SemesterJournal 1/09 - MBA Programme der HWR Berlin
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30 Theorie und Praxis<br />
<strong>SemesterJournal</strong> 1/<strong>09</strong> <strong>SemesterJournal</strong> 1/<strong>09</strong> Forschung<br />
31<br />
Größte HGB-Bilanzrechtsreform auf<br />
<strong>der</strong> Zielgeraden<br />
Nichts bewegt die Fachwelt mehr als das Bilanzrechtsmo<strong>der</strong>nisierungsgesetz (BilMoG), das ab 2010 zur Anwendung kommen<br />
wird. Auf 254 Seiten findet die größte HGB-Bilanzrechtsreform seit mehr als 20 Jahren statt. Damit wagt <strong>der</strong> Gesetzgeber den<br />
Spagat, dem handelsrechtlichen Jahresabschluss einen internationalen Anstrich mit Blickrichtung auf die International Financial<br />
Reporting Standards (IFRS) zu verleihen, ohne dessen Ausschüttungs- und indirekte Steuerbemessungsfunktion aufzugeben.<br />
Text: Peter Sorg<br />
Der Bundesrat hat am 3. April 20<strong>09</strong><br />
das Bilanzrechtsmo<strong>der</strong>nisierungsgesetz<br />
(kurz: BilMoG) mit kleineren Anpassungen<br />
endgültig verabschiedet. Mit<br />
Verkündung im Bundesgesetzblatt am<br />
28. Mai 20<strong>09</strong> tritt verpflichtend zum<br />
1. Januar 2010 die größte Reform seit<br />
dem Bilanzrichtliniengesetz von 1985<br />
in Kraft. Mit dem BilMoG wird hauptsächlich<br />
das Ziel verfolgt, das bewährte<br />
HGB-Bilanzrecht zu einer dauerhaften<br />
und im Verhältnis zu den IFRS<br />
vollwertigen, aber kostengünstigeren<br />
und einfacheren Alternative weiter zu<br />
entwickeln. Die bisherigen Eckpunkte<br />
des HGB-Bilanzrechts sollen allerdings<br />
weiter bestehen bleiben. Insgesamt<br />
werden mit dem BilMoG folgende drei<br />
anspruchsvolle Unterziele verfolgt:<br />
1.<br />
Deregulierung und Kostensenkung;<br />
Stärkung <strong>der</strong> Informations-<br />
2. funktion des handelsrechtlichen<br />
Jahresabschlusses;<br />
Annäherung des handelsrecht-<br />
3. lichen Jahresabschlusses an die<br />
IFRS.<br />
Erreicht werden sollen diese Unterziele<br />
insbeson<strong>der</strong>e durch folgende Maßnahmen:<br />
■ Befreiung von <strong>der</strong> Pflicht zur Buchführung,<br />
zur Erstellung eines Inventars<br />
und zur Aufstellung eines<br />
Jahresabschlusses für Einzelkaufleute,<br />
die an den Abschlussstichtagen von<br />
zwei aufeinan<strong>der</strong> folgenden Ge-<br />
§<br />
schäftsjahren nicht mehr als 500 000<br />
Euro Umsatzerlöse und 50 000 Euro<br />
Jahresüberschuss aufweisen. Diese<br />
Unternehmen sollen künftig ihren<br />
Gewinn auf <strong>der</strong> Basis einer Einnahmen-<br />
Überschussrechnung ermitteln<br />
dürfen;<br />
■ Neuumschreibung <strong>der</strong> Größenklassen<br />
für Kapitalgesellschaften durch Anhebung<br />
<strong>der</strong> Schwellenwerte „Bilanzsumme“<br />
und „Umsatzerlöse“ um 20 % mit<br />
den damit verbundenen zahlreichen<br />
Erleichterungen bei Prüfung und<br />
Offenlegung;<br />
■ Reduzierung <strong>der</strong> vielen handelsrechtlichen<br />
Wahlrechte bei Ansatz, Ausweis<br />
und Bewertung;<br />
■ Abschaffung <strong>der</strong> umgekehrten Maßgeblichkeit<br />
mit <strong>der</strong> damit verbundenen<br />
Verzerrung <strong>der</strong> Handelsbilanz durch<br />
das Bilanzsteuerrecht.<br />
Die Details dieses Bilanzrechtsmo<strong>der</strong>nisierungsgesetzes<br />
werden schon jetzt in<br />
<strong>der</strong> Lehre an <strong>der</strong> <strong>HWR</strong> <strong>Berlin</strong> diskutiert,<br />
denn es ist unerlässlich, sich bereits im<br />
Vorfeld mit dieser komplexen Materie<br />
intensiv auseinan<strong>der</strong> zu setzen.<br />
Prof. Dr. Peter Sorg lehrt an <strong>der</strong> <strong>HWR</strong><br />
<strong>Berlin</strong> Betriebliches Rechnungswesen.<br />
Embedded Analytics – Datenanalysen<br />
im operativen Tagesgeschäft<br />
Am Fachbereich Berufsakademie entstand eine Bachelor Thesis, die ein innovatives Konzept für Datenanalysen in täglichen<br />
Unternehmensprozessen entwirft. Erik Nijkamp weist mit seiner softwaretechnischen Realisierung nach, dass unter-<br />
brechungsfreie Arbeitsflüsse mit einer hohen Informationsversorgung möglich sind. Diese „Embedded Analytics“ sorgt im<br />
Bereich <strong>der</strong> Business Intelligence (BI) für Dynamik.<br />
Text: Erik Nijkamp, Gert Faustmann<br />
Problemstellung<br />
Die heutige Unternehmenswelt steht vor<br />
einer enormen Herausfor<strong>der</strong>ung: eine<br />
sich immer schneller verän<strong>der</strong>nde Marktsituation<br />
erfor<strong>der</strong>t die kontinuierliche<br />
Anpassung <strong>der</strong> Unternehmensprozesse<br />
zur Entscheidungsfindung. Nach dem<br />
Menschenbild des rationalen Entschei<strong>der</strong>s<br />
(Homo Oeconomicus) basiert die<br />
Wahl einer Handlungsalternative auf <strong>der</strong><br />
Menge an relevanten Informationen. In<br />
schnelllebigen Märkten sollten deshalb<br />
die Informationsflüsse im Unternehmen<br />
ebenso schnell sein. Die BI bietet dafür<br />
Methoden zur Sammlung, Auswertung<br />
und Präsentation von Daten. Bisher unterstützten<br />
die aus <strong>der</strong> „Geschäftsanalytik“<br />
gewonnenen Informationen nur strategische<br />
Unternehmensentscheidungen.<br />
BI-Lösungen können mithin eine<br />
adäquate Informationsversorgung im<br />
operativen Bereich nur bedingt gewährleisten<br />
– es fehlt ein geeigneter Informationskanal.<br />
Im Tagesgeschäft fehlen<br />
den Akteuren zunächst die Kenntnisse<br />
zur Datenanalyse. Außerdem kann<br />
aus zeitlichen Gründen nicht für jede<br />
Entscheidung ein aufwändiger Wechsel<br />
zwischen operativen und analytischen<br />
Anwendungen durchgeführt werden.<br />
Konzept<br />
Abhilfe schafft hier Embedded Analytics<br />
(EA) mit <strong>der</strong> gezielten Einbindung von<br />
analytischen Informationen in eine<br />
operative Arbeitsumgebung.<br />
Definition: Embedded Analytics<br />
bezeichnet eine Verarbeitungsumgebung,<br />
in <strong>der</strong> ein operativer<br />
Geschäftsprozess zur Unterstützung<br />
von realtime, near-real-time o<strong>der</strong> tagesaktuellen<br />
Entscheidungen einen<br />
BI Service verwendet [White 2006].<br />
Als Beispiel könnte ein Sachbearbeiter<br />
im Customer Relationship Management<br />
(CRM) seine Serviceleistungen entsprechend<br />
<strong>der</strong> bisherigen Auftragsvolumina<br />
eines anfragenden Kunden gestalten.<br />
Kunden mit einem hohen Wert für das<br />
Unternehmen würden in diesem Fall<br />
priorisiert behandelt werden o<strong>der</strong> zusätzliche<br />
Leistungen erhalten. Um einen<br />
zeitaufwändigen Wechsel zu Analysetools<br />
zu vermeiden, sollten die Analyseergebnisse<br />
nahtlos in die bestehende<br />
Arbeitsumgebung (in diesem Fall die<br />
CRM-Applikation) integriert werden<br />
und die benötigten Informationen anzeigen<br />
(Abbildung).<br />
Umsetzung<br />
Die hierfür entworfene Softwarearchitektur<br />
greift eine Vielzahl an zu berücksichtigenden<br />
Aspekten auf und definiert<br />
die Komponenten einer serviceorientierten<br />
EA-Lösung. Der Sachbearbeiter<br />
verwendet eine Arbeitsumgebung,<br />
die mithilfe analytischer Services auf<br />
BI-Informationen Zugriff erhält. Die<br />
in <strong>der</strong> Benutzeroberfläche angezeigten<br />
[White 2006] White, C.; Davis, J.: Using Embedded Business Intelligence and Analytics for Near-Real-Time Decisions and Actions,<br />
URL: http://www.beyeresearch.com/study/7561, Oct 08.<br />
Entitäten (z. B. Produkte, Kunden)<br />
werden bei Bedarf durch einen Lookup<br />
und entsprechend vordefinierter<br />
Logik mit analytischen Informationen<br />
angereichert. Schließlich liefert ein Data<br />
Warehouse die angefor<strong>der</strong>ten Informationen<br />
und es erfolgt eine eingebettete<br />
Darstellung.<br />
Analytische Services können Informationen<br />
aus strukturierten (z. B. berechneten<br />
Kennzahlen) und unstrukturierten<br />
(z. B. verfassten Berichten) Datenquellen<br />
liefern. Durch EA lassen sich diese<br />
Informationen in Prozesse und Anwendungen<br />
einbetten – BI-Funktionalität<br />
kann somit als Dienst in einer serviceorientierten<br />
Architektur bereitgestellt<br />
und effektiv ins operative Tagesgeschäft<br />
integriert werden.<br />
Erik Nijkamp ist Absolvent des Fachbereiches<br />
Berufsakademie. Prof. Dr. Gert<br />
Faustmann lehrt Wirtschaftsinformatik<br />
an <strong>der</strong> <strong>HWR</strong> <strong>Berlin</strong>.<br />
SAP CRM mit analytischen Erweiterungen