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Region<br />

Ernährungsindustrie<br />

„Die Landwirtschaft ist zu Veränderungen bereit“<br />

I Oldenburg. Wie kann das Ernährungsgewerbe<br />

Akzeptanz und Vertrauen erarbeiten<br />

und dabei seine Wettbewerbsfähigkeit<br />

sichern? Um diese Kernfrage ging<br />

es beim zweiten Branchendialog Ernährungsindustrie,<br />

zu dem der niedersächsische<br />

Wirtschaftsminister Olaf Lies im<br />

November nach Oldenburg eingeladen<br />

hatte. Rund 100 Vertreter aus Landwirtschaft,<br />

Industrie, Handel und Wissenschaft<br />

kamen in der Alten Fleiwa zusammen.<br />

Lies hatte nicht zufällig nach Oldenburg<br />

eingeladen: „Die Agrar- und Ernährungswirtschaft<br />

ist eine starke Wirtschaftssäule<br />

in Niedersachsen. Sie ist Grundlage<br />

für den Erfolg einer ganzen Region“,<br />

erklärte Lies mit Blick auf das Oldenburger<br />

Land. Wesentliche Erfolgsbasis<br />

seien geschlossene Wertschöpfungsketten.<br />

„Wir können nicht auf einzelne<br />

Teile verzichten, denn dann gefährden<br />

wir die <strong>gesamt</strong>e Kette“, mahnte er. Die<br />

regionale Ernährungswirtschaft produziere<br />

mit höchster Qualität, kämpfe jedoch<br />

mit Imageproblemen. Lies forderte<br />

die Branche zu mehr Transparenz auf.<br />

Dazu gehöre auch ein Bekenntnis zu<br />

industriellen Strukturen: „Industrie ist<br />

kein Unwort, sondern ein positiver Begriff.<br />

Wir brauchen in Deutschland große<br />

Betriebe, um Menge und Qualität in der<br />

Ernährungswirtschaft zu gewährleisten.“<br />

Die gesellschaftliche Akzeptanz für industrielle<br />

Strukturen gehe vor allem in<br />

Veredelungsregionen verloren, sagte Dr.<br />

Ludger Breloh, Bereichsleiter bei der Rewe<br />

Group Köln. Gerade Veredelungsprodukte<br />

seien durch den hohen Anteil von<br />

Eigenmarken für den Handel von großer<br />

Bedeutung. „Der Ernährungssektor muss<br />

sich stärker ausdifferenzieren, um zukunftsfähig<br />

zu bleiben“, forderte Breloh.<br />

Der Wettbewerb verlagere sich zunehmend<br />

auf Prozessqualitäten. Bei der<br />

Landwirtschaft sieht er einen starken<br />

Willen, sich den neuen Herausforderungen<br />

zu stellen. Hier müssten die übrigen<br />

Akteure mitziehen.<br />

Zielkonflikte<br />

„Die Landwirtschaft ist zu Veränderungen<br />

bereit“, betonte Dr. Albert Hortmann-Scholten<br />

von der Landwirtschaftskammer<br />

Niedersachsen. Maßnahmen,<br />

etwa zur Steigerung des Tierwohls,<br />

müssten jedoch praxiserprobt sein und<br />

am Ende auch bezahlt werden. Eine höhere<br />

Prozessqualität führe nicht immer<br />

zu einer objektiv höheren Lebensmittelqualität<br />

oder -sicherheit. Oft gebe es<br />

Zielkonflikte. Der Agrarexperte verdeutlichte<br />

dies am Beispiel der Nutztierhaltung.<br />

Der Zugang der Tiere zu verschiedenen<br />

Klimabereichen etwa erhöhe die<br />

Seuchengefahr. Diese Konflikte müssten<br />

Schritt für Schritt gelöst werden: „Evolution<br />

statt Revolution!“, forderte Hortmann-Scholten.<br />

Nationale Alleingänge<br />

würden die Abwanderung der Agrarund<br />

Ernährungswirtschaft ins Ausland<br />

nur beschleunigen.<br />

Er teile die Sorgen der Landwirtschaft<br />

voll und ganz, erklärte Uwe Bartels, Vorsitzender<br />

des Agrar- und Ernährungsforums<br />

Oldenburger Münsterland. Gesetzliche<br />

Anforderungen, Strukturwandel,<br />

globaler Wettbewerb und Preisschwankungen<br />

machten den landwirtschaftlichen<br />

Betrieben das Leben<br />

schwer. „Den nationalen Alleingang beschreiten<br />

wir bereits, und es gibt kein<br />

Zurück“, stellte Bartels fest. Nun gehe es<br />

darum, wie die Mehrleistungen honoriert<br />

werden können. Bartels schlug eine<br />

Abgabe auf Fleischprodukte analog zur<br />

EEG-Abgabe vor, die auf dem Veranstaltungspodium<br />

kontrovers diskutiert<br />

wurde.<br />

Christian Meyer, Niedersächsischer Minister<br />

für Ernährung, Landwirtschaft und<br />

Verbraucherschutz, sah in Fördergeldern<br />

von Bund und EU eine mögliche Alternative.<br />

„Wir brauchen auch bessere<br />

Schutzmechanismen gegen Billigprodukte<br />

aus dem Ausland“, so Meyer. Die<br />

Lebensmittelpreise müssten steigen, um<br />

mehr Tierwohl und höhere Umweltstandards<br />

finanzieren zu können. (sha) I<br />

Foto: Thiemo Jentsch<br />

Interview<br />

„Die Branche braucht ein<br />

verbindliches Leitbild“<br />

I Niedersachsens Wirtschaftsminister<br />

Olaf Lies (Bild) hat den Branchendialog<br />

Ernährungsindustrie ins Leben gerufen.<br />

Im Interview erklärt er Hintergründe<br />

und Herausforderungen.<br />

Herr Minister Lies, was ist das Ziel des<br />

Branchendialogs?<br />

Im sogenannten Agribusiness-Bereich<br />

arbeiten mehr als 390.000 Beschäftigte.<br />

Damit ist die Ernährungsindustrie die<br />

zweitgrößte Branche in Niedersachsen<br />

und deutschlandweit führend in der<br />

Produktion hochwertiger Lebensmittel.<br />

Ihr Erfolg beruht ganz wesentlich<br />

auf der leistungsfähigen Landwirtschaft<br />

und den geschlossenen Wertschöpfungsketten<br />

mit einer breit aufgestellten<br />

Nahrungsmittelproduktion.<br />

Die Bedeutung dieser Branche ist also<br />

für Niedersachsen immens. Deshalb ist<br />

18 Oldenburgische Wirtschaft Dezember <strong>2016</strong>

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