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<strong>Not</strong> <strong>Vital</strong>: Wenn Träume wahr werden<br />
oder wie ein Kamel in Kugeln kam<br />
„M<br />
ein wahres Atelier befindet sich in meinem<br />
Kopf “. <strong>Not</strong> <strong>Vital</strong> ist ein Künstler, der Träume<br />
wahr werden lässt. Tatsächlich erschafft er Dinge, die<br />
andere nicht zu denken wagen. Die Erfindungskraft des<br />
Künstlers kennt dabei keine Grenzen. Besonders anregend<br />
ist für <strong>Vital</strong> die Begegnung mit Menschen anderer<br />
Kulturen, deren Einfallsreichtum und Können. Gerne<br />
erzählt <strong>Not</strong> <strong>Vital</strong> seine Geschichte von den Silberkugeln:<br />
N<br />
blem, sondern aus Herausforderung verstand. Er wolle<br />
allerdings wissen, was in die Kugeln hineinkomme. Denn<br />
ihm erschien leerer Raum sinnlos. Also begann <strong>Not</strong> <strong>Vital</strong><br />
zu überlegen. Der Sand der Wüste, der sie umgab, war<br />
ihm als Inhalt zu schlicht. Die Sterne am Himmel waren<br />
zu weit entfernt, doch das Kamel, das da ruhte, das wäre<br />
doch ein schöner Inhalt für die Silberkugeln. „Kein Problem“,<br />
meinte der Tuareg. Also gingen sie am nächsten<br />
Tag auf den Markt, kauften ein Kamel, schlachteten es<br />
und trockneten dieses in der Sonne. Inzwischen schuf<br />
der Silberschmied 12 große Silberkugeln als Hülle für die<br />
Mumienteile des Kamels. Diese gingen später auf Ausstellungen<br />
rund um die Welt. Und es gibt wohl kein anderes<br />
Kamel, das jemals so bestaunt wurde, ohne dass es<br />
auch nur ein einziger Besucher wirklich sah. Außer der<br />
Künstler und sein Schmied.<br />
Der Künstler <strong>Not</strong> <strong>Vital</strong><br />
N<br />
ot <strong>Vital</strong> traf in Afrika, wo er zeitweise lebt, einen<br />
Silberschmied. Der trug einen Ring mit einer kleinen<br />
Silberkugel. Ob er denn auch Kugeln in der Größe<br />
einer Melone herstellen könne, fragte ihn <strong>Vital</strong>, denn er<br />
war begeistert von der Kunstfertigkeit des Tuaregs. „Kein<br />
Problem“, antwortete der. „Und ginge es auch noch größer?“<br />
Auch dies sei kein Problem, erfuhr <strong>Vital</strong> vom Silberschmied,<br />
der wie so viele hier die Welt nicht als Proot<br />
<strong>Vital</strong> wurde 1948 in Sent geboren. Er stammt<br />
aus dem Engadin, einer abgelegenen Bergregion im<br />
Schweizer Kanton Graubünden an der Grenze zu Italien<br />
und Österreich. Nur hier wird Rätoromanisch gesprochen,<br />
eine seltene, auf das Lateinische zurückgehende<br />
Sprache. <strong>Not</strong> <strong>Vital</strong> genoss seine Kindheit in der weitgehend<br />
unberührten Natur. Doch „wer etwas werden wollte,<br />
musste schon immer von hier weggehen“. Als Schweizer<br />
lernte <strong>Vital</strong> früh weitere Sprachen.<br />
E<br />
Ein Freund der Familie besaß eine wertvolle Sammlung<br />
moderner Kunst, die <strong>Vital</strong> gerne und oft besichtigte.<br />
Und so stand schon bald der Entschluss fest,<br />
Kunst zu studieren. Dazu ging er zunächst nach Paris auf<br />
die Université de Paris. Dort konnte er künstlerisch experimentieren.<br />
Danach folgten längere Aufenthalte in New<br />
York und in Italien, wo <strong>Vital</strong> einen kleinen<br />
Zirkus gründete, Jonglieren sowie Feuerspucken<br />
lernte und sogar Kleintiere dressierte.<br />
<strong>Vital</strong> ist häufig auf Reisen, und wechselt<br />
dabei ständig zwischen Kulturen und<br />
Kontinenten. Seine weltweit verstreuten<br />
Wohnorte haben ihn als Künstler geprägt.<br />
In Afrika freundete er sich mit den Stammesmitgliedern<br />
der Tuareg an und erbaute<br />
mit ihnen ungewöhnliche Gebäude: Das<br />
„Haus zur Beobachtung des Sonnenuntergangs“<br />
(vgl. Abb.), ein „Haus zur Beobachtung<br />
des Mondes“, ein „Haus gegen die Hitze<br />
und Sandstürme“, eine Schule in Agadez<br />
(Niger). Bauten entstanden auch auf seiner<br />
von ihm benannten Insel „<strong>Not</strong>Ona“ im lateinamerikanischen<br />
Patagonien (Chile), im<br />
Engadin („Haus, das verschwindet“) und in<br />
China. <strong>Vital</strong>s künstlerische Arbeiten leben<br />
vom Austausch der Kulturen, den unterschiedlichen<br />
Materialien, den Möglichkeiten<br />
und dem besonderen handwerklichen<br />
Geschick der Menschen, denen er vor Ort<br />
begegnet. Viele Kunstwerke „laden einfach<br />
dazu ein, zu träumen“ (<strong>Vital</strong>).<br />
Arbeitsvorschläge<br />
• Deute die folgende Aussage: „Das, worauf<br />
es im Leben ankommt, können wir<br />
nicht vorausberechnen. Die schönste<br />
Freude erlebt man immer da, wo man sie<br />
am wenigsten erwartet hat.“ Anmerkung:<br />
Der Satz stammt von dem Schriftsteller<br />
Antoine de Saint-Exupéry, dessen Werk<br />
<strong>Not</strong> <strong>Vital</strong> besonders schätzt (aus: Terre<br />
des Hommes / Wind, Sand und Sterne).<br />
• Wenn Träume wahr werden: Entwickle<br />
ein Konzept für ein Kunstwerk (Objekt,<br />
Skulptur, Malerei, Film usw.), das eine<br />
ungewöhnliche Idee Wirklichkeit werden<br />
lässt. Fertige dazu Entwurfsskizzen und<br />
eine Beschreibung an.<br />
• Begründe mit Hilfe des Textes, warum<br />
dieses Kunstobjekt nur in Afrika im Land<br />
der Tuareg entstehen konnte.<br />
• „Ein Tier für die Kunst opfern?“ Diskutiere<br />
diese Frage mit anderen.<br />
• Was würdest Du in die Kugeln füllen,<br />
wenn Du die Möglichkeit hättest, ein<br />
solches Kunstwerk zu verwirklichen? Begründe<br />
Deine Aussage.<br />
„Ich wollte zurück zu dem Punkt,<br />
wo man wie als Kind einfach<br />
etwas machte.“<br />
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