04_Wagner_Heime

FORSCHUNG / RESEARCH
durch weitere Studien mit Psychopharmaka an Heimkindern nachgewiesen
werden konnten.
Neben den Substanzgruppen der Impfstoffe und Psychopharmaka
wurden auch Präparate zur Hemmung der Libido in Heimen getestet.
Dokumente aus Archiven von Pharmafirmen und dem Bundesarchiv
bestätigen und ergänzen die Hinweise aus den Veröffentlichungen.
Insgesamt liegen gegenwärtig Dokumente von etwa fünfzig durchgeführten
Arzneimittelstudien vor, wobei davon auszugehen ist,
dass das tatsächliche Ausmaß noch umfangreicher ist. Die hier vorgestellte
Studie basiert auf einer empirischen Dokumentenanalyse.
Diese Methode ist sicherlich keine Innovation; auch im Rahmen
des Runden Tisches hätte man sich dieser Methode bedienen können.
Den offen artikulierten Verdachtsmomenten zu Arzneimittelstudien,
die es schließlich auch für den Bereich der ehemaligen
Heimkinder in Behinderteneinrichtungen und psychiatrischen Einrichtungen
gab, hätte nachgegangen werden können und müssen.
5. Studien zu Impfstoffen
5.1 Einführung
Für die Zeit von 1949 bis 1970 konnten 33 Publikationen über
Impfstoffversuche in verschiedenen Kinderheimen der BRD gefunden
werden (eine Liste findet sich im Anhang); darüber hinaus liegen
zwei Dissertationen als Nachweis für die Versuche an Heimkindern
in der BRD vor. 29 Ganz offen berichteten die Veröffentlichungen
über die Gewinnung der Versuchspersonen, die bei den Impfstoff-
29
Wolfgang Hugo Hermes, Zur Frage der Immunität nach Poliomyelitis-Schutzimpfungen
mit Kombinationsimpfstoffen (Diphtherie-Tetanus-Polio) nach dem
SALK-Prinzip und abgeschwächten Polioviren nach COX, Dissertation, Medizinische
Akademie Düsseldorf, 1961 und Ulrich Graf, Chromosomenveränderungen
nach Poliomyelitis-Schluckimpfung, Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität
München, 1970.
Sozial.Geschichte Online 19 (2016) 69