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BIBER 03_17_deljel

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Männer, die teilweise T-Shirts mit der Aufschrift Tschetschenien<br />

tragen, haben keine Ahnung, was Tschetschenien ist.<br />

Nicht einmal die Hauptstadt kennen sie. Sie haben in ihren<br />

Köpfen ein sehr ausgeprägtes Identitätsbild: ich bin ein<br />

Tschetschene. Aber wenn ich die frage, was heißt das, ein<br />

Tschetschene zu sein, dann kommt die Antwort: hart, cool,<br />

zuschlagen können. Dieses Bild entspricht dermaßen dem<br />

hiesigen Klischee, dass es fast lustig wäre, wenn es nicht so<br />

traurig wäre. Diese Burschen liefern mit diesem Selbstbild<br />

die Bestätigung des Fremdbildes.“<br />

Seit etwa zwei Jahren gibt es in der Jugendstrafanstalt<br />

Gerasdorf ein Projekt mit kaukasischen Jugendlichen, wo<br />

Maynat Kurbanova mit einem männlichen Kollegen und in<br />

Anwesenheit einer Sozialpädagogin aus der Anstalt versucht,<br />

an diesem Selbst- und Fremdbild der Jugendlichen zu<br />

arbeiten.<br />

„Wir haben noch keine Evaluierung, aber man merkt,<br />

wie uns diese Jugendlichen am Anfang wahrnahmen und<br />

wie sich das verändert. Man kann aus denen ganz leicht so<br />

genannte normale Menschen machen. Das sind Burschen,<br />

die genauso unsicher sind, die genauso Bestätigung brauchen,<br />

ein bisschen Wärme, ein bisschen Zuneigung, wie alle<br />

anderen jungen Leute. Diese harte Schale, dieses Bild, das<br />

sie nach außen liefern, das ist auch ein gewisser Versuch,<br />

sich selber zu schützen. Es gibt auch welche, für die das<br />

nach außen aggressiv oder hart sein nichts anderes ist, als<br />

dem Klischee entsprechen zu wollen. Denn: Was erwartet ein<br />

durchschnittlicher Mensch in Österreich von einem tschetschenischen<br />

Jugendlichen? Dass er hart ist, aggressiv ist,<br />

dass man dem am besten aus dem Weg geht. Die Medien,<br />

auch die sogenannten Qualitätsmedien, verbreiten dieses<br />

Bild. Was soll ein tschetschenischer <strong>17</strong>-Jähriger machen, der<br />

eigentlich körperlich schwächer ist, der vielleicht in Wahrheit<br />

gern Klavier spielen möchte? Der muss diesem Bild entsprechen,<br />

glaubt er. Ich sehe leider häufig, dass diese jungen<br />

Menschen in die Ecke der Aggressiven, Bösen, Radikalen<br />

gedrängt werden. Aber man kann sie, wie wir in diesem<br />

Gefängnisprojekt erleben, von dort auch wieder abholen.“ ●<br />

Du willst mehr über<br />

Maynat Kurbanova<br />

wissen?<br />

Dann lies das neue<br />

Buch von Livia Klingl,<br />

die diesen Artikel für<br />

biber geschrieben hat.<br />

Die Journalistin und<br />

Buchautorin zeigt mithilfe<br />

von 21 Porträts in „Lauter<br />

Fremde!“, dass wir uns<br />

trotz digitaler Vernetzung<br />

und Globalisierung<br />

fremd geworden sind in<br />

unserem Land – egal ob<br />

wir Österreicher oder<br />

Ausländer sind.<br />

MEIN WIEN NACHRICHTEN<br />

43-Jähriger gibt<br />

betagter Frau<br />

einen Ruck!<br />

Hier hört man immer<br />

wieder von Michael L.<br />

Na, mit einer schlechten Nachricht gerechnet?<br />

Diesmal nicht. Denn Michael L. (Name der Redaktion<br />

bekannt), 43, ist ehrenamtlich für Wien<br />

tätig und spielt jede Woche freiwillig Gitarre in<br />

einer Wohngemeinschaft für ältere Menschen<br />

mit Behinderung. So singt er zum Beispiel mit<br />

Monika, 66, für die Michaels Besuche der absolute<br />

Höhepunkt der ganzen Woche sind. Wir<br />

finden, das ist auch eine Schlagzeile wert.<br />

Können Sie auch ein Instrument spielen? Dann<br />

geben Sie sich doch selbst einen Ruck und<br />

machen älteren Menschen eine Freude.<br />

Bezahlte Anzeige<br />

ACHTUNG:<br />

Musik kann die<br />

Stimmung aufhellen.<br />

Michael L. beim Musizieren<br />

Eine starke Zivilgesellschaft für ein starkes Wien.<br />

Viele heranwachsende Tschetschenen haben kein positives Männerbild.<br />

16 / POLITIKA /<br />

Möchten auch Sie sich engagieren?<br />

Dann schauen Sie auf<br />

www.freiwillig.wien.at<br />

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