W+M Exklusiv Das ändert sich 2017
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32 | <strong>W+M</strong> <strong>Exklusiv</strong> Insolvenz<br />
Insolvenz<br />
Die Insolvenzanfechtung soll<br />
entschärft werden<br />
Die Anfechtung durch Insolvenzverwalter geht nach aktuellem<br />
Recht relativ weit – zu weit, wie viele Marktteilnehmer behaupten.<br />
Dem Bundestag liegt ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung<br />
vor, der aktuell im Parlament beraten wird. Ziel ist die<br />
Entschärfung der Insolvenzanfechtung in mehreren Punkten.<br />
Von Florian Stapper<br />
3. Verkürzte Anfechtungsfrist<br />
Konnte ein Insolvenzverwalter bislang<br />
Leistungen der letzten zehn Jahre zurückfordern,<br />
beschränkt der Gesetzentwurf<br />
dieses Recht auf die letzten vier Jahre<br />
vor Insolvenzantragstellung. Verschiebt<br />
der Schuldner allerdings zielgerichtet Vermögen<br />
an Dritte, gilt wieder die zehnjährige<br />
Frist.<br />
4. Wegfall von Zinsen<br />
Bislang musste der Anfechtungsgegner<br />
empfangene Leistungen verzinst zurückzahlen.<br />
Der Gesetzentwurf will die Zinspflicht<br />
bis zur Geltendmachung durch den<br />
Verwalter streichen. Anfechtbar erlangte<br />
Leistungen sind dann mit einem zinslosen<br />
Darlehen vergleichbar.<br />
Nach der zweiten und dritten Lesung<br />
des Gesetzentwurfs ist <strong>2017</strong><br />
mit einer zügigen Verabschiedung<br />
des Gesetzes zur Verbesserung der<br />
Rechts<strong>sich</strong>erheit bei Anfechtungen nach<br />
der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz<br />
zu rechnen. Einzelheiten<br />
sind noch in der politischen Diskussion.<br />
Nach geltendem Recht reicht die Anfechtung<br />
zehn Jahre zurück. Für eine Anfechtung<br />
kann es ausreichen, wenn der<br />
Anfechtungsgegner die drohende Zahlungsunfähigkeit<br />
seines Kunden kannte<br />
oder kennen musste. Durch die nun anstehende<br />
Reform der Insolvenz ordnung<br />
gewinnen Unternehmen an Planungs<strong>sich</strong>erheit<br />
und Handlungsspielraum. Sie<br />
können mit Vertragspartnern in der Krise<br />
weiter Geschäfte machen, ohne dabei<br />
erheblichen Anfechtungsrisiken ausgesetzt<br />
zu sein. Verlierer wäre die Gemeinschaft<br />
der unbefriedigten Gläubiger,<br />
denen die relativ weitgehende Insolvenzanfechtung<br />
aktuell zugutekommt.<br />
Folgende Änderungen werden diskutiert:<br />
1. Bargeschäfte<br />
Selbst sogenannte Bargeschäfte, bei denen<br />
Leistungen und Gegenleistungen unmittelbar<br />
erfolgen und gleichwertig sind,<br />
können aktuell unter bestimmten Voraussetzungen<br />
angefochten werden. <strong>Das</strong> erschwert<br />
Geschäfte mit Unternehmen, die<br />
<strong>sich</strong> in der Krise befinden, zum Teil ganz<br />
erheblich. Durch die geplante Gesetzesänderung<br />
soll Marktteilnehmern ein insolvenzfester<br />
Leistungsaustausch mit Unternehmen<br />
in der Krise ermöglicht werden.<br />
Auch wenn die wirtschaftlichen und finanziellen<br />
Schwierigkeiten des Vertragspartners<br />
bekannt sind, können nahezu ohne<br />
Anfechtungsgefahren weiter Leistungen<br />
vereinnahmt werden. Voraussetzung ist<br />
der zeitnahe Austausch gleichwertiger<br />
Leistungen. Handelt der Schuldner unlauter<br />
– investiert er zum Beispiel in flüchtige<br />
Luxusgüter oder verschleudert das Betriebsvermögen<br />
– kann ein Insolvenzverwalter<br />
gleichwohl zurückabwickeln.<br />
2. Insolvenzfeste Vollstreckung<br />
Wer in den letzten drei Monaten vor Antragstellung<br />
gegen den Insolvenzschuldner<br />
vollstreckt hat, musste bislang die Erlöse<br />
an den Verwalter herausgeben. Dem<br />
soll nun ein Riegel vorgeschoben werden.<br />
Wer etwas durch Zwangsvollstreckung erlangt<br />
hat, soll es nicht wieder herausgeben<br />
müssen. Die geplanten Regeln lassen<br />
jedoch Ausnahmen zu. Wirkt ein Schuldner<br />
etwa an der Vollstreckung mit, bestehen<br />
weiter Anfechtungsrisiken.<br />
5. Verfahrenseröffnung trotz<br />
Bezahlung des Gläubigers<br />
Schuldner können nicht mehr die Insolvenzantragstellung<br />
abwarten und den<br />
Antragsteller sodann durch Zahlung<br />
dazu zwingen, seinen Antrag für erledigt<br />
zu erklären. Da ein Insolvenzantrag künftig<br />
trotz Bezahlung des antragstellenden<br />
Gläubigers zur Verfahrenseröffnung führen<br />
soll, steigt der Druck auf Schuldner, offene<br />
Verbindlichkeiten rechtzeitig zu bezahlen.<br />
<strong>W+M</strong><br />
Prof. Dr. Florian Stapper ist Fachanwalt für<br />
Insolvenz- und Steuerrecht und Inhaber von<br />
STAPPER Insolvenz- und Zwangsverwaltung.<br />
Foto: alphaspirit/fotolia.com (oben), Stapper (unten)