ImmoCompact_Sonderausgabe_DIM2016
Das Fachmagazin für die Immobilienwirtschaft
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Seit Jahren fehlende Konzepte für Wohneigentum<br />
Die Eigentumsquote lag Statista zufolge in<br />
Deutschland 2014 bei 52,5%. Schlechter war nur<br />
die Schweiz mit 44%. Spitzenreiter in Sachen<br />
Wohneigentum sind dagegen Länder wie Rumänien,<br />
Litauen, Norwegen oder Ungarn, wo die<br />
Quoten von 85 bis 96% in der Spitze liegen. In<br />
Deutschland dagegen wird es Schwellenhaushalten<br />
(junge Familien, Alleinstehende, Alleinerzieh -<br />
ende, ältere und behinderte Menschen) mit dieser<br />
Gesetzgebung fast unmöglich gemacht, überhaupt<br />
noch Eigentum zu erwerben. Es fehlen seit Jahren<br />
Konzepte, kostengünstiges und bedarfsgerechtes<br />
Wohneigentum für die verschiedenen gesellschaftlichen<br />
Gruppen bereitzustellen.<br />
Nur noch für Besserverdiener<br />
Seit März ist es also nur noch Besserverdienern<br />
möglich, eigengenutzte Wohnimmobilien unproblematisch<br />
zu finanzieren. Aber sprechen wir<br />
denn nicht schon seit Jahren davon, dass es zu<br />
einer Umverteilung der Vermögensverhältnisse<br />
kommen sollte, dass in Zeiten sinkender Rentenabsicherung<br />
Wohneigentum Vorsorge fürs Alter<br />
bedeutet? Warum sorgt die Regulierungswut auf<br />
Ebene der EU und damit folglich auch hierzulande<br />
für Gesetze, die genau ins Gegenteil führen?<br />
Gerade bei den historisch niedrigen Zinsen – die,<br />
wenn es nach Währungshüter Draghi geht, noch<br />
lange auf diesem Niveau verharren – gäbe es jetzt<br />
die Chance, eventuell sogar mit weiteren Förderungen<br />
oder Garantien, die Eigenkapitalquote<br />
enorm zu steigern und Haushalte mit niedrigeren<br />
Einkommen in die eigenen vier Wände zu bringen.<br />
Neufinanzierung nach Ablauf der Zinsbindungs -<br />
fristen enorm erschwert<br />
Die neue WIKR wird aber in Zukunft besonders diejenigen<br />
treffen, die bereits Wohnimmobilien besitzen<br />
und diese finanziert haben. Bisher konnten Kreditnehmer<br />
nach Auslaufen einer beispielsweise zehnjährigen<br />
Zinsfestschreibung relativ einfach bei ihrer<br />
finanzierenden Bank die modifizierte Finanzierung<br />
verlängern; ohne jegliche erneute Bonitätsprüfung.<br />
Dies wird so in Zukunft nicht<br />
mehr möglich sein. Die neue<br />
WIKR sieht zum Wohle des Verbraucherschutzes<br />
eine erneute<br />
Kreditwürdigkeitsprüfung vor.<br />
Was passiert aber nun, wenn<br />
Verbraucher zwischenzeitlich<br />
arbeitslos oder arbeitsunfähig<br />
geworden sind? Was passiert,<br />
wenn sie mit den Raten innerhalb<br />
ihrer statistischen Lebenserwartung<br />
den Kredit nicht voll<br />
zurückführen könnten?<br />
Ganz einfach: Die Bank wäre<br />
verpflichtet, ihnen den Kredit<br />
zu kündigen und die Immobilie<br />
bis in die Versteigerung zu<br />
treiben. Das kann man nur Verbraucherschutz<br />
ad perversum<br />
nennen.<br />
Man verhindert nicht nur den<br />
Neuerwerb, sondern treibt die<br />
Familien und Bürger darüber<br />
hinaus, wenn nicht gar in den<br />
finanziellen Ruin, dann doch<br />
zumindest aus ihrem Eigenheim.<br />
Verbraucherschutz ist<br />
richtig und wichtig. Aber eine<br />
Überregulierung, die jegliche<br />
Planungssicherheit unterbindet,<br />
bedeutet keinen Schutz, sondern<br />
Behinderung für den Verbraucher<br />
und schürt zu Recht die<br />
Politikverdrossenheit. W<br />
Von Jürgen Engelberth,<br />
Vorstand des BVFI Bundesverband für die<br />
Immobilienwirtschaft und <strong>ImmoCompact</strong>-Chefredakteur<br />
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