interview.<br />

bei der Weiterführung Ihres interessanten<br />

Projektes. Sie zeigen, dass auch heute noch guter Journalismus<br />

nicht allein vom Geld abhängt. So scheint es mir zumindest.<br />

Julia Stiefel, Wangen an der Aare<br />

FLACHE ERDE<br />

Mittelalterliche<br />

Ansicht oder<br />

interessante These?<br />

Fundierte Informationen<br />

Schreibweise nicht korrekt?<br />

Ich danke Ihnen für den sehr<br />

guten Maulwurf-Artikel in der<br />

letzten Ausgabe! Es freut mich,<br />

dass Sie fundierte Informationen<br />

bringen – wohltuend, weil<br />

aktuell die starke Tendenz insbesondere<br />

in der Politik besteht,<br />

alles was kreucht und<br />

fleucht zu töten, sobald es dem<br />

vereinnahmenden Menschen in<br />

irgendeiner Weise in die Quere<br />

kommt.<br />

Sehr gerne weiter in diesem Sinne!<br />

Und über den interessanten<br />

Motorsport-Bericht (Fritz Scheidegger)<br />

habe ich mich ebenfalls<br />

sehr gefreut.<br />

Vanessa Gerritsen<br />

Fotos: Shu terstock.com / Everett Co lection / Santia / wikimedia.org / Utente:Jo lyroger<br />

BUDDELN OHNE ENDE<br />

Haben Maulwürfe auch<br />

mal Feierabend?<br />

Anders als in Deutschland ist der Maulwurf<br />

in der Schweiz nicht geschützt. Im Gegenteil:<br />

Eine Bündner Gemeinde zahlt vier<br />

Franken pro toten Maulwurf. Dabei sind<br />

Maulwürfe keine Nager, sondern Insektenfresser,<br />

und richten an Pflanzen und Wurzeln<br />

keinerlei Fressschäden an. Störend sind<br />

einzig ihre Erdhügel, deretwegen sie häufig<br />

mit den Wühlmäusen (Nager) verwechselt<br />

werden.<br />

IM WANDEL DER ZEIT<br />

2<br />

Mit kräftigen Fäustchen schaufelt sich der<br />

Maulwurf durchs Erdreich, fünf Stunden am<br />

Stück. Dann wird drei Stunden geschlafen.<br />

Anschliessen wird wieder fünf Stunden gebaggert<br />

und Nahrung gesucht. Man mag den<br />

Maulwürfen vorwerfen, was man will, fehlende<br />

Arbeitsdisziplin oder Faulheit gehören<br />

nicht dazu. Unglaubliche sechs Kilo Erde<br />

schafft der Akkordarbeiter innerhalb von<br />

nur 20 Minuten weg. Dabei wiegt er ausgewachsen<br />

nur gerade mal zwischen 60 und<br />

120 Gramm.<br />

Dafür aber besitzt er einen Hochleistungsstoffwechsel,<br />

der jede Menge Sprit in<br />

Form von Schnecken, Würmern und Insekten<br />

benötigt. Maulwürfe müssen in einer<br />

Tour futtern, denn bereits nach zehn Stunden<br />

ohne Nahrung droht der Hungertod.<br />

Deshalb ist der Maulwurf nie fertig mit seiner<br />

Arbeit und hat höchstens Pausen – aber<br />

nie Feierabend.<br />

Dabei unterpflügt der Schaufelgräber bis<br />

zu 3000 Quadratmeter Grünfläche. Sein unterirdisches<br />

Gangsystem ist ihm Jagdrevier<br />

und Wohngebiet in einem, und zwar das<br />

ganze Jahr über.<br />

Die Kontrolle über sein grosses Reich ermöglichen<br />

ihm seine hochsensiblen Sinne.<br />

Maulwürfe können zwar kaum sehen, aber<br />

dafür umso besser hören, riechen und fühlen.<br />

Jede noch so zarte Larve, die sich 200<br />

Meter weiter in einem Gang verirrt, wird<br />

sofort aufgespürt. Die unbeliebten Maulwurfhügel<br />

sind übrigens nicht bloss Deponien<br />

von Erdüberschuss. Sie dienen der Entlüftung.<br />

Wenn genervte Gärtner sie platt<br />

drücken, ist damit niemandem gedient. Es<br />

entsteht einfach ein neuer Hügel in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft. Als Vielfrass produziert<br />

der kleine Wicht jede Menge Mief, und<br />

der muss einfach raus.<br />

Trotz des Ärgers über die Hügel sollten wir<br />

nicht vergessen, dass der Maulwurf im Dienste<br />

der Bodendurchmischung unterwegs ist. Er<br />

hält unsere Böden fruchtbar und lebendig.<br />

Was macht eigentlich die Fremdenlegion?<br />

In den 1960er-Jahren, als Frankreich den<br />

Algerienkrieg führte, umfasste die Fremdenlegion<br />

35000 Mann, kämpfte an vorderster<br />

Front und galt als die härteste und gefürchtetste<br />

Truppe der Welt. Derzeit ist sie etwa<br />

7700 Mann stark, mit Männern aus über 130<br />

Nationen. Sie verrichtet vorwiegend humanitäre<br />

Einsätze. So hilft sie bei Katastrophen<br />

wie dem Tsunami 2004 in Südostasien oder<br />

beim Wiederaufbau der Infrastruktur wie<br />

2006 im Libanon. Doch auch Kampfeinsätze<br />

sind immer noch möglich. So etwa 1991 in<br />

Kuwait, 1999 im Kosovo und 2013 in Mali,<br />

wo Islamisten auf die Hauptstadt vorrückten.<br />

Von den neue Regimentern sind sechs in<br />

Frankreich stationiert, die übrigen befinden<br />

sich in Französisch-Guayana, auf der Insel<br />

Mayotte und in Abu Dhabi. Seit ihrer Gründung<br />

1831 bis heute haben knapp 700000<br />

Mann in der Fremdenlegion gedient, 36000<br />

starben dabei. Das strenge Auswahlverfahren<br />

lässt nur etwa jeden zwölften Bewerber<br />

zum Legionär werden. Zuweilen dienten in<br />

ihr auch zweifelhafte Elemente, wie zum<br />

Beispiel ehemalige SS-Angehörige, die dort<br />

vor der Verfolgung sicher waren. Heute sind<br />

3<br />

es vor allem Osteuropäer und Russen. Die<br />

kürzeste Dienstzeit beträgt fünf Jahre. Wer<br />

sich für 20 Jahre verpflichtet, bekommt am<br />

Ende eine lebenslange Rente von 1600 Euro<br />

sowie Boni für Auslandseinsätze, Verwundungen<br />

und Tapferkeitsmedaillen.<br />

s’Positive 6 / 2016 23<br />

Ich habe heute in Ihrem Magazin gelesen, dass es<br />

ab nächster Ausgabe einen neuen Namen trägt:<br />

«s’Positive». Das finde ich super. Weniger gut ist aber,<br />

dass der Name falsch geschrieben ist. Richtig ist diese<br />

Schreibweise: «’s Positive». Als Korrektorin mit langjähriger<br />

Erfahrung weiss ich, dass im Duden steht:<br />

«Man setzt einen Apostroph bei Wörtern mit Auslassungen,<br />

wenn die verkürzten Wortformen sonst<br />

schwer lesbar oder missverständlich wären». Beispiele:<br />

«’s Paradies», «’s ist schon spät».<br />

Gerda Lüthi<br />

Der Name ist in Mundart geschrieben, und zwar<br />

«Oberaargauisch». Deshalb auch «s’Positive» und<br />

nicht «z’Positive», wie es im Emmental heissen würde.<br />

Da der Name in Mundart gehalten wird, haben wir das<br />

Apostroph dort gesetzt, wo sonst die Auslassung wäre.<br />

Bruno Wüthrich, Chefredaktor<br />

Genau getroffen<br />

Die Würdigung von Fritz Scheidegger im letzten<br />

Heft haben Sie mit viel Einfühlungsvermögen und<br />

genau mit diesen Worten, wie ich Fritz gekannt habe,<br />

zu Papier gebracht. Fritz war mein Cousin und<br />

all das von Ihnen Geschriebene ist mir ganz vertraut,<br />

von seiner Werkstatt im Volkshaus bis zu seiner<br />

leider sehr frühen Beerdigung. In einem vertrauten<br />

Gespräch am Küchentisch hat er mir mit strahlenden<br />

Augen gesagt, aber in der Stimme klang auch<br />

Wehmut, er möchte einmal in der Schweiz einen solchen<br />

Triumph feiern können, wie er dies im Ausland<br />

mit grossem Jubel erleben durfte.<br />

Ihm war dies nicht vergönnt, aber dieses Schreiben<br />

von Ihnen, lieber Herr Zaugg, nach 50 Jahren Geschichte,<br />

gibt ihm nun gleichwohl noch einen stillen<br />

Triumph.<br />

Ich danke Ihnen herzlich dafür!<br />

Hanni Meyer-Aebi, Wiedlisbach<br />

FRITZ SCHEIDEGGER<br />

1966 gewann<br />

Fritz Scheidegger<br />

sämtliche WM-<br />

Rennen<br />

Der Rennfahrer,<br />

F<br />

der unbesiegt starb<br />

Der Langenthaler Fritz Scheidegger dominierte vor<br />

50 Jahren die Seitenwagen-WM nach Belieben. Er war der<br />

perfekte Rennfahrer und Techniker, revolutionierte<br />

die Seitenwagen-Szene und im Zenit seiner Karriere war er<br />

unschlagbar – am Ende besiegte ihn aber der Tod.<br />

ritz Scheidegger gewann 1966 mit<br />

seinem britischen Beifahrer John<br />

Robinson sämtliche fünf zur WM<br />

zählenden Rennen und wurde nach<br />

1965 zum zweiten Mal in Serie<br />

Weltmeister. Er war in seinen besten Jahren<br />

besser als später Rolf Biland und gilt nur<br />

deshalb nicht als bester Seitenwagenfahrer<br />

aller Zeiten, weil seine Karriere zu kurz war.<br />

WELTSTARS DER TÖFFSZENE<br />

Heute wird die Gespannklasse nicht mehr<br />

im Rahmen des GP-Zirkus ausgefahren und<br />

findet praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit<br />

statt. Damals aber waren die Gespann-Haudegen<br />

die Weltstars des Töffrenn-<br />

TEXT: KLAUS ZAUGG<br />

sportes. Die Seitenwagen-Rennen wurden<br />

stets am Ende des Programms gefahren.<br />

Damit die Zuschauer an der Strecke blieben.<br />

Es waren schon damals bei Klassikern wie<br />

Assen mehr als 100000. Die Gespann-Stars<br />

waren das, was heute die Titanen der «Königsklasse»<br />

MotoGP (Valentino Rossi & Co.)<br />

sind. Aber der Motorradrennsport war ungleich<br />

exotischer als heute. Es gab keine TV-<br />

Direktübertragungen der Rennen. Die Fahrer<br />

waren beinahe mythische Gestalten und im<br />

«Kopfkino» wurden sie noch grösser als sie<br />

ja schon waren. Aber weil es eben keine TV-<br />

Bilder gab und auch die Printmedien kaum<br />

über die Motorrad-WM berichteten, blieb die<br />

Popularität der Stars weitgehend auf die<br />

Rennsportszene beschränkt. In der Medienwelt<br />

von heute wäre Fritz Scheidegger einer<br />

der populärsten Schweizer Sportler, auf<br />

Augenhöhe mit Roger Federer, den Skistars<br />

und den Schwingerkönigen.<br />

In den 1960er Jahren wird die Weltmeisterschaft<br />

noch in sechs Klassen vergeben: 50<br />

ccm, 125 ccm, 250 ccm, 350 ccm, 500 ccm<br />

und Seitenwagen. Heute sind es nur noch<br />

drei: MotoGP, Moto2 und Moto3. Geld spielt<br />

auch eine Rolle, aber anders als heute. Der<br />

überwiegende Teil der Stars sind sogenannte<br />

Privatfahrer. Also Fahrer, die nebenher<br />

einem Beruf nachgehen. Nur die grossen<br />

Werke leisten sich Werksfahrer. Sponsoren<br />

im heutigen Sinne gibt es keine – ja, Werbung<br />

auf den Motorrädern und Kombis ist<br />

weitgehend untersagt. So gibt es zwar Preisgeld,<br />

aber kaum Werbeeinnahmen. Heute<br />

sind alle Piloten Profis, die vom Rennsport<br />

leben und Verschalungen, Helme und Kombis<br />

sind mit Werbeklebern aus a len möglichen<br />

Branchen zugepflastert, nur Tabakwerbung<br />

ist verboten.<br />

Die Schweizer spielen in den 1960er Jahren<br />

eine dominierende Ro le. Luigi Taver ist<br />

ein Weltstar und gewinnt als Honda-Werksfahrer<br />

1966 zum dritten Mal nach 1962 und<br />

1964 den Titel in der 125er-Klasse. Der Privatfahrer<br />

Gyula Marsowski fordert die Titanen<br />

Giacomo Agostini und Mike Hailwood<br />

heraus und schafft es in der «Königsklasse»<br />

500 ccm aufs Podest. Und Fritz Scheidegger<br />

ist der Perfektionist auf dem Höhepunkt seiner<br />

Laufbahn: Er fährt mit der Präzision eines<br />

Landvermessers, er ist ein brillanter<br />

Techniker, der seine Maschine bis zur letzten<br />

Schraube kennt. In der Saison 1966 ist er<br />

unbesiegbar. Er hat erst weit nach seinem<br />

30. Geburtstag den Zenit der Karriere erreicht.<br />

Das ist damals nicht ungewöhnlich.<br />

Töffkarrieren begannen zehn Jahre später<br />

als heute. Tom Lüthi war noch nicht einmal<br />

19, als er 2005 Weltmeister (125 ccm) wurde.<br />

In den Zeiten von Fritz Scheidegger<br />

konnte einer erst Rennen fahren, wenn er<br />

den Führerschein gemacht hatte – Karrieren<br />

begannen also erst mit 18 auf dem Niveau<br />

der Schweizer Meisterschaft.<br />

KNIEND ZUM ERFOLG<br />

Weil die Möglichkeiten, Geld zu verdienen<br />

in der Schweiz damals besser waren als in<br />

Vor a lem weil sie trotz neuer Konzeption<br />

nicht wesentlich niedriger sind als die bisherigen<br />

Gespanne. Hier nun gehen Rudolf<br />

Kurth und Fritz Scheidegger einen Schri t<br />

weiter. Durch konsequente Verwendung<br />

kleinerer Räder, dank einer ra finierten<br />

Lenkgeometrie mit Vorde radschwinge und<br />

anderer Details bekommen sie ein so niedriges<br />

Gespann, da s man es bald einmal<br />

scherzhaft als «Bügeleisen» bezeichnet. Die<br />

Erfolge, die Scheidegger mit diesem genialen<br />

«Kneeler» e reicht, la sen nach und nach<br />

fast die gesamte Konku renz auf ähnliche<br />

Konstruktionen umsteigen und bis heute<br />

werden die Renngespanne nach diesem<br />

Prinzip gebaut. Fritz Scheidegger hat die<br />

Gespannkla se revolutioniert. Den endgültigen<br />

Durchbruch an die Spitze bringt<br />

schlie slich der Kauf eines BMW-Triebwerkes<br />

vom verunglückten deutschen Ko legen<br />

Ebenfa ls eine<br />

Motorrad-Legende:<br />

Luici Taveri (Bild<br />

Mitte, Nr. 4).<br />

den meisten europäischen Ländern, war es<br />

für Schweizer möglich, eine grosse internationale<br />

Karriere selber zu finanzieren. Pro<br />

Saison wurden höchstens sieben oder acht<br />

GP ausgetragen, alle in Europa und nicht<br />

deren 18 auf fünf Kontinenten wie heute. Es<br />

war möglich, neben der Rennfahrerei einem<br />

Beruf nachzugehen oder ein eigenes Geschäft<br />

zu führen. Fritz Scheidegger, in Langenthal<br />

geboren, machte in Zug eine Lehre<br />

als Motorradmechaniker. Sein Chef Anton<br />

Weber erkannte schnell das Talent seines<br />

Lehrlings und stellte ihm eine Solo-Maschine<br />

zur Verfügung. In Langenthal aufgewachsen,<br />

betrieb Fritz Scheidegger nach der<br />

Lehre im «Volkshaus» eine Motorradwerkstatt.<br />

Dort lernte er seine spätere Frau kennen,<br />

die im Restaurant servierte. Anfang der<br />

Sechzigerjahre zogen die beiden in die Heimat<br />

der Ehefrau. In Courtelary betrieben sie<br />

eine Servicestation mit Café.<br />

Ab 1950 fährt Fritz Scheidegger Rennen,<br />

zuerst Rasenrennen, dann am Berg und auf<br />

der Strasse, ab 1953 sattelte er auf Gespanne<br />

um und ab 1957 fährt er auf höchstem<br />

ZUR PERSON<br />

Da die Beschaffung schneller<br />

BMW-Werksmotoren ausserhalb<br />

seiner finanziellen Möglichkeiten<br />

liegt, sind «schnellere» Fahrgestelle<br />

seine einzige Chance.<br />

Fritz Scheidegger<br />

Geboren am 30. Dezember 1930,<br />

gestorben am 26. März 1967<br />

Klassierungen Seitenwagen-WM:<br />

1957: 12. (Beifahrer Horst Burkhardt)<br />

1958: keine WM-Punkte<br />

1959: 3. (Horst Burkhardt), erster GP-Sieg<br />

1960: 2. (Horst Burkhardt)<br />

1961: 2. (Horst Burkhardt)<br />

1962: 3. (John Robinson)<br />

1963: 3. (John Robinson)<br />

1964: 2. (John Robinson)<br />

1965: Weltmeister (John Robinson).<br />

Gewann 4 von 7 Rennen plus drei<br />

zweite Plätze<br />

1966: Weltmeister (John Robinson),<br />

gewann a le fünf Rennen<br />

Total: 36 GP – 16 GP-Siege –<br />

34 Podestplätze<br />

Niveau. Beim allerersten GP-Einsatz am<br />

1. September 1957 in Monza gelingt ihm<br />

gleich ein 4. Platz. Weil die Gespannklasse<br />

so populär ist, finanziert BMW mehrere<br />

Werksfahrer. Die motorische Überlegenheit<br />

der BMW-Stars ist so gross, dass Fritz Scheidegger<br />

bis 1959 auf den ersten GP-Sieg (17.<br />

Ma in Frankreich) warten muss – und den<br />

verdankt er nicht der Motorenleistung.<br />

Anlässlich eines Bergrennens am Marchairuz<br />

kommt er mit dem gewiegten Konstrukteur<br />

und Tüftler Rudolf Kurth ins Gespräch.<br />

Die beiden diskutieren<br />

Probleme des Fahrgestellbaus,<br />

mit dem sich<br />

Kurth schon eingehend<br />

befasst hat. Fritz Scheidegger,<br />

international bereits<br />

erfahren und in Anbetracht<br />

seiner motorischen Unterlegenheit<br />

stets auf neue<br />

technische Vorteile bedacht,<br />

hat richtig erkannt,<br />

dass die relativ hohen normalen<br />

Gespanne mit ihrer Sitzposition die<br />

mögliche Kurvengeschwindigkeit limitieren.<br />

Da die Beschaffung schneller BMW-<br />

Werksmotoren ausserhalb seiner finanziellen<br />

Möglichkeiten liegt, rechnet er sich<br />

einzig eine Chance durch «schne lere» Fahrgestelle<br />

aus.<br />

Diese Konstruktion, bei der der Fahrer<br />

«on knees», d. h. auf den Knien fährt, ermöglicht<br />

eine niedrigere Stirnfläche des<br />

Gespanns. Dadurch kann sich der Fahrer<br />

wesentlich leichter «klein machen», was für<br />

den über einen Meter achtzig messenden<br />

30 s’Positive 6 / 2016 s’Positive 6/ 2016 31<br />

nach einem Ri s der Bremsverankerung über<br />

eine Haarnadelkurve hinaus und überschlägt<br />

sich. Beifahrer John Robinson<br />

kommt mit einer Gehirnerschü terung und<br />

einem komplizierten Beinbruch davon. Fritz<br />

Scheidegger stirbt auf der Unfa lste le.<br />

Es ist eine bi tere Ironie des Schicksals.<br />

Bei a lem Einsatz war der Langenthaler stets<br />

Gäste sind empört. Der Kirchgemeinderat<br />

prüft nach einer Beschwerde den Wortlaut<br />

der Predigt und nimmt den Pfa rer in<br />

Schutz. Doch der Mann Go tes hat ein<br />

schlechtes Gewi sen und entschuldigt sich<br />

später. Eine Kopie des entsprechenden<br />

Briefs ist noch vorhanden. (siehe Wortlaut<br />

rechts).<br />

Sportleiter des AMC Bleienbach<br />

**************************************<br />

Mi teilung zum Nachruf von Fritz Scheidegger<br />

**************************************<br />

Liebe Motorsportfreunde!<br />

Am 4.4.1967 fand in Langenthal eine Unte redung sta t, aus<br />

welcher wir Ihnen die wichtigsten Punkte bekannt geben wollen.<br />

He r Pfarrer Schn eberger ist sich seiner Fehler anlä slich<br />

der Abdankungsrede von unserem Freund und Kamerad Fritz<br />

Scheidegger bewu st und entschuldigt sich in a ler Form. E sind<br />

nachstehend drei Punkte angeführt, welche dazu beitragen sollen,<br />

das Verhältnis zwischen Kirche und Motorsport klarzustellen.<br />

Bilder: Jahrbuch des Oberaargaus, «Motorcycle GP Racing in the 1960s» von Chris Pereira, «Motorrad Sport» von Helmut<br />

Krackowizer und Peter Carrick, «The Grand Prix Winners» und «Motorrad-Strassen WM» von Maurice Bula<br />

Punkt I<br />

Die Abdankungsrede von Pfa rer Schn eberger war a les andere<br />

Wie auch schon, ich danke für dieses Magazin und lobe es. Unverwechselbar.<br />

Auch sein bisheriger Name. Auch wenn ich die Begründung des<br />

Verlegers verstehe: Der Namenswechsel tut mir ein wenig weh.<br />

Heinrich Gottfried Megert, Langenthal<br />

Bei der Abdankung lässt der<br />

Pfarrer kritische Worte über<br />

den Rennsport in seine Predigt<br />

einfliessen und bezeichnet Fritz<br />

Scheidegger als Raser.<br />

Ludwig Hahn. Auch de sen Mechaniker<br />

Dieter Busch wechselt zu Fritz Scheidegger.<br />

Doch wieder ein Grabstein<br />

britischen Definition des Rennsportes:<br />

«Kränze – nur für die Sieger und die Toten.»<br />

Fritz Scheidegger ist in Langenthal beigesetzt<br />

worden. Der Grabstein steht heute<br />

beim Nordosteingang des Friedhofs Gei s-<br />

berg. Bei der Abdankungspredigt – es<br />

finden bei weitem nicht a le Trauergäste<br />

in der Kirche Platz – kommt<br />

als eine Erbauung für die Trauerfamilie und für die vielen inund<br />

ausländischen Freunde des Verstorbenen.<br />

Punkt I<br />

Bei einer Abdankung so lte nicht über den ethischen und si tlichen<br />

Wert einer Motorsport-Veranstaltung und über die damit<br />

verbundenen Fahrer gesprochen werden. Ein Moto rad- oder Autorennen<br />

ist eine Veranstaltung wie ein Turnfest eines christlichen<br />

Turnvereins – denn auch dort werden um be sere Zeiten und höhere<br />

Leistungen gekämpft. Es wäre viel mehr bei einer Abdankung<br />

den Angehörigen und Freunden vor Auge zu führen, welche christliche Verbundenheit<br />

und welche Verhältni se ein Sportler zur Kirche und zu Gott<br />

haben kann. Bei unserem verstorbenen Freund, der als edler und anständiger<br />

Familienvater und Sportsmann seinen Pflichten nachkam, war auch der<br />

Sinn für die Kirche ein äu serst guter.<br />

Punkte I<br />

Da s von der Kanzel von Rasen und Rennen gesprochen wird ist nicht unbedingt<br />

nötig, da sich dieser Ort nicht zu sehr mit materie lem zu befa sen hat. He r Pfa rer<br />

Schn eberger sieht auch ein, da s es für die Kirche und das Christentum be ser wäre, wenn<br />

ein Pfa rhe r an einem Sonntag bereit wäre, bei einem Motorsportfest eine Feldpredigt oder einen Berggo tesdienst<br />

abzuhalten, als durch feindliche Worte diese Menschen von der Kirche zu vertreiben. Sicher sind auch die Motorsportmenschen<br />

für ein gutes Bibelwort zu haben, aber nicht solch ablehnende Worte wie sie in Langenthal gefa len<br />

sind.<br />

Liebe Motorsportfreunde, die Unterzeichneten bi ten sie herzlich, das Vorgefallene zur Entschuldigung hinzunehmen<br />

und hoffen ehrlich, da s Sie unserem Freund Fritz Scheidegger ein gutes Andenken bewahren und die eher<br />

34 s’Positive 7/2016


Veranstaltung<br />

Grosser Flugtag der Modellfluggruppe Langenthal<br />

Seit über 40 Jahren unterhält die Modellfluggruppe Langenthal<br />

ihren Modellflugplatz beim Schützenhaus in Langenthal.<br />

Jung und Alt treffen sich täglich um ihre ferngesteuerten<br />

Modellflugzeuge in die Luft steigen zu lassen. Heute sind wir<br />

90 Mitglieder, welche ihre Faszination für ferngesteuerte<br />

Segelflugzeuge, Motormodelle oder Helikopter ausleben.<br />

Am Wochenende vom 20. – 21. August findet unser grosses<br />

Modellflugwochenende statt. Wir wollen unseren Gästen die<br />

Vielseitigkeit des Modellflugsportes zeigen. Vorgeflogen wird<br />

die ganze Bandbreite, vom Beginner- bis zum Profimodell,<br />

angetrieben von Elektro-, Glühzünder-, Diesel- oder Benzinmotoren.<br />

Sogar einige Turbinenmodelle werden zu sehen sein.<br />

Auch die Nacht machen wir zum Tag, mit beleuchteten<br />

Modellen gibt es am Samstagabend ab 21.30 Uhr ein «Nachtfliegen».<br />

Wir freuen uns auf Sie.<br />

Modellfluggruppe Langenthal, Alex Stapf<br />

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Wir können Ihnen zwar keinen Artikel darüber<br />

garantieren. Aber prüfen werden wir<br />

Ihren Vorschlag ganz bestimmt.<br />

Wir wissen noch nicht, was auf uns zukommt,<br />

wenn wir die Möglichkeit zu Leserreaktionen<br />

bieten. Möglich, dass keine einzige<br />

kommt. Ebenfalls möglich, dass wir<br />

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rassistischen und sexistischen Inhalt werden<br />

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