zds#45
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6 | zahlEN & Fakten<br />
HUMBOLDT<br />
STRASSE<br />
885 Meter lange Fahrradstraße in der Östlichen<br />
Vorstadt zwischen dem Klinikum Bremen-Mitte<br />
und der Straße Am Dobben<br />
1907<br />
2016<br />
Recherche & Text: Jan Zier, Philipp Jarke<br />
Fotos: M. Haertel (1907), Philipp Jarke (2016)<br />
Beginn der Bebauung: 1860<br />
Umwidmung in eine Fahrradstraße: 2014<br />
Zahl der RadfahrerInnen pro Tag: 5.400<br />
Zahl der Nebenstraßen: 12<br />
Zahl der Humboldtstraßen in ganz<br />
Deutschland: 343<br />
Platz in der Rangliste der häufigsten deutschen<br />
Straßennamen: 233<br />
Fertigstellung der Friedenskirche: 1870<br />
Begründung für ihren Bau: Kampf gegen den<br />
„christlichen und sittlichen Verfall“ im<br />
proletarischen Milieu der Vorstadt<br />
Höhe des großen Kirchturms, in Metern: 45<br />
Abbruch des Kirchturms: 1939<br />
Umsatz des hier beheimateten Carsharing-<br />
Anbieters pro Jahr, in Millionen Euro: 22,4<br />
Zahl seiner KundInnen, in Deutschland: 56.000<br />
Zahl seiner Autos, in Deutschland: 1.300<br />
Zahl der Beratungsgespräche im Kinderschutz-Zentrum,<br />
pro Jahr: über 2.500<br />
Alter des Bremer Kinderschutz-Zentrums, in<br />
Jahren: 35<br />
Alter des lokalen Beerdigungsinstituts, in Jahren:<br />
149<br />
Todestag des in Hausnummer 67 wohnenden<br />
Künstlers Gerhard Schlüter: 17. Februar 1998<br />
Kosten des teuersten Gerichtes im koreanischen<br />
Restaurant, pro Person, in Euro: 18,90<br />
Eintrittspreis der örtlichen Sauna, für Herren<br />
und Paare, in Euro: 17<br />
Gebühr für die hier ausleihbare Drehorgel, pro<br />
Tag, in Euro: 59,50<br />
Preis der derzeit günstigsten hier vermittelten<br />
Immobilie in Schweden, in Euro: 35.600<br />
Zahl der im Gesundheitsamt gemeldeten Fälle<br />
von HIV, im Jahr 2015: 43<br />
Zahl der im Gesundheitsamt registrierten Fälle<br />
von Syphilis, im Jahr 2015: 49<br />
Zahl der im Amt bekannten Fälle von Hepatitis C,<br />
im Jahr 2015, pro 100.000 Einwohner: 1,28<br />
Jenseits des Dobbengrabens, neben den größeren<br />
Pagentorner Gehöften, lagen bis zur Industrialisierung<br />
etliche kleine sogenannte Kohlhökerstellen,<br />
an denen Kleinbauern Gemüse anpflanzten.<br />
Die Kohlhökerstraße im Viertel, obgleich diesseits<br />
des Dobbens gelegen, erinnert heute an jene Tage,<br />
die ein Ende hatten, als Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
die Eisenbahntrasse und das Krankenhaus vor<br />
den östlichen Toren der Stadt gebaut wurden. Das<br />
Gebiet zwischen Altstadt und Krankenhaus sollte<br />
zeitgleich erschlossen werden, um Wohnraum für<br />
die wachsende Bevölkerung zu schaffen.<br />
Mit der Humboldtstraße, angelegt zwischen<br />
1858 und 1860, hatte der damalige<br />
Baudirektor Alexander Schröder ganz große<br />
Pläne: Zentrum des neuen Stadtteils sollte sie<br />
werden, eine breite Prachtstraße mit einem großzügigen<br />
Platz in der Mitte als Treffpunkt und<br />
Ort zum Flanieren. Doch der Einfluss reicher<br />
Bremer Kaufleute war größer als der politische<br />
Wille: Die Kaufleute wollten ihr Geld mit Häusern<br />
mehren, breite Alleen mit weiten Plätzen waren also<br />
unattraktiv. Stattdessen durften sie das Land<br />
in großem Stil aufkaufen und die Straßen nach<br />
eigenem Ermessen anlegen und bebauen, sofern<br />
sie sich an die Bauordnung hielten, die Hinterhöfe,<br />
Mietskasernen und enge Gänge verbot.<br />
Die Humboldtstraße wurde so zu einer reinen<br />
Wohnstraße, immerhin beidseitig dicht mit<br />
Ulmen bepflanzt. Was heute wieder dem Zeitgeist<br />
entspricht und für seine gesundheitsfördernde<br />
Wirkung bekannt ist, stieß damals so<br />
manchem übel auf. Im Frühjahr 1895 sandte<br />
jemand einen wütenden Leserbrief an die Bremer<br />
Nachrichten: „In der baumbestandenen Humboldt-<br />
und der Bismarckstraße, welche auf dem fetten<br />
Gemüselandboden der früheren Gemarkung<br />
Fehrfeld angelegt wurden, konnte sich der Wuchs<br />
der dortigen Alleebäume ungemein kräftig entwickeln.<br />
Weit mehr als die Anwohner der Straße<br />
es wünschten, wuchs die rasch aufstrebende<br />
Ulme den Häusern über den Kopf und raubte<br />
ihnen Sonnenschein, Licht, Luft und Aussicht.<br />
Kein Wunder, dass Sommers unter dem großen<br />
grünen Sonnenfang dieser sonst so schönen<br />
Straßen eine gedrückte Stimmung herrschte!“