2008_Folgen_von_Stadtschrumpfung
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geprägten Gebieten befinden. Vor dem Hintergrund der Globalisierung und der Entwicklung<br />
zur Dienstleistungsgesellschaft sind Unternehmen, die strukturbestimmend<br />
für ganze Städte und Ortschaften waren, längst ein obsoletes Phänomen, womit auch<br />
Schrumpfungsprozesse im industriell geprägten Raum um Düsseldorf oder das „Kohleabbaugebiet<br />
Saarland“ zu erklären sind. Weitere Beispiele sind Städte wie Eisenhüttenstadt<br />
(<strong>von</strong> der Stadt am Stahlwerk zur Stadt mit einem Stahlwerk), Guben (als<br />
Grenzstadt mit dem Stadtbild einer durch Krieg und späte Industrialisierung zerstörten<br />
Stadt) oder Kiel (<strong>von</strong> der Werften-, Hafen- und Industriestadt zur Dienstleistungs-<br />
und Freizeitstadt am Wasser) 14 .<br />
Warum insbesondere die neuen Bundesländer <strong>von</strong> derartigen Abwanderungserscheinungen<br />
betroffen sind, erschließt sich, sobald man sich das Erbe 40jähriger sozialistischer<br />
Stadtplanung vergegenwärtigt. Zu Zeiten der DDR sind viele ostdeutsche Städte<br />
erst zu erheblichem Wachstum gelangt, die stark monowirtschaftlich meist auf<br />
wenige oder gar einen einzigen Betrieb ausgerichtet wurden. Nach der Wiedervereinigung<br />
bedeutete dies einen großen Nachteil, da die ostdeutschen Städte nunmehr<br />
einen abrupten Systemwechsel durch die plötzliche Umstellung auf die soziale<br />
Marktwirtschaft zu verkraften hatten und sich nicht langfristig wirtschaftlich entwickeln<br />
konnten, wie es etwa im Ruhrgebiet der Fall war. Die aus ökonomischen<br />
Gründen erfolgte massenhafte Schließung nicht benötigter industrieller Betriebe<br />
führte zu hohen Arbeitslosenzahlen, was dem Wegbrechen der wirtschaftlichen Basis<br />
gleichkommt. In Verbindung mit einer insgesamt schlechten Verdienst- und Arbeitsmarktlage,<br />
als einem der wichtigstes Motivationsgründe zum Wohnortwechsel,<br />
brach die Geburtenrate in den neuen Bundesländern förmlich ein 15 , da sich junge<br />
Familien wegen schlechter wirtschaftlicher Voraussetzungen und dem über mehrere<br />
Dekaden unterdrückten Konsumbedürfnissen immer weniger für eigene Kinder entschieden.<br />
Hauptsächlich junge qualifizierte Menschen zeigen eine hohe Bereitschaft<br />
zur Abwanderung und sind bei der Wahl des Wohnortes flexibel 16 . Beiläufig sei zudem<br />
das Antlitz der für das Stadtbild der DDR typischen Plattenbausiedlungen erwähnt,<br />
deren bauliche und kulturelle Unattraktivität zur Distanzierung beitragen.<br />
14 Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.) 2004: Auf dem Weg zur Stadt 2030 – Leitbilder,<br />
Szenarien und Konzepte – Ergebnisse des Forschungsverbundes „Stadt 2030“, S. 30<br />
15 Vgl. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (Hrsg.) <strong>2008</strong>: Daten, Fakten, Trends zum demographischen<br />
Wandel in Deutschland, S. 36<br />
16 Vgl. Gatzweiler, Hans-Peter/Meyer, Katrin/Milbert, Antonia 2003: Schrumpfende Städte in<br />
Deutschland – Fakten und Trends, S. 564, in: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 10/11.2003<br />
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