zds#37
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eportage | 11<br />
jeden Preis, denn das Thema Tod soll nicht veralbert<br />
werden.<br />
Das abgebrannte Modehaus am Wall sei keine<br />
Feuerbestattung gewesen, ruft von Hurrelberg derweil<br />
auf der Bühne. Auch „Werder Bremen wird<br />
nicht von uns zu Grabe getragen.“ Von Hurrelberg<br />
spricht von „uns“ und „wir“: Wir von Schomaker<br />
Bestattungen heißt es dann. Und trotzdem ist es<br />
keine Dauerwerbeveranstaltung. Den Zuschauern<br />
im Seniorenpflegeheim ist anzumerken, wie<br />
dankbar sie für die Vorstellung sind. Endlich mal<br />
ein wenig Abwechslung. Und ein wenig Spaß über<br />
das, was „hinterm Tunnel“ ist – so nennt von Hurrelberg<br />
unser letztes Zuhause.<br />
Mehr als 500 Menschen lädt Lankenau zu den<br />
Veranstaltungen über einen E-Mail-Verteiler ein,<br />
dazu kommt das große Netzwerk von Christine Renken.<br />
„Ich könnte auch Flyer in die Postkästen werfen,<br />
aber wir sind eben ein Bestattungsunternehmen<br />
und keine Pizzeria“, sagt er. Es gehe ihm darum,<br />
dass die Menschen den Namen des Instituts schon<br />
mal gehört hätten. „Wir wollen zeigen, dass wir uns<br />
schon zu Lebzeiten ernsthaft gekümmert haben.“<br />
Genau deswegen werde das Angebot nun um Besuche<br />
in Seniorenpflegeheimen erweitert. Gerade<br />
für weniger mobile Menschen seien die Friedhofstouren<br />
ungeeignet. Auf den befestigten Wegen könne<br />
man noch mit dem Rollstuhl zurechtkommen,<br />
aber etwas abseits der Pfade werde es schwierig.<br />
Von Hurrelberg ist auf der Bühne ebenfalls<br />
bei unbequemen Themen angelangt. Er erzählt<br />
von einem Mann, der auf dem Weihnachtsmarkt<br />
eine Krippe kaufen möchte. „Haben Sie die auch<br />
ohne Flüchtlinge?“, will er wissen. Die Verkäuferin<br />
entgegnet verwundert: „Dann bleiben ja nur<br />
noch Ochse und Esel.“ Das Publikum versteht und<br />
nickt. Ihre Kunstfigur Bergmann von Hurrelberg<br />
hat Renken nach Bremens ältestem Gefängnis benannt,<br />
das ab dem 15. Jahrhundert im Zentrum an<br />
der Hakenstraße stand und heute selbst einer kleinen<br />
Straße den Namen gibt.<br />
Lars Lankenau sieht in der Zusammenarbeit<br />
mit Christine Renken eine fruchtbare Partnerschaft,<br />
auch wenn sich Ergebnisse nicht messen<br />
lassen. Niemand wisse schließlich, warum die<br />
Kunden ihn als Bestatter ausgewählt hätten. Finanziell<br />
betrachtet genüge es aber schon, wenn<br />
pro Jahr nur eine Person über die Veranstaltungen<br />
an ihn herantrete. Renken selbst geht es nicht nur<br />
ums Geld. Die „Silberlocken“, sagt sie, „sollen nicht<br />
verblöden“. Dann grinst sie. Zu den Silberlocken<br />
zählt sich die 48-Jährige inzwischen auch selbst.<br />
Thilko Gläßgen studiert Journalistik an der<br />
Hochschule Bremen. Er wird keine Urne<br />
mit Strasssteinchen nehmen, ihm gefällt das<br />
Schlichte besser.<br />
Alexa Hammerschmidt studiert Journalistik<br />
an der Hochschule Bremen. Sie glaubt an Wiedergeburt<br />
und möchte ein Einhorn werden.<br />
Anzeige<br />
Bestatter Lars Lankenau erkennt kleine Trendwenden bei Beerdigungen.<br />
Individuelle Urnen etwa sind im Kommen.<br />
särge wird helles Holz immer beliebter. Inzwischen<br />
gibt es sogar Urnen mit glitzernden Strasssteinchen<br />
drauf. Der 46-Jährige schätzt zudem,<br />
dass nur noch auf einem Drittel aller Beerdigungen<br />
Pastoren eine Rede halten. Genauso groß<br />
ist der Anteil derer, die einen weltlichen Redner<br />
oder gar keinen wünschen.<br />
Trotzdem sei vielen Angehörigen eine Zeremonie<br />
für ihre Liebsten wichtig, sagt er. Sie wollen<br />
aber nicht mehr in dunklen Räumen trauern,<br />
sondern sich in warmer Atmosphäre würdevoll<br />
verabschieden. Und darum dreht es sich auch bei<br />
den ungewöhnlichen Events, die Lankenau und<br />
Renken veranstalten: Der Tod soll von seinem<br />
Podest geholt, als Bestandteil des Lebens wahrgenommen<br />
werden. Ein Bestandteil, über den man<br />
auch mal lachen kann. Kein Schenkelklopfer um<br />
Spendenkonto<br />
Wohnungslosenhilfe:<br />
Sparkasse in Bremen<br />
IBAN: DE22 2905 0101<br />
0001 0777 00<br />
BIC: SBREDE22XXX<br />
Ist doch alles<br />
Jacke wie Hose!<br />
Schön für alle, die genug Kleidung haben und so<br />
etwas sagen können. Obdachlosen gehört in der<br />
Regel nur das, was sie am Leib tragen. Sonst nichts.<br />
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zu 100% ankommt. Sie gibt uns Spielraum, im Einzelfall<br />
spontan und unbürokratisch reagieren<br />
zu können. Herzlichen Dank dafür.<br />
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