11.11.2016 Aufrufe

UmweltDialog Nr 6: CSR im digitalen Zeitalter

Praktisch jedes Produkt heutzutage wird zugleich auch in einer digitalen Version produziert. Sei es, dass Internetanbindungen bereits fest eingebaut sind oder zumindest nachgerüstet werden können. Das gilt für ein Auto, für eine Waschmaschine, ja selbst für dieses Magazin, das neben der Printausgabe ganz selbstverständlich auch eine digitale Ausgabe hat. Wenn wir unternehmerische Verantwortung gezielt als Verantwortung für das jeweilige Produkt begreifen, dann gehört Digitalisierung heute ganz fest zum Aufgabenfeld von Verantwortungsmanagement im Unternehmen. Diese Ausgabe beleuchtet die einzelnen Dimensionen von Verantwortung, aber auch die damit verbundenen Zielkonflikte: Sprechen wir von Digitalisierung in der Geschäftswelt, so geht es vor allem um den Trend zu Plattformökonomien wie Amazon oder Uber. Hier ist der Händler schon lange nicht mehr der Produzent, aber das macht ihn nicht frei von Verantwortung. Noch spannender wird es beim Thema Arbeit: Wenn Roboter künftig unseren Job machen und das Geld verdienen, dann müssen wir Einkommen arbeitsunabhängig definieren. Und wir werden unser Leben im Gegenzug wesentlich abhängiger von Maschinen definieren. Sei es, weil sie unsere Freizeit gestalten, steuern und überwachen oder weil sie schlicht und einfach mit der Zeit so „intelligent“ werden, dass sie zunehmend Entscheidungen treffen. Entscheidungen, die Ihres und mein Leben verändern werden. Das philosophisch gesprochen Spannende daran ist, dass die Entwicklung der Maschinen im Umkehrschluss auch danach fragt, wie wir Menschen uns entwickelt haben und wie wir uns weiterentwickeln wollen. Dafür bedarf es nicht nur der Intelligenz, sondern vor allem auch eines moralischen Kompasses.

Praktisch jedes Produkt heutzutage wird zugleich auch in einer digitalen Version produziert. Sei es, dass Internetanbindungen bereits fest eingebaut sind oder zumindest nachgerüstet werden können. Das gilt für ein Auto, für eine Waschmaschine, ja selbst für dieses Magazin, das neben der Printausgabe ganz selbstverständlich auch eine digitale Ausgabe hat. Wenn wir unternehmerische Verantwortung gezielt als Verantwortung für das jeweilige Produkt begreifen, dann gehört Digitalisierung heute ganz fest zum Aufgabenfeld von Verantwortungsmanagement im Unternehmen.

Diese Ausgabe beleuchtet die einzelnen Dimensionen von Verantwortung, aber auch die damit verbundenen Zielkonflikte: Sprechen wir von Digitalisierung in der Geschäftswelt, so geht es vor allem um den Trend zu Plattformökonomien wie Amazon oder Uber. Hier ist der Händler schon lange nicht mehr der Produzent, aber das macht ihn nicht frei von Verantwortung. Noch spannender
wird es beim Thema Arbeit: Wenn Roboter künftig unseren Job machen und das Geld verdienen, dann müssen wir Einkommen arbeitsunabhängig definieren.
Und wir werden unser Leben im Gegenzug wesentlich abhängiger von Maschinen definieren. Sei es, weil sie unsere Freizeit gestalten, steuern
und überwachen oder weil sie schlicht und einfach mit der Zeit so „intelligent“ werden, dass sie zunehmend Entscheidungen treffen. Entscheidungen, die
Ihres und mein Leben verändern werden. Das philosophisch gesprochen Spannende daran ist, dass die Entwicklung der Maschinen im Umkehrschluss
auch danach fragt, wie wir Menschen uns entwickelt haben und wie wir uns weiterentwickeln wollen. Dafür bedarf es nicht nur der Intelligenz, sondern
vor allem auch eines moralischen Kompasses.

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<strong>CSR</strong> <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> <strong>Zeitalter</strong><br />

entfalten können. Wenn jetzt von staatlicher Seite<br />

'Nudges' gesetzt werden, die die Menschen zu einem<br />

gewissen Verhalten bewegen sollen, obwohl<br />

diese gar nicht genau wissen warum, dann kann<br />

das nach meinem Verständnis durchaus ein Transparenzproblem<br />

sein. Insofern muss man schon<br />

sehr intensiv diskutieren, ob 'Nudging', zumindest<br />

intransparentes, eigentlich ein legit<strong>im</strong>es Stilmittel<br />

für die Politik ist.<br />

Im <strong>Zeitalter</strong> von Big Data erhält der Begriff „Nudging“<br />

eine neue Brisanz. Viele fürchten, dass die<br />

persönlichen Informationen, die in einem nie da<br />

gewesenen Ausmaß gespeichert, verarbeitet und<br />

verwertet werden, dazu genutzt werden, unser Verhalten<br />

in eine best<strong>im</strong>mte Richtung zu lenken und<br />

uns zu manipulieren. Was ist Ihre Einschätzung?<br />

Das ist eines der großen Probleme. Viele Geschäftsmodelle,<br />

die mit Big Data geplant sind, liegen völlig<br />

<strong>im</strong> Nebel. Wir brauchen zwingend eine Diskussion<br />

darüber, was davon eigentlich legit<strong>im</strong>e Geschäftsmodelle<br />

sind und was nicht. Die Industrie ist natürlich<br />

daran interessiert, durch Marketing und<br />

intransparentes 'Nudging' möglichst viel Geld zu<br />

verdienen. Gleichzeitig gibt es 'Nudging'-Ansätze,<br />

die wir durchaus begrüßen: Privacy by Default zum<br />

Beispiel, also gute, voreingestellte Datenschutzeinstellungen,<br />

ist ein 'Nudge', den wir durchaus begrüßen<br />

würden. Durch Algorithmen und die Datenspuren,<br />

die wir alle erzeugen, werden persönliche<br />

Freiheiten zukünftig eingeschränkt und begrenzt<br />

werden. Auch und gerade in diesem Bereich brauchen<br />

wir eine kritische gesellschaftliche Diskussion<br />

über die Vorteile und die Grenzen von Nudging.<br />

Inwiefern können die Möglichkeiten, die das Internet<br />

und die sozialen Medien bieten, zu einer besseren<br />

Teilhabe der Menschen an politischen Prozessen<br />

beitragen?<br />

Die Vorteile und Möglichkeiten sind offenkundig und<br />

man nutzt sie ja auch den ganzen Tag. Man ist zum<br />

Beispiel nicht mehr vom linearen Programmfernsehen<br />

abhängig, sondern kann sich die Inhalte durch<br />

das Internet zeit- und ortsunabhängig angucken.<br />

Hinzu kommt, dass man sich, ohne eine Bibliothek<br />

aufsuchen zu müssen, sehr breit und detailliert über<br />

best<strong>im</strong>mte Vorgänge <strong>im</strong> Internet informieren kann.<br />

Das Problem ist aber, dass die Plattform für einen<br />

gesamtgesellschaftlichen Diskurs fehlt, das heißt<br />

es fehlt ein Raum, wo unsere Gesellschaft verhandelt,<br />

was die Wahrheit ist oder was richtig ist und<br />

was falsch. Wenn die einen Tagesschau gucken, die<br />

Foto: iStockphoto.com<br />

anderen Russia Today oder Focus Online lesen und<br />

wieder andere <strong>im</strong>mer noch die FAZ bestellen – wo<br />

befindet sich dann dieser Raum? Wie findet man bei<br />

einer solchen Diversität von Diskussionen und Informationen<br />

einen gemeinsamen Anknüpfungspunkt,<br />

um zu best<strong>im</strong>mten Legit<strong>im</strong>ierungsprozessen zu<br />

kommen? Das sind einige der wesentlichen Fragen,<br />

mit denen wir uns sehr intensiv auseinandersetzen<br />

müssen.<br />

Birgt die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung<br />

nicht die Gefahr, dass der Zugang zum<br />

Netz gleichgesetzt wird mit dem Zugang zu demokratischer<br />

Teilhabe?<br />

Ich warne davor, den Zugang zum Netz mit dem Zugang<br />

zu demokratischer Teilhabe gleichzusetzen.<br />

Denn es gibt in vielen Teilen dieser Welt keine Demokratie<br />

und trotzdem Zugang zum Internet. Das<br />

Internet ist ja letztlich ein Netzwerk, über das informiert<br />

und kommuniziert wird, und das findet auch<br />

außerhalb des Netzes weiterhin statt.<br />

Aber Sie haben natürlich Recht. Wir haben in den<br />

letzten Jahren einen krassen Zug dahingehend, viele<br />

56 Ausgabe 6 / November 2016 – Umweltdialog.de

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