12/2016 - 01/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Dossier<br />
Haben Sie noch Sex –<br />
oder schon Kinder?<br />
In vielen Elternbetten herrscht sexuelle Flaute, sobald Kinder da sind.<br />
Weil Sex zur logistischen Herausforderung wird. Weil man übermüdet ist.<br />
Weil die Lust fehlt. Fünf Paare erzählen, warum ihnen der Sex abhanden<br />
gekommen ist. Und wie sich das anfühlt. Text: Claudia Landolt Bilder: Ruth Erdt<br />
Geschrumpfter<br />
Sextrieb<br />
Nora, 43, Krankenschwester, und<br />
Philipp, 47, Arzt, sind seit fast<br />
20 Jahren ein Paar. Sie haben<br />
zusammen drei Kinder. Der<br />
Alltags- und Organisationsstress<br />
macht ihnen sehr zu schaffen.<br />
Beide wünschen sich mehr Sex,<br />
vor allem Nora. Sie zweifelt<br />
daran, dass ihr Mann sie noch<br />
begehrt, weil er einfach keine<br />
Initiative mehr ergreift.<br />
Philipp: Ich hätte mir das nie träumen<br />
lassen, dass ich keine Lust mehr auf<br />
Sex habe. Mein Sextrieb ist total<br />
geschrumpft. Seit ich mich selbständig<br />
gemacht habe, arbeite ich noch mehr<br />
als sonst, 80 Stunden sind keine Ausnahme.<br />
Dazu die Angst, dass ich meine<br />
Familie nicht ernähren kann. So eine<br />
neue Existenz ist ja auch immer mit<br />
einem Risiko verbunden. Ich weiss,<br />
dass der Jobstress nicht ideal ist und<br />
mir nicht guttut. Ich schlafe auf dem<br />
Sofa vor dem Fernseher ein und habe<br />
keine Nerven für meine Kinder. Das<br />
macht mich fertig. Meine Frau tut, als<br />
ob es nur an mir läge, dass wir kaum<br />
noch miteinander schlafen. Das macht<br />
ja nicht gerade weniger Druck. Sag,<br />
Nora, das letzte Mal, wann war das?<br />
Nora: An Silvester. Wir hatten kinderfrei.<br />
Philipp: Was, so lange, das kann doch<br />
nicht sein!<br />
Nora. Doch. Ich weiss schon gar nicht<br />
mehr, wann du das letzte Mal scharf auf<br />
mich warst.<br />
Philipp: Das ist Quatsch, und dass du<br />
das denkst, stresst mich ganz schön.<br />
Ich habe sowieso schon das Gefühl,<br />
dass etwas mit mir nicht stimmt. Wenn<br />
ich mich in meinem Freundeskreis<br />
umhöre, habe ich den Eindruck, dass<br />
keiner meiner Freunde so abgetörnt ist<br />
wie ich.<br />
Nora: Uns fehlt schlicht die Zeit. Wir<br />
geben uns ja nur noch die Klinke in die<br />
Hand, und die Woche ist dermassen<br />
getaktet, dass ich mir vorkomme wie<br />
ein ferngesteuertes Alien. Auch wenn<br />
ich abends eher in Kuschelstimmung<br />
bin, würde ich manchmal zu gerne mit<br />
dir schlafen, kann mich aber nicht aufraffen,<br />
den ersten Schritt zu tun, weil<br />
ich ja selber so müde bin.<br />
Philipp: Das hört sich ja auch nicht toll<br />
an. Ich möchte nicht, dass du dich überwinden<br />
musst, um mit mir zu schlafen!<br />
Nora: Klar. Mir reicht es aber auch<br />
nicht, mich wie eine vertrocknete Jungfrau<br />
zu fühlen und zu hoffen, dass mein<br />
Mann irgendwann mal nicht mehr wie<br />
eine müde Pflaume abends rumhängt.<br />
Letzthin habe ich mich dabei ertappt,<br />
wie ich anderen Männern nachgesehen<br />
habe und mich nach einer aufregenden<br />
Affäre sehnte. Das kann es doch nun<br />
wirklich nicht sein!<br />
24 Dezember <strong>2<strong>01</strong>6</strong> / Januar 2<strong>01</strong>7 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi