ImmoCompact_Sonderausgabe_DIM2016

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TITELSTORY Die WIKR-Regulierung: Mehr Fluch als Segen Die nationale Umsetzung der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) soll die Rechte der Verbraucher besser schützen. Der Schutz vor schwarzen Schafen verbaut in der Realität aber vielen Bundesbürgern den Weg in die eigenen vier Wände. Am 21.03.2016 hat die Bundesregierung ein Gesetz nur Neuregelung der Kreditvergabe bei Immobilienkrediten vorgelegt, um damit die EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) in deutsches Recht umzusetzen. Kritiker bemängeln, dass die Politik mal wieder in die freie Marktwirtschaft eingreift und sich gerade mit den neuen Reglementierungen in Sachen Immobilien - kredite der weit reichenden Folgen nicht bewusst ist. Wie Gespräche mit diversen Sparkassen-Instituten zeigen, sind die Auswirkungen dieser neuen Richtlinien selbst bei den Bankinstituten noch gar nicht richtig angekommen. Aufseiten der Kreditvermittler sind künftig Sachkundenachweise und Berufshaftpflichtversicherungen Pflicht. Das soll helfen, das Beratungsgeschäft weiter zu professionalisieren. Auf der anderen Seite gelten für Kreditinstitute bei der Vergabe von Immobiliendarlehen künftig noch höhere Anforderungen. Schutz des Verbrauchers vs. Eigenheim für jedermann Ziel der Verschärfung war der bessere Schutz der Verbraucher vor Kredithaien und allzu agressiven Vermittlern. Der Schutz vor schwarzen Schafen verbaut aber leider nun vielen Bundesbürgern den Weg in die eigenen vier Wände: Durch die WIKR werden die Kreditinstitute zu einer erheblich restriktiveren Kreditvergabe gezwungen. Einkommen und Bonitäten werden noch genauer überprüft und die Bedingungen für Kreditvergaben erheblich nach oben geschraubt. Damit behindert das Gesetz die Erhöhung der Eigentumsquote innerhalb der EU wie kaum ein anderes. 6
Seit Jahren fehlende Konzepte für Wohneigentum Die Eigentumsquote lag Statista zufolge in Deutschland 2014 bei 52,5%. Schlechter war nur die Schweiz mit 44%. Spitzenreiter in Sachen Wohneigentum sind dagegen Länder wie Rumänien, Litauen, Norwegen oder Ungarn, wo die Quoten von 85 bis 96% in der Spitze liegen. In Deutschland dagegen wird es Schwellenhaushalten (junge Familien, Alleinstehende, Alleinerzieh - ende, ältere und behinderte Menschen) mit dieser Gesetzgebung fast unmöglich gemacht, überhaupt noch Eigentum zu erwerben. Es fehlen seit Jahren Konzepte, kostengünstiges und bedarfsgerechtes Wohneigentum für die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bereitzustellen. Nur noch für Besserverdiener Seit März ist es also nur noch Besserverdienern möglich, eigengenutzte Wohnimmobilien unproblematisch zu finanzieren. Aber sprechen wir denn nicht schon seit Jahren davon, dass es zu einer Umverteilung der Vermögensverhältnisse kommen sollte, dass in Zeiten sinkender Rentenabsicherung Wohneigentum Vorsorge fürs Alter bedeutet? Warum sorgt die Regulierungswut auf Ebene der EU und damit folglich auch hierzulande für Gesetze, die genau ins Gegenteil führen? Gerade bei den historisch niedrigen Zinsen – die, wenn es nach Währungshüter Draghi geht, noch lange auf diesem Niveau verharren – gäbe es jetzt die Chance, eventuell sogar mit weiteren Förderungen oder Garantien, die Eigenkapitalquote enorm zu steigern und Haushalte mit niedrigeren Einkommen in die eigenen vier Wände zu bringen. Neufinanzierung nach Ablauf der Zinsbindungs - fristen enorm erschwert Die neue WIKR wird aber in Zukunft besonders diejenigen treffen, die bereits Wohnimmobilien besitzen und diese finanziert haben. Bisher konnten Kreditnehmer nach Auslaufen einer beispielsweise zehnjährigen Zinsfestschreibung relativ einfach bei ihrer finanzierenden Bank die modifizierte Finanzierung verlängern; ohne jegliche erneute Bonitätsprüfung. Dies wird so in Zukunft nicht mehr möglich sein. Die neue WIKR sieht zum Wohle des Verbraucherschutzes eine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung vor. Was passiert aber nun, wenn Verbraucher zwischenzeitlich arbeitslos oder arbeitsunfähig geworden sind? Was passiert, wenn sie mit den Raten innerhalb ihrer statistischen Lebenserwartung den Kredit nicht voll zurückführen könnten? Ganz einfach: Die Bank wäre verpflichtet, ihnen den Kredit zu kündigen und die Immobilie bis in die Versteigerung zu treiben. Das kann man nur Verbraucherschutz ad perversum nennen. Man verhindert nicht nur den Neuerwerb, sondern treibt die Familien und Bürger darüber hinaus, wenn nicht gar in den finanziellen Ruin, dann doch zumindest aus ihrem Eigenheim. Verbraucherschutz ist richtig und wichtig. Aber eine Überregulierung, die jegliche Planungssicherheit unterbindet, bedeutet keinen Schutz, sondern Behinderung für den Verbraucher und schürt zu Recht die Politikverdrossenheit. W Von Jürgen Engelberth, Vorstand des BVFI Bundesverband für die Immobilienwirtschaft und <strong>ImmoCompact</strong>-Chefredakteur 7
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