Architektur in der Kunst - Kunsthof Bahnitz

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Jesús Portal Consum Fiction 7 (2006) Consum Fiction 10 (2006) Fotografía digital RC LightJet R>C sobre metacrilato. 160 x 120 cm Courtesy the artist and Galería Adora Calvo, Salamanca JESUS PORTAL Consum Fiction (2006) Consum Fiction ist nicht nur ein nostalgischer Blick auf die retro-futuristische Ästhetik, eine verwaschene Hommage an die klassische Science-Fiction, sondern auch eine –ironische– Kritik, an den Marketingstrategien der großen Unternehmen und Marken in der globalen Wirtschaft. In dem Buch Der Stil der Welt, warnte der Autor Vicente Verdu vor dem Aufkommen eines neuen Typs von Kapitalismus, dem Kapitalismus der Fiktion, der die Produktion von Waren sukzessive durch die Produktion von Wünschen und von Wirklichkeit ersetzt, in der das Fiktive alle Aspekte der neuartigen Realität umfasst. Andere Autoren wie Rolf Jensen sprechen bereits von der Dream Society, der Traum- oder Innerlichkeitsgesellschaft, die schließlich die aktuelle «Informationsgesellschaft» ersetzt. Dies ist der diskursive Rahmen von Consum Fiction, ein Projekt, das über die Dispositive des Marketing nachdenkt, die «mentale Räume» in Form von Science-Fiction- Fantasien schaffen um den Betrachter- Konsument zu verführen und ihn dauerhaft in einer endlosen Kindheit festzuhalten. Ein ewiges Kindsein, ein Zustand von unkritischer Faszination, die in Raumschiffen eines seiner immer wiederkehrenden Symbole findet. In Consum Fiction, verwandelt Malerei den Innenraum von Läden der bedeutendsten Marken in den wichtigsten Metropolen rund um den Planeten allein dadurch, dass die Artikel versteckt werden. Die manipulierten Perspektiven oder die einfache Umkehrung von Bildern verwandeln mittels gemalten Interventionen die Räume von Armani, Reebok oder Moschino in Szenarien von Sci-Fi-Filmen der 50er, 60er oder 70er Jahre und provozieren eine unmittelbare emotionale Empathie, da sie Teil unserer kollektiven Imaginäre sind, und setzen gleichzeitig ein Nachdenken über die Welt um uns herum in Bewegung. Text: Jesus Portal Übersetzt von Christioph Strieder Jesús Portal Consum Fiction 11 (2006) Fotografía digital RC LightJet R>C sobre metacrilato. 160 x 120 cm Courtesy the artist and Galería Adora Calvo, Salamanca
Peter Bialobrzeski Case Study Homes, 2008 12 Fotografien , c-print 22 x 27 cm Courtesy the artist and Galerie Lothar Albrecht, Frankfurt / Main PETER BIALOBRZESKI Case Study Homes Der 1961 geborene Hamburger Fotograf Peter Bialobrzeskis hat «Case Study Homes» im Rahmen eines Projektes in Manila fotografiert «Case Study Homes» ist in Baseco, einer Slum-Siedlung zwischen zwei Containerterminals in Manila entstanden. Ein Ort der Armut, Platz für etwa 70 000 Menschen, an dem sich dennoch der Wunsch der Bewohner äußert, sich ein Zuhause zu schaffen. Diese auf Stelzen stehenden Behausungen bauen die Menschen aus dem, was sie haben: aus dem Müll der Zivilisation. Aus Euro-Paletten, aus Wellblech, aus Plastikplanen oder Wahlplakaten und Schwemmgut. Architekturen aus Karton und Mülltüten – die Rückseite des globalen Wachstums, die Kehrseite der glänzenden Städte. Hier, im Slum Baseco, ganz in der Nähe der schicken Uferpromenade von Manila, leben vor allem Arbeitsmigranten aus der philippinischen Provinz, die ihre Heimat in der Hoffnung auf ein besseres Leben verlassen haben. Diese Dokumentarfotografien aus einem Elendsviertel –deren Sichtung zeitlich mit dem Zusammenbruch der Lehman Brothers Bank und dem Paranoia vor einer Weltwirtschaftskrise zusammenfiel– sind in ihrer Haltung nicht ganz eindeutig. Aus ihnen spricht vieles. Zum einen Faszination, wie der Fotograf selbst sagt: «Manche der Häuser kommen mir vertraut vor, wie ein Gesicht das sich vor langer Zeit in die Erinnerung geschlichen hat». Vertraut sind jene zusammengezimmerten Behausungen auch aus der Fotogeschichte. Die Bilddokumente ländlicher Armut der «Großen Depression» der amerikanischen Fotografen Walker Evans, Dorothea Lange oder Arthur Rothstein – entstanden in den dreißiger und vierziger Jahren – zeigen ähnlich karge Architekturen. Arthur Rothsteins Bild eines Mannes, der mit seinen Söhnen vor einem Sandsturm flüchtet, zählt Bialobrzeski selbst zu den großen geistigen Vorbildern seiner neuen Serie «Case Study Homes». So viele Jahrzehnte später hat sich das Elend noch nicht aus der Welt verabschiedet. Das Elend gibt es immer noch. Das ist die eine Lesart dieser Bilder. Doch es gibt auch noch eine andere Lesart, auf die der Fotograf hinweist: Wie Widerstands-Architekturen muten diese Häuser an, wie die Hütten in der «Republik Freies Wendland», wie die Waldhütten der Startbahn West-Gegner am Frankfurter Flughafen. Doch gegen was widerstehen sie? Gegen das Meer wohl kaum – auf überraschend würdevolle Weise aber vielleicht gegen die Hoffnungslosigkeit. Text: Marc Peschke www.marcpeschke.de
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