Snowtimes-2015-StMoritz
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14 die ich benötige, aber auch ein Ventil. Zudem<br />
spielt die Familie, ebenfalls passionierte Sportler,<br />
eine wesentliche Rolle bei der Schaffung von Freiräumen.»<br />
Herz, Begeisterung und Emotionen. Sie sind<br />
wegweisend und begleiten ihn in seinem beruflichen<br />
Alltag. Attribute, mit denen er die Fernsehzuschauer<br />
immer wieder bewegt und in seinen Bann zieht.<br />
Aus allen Wolken gefallen…<br />
Man spürt, er ist nach wie vor glücklich, auch<br />
nach 30 Jahren seinen Bubentraum ausüben zu können.<br />
«Bereits im Kindesalter träumte ich davon, Radioreporter<br />
zu werden.» Weshalb Radio? «In meinen jungen Jahren<br />
hatten wir ja noch keinen Fernseher. Zum «Wochenprogramm»<br />
gehörte aber mein sonntäglicher Besuch bei<br />
meiner Grossmutter… «Sport am Wochenende» wurde<br />
ausgestrahlt». Also damals schon total angefressen? «Ja,<br />
sicher. Später habe ich bei jedem Skirennen akribisch<br />
Buch geführt. Alle Zwischenzeiten der Skicracks wurden<br />
schriftlich festgehalten und analysiert. Als ich dann<br />
später am Schweizer Radio nach zwei Wochen Einführung<br />
meine erste Sportreportage machen durfte... Mein<br />
Onkel, der legendäre Sportreporter Martin Furgler, hatte<br />
keinen blassen Schimmer davon, dass ich mich beim<br />
Radio angemeldet hatte. So fiel der Ahnungslose aus allen<br />
Wolken, als er aus dem Autoradio plötzlich meine<br />
Stimme hörte!» erzählt Hüppi lachend.<br />
Als Neuling in diesem Geschäft orientiert man<br />
sich doch auch an Vorbildern? «Sicher. Der Bayer Harry<br />
Valerien gehörte auf jeden Fall zu diesen Figuren.<br />
Aber auch Gody Baumberger, Karl Erb und andere Pioniere<br />
haben mich beeindruckt. Speziell Sepp Renggli –<br />
er war mein grosser Förderer.»<br />
Seit 1981 ist Hüppi fester Bestandteil der Sportcrew<br />
beim Schweizer Fernsehen. Seine Kerndisziplinen<br />
sind Ski alpin, Fussball und… Schwingen.<br />
Eine einzigartige Geschichte<br />
Seine Kommentare tragen eine unverkennbare<br />
Handschrift. «Die Verbindung von Natur, Sport und vor<br />
allem Menschen, die ihn ausüben, machen für mich immer<br />
wieder von Neuem den Reiz eines Weltcup-Rennens<br />
aus! Man muss nahe am Schnee sein.» So wird der<br />
Zuschauer von Matthias Hüppi unmittelbar ans Geschehen<br />
herangeführt. Immer mit positiver Einstellung.<br />
Unterstützt von Bernhard Russi. «Eine optimale Ergänzung.<br />
Die Zusammenarbeit ist seit 1986 eine einzigartige<br />
und erfolgreiche Geschichte. Wir sind gute Freunde<br />
geworden. Klar, dass trotzdem auch manchmal Meinungsverschiedenheiten<br />
entstehen können…»<br />
Wechselbad der Gefühle<br />
Hüppi versteht es, sich in die Fahrer hineinzudenken<br />
«Hinter jedem Erfolg steht eine Geschichte. Wenn<br />
dann alles stimmt, der Moment kommt, musst du es packen».<br />
Welches ist das jüngste Beispiel? «Sandro Villeta<br />
aus La Punt. 2014 Olympiasieger in der Super-Kombination<br />
in Sotschi!» Ein denkwürdiger Valentinstag.<br />
Hüppis unter die Haut gehender sich überschlagender<br />
Stimmungsausbruch nach dem Slalom-Zieleinlauf<br />
dürfte in die Fernsehgeschichte eingehen.<br />
Aber auch mit erschütternden Ereignissen wurde<br />
er konfrontiert. Man denke an den tragischen Todesfall<br />
des österreichischen Abfahrers Gernot Reinstadler 1991<br />
am Lauberhorn. «Das sind Bilder, die man nie mehr vergisst,<br />
für immer haften bleiben. Jedes Jahr verweile ich<br />
ein paar Minuten an der Gedenktafel in Wengen.»<br />
Welches waren die emotionalsten Momente in<br />
Deiner Karriere? «Besonders prägend war sicher die<br />
erste von mir kommentierte Ski-WM 1985 in Bormio,<br />
mit dem sensationellen Abfahrtssieg von Pirmin Zurbriggen<br />
… kurz nach seiner Meniskusverletzung.»<br />
Routine und grosses Fachwissen<br />
Als Person der Öffentlichkeit weiss Matthias<br />
Hüppi mit Kritik umzugehen. «Diese gehört nun einmal<br />
zu meinem Job. Ich habe keine Mühe damit, solange<br />
sie konstruktiv ist. In jüngster Zeit hat sich durch das<br />
Internet und die elektronischen Medien eine Verrohung<br />
eingeschlichen – Qualität, Ton und Sprache haben gelitten.<br />
Solches muss man einfach abbuchen können.»<br />
In der laufenden Wintersaison ist er wiederum auf<br />
allen Weltcup-Pisten anzutreffen. Frühmorgens vor<br />
dem Rennen fährt er schon mit den Rennfahrern hoch,<br />
spürt zum Teil, wie die Athleten drauf sind, «rutscht»<br />
dann der sehr gute Skifahrer die Piste runter. «Brutal,<br />
diese Härte. An ein Runterschwingen oder Carven ist<br />
nicht zu denken.» Nach der Live-Übertragung geht’s<br />
oft noch zum Joggen, bevor die Vorbereitung auf den<br />
nächsten Tag ansteht. «Die Aufbereitung der Daten mache<br />
ich selber. Ich habe grossen Spass daran. Dabei<br />
lege ich viel Wert darauf, mich auf verlässliche Quellen<br />
zu konzentrieren.» Fällt es nicht schwer, in gewissen<br />
Situationen eine neutrale Position zu bewahren, d.h.<br />
den Patriotismus zurück zu stecken? «Damit habe ich<br />
gar keine Probleme. Selbstverständlich kann ich besondere<br />
Freude zeigen, wenn ein Schweizer gewinnt. Habe<br />
aber keine Mühe, z.B. einem Österreicher zu seinem<br />
Sieg zu gratulieren. Dies hat mit Respekt zu tun. Anderseits<br />
darf ich mich nicht scheuen, auch mal Kritik anzubringen».<br />
Du kennst alle Weltcup-Pisten im Skizirkus. Welche<br />
beeindrucken Dich am meisten? «Lauberhorn, die<br />
«Streif» in Kitzbühel und auch St.Moritz, welche mir<br />
seit der WM 2003 in besonderer Erinnerung bleibt.»<br />
Musikalität<br />
Lebendige, packende Reportagen und Moderationen.<br />
Die Fähigkeit und das Flair, in seinen Kommentaren<br />
Akzente zu setzen und Stimmungen aufzubauen<br />
zeugen nicht zuletzt auch von seiner angeborenen Mu-<br />
SNOWTIMES <strong>2015</strong><br />
ST. MORITZ