Rosi Mittermaier Doppel-Olympiasiegerin im Gespräch mit Corinna ...
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Halke-Teichmann: Als du eingeschult wurdest, hast du bei "Pflegeeltern" <strong>im</strong> Dorf gewohnt. Du<br />
hast schon erwähnt, dass der Weg ins Dorf <strong>im</strong>merhin zehn Kilometer<br />
betragen hat. Fiel dir diese Trennung vom Elternhaus sehr schwer?<br />
<strong>Mittermaier</strong>: Es war so: Ich war damals das einzige Kind, das in Winklmoos schulpflichtig<br />
war. Meine ältere Schwester Heidi war vor mir zehn Jahre lang in München<br />
zur Schule gegangen und hatte dort bei meiner Großmutter gewohnt. Bei<br />
mir war es eben so, dass der Weg ins Dorf doch recht kompliziert war.<br />
Meine Mutter stand zu der Zeit einmal in einem Gemüseladen <strong>im</strong> Dorf <strong>mit</strong><br />
einer Frau zusammen und hat zu ihr gesagt: "Mei, ich habe jetzt ein Mädel,<br />
das zur Schule muss. Ich weiß noch gar nicht, wie wir das machen sollen."<br />
Da hat diese Frau gesagt: "Die kann bei uns bleiben." Diese Frau hatte<br />
selbst auch drei Töchter, die freilich schon ein wenig älter waren als ich. In<br />
dieser Familie bin ich dann aufgenommen worden wie ein eigenes Kind.<br />
Drei Jahre habe ich dort gewohnt. Während der Schulzeit bin ich dann<br />
<strong>im</strong>mer am Wochenende he<strong>im</strong> nach Winklmoos gefahren. In dieser Familie<br />
war ich das kleine Nesthäkchen, und so wurde ich wirklich sehr verwöhnt:<br />
Mir ist da am Morgen z. B. das Brot geschmiert worden. Das wäre bei uns<br />
zu Hause in unserem Gaststättenbetrieb schlicht nicht möglich gewesen:<br />
Meine Mutter hätte für solche Sachen ganz einfach keine Zeit gehabt. Als<br />
dann meine jüngere Schwester Evi auch in die Schule kam, wurden wir<br />
aber von der Zeit an jeden Tag in die Schule gefahren.<br />
Halke-Teichmann: Neben der Winklmoos-Alm hat dein Vater <strong>im</strong> Winter auch eine Skischule<br />
betrieben: Er ist staatlich geprüfter Skilehrer. Da lag es natürlich auf der<br />
Hand, dass die drei <strong>Mittermaier</strong>-Töchter das Skifahren erlernen.<br />
<strong>Mittermaier</strong>: Ja, mein Vati hatte vor dem Krieg nordische Kombination gemacht. Er<br />
stammt genau wie meine Mutter aus München und war schon <strong>im</strong>mer sehr<br />
sportlich. Meine Mutter war auch sehr sportlich, aber sie hätte uns doch<br />
gerne in einer anderen Sportart gesehen. Sie hat <strong>im</strong>mer gesagt: "Warum<br />
fahren denn meine Mädchen nur so gefährliche Skirennen? Die sollen doch<br />
lieber ein wenig graziösere Sportarten betreiben." Ich glaube,<br />
Schlittschuhfahren oder auch Ballett hätte ihr besser gefallen. Sie meinte<br />
auch <strong>im</strong>mer, wir sollten uns doch diesen Skischuh-Gang abgewöhnen: Wir<br />
sollten ein wenig graziler gehen und nicht <strong>im</strong>mer hinten <strong>mit</strong> den Fersen<br />
aneinander schlagen. Aber <strong>im</strong> Grunde hat sie nichts dagegen gehabt: Auf<br />
der Winklmoos-Alm ist man eben <strong>im</strong> Schnee groß geworden, weil da <strong>im</strong><br />
Winter wirklich unglaublich lange Zeit Schnee liegt. Das ist ein richtiges<br />
Schneeloch – auch heute noch. Es ist so, dass man dort eigentlich gar<br />
nichts anderes betreiben kann.<br />
Halke-Teichmann: Mit zwei Jahren hast du deine ersten Versuche auf Skiern gemacht: Wann<br />
wurde es aber ernst? Ab wann kann man sagen, dass <strong>mit</strong> einem richtigen<br />
systematischen Training begonnen wurde?<br />
<strong>Mittermaier</strong>: Soll ich das jetzt alles erzählen?<br />
Halke-Teichmann: Die Kurzform, bitte.<br />
<strong>Mittermaier</strong>: Also, Heidi war schon in der Nationalmannschaft, und sie fuhr auch bei den<br />
Olympischen Spielen in Squaw Valley <strong>im</strong> Jahr 1960 <strong>mit</strong>. Ich war damals<br />
zehn Jahre alt, und für uns als Familie war das natürlich eine<br />
Riesenaufregung. Sie flog <strong>mit</strong> einer viermotorigen Maschine in die USA! Wir<br />
Kinder waren jedenfalls voll begeistert davon und haben sie gelöchert, was<br />
sie uns denn <strong>mit</strong>bringen wird aus den Vereinigten Staaten usw. Zu der Zeit<br />
war eine Reise nach Amerika wirklich noch etwas ganz Tolles. Ab dem<br />
Zeitpunkt wollte ich das auch einmal erleben: Das war für mich der Kick, bei<br />
dem ich mir gedacht habe, dass ich auch einmal nach Amerika kommen<br />
möchte. Ich wusste noch nicht genau, wie ich das schaffen könnte, aber ich<br />
wusste schon, dass es z. B. über den Sport doch recht einfach gehen<br />
würde. Heidi fuhr dann noch bei den Spielen in Innsbruck <strong>im</strong> Jahr 1964 <strong>mit</strong>:<br />
Sie war mein eigentliches Vorbild. Unser Vater hat uns dann schon auch