Verfahrenstechnik 1-2/2016
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SERIE I 50 JAHRE VERFAHRENSTECHNIK<br />
führung einer chemischen Reaktion sowie<br />
mit der Aufarbeitung der Reaktionsprodukte<br />
verbunden sind. Im Gegensatz zur prinzipiellen<br />
Durchführbarkeit einer Reaktion im<br />
Labormaßstab spielen für den Prozessingenieur<br />
Operationen wie Lösen, Wärmen,<br />
Kühlen oder Kristallisieren und die damit<br />
verbundenen Kosten die zentrale Rolle.<br />
Dabei hängen die Schwierigkeiten der<br />
Aufgabe vor allem mit der Geometrie der<br />
Anlagen zusammen. Denn die Prozesse<br />
finden in der Regel an „aktiven“ Flächen<br />
statt, also z. B. an Phasengrenzen oder<br />
Heizflächen. Nur wenn es den Prozessingen<br />
ieuren gelingt, das Verhältnis des<br />
Raumes zur Fläche optimal zu gestalten, lassen<br />
sich Umsetzungen mit hoher Ausbeute<br />
fahren. Hierbei helfen die Praxis berichte<br />
von VERFAHRENSTECHNIK seit 50 Jahren.<br />
Wie alles begann<br />
Dieser Optimierungsgedanke ist oberstes<br />
Gebot der VERFAHRENSTECHNIK seit der<br />
ersten Ausgabe, die unter der Chefredaktion<br />
von Dipl.-Ing. Horst Rittner erschien. Top-<br />
Themen dieser Ausgabe waren beispielsweise<br />
„Stationäre und instationäre Konzen<br />
tra tions verteilungen in Reaktoren mit<br />
abschnittsweise unterschiedlichen Eigenschaften“<br />
und „Grundlagen stofflicher<br />
Tren nungen in elektrischen Feldern“. Auch<br />
wenn die Überschriften der ersten Jahre<br />
aus heutiger Sicht etwas „angestaubt“ klingen,<br />
vor 50 Jahren waren diese Themen hoch<br />
aktuell.<br />
Und der Charakter der Zeitschrift war<br />
damals ein anderer: Wissenschaftliche For <br />
schungsergebnisse bildeten das Gerüst der<br />
VERFAHRENSTECHNIK. Ob Neukonstruk <br />
tion einer vollautomatischen 1000-kg-Zen t<br />
rifuge oder Probleme bei der Trennung feinkörniger<br />
Güter durch Sieben und Sichten –<br />
in ausführlichen Darstellungen wurden<br />
die Vorzüge einzelner Prozesse und Produkte<br />
vorgestellt. Messergebnisse wurden<br />
sorgfältig dokumentiert. Im Laufe der Zeit<br />
haben sich die grafische Aufmachung und<br />
die Präsentation der Inhalte verändert,<br />
jedoch nicht die Themen.<br />
Denn bereits Ende der 60er-Jahre waren<br />
Aspekte wichtig, die auch heutzutage als<br />
„modern“ gelten: Optimale Wirtschaftlichkeit,<br />
Umweltfreundlichkeit und hohe Flexibilität<br />
sind keine Erfindungen der Neuzeit,<br />
sondern waren schon vor etlichen Jahrzehnten<br />
gute Verkaufsargumente. In den Fachaufsätzen<br />
beschäftigten sich die Autoren<br />
deshalb mit ähnlichen Themen wie heute.<br />
Hochdruckarmaturen, Korrosionsschutz,<br />
Wärmeübertragung oder Pumpen sind zentrale<br />
Themen der Prozessindustrie. Und<br />
auch wenn die frühen Lösungen aus heutiger<br />
Sicht etwas antiquiert anmuten – damals<br />
waren sie State of the Art und in puncto<br />
Wirtschaftlichkeit absolut im Trend.<br />
Am deutlichsten wird der Unterschied<br />
zwischen gestern und heute beim Produktdesign:<br />
Während Geräte aus den 60er- und<br />
70er-Jahren ein eher sparriges Aussehen<br />
haben und die Funktionalität eindeutig im<br />
Vordergrund steht, sollen die neuen Gerätegenerationen<br />
nicht nur durch die inneren<br />
Werte überzeugen, sondern auch bedienerfreundlich<br />
sein und ein „schickes“ Äußeres<br />
besitzen. Das Produkt verkauft sich nicht<br />
mehr ausschließlich über den größten<br />
Messbereich oder die höchste Festigkeit.<br />
Die Bedienelemente müssen heute ergonomisch<br />
sein, das Gerät soll sich gut in die<br />
vorhandene Infrastruktur einfügen. Dabei<br />
erfreuen z. B. glänzende Stahloberflächen<br />
nicht nur das Auge, sondern sorgen auch<br />
für eine verbesserte Reinigungsfähigkeit.<br />
Ansprüche wandeln sich<br />
Beim Blättern in den Ausgaben der Anfangszeit<br />
fällt aber vor allem eines auf: Der Anspruch<br />
der Leser an die Berichterstattung<br />
hat sich in den letzten 50 Jahren gewandelt.<br />
Aufsätze aus der Anfangszeit der VERFAH<br />
RENSTECHNIK gleichen wahren Bleiwüsten<br />
– allenfalls unterbrochen durch Schwarz-<br />
Weiß-Diagramme oder Reaktionsgleichungen<br />
und physikalische Formeln. Dies war<br />
natürlich unter anderem der Drucktechnik<br />
geschuldet – bedeutete Vierfarbdruck doch<br />
ungleich höhere Kosten – zeigt aber auch,<br />
dass (farbige) Abbildungen vor 50 Jahren<br />
nicht den Stellenwert hatten, den sie heute<br />
besitzen. Inzwischen stoßen Beiträge ohne<br />
ansprechende Visualisierung kaum mehr<br />
auf Inte resse. Denn Grafiken, farbig gestaltete<br />
Diagramme und Fotos haben oftmals<br />
mehr Aussagekraft als ausformulierte Sätze.<br />
Eine zentrale Rolle spielen dabei Aufmacher<br />
und Überschrift, die die Aufmerksamkeit<br />
der L eser erregen und sie ins Thema<br />
einführen sollen.<br />
Ebenfalls gewandelt hat sich die Bedeutung<br />
von Normen und Vorschriften in den<br />
vergangenen Jahrzehnten. Auch wenn das<br />
Deutsche Institut für Normung schon 1917<br />
gegründet wurde – in den frühen Aufsätzen<br />
und Produktnews weist kaum ein Hersteller<br />
darauf hin, dass ein bestimmtes Gerät einer<br />
vorgegebenen Norm entspricht. Heute sind<br />
Produktankündigungen ohne Bezug auf<br />
DIN EN, ISO, IEC, GMP, SIL oder EHEDG<br />
kaum mehr vorstellbar. Denn die Einhaltung<br />
bestimmter Normen garantiert den<br />
Kunden, dass das Produkt nicht nur ihren<br />
Erwartungen entspricht, sondern auch<br />
perfekt zur bereits vorhandenen Ausstattung<br />
passt.<br />
Untrennbar scheinen in diesem Zusammenhang<br />
Abkürzungen mit Normen verbunden<br />
zu sein. Auch wenn es aus heutiger<br />
Sicht kaum mehr vorstellbar ist, aber es<br />
gab eine Zeit, in der Worte, Institutionen<br />
und Vorschriften meist ausgeschrieben<br />
wurden. Da war nicht von HMI (Human<br />
Machine Interface) die Rede, sondern von<br />
einem Bedienfeld. Und CIP (Cleaning in<br />
Place) hieß damals einfach Reinigung. Die<br />
neuen Produkte wurden damals wie heute<br />
nicht nur in Artikeln und Anzeigen vorgestellt,<br />
sondern natürlich auch auf Messen.<br />
Ein gutes Jahr<br />
Die größte Leistungsschau der Prozesstechnologie<br />
öffnete im Juni 1967 zum<br />
15. Mal ihre Tore. Auf rund 84 000 m 2 Fläche<br />
zeigten damals ca. 2000 Aussteller ihre Produktneuheiten<br />
– angefangen bei Lochsiebböden<br />
aus Gummi über Kreiselbrecher bis<br />
hin zu Separatoren und dichtungslosen<br />
Plastikpumpen. Und ebenso wie VERFAH<br />
RENSTECHNIK hat auch die Achema<br />
seither weiter an Gewicht gewonnen: Im<br />
Achema-Jahr 2015 haben sich Ausstellerzahl<br />
und belegte Fläche im Vergleich zu<br />
1967 nahezu verdoppelt.<br />
Herausgeber Otto K. Krausskopf wollte<br />
VERFAHRENSTECHNIK allen Ingenieuren<br />
und Chemikern der Prozesstechnologie zur<br />
Mitarbeit zur Verfügung stellen – und dieser<br />
Gedanke hat noch immer Gültigkeit. Nur<br />
durch die fundierten Aufsätze von Praktikern<br />
für Praktiker hat die Zeitschrift ihre<br />
Bedeutung für die Prozess industrie erlangt.<br />
Otto K. Krausskopf im Jahr 1967: „Je intensiver<br />
von dieser Einladung Gebrauch<br />
gemacht und am Aufbau dieser Zeitschrift<br />
mitgewirkt wird, umso wirkungsvoller wird<br />
sie ihre große Aufgabe im In- und Ausland<br />
unzweifelhaft erfüllen.“ An seinen Worten<br />
hat sich bis heute nichts geändert. (kf)<br />
Foto: Fotolia<br />
www.verfahrenstechnik.de<br />
VERFAHRENSTECHNIK 1-2/<strong>2016</strong> 11