kinder! März 2017
kinder!, Deutschlands große renommierte Elternzeitschrift für Familien mit Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter. Titelthema in diesem Monat: "Ihr seid willkommen - Der beste Start für Flüchtlingskinder in der Kita und Schule"
kinder!, Deutschlands große renommierte Elternzeitschrift für Familien mit Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter. Titelthema in diesem Monat: "Ihr seid willkommen - Der beste Start für Flüchtlingskinder in der Kita und Schule"
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GEMEINSAM<br />
Deutsch, essen mittags zusammen mit<br />
ihren Klassenkameraden, spielen, machen<br />
Sport und haben auch Hilfe bei den<br />
Hausaufgaben“, erklärt Rektorin Elisabeth<br />
Kick. Außerdem gibt es an der Schule<br />
Betreuungsangebote in den Ferien.<br />
„Die Kinder brauchen Zeit und<br />
Orientierung”<br />
Neben dem normalen Unterricht<br />
werden die Kinder<br />
in Fischach jeden Tag zwei<br />
Stunden bei Förderschullehrerin<br />
Maria Goth in Deutsch<br />
unterrichtet. An den Wänden<br />
Syrien ein. „Die Kinder sind unglaublich<br />
fleißig“, freut sich die 60-jährige Lehrerin.<br />
„Sie wollen lernen, und helfen sich<br />
untereinander auch sehr. Unsere deutschen<br />
Schüler staunen oft, wie gerne die<br />
Kinder aus Syrien oder Afghanistan in<br />
die Schule gehen.“<br />
Sipan (9) aus Syrien meint<br />
sogar: „Ich weine, wenn<br />
ich nicht zur Schule<br />
gehen kann.“ Einige<br />
der Kinder sind erst<br />
seit zehn Monaten in<br />
Deutschland. Manche<br />
MARIA GOTH, FÖRDERSCHULLEHRERIN<br />
Krieg und Flucht. Die Schule will den<br />
Kindern Normalität bieten. Hier sollen<br />
sie einfach nur Kind sein.<br />
Beim Fußball findet Ayat reichlich<br />
Anerkennung<br />
Manche der Kinder sprechen schon recht<br />
gut Deutsch. Der 14 Jahre alte Ayat aus<br />
Afghanistan schwäbelt fast schon ein<br />
bisschen. Der Grund: Er spielt im Fußballverein<br />
beim TSV Fischach. „Ich liebe<br />
Fußball. Hundert Prozent. In Afghanistan<br />
habe ich auch Fußball gespielt, mit<br />
Die Schüler dürfen<br />
sich Zeit beim<br />
Lernen lassen<br />
SPRACHE IST<br />
DER SCHLÜSSEL<br />
ZUM ERFOLG<br />
hängen das deutsche und das arabische<br />
Alphabet sowie bunte Kärtchen mit den<br />
Wortarten. Jedes Kind wird dort abgeholt,<br />
wo es steht. „Zeit und Orientierung,<br />
das ist erst einmal das Wichtigste“, weiß<br />
die erfahrene Pädagogin. „Die Kinder<br />
brauchen einen Platz, wo sie ankommen<br />
können, und eine Bezugsperson“, ergänzt<br />
Rektorin Kick. Acht Mädchen und<br />
Jungen im Alter von acht bis 14 Jahren<br />
sitzen im Stuhlkreis und lesen gemeinsam<br />
das „Märchen vom Kartoffelkönig“.<br />
Satz für Satz.<br />
„Es war einmal eine große Kiste Kartoffeln<br />
…“, liest die neun Jahre alte Parisa<br />
stockend. „Magst du Kartoffeln?“, fragt<br />
die Lehrerin. „Ja, Kartoffel ist gut“, antwortet<br />
das afghanische Mädchen. „Kartoffel<br />
mit Ketchup“, sagt die 14-jährige<br />
Maedeh aus Afghanistan. „Ich liebe mehr<br />
Pizza“, wirft der achtjährige Paiman aus<br />
MAEDEH (14), FISCHACH<br />
suchen noch nach Wörtern.<br />
„Großes Wasser –<br />
ich viel Angst“, erzählt<br />
Nasanin (12) aus Afghanistan<br />
plötzlich. Immer wieder berichten die<br />
Kinder unvermittelt von ihrer Flucht<br />
über das Mittelmeer, erzählt Goth. Sie<br />
hört zu, fragt aber nicht gezielt nach<br />
NASANIN (12), FISCHACH<br />
Freunden, auf der Straße“,<br />
erzählt der Teenager. „Ayat<br />
hat bei einem Schulturnier gespielt“,<br />
erinnert sich Goth. „Unser<br />
Hausmeister ist im Verein aktiv und hat<br />
gesehen, wie talentiert er ist.“ Jetzt kickt<br />
Ayat zweimal die Woche im Verein, er<br />
spielt in der A-Jugend.<br />
Deutsch sprechende Freunde sind für<br />
die Sprachentwicklung und die Integration<br />
der Kinder extrem wichtig, findet<br />
auch Ulrike Bunk-Özsoy, Asylberaterin<br />
bei der Diakonie in Augsburg. „Sprache<br />
ist der Schlüssel zu allem, und oft ist ein<br />
muttersprachlicher Freund effektiver<br />
als viele Stunden Förderunterricht.“<br />
Fotos: Claudia Steiner<br />
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