12/2016 - 01/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Dossier<br />
Die Bilder zu diesem Dossier stammen von<br />
den Fotografinnen Sian Davey und Ruth Erdt.<br />
Die Britin Sian Davey führte während<br />
15 Jahren eine Psychotherapiepraxis, seit<br />
2<strong>01</strong>4 arbeitet sie als Fotografin. Ruth Erdts<br />
bekannteste Fotoarbeiten sind «The Gang»<br />
und «Die Lügnerin». Für Fritz+Fränzi<br />
fotografierte die Zürcherin bereits das<br />
Dossier «Pubertät» (9/2<strong>01</strong>5).<br />
Beni und Max, beide fünf<br />
Jahre alt, haben sich<br />
zum Spielen in Max’<br />
Zimmer zurückgezogen.<br />
Eine Weile lang<br />
sind die üblichen Geräusche zu<br />
hören – Dinge, die zu Boden fallen,<br />
Gekreisch und Geschimpfe. Irgendwann<br />
ist es plötzlich still. Zu still,<br />
findet die Mutter, und horcht an der<br />
Kinderzimmertür. Sie hört ein<br />
Rascheln und viel, viel Kichern. Ein<br />
paar Minuten später kommen die<br />
beiden Freunde heraus, die T-Shirts<br />
vertauscht und die Köpfe hochrot.<br />
Am Abend fragt Mama ihren Sohn,<br />
was er denn mit seinem Freund so<br />
Lustiges gespielt habe. «Abzoge und<br />
glueget!», sagt Max strahlend.<br />
Tim ist dreizehn Jahre alt. Auf<br />
seiner Oberlippe spriesst ein zarter<br />
Flaum, auf seiner Stirn machen sich<br />
erste Pickel bemerkbar. Seit Kurzem<br />
besitzt er ein ausgeprägtes Schamgefühl.<br />
Umziehen will er sich nur noch<br />
hinter verschlossener Tür, nicht einmal<br />
sein ein Jahr jüngerer Bruder<br />
darf zuschauen. Er verbringt viel<br />
Zeit mit seinen Kollegen, zusammen<br />
gucken sie Videos und Filme – darunter<br />
auch solche mit Sexszenen.<br />
Küssen ist in seiner Klasse ein Thema.<br />
Bei ihm noch nicht. «Richtig»<br />
geküsst hat Tim noch nie – «isch<br />
gruusig!».<br />
Anders sein bester Freund Dan.<br />
Dieser hat einen vier Jahre älteren<br />
Bruder, der gerade sein erstes Mal<br />
hinter sich hat. Er ist es, der Dan in<br />
die Geheimnisse der Sexualität einweiht.<br />
Die beiden reden viel zusammen.<br />
Und Dan hat viele Fragen: «Ist<br />
es strafbar, wenn ich Pornos schaue?<br />
Wie lange muss ein Penis sein? Tut<br />
es weh beim ersten Mal?»<br />
Eltern spielen eine wichtige Rolle<br />
Fragen, die <strong>12</strong>- bis 16-jährige<br />
Jugendliche bewegen. Es sind dieselben<br />
Fragen, die schon die Generation<br />
ihrer Eltern interessiert hat.<br />
«Kindern und Jugendlichen stehen<br />
heute viele Kanäle zur Verfügung,<br />
um sich zu informieren», sagt Beatrix<br />
Wagner Minder, Beraterin bei<br />
der Elternberatung von Pro Juventute.<br />
«Themen wie Liebe und Sexualität<br />
beschäftigen fast alle Teenager.<br />
Entsprechend viele Diskussionen<br />
und Informationen finden sich im<br />
Internet.»<br />
Sexualaufklärung ist mehr als<br />
Biologie, sagen Fachleute. Das sehen<br />
Eltern nicht immer so. Für viele stehen<br />
Fragen rund um die erwachende<br />
Sexualität ihrer Kinder – Doktorspiele,<br />
Körperbewusstsein, Videos<br />
– im Vordergrund. Die kindliche<br />
Sexualität selbst tritt in den Hintergrund.<br />
Wenn Mädchen lustvoll auf Stühlen<br />
und Treppengeländern rutschen,<br />
Jungs die Hand am Hosenschlitz<br />
haben oder plötzlich stundenlang<br />
duschen, sind Mama und Papa oft<br />
irritiert. Warum? Weil die<br />
Sexualaufklärung ist mehr<br />
als Biologie, sagen<br />
Fachleute. Das sehen Eltern<br />
nicht immer so. >>><br />
Bild: Sian Davey<br />
<strong>12</strong>