04_Wagner_Heime

FORSCHUNG / RESEARCH
trollierten Geschlechtstriebes sowohl bei Erwachsenen wie bei Jugendlichen
groß sei. 165
7.2 Haloperidol, Schleswig
In einer Studie aus der jugendpsychiatrischen Abteilung des Landeskrankenhauses
Schleswig wird über Erfahrungen mit Haloperidol
bei der Anwendung an 65 Heranwachsenden beiderlei Geschlechts
im Alter von drei bis achtzehn Jahren berichtet. 166 Als
Hauptindikationsgebiet gibt die Publikation der Studie neben psychischen
Erregungszuständen mit Neigung zu Aggressionen und
Selbstbeschädigung auch „Exzessive Masturbation“ an. Der Autor
unterscheidet zwischen Masturbation und Onanie. Masturbation
entspringe „primitiven Wurzeln“, die Onanie dagegen setze „einen
gewissen geistig-seelischen Besitzzustand“ voraus. 167
7.3 Androcur (Cyproteronacetat)
1973 wurde Cyproteronacetat, das als Antiandrogen die Wirkung
der männlichen Sexualhormone hemmt, von der Firma Schering in
Berlin unter dem Warenzeichen Androcur zunächst in Tablettenform
in den Handel gebracht. 168 Ab 1966 wurde die Substanz als
Mittel zur Reduzierung oder Hemmung der Sexualität bei Männern
mit deviantem [abweichendem] Sexualverhalten geprüft. 169 Das „Gesetz
über die freiwillige Kastration und andere Behandlungsmethoden“
von 1969 berücksichtigte bereits diese neue Behandlungsoption,
obwohl das Präparat noch gar nicht auf dem Markt war. In
165
Günther Ritzel, Zur Antiandrogentherapie mit Cyproteronacetat in der Kinder-
und Jugendpsychiatrie. Eine Übersicht über bisherige Erfahrungen, Praxis der
Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 20 (1971), 5, S. 165–169, hier S. 165.
166
Rolf Jacobs, Erfahrungen mit Haloperidol in der pädopsychiatrischen Anstaltspraxis,
Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 15 (1966), 2, S. 67–70.
167
Ebd., hier S. 68.
168
SchA-S1-229; Produkthistorie Pharma; Androcur.
169
Friedmund Neumann / Rudolf Wiechert, Die Geschichte von Cyproteronacetat.
Ungewöhnliche Wege bei der Entwicklung eines Arzneimittels, Mainz 1984,
S. 25.
Sozial.Geschichte Online 19 (2016) 99