Zürich-West: Das neue Immobilien-Eldorado ... - Mieterverband
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ichs ‹Wildem <strong>West</strong>en›<br />
Obergeschossen mit Premium-Aussicht<br />
aufs <strong>neue</strong> <strong>Zürich</strong> gibts Eigentumswohnungen.<br />
Ab drei Millionen<br />
Franken. Die oberste hat sich, wie bekannt<br />
wurde, der UBS-Verwaltungsrat<br />
und Fondsmanager Rainer Marc<br />
Frey für die Kleinigkeit von zehn Millionen<br />
Franken gesichert.<br />
Wer wohnt sonst noch dort? Die<br />
Sonnerie gibt Hinweise. Da ist zum<br />
Beispiel ein Multi-Verwaltungsrat<br />
aus der Industrie, dessen 200'000-<br />
fränkiger Bentley zufällig gerade vor<br />
dem Hotel parkiert. Dann ein deutscher<br />
Rechtsanwalt, eine <strong>Immobilien</strong>firma,<br />
eine Beteiligungsgesellschaft,<br />
weitere Bewohner von offen-<br />
kundig iranischer, russischer und<br />
englischer Herkunft sowie anonyme<br />
Firmen mit möglichst nichtssagenden<br />
Namen. Geld spielt bei allen keine<br />
Rolle, man hat es. «Wohnen?»,<br />
fragt Jaqueline Badran. «Von wegen.<br />
<strong>Das</strong> sind vor allem Zweitappartements<br />
und Businesslogen von Reichen.»<br />
Nicht nur das Wallis und<br />
Graubünden hätten ein Zweitwoh-<br />
Mieten & Wohnen 5 | 2012<br />
nungsproblem, sondern auch Städte<br />
wie <strong>Zürich</strong>. Und schon ist die Nationalrätin<br />
bei der Lex Koller, ihrem<br />
Lieblingsthema. Sie will diese Lex,<br />
der die Abschaffung droht, als Bollwerk<br />
gegen ausländisches Kapital<br />
retten: «Es gibt zu viele Superreiche,<br />
auf der Welt, die ihr Geld in Schweizer<br />
<strong>Immobilien</strong> währungssicher und<br />
inflationsgeschützt parkieren wollen<br />
und dazu beitragen, dass hierzulande<br />
die Mieten steigen.»<br />
Nebenan entsteht die Überbauung<br />
Maaghof mit mehreren hundert<br />
Wohnungen. Swiss Life investiert,<br />
Diener & Diener entwarfen die Architektur,<br />
Losinger Marazzi baut.<br />
<strong>Das</strong> Zielpublikum der künftigen<br />
Mieterinnen und Mieter sieht laut<br />
Prospekt so aus: «Sie arbeiten als<br />
Consultant in einer international tätigen<br />
Firma, sind oft im Ausland unterwegs<br />
und pflegen einen äusserst<br />
dynamischen Lebensstil.» 3000 Franken<br />
im Monat reichen für die Miete<br />
von hundert Quadratmetern Wohnfläche<br />
kaum aus. Der nächste Wohnturm,<br />
das 80 m hohe Zoelly-Hochhaus,<br />
ist bereits in Planung und wird<br />
ebenfalls von Losinger Marazzi erstellt.<br />
Für gepflegte Architektur<br />
sorgt das Büro Meili, Peter Architekten<br />
AG. Der Turm wird gleich hoch<br />
wie der Mobimo Tower nebenan.<br />
Was ein Appartement «mit neuartiger<br />
Loggia und Split-Level» (d.h. verschieden<br />
hohe Bodenniveaus) kostet,<br />
steht noch nicht fest. Sicher ist:<br />
Man braucht dafür ein volles Portemonnaie.<br />
schrebergärten ade<br />
«Was wäre, wenn ein Hochhaus einen<br />
Park hätte?» So offenherzig formuliert<br />
der Investor seinen Anspruch<br />
auf öffentliche Unterstüt-<br />
zung bei seinem Gewinnstreben.<br />
Der Spruch ist auf einer Bauabschrankung<br />
in unmittelbarer Nähe<br />
zu lesen. Es geht um den geplanten<br />
Pfingstweidpark, der hier die Gegend<br />
begrünen und angenehm machen<br />
soll. Die Fläche für den vorgesehenen<br />
Park muss aber den Schre-<br />
bergärtnern weggenommen werden,<br />
die sich dort befinden. Der Bau<br />
des Parks wird selbstverständlich<br />
von der Stadt berappt. Ist das die<br />
Idealform der viel beschworenen<br />
Public-Private-Partnership?<br />
Für Jacqueline Badran – aber nicht<br />
nur für sie – kann es nicht angehen,<br />
dass Investoren im <strong>Eldorado</strong> <strong>Zürich</strong>-<br />
Die Dichte an Verkehrsanlagen erreicht in <strong>Zürich</strong>-<strong>West</strong> amerikanische Dimensionen.<br />
Hier soll der Pfingstweidpark das Areal begrünen, Schrebergärten müssen weichen.<br />
Dieser Hausbesitzer an der Turbinenstrasse weigert sich, zu verkaufen. Wird er<br />
enteignet?<br />
<strong>West</strong> hohe Gewinne machen, während<br />
der Öffentlichkeit die Infrastrukturlasten<br />
aufgebürdet werden.<br />
Fiskus ausgetrickst<br />
Es scheinen sich inzwischen dreiste<br />
Praktiken breitgemacht zu haben.<br />
Möglichst keine Steuern zahlen, lautet<br />
die Devise in den Teppichetagen.<br />
Dem Mobimo-Konzern gelang es,<br />
dank verschiedenen Domizilen in<br />
Luzern und Küsnacht den städtischen<br />
Fiskus bei der Grundstückgewinnsteuer<br />
auszutricksen. Doch es<br />
gibt auch Widerstand. Die IG Hardturm<br />
wehrt sich fürs Quartier, die<br />
Linke im Gemeinderat kämpft für<br />
Wohnanteile und moderate Mieten.<br />
Doch der Kampf <strong>Zürich</strong>-<strong>West</strong> ist in jeder<br />
Beziehung hart. Zu viel Geld<br />
steht hier auf dem Spiel.<br />
Der Rundgang endet in der Beiz<br />
im «Kraftwerk 1», einer modernen<br />
Genossenschaftssiedlung an der<br />
Hardturmstrasse. Hier sitzt ein Rentnerehepaar,<br />
einfache Leute, vor einer<br />
Stange Bier und lässt mitten am<br />
Nachmittag die Zeit verstreichen.<br />
Als wäre nichts geschehen. Solche<br />
Leute gibt es auch im Kreis 5. Die Frage<br />
ist nur: wie lange noch?<br />
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