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Handbuch_Islam

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5. MUSLIME UND GESELLSCHAFT<br />

5.11. muslime und antisemitismus<br />

weniger homophob eingestellt: 25 Prozent der evangelischen und 34 Prozent der<br />

katholischen Jugendlichen sahen Homosexualität als etwas „Anormales“ an. Bei<br />

sunnitischen Jugendlichen waren es 66, bei schiitischen 63 und bei alevitischen<br />

48 Prozent. 41<br />

Demgegenüber stimmten einer Studie der „Bertelsmann Stiftung“ zufolge 60 Prozent<br />

der befragten „mittelreligiösen“ 42 Sunniten der Aussage zu, homosexuelle<br />

Paare sollten die Möglichkeit haben, zu heiraten. 43 Unter „hochreligiösen“ Sunniten<br />

lag die Zustimmungsrate bei immerhin 40 Prozent. 44 Andere Untersuchungen<br />

zu diesem Thema stellen sich bei genauem Hinsehen als wenig belastbar heraus. 45<br />

Ein pauschaler Vorwurf, dass Muslime homophob sind, ist damit nicht haltbar.<br />

Autor: Mediendienst Integration<br />

5.11. MUSLIME UND ANTISEMITISMUS<br />

GIBT ES EINEN VERSTÄRKTEN ANTISEMITISMUS UNTER MUSLIMEN?<br />

Die große mediale Aufmerksamkeit für das Thema verstärkt die öffentliche Wahrnehmung,<br />

Antisemitismus würde gerade unter Jugendlichen mit arabischem<br />

und türkischem beziehungsweise muslimischem Hintergrund stetig zunehmen.<br />

Bislang gibt es jedoch keine repräsentativen Forschungsergebnisse, die eine<br />

allgemeine Einschätzung zum Phänomen judenfeindlicher Einstellungen unter<br />

Menschen mit muslimischem Migrationshintergrund ermöglichen. Die Fallzahlen<br />

der Studien sind dafür zu gering. 46<br />

41 Mansel, J., & Spaiser, V. (2013). Ausgrenzungsdynamiken: In welchen Lebenslagen Jugendliche Fremdgruppen abwehren.<br />

Weinheim/Basel: Beltz Juventa, S. 212.<br />

42 Für die Studie der Bertelsmann-Stiftung wurden „hochreligiöse“, „mittelreligiöse“ sowie „nicht und wenig<br />

religiöse“ Muslime befragt. Diese Einstufung liegt dem sogenannten „Zentralitätsindex“ zugrunde und gibt Aufschluss<br />

darüber, welche Rolle Religion im Leben der Befragten spielt. Zu den Einstellungen gegenüber Homosexualität<br />

liegen allerdings nur Daten für die Gruppe der Sunniten vor. Siehe Bertelsmann-Stiftung. (2015). Religionsmonitor:<br />

Verstehen was verbindet. Sonderauswertung Islam 2015, S. 41.<br />

43 Anders als in vielen anderen EU-Ländern ist die Eingetragene Lebenspartnerschaft in Deutschland eine<br />

Sonderinstitution, die der Frau-Mann-Ehe nicht gleichgestellt ist.<br />

44 Halm, D., & Sauer, M. (2015). Lebenswelten deutscher Muslime. In Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.), Religionsmonitor:<br />

Verstehen was verbindet. Sonderauswertung Islam 2015, S. 41.<br />

45 Ataman, F. (30.06.2015). „Zwei Drittel der Muslime Fundamentalisten“ – wirklich? Mediendienst Integration.<br />

Verfügbar unter http://bit.ly/2cTojvo<br />

46 Bundesministerium des Innern. (2011). Antisemitismus in Deutschland. Bericht des unabhängigen Expertenkreises<br />

Antisemitismus. Berlin: Bundesministerium des Innern, S. 78–83. Verfügbar unter http://bit.ly/2d3GFuC<br />

In der bisher umfassendsten, jedoch nicht repräsentativen Untersuchung zum<br />

Thema haben die Wissenschaftler Jürgen Mansel und Viktoria Spaiser Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund in Bezug auf ihre „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“<br />

umfangreich befragt. Mit Blick auf muslimische Jugendliche zeigte sich<br />

dabei sehr deutlich: Antisemitische Vorurteile haben weder mit Migrationserfahrungen<br />

noch mit der familiären Erziehung zu tun.<br />

Zwar kommen sie zu dem Ergebnis, dass bei Jugendlichen „aus muslimisch geprägten<br />

Sozialisationskontexten“ Antisemitismus insgesamt häufiger anzutreffen ist.<br />

Ist dies der Fall, sei damit jedoch meist das Gefühl von Benachteiligung verbunden,<br />

bei dem die eigenen Erfahrungen von Diskriminierung und Abwertung mit<br />

dem Leid der Muslime weltweit verknüpft werden. Daraus entstehe das Gefühl<br />

einer weltweit gedemütigten Schicksalsgemeinschaft. Weitestgehend einig sind<br />

sich die Wissenschaftler darüber, dass ethnische oder religiöse Herkunft keinen<br />

alleinigen Erklärungsansatz für Ausmaß und Ausprägung antisemitischer Denkmuster<br />

bietet. 47<br />

Interessant sind in diesem Zusammenhang Projekte, die von Muslimen, Juden<br />

und anderen gemeinsam getragen werden und sich für ein friedliches Zusammenleben<br />

und gegen Rassismen jeder Art einsetzen. Beispiele hierfür sind etwa<br />

die Initiative „Salaam-Shalom“ 48 in Berlin-Neukölln oder die „Kreuzberger Initiative<br />

gegen Antisemitismus“ 49 , die Konzepte für die pädagogische Auseinandersetzung<br />

mit Antisemitismus, antimuslimischem Rassismus und Islamismus entwickelt.<br />

GIBT ES EINEN „IMPORTIERTEN“ ANTISEMITISMUS?<br />

Bis vor zehn Jahren waren antisemitische Einstellungen von Migranten und ihren<br />

Nachkommen kaum ein Thema in Deutschland. In jüngster Zeit fokussiert sich<br />

die öffentliche Diskussion über antisemitische Haltungen und Übergriffe jedoch<br />

häufig auf Muslime (mit Migrationshintergrund). 50<br />

Auslöser dafür waren unter anderem der erneut eskalierende Israel-Palästina-Konflikt<br />

mit der „Zweiten Intifada“ und die Terroranschläge vom 11. September<br />

47 Mansel, J. & Spaiser, V. (2013). Ausgrenzungsdynamiken. In welchen Lebenslagen Jugendliche Fremdgruppen abwerten.<br />

Weinheim und Basel: Beltz Juventa. Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. (2012). Antisemitismus und<br />

Alltagskultur. In Newsletter Perspektiven. Politische Bildung für die Migrationsgesellschaft. Verfügbar unter<br />

http://bit.ly/2cPUqzp<br />

48 Salaam-Schalom Initiative. Verfügbar unter http://bit.ly/2cFrDtv<br />

49 Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. Verfügbar unter http://bit.ly/2d2lElP<br />

50 Bundesministerium des Innern. (2011).<br />

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