Architektur in der Kunst - Kunsthof Bahnitz

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KARLHEINZ BIEDERBICK Vorstadt von Rom, 1998-2008 Rom 1979: Als Besucher während des Aufenthalts meiner Frau in der Villa Massimo nahm ich die Glegenheit wahr, mit dem Auto in südöstlicher Richtung in die Außenbezirke und ins Umland von Rom zu fahren. Von verschiedenen Haltepunkten aus unternahm ich mit der Kamera in der Hand Streifzüge über menschenleere Straßen und über unbefestigte Wege. Mit dem Auge und dem Objektiv haftete ich an den Dingen, an ihren stofflichen Oberflächen und dies durchaus mit Leidenschaft, vor allem wenn ich an die unerträgliche Leere über dem Himmelsblau dachte: Gras, Sand und Pflaster, Asphalt, Stein, Beton, Putz, rostendes Wellblech, Eisenteile, Eisentore, Pfosten, Autoschrott, Kies, Bagger, Maschendraht – alles ist sehr schön unter dem südlichen Licht. Wenn man sich dabei als «außerirdischer» und vorübergehender Besucher fühlt, bekommt ein Augenblick – ein Blick im Moment – ein Gewicht, das die Suche nach interessanten Motiven zu Boden zieht. Auf einmal zeigt das zufällig Gegebene seinen Reichtum an Form und Struktur, und es schließt Räume auf, in denen der fremde Gast ganz zu Hause ist. In Erinnerung blieben auch drei «Gestalten» auf freiem Feld: Die weiße, die rote und die gelbe Fabrik. Die weiße war eine aufgegebene Zementfabrik – Dach, Kamine, Mauern, Geräte in öden Räumen, ein Mahlwerk- alles dick weißlich überstaubt, davor ein Cinquecento auf dem Dach liegend. Die rote war eine Chemiebude mit angerosteten Kesseln auf dem Dach, blinder Verglasung, Gitterwerk, die gelbe holzverarbeitend. Die drei verlangten von mir, dargestellt zu werden, dringend, ich fand aber kein Mittel. Erst zwanzig Jahre später konnten sie als Terracotta- Miniatur im Zyklus «Rom, Vorstadt – Rom, vor der Stadt» erscheinen. Als Vorlagen für diesen Zyklus dienten die Fotos von 1979, zu denen mich der Stoffkontakt, Erdkontakt motiviert hatte. Text: Karlheinz Biederbick, Berlin 2009 Karlheinz Biederbick Vorstadt von Rom, 1998-2008 Terrakotta Reliefes 15 x 25 cm Courtesy the artist
Romana Schmalisch Weg zum Klub. Erholung durch Kultur, 2007 Mixed media/DV, 11 min Courtesy the artist ROMANA SCHMALISCH Weg zum Klub. Erholung durch Kultur Mixed Media/ DV, 11 min; 2007 Der Film kombiniert collagenartig sowjetische Avantgarde- Häuser aus den 1920ern, die ich in SW/16mm-Aufnahmen aufgenommen habe, mit Film- und Tonaufnahmen aus den späten 1930er Jahren, in denen das Thema der Veränderung der Stadt Moskau eine zentrale Rolle spielte. Während in den Filmen der zwanziger Jahre die Protagonisten die reale Stadt Moskau noch mit ihren eigenen Augen sehen konnten, ist der Blick in Filmen der dreißiger Jahre durch ideologische Texte gelenkt, die Protagonisten bekommen nur eine ideale Attrappe der Stadt zu sehen. Gezeigt wird eine fiktive Stadtlandschaft, in deren Zentrum häufig der Palast der Sowjets stand, ein Gebäude, das wie viele andere, nie realisiert wurde. Diese Veränderungen der politischen wie architektonischen Landschaft innerhalb einer Zeitspanne von nur wenigen Jahren wird zum zentralen Thema des Films «Weg zum Klub. Erholung durch Kultur». Die Visionen der frühen Avantgarde werden mit den Stalinschen Großplanungen konfrontiert, die sich des Mediums Film bedienten, um das Bild der Stadt bereits vor der Realisierung zu prägen. Der Film «Weg zum Klub. Erholung durch Kultur», untersucht das mediale Bild der Stadt Moskau in einer Zeit des polischen und sozialen Umbruchs. Besonders in dem von mir zitierten Film «Das neue Moskau» (1938) von Alexander Medwedkin wird der rasante Wandel in dieser Zeit verbildlicht und das architektonische Modell zu einem unentbehrlichen Requisit des Films. Einem Maler misslingt der Versuch, Moskau auf seinen Bildern festzuhalten, da die Stadtkulisse mit explosiver Schnelligkeit verschwindet: Die alten Gebäude verflüchtigen sich über Nacht, werden durch andere ersetzt. In dem Film reist ein Ingenieur aus Sibirien nach Moskau und stellt seinen Entwurf für die neue Stadt vor, für jene Stadt, die er nie gesehen, aber immer schon erträumt hat. Dokumentaraufnahmen von der Sprengung des Sucharjowskaja-Turms, der Erlöserkathedrale und des Stratnoi-Klosters werden in sein Modell integriert, anstelle dieser Gebäude erscheinen Leinwände mit Zeichnungen und Modellen der neuen Stadt. So wird der reale Raum durch eine Stadt aus Modellen und Häuser aus Pappe ersetzt, die in dem Film für eine neue Realität stehen sollen. Text: Romana Schmalisch
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