Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Meine Hochzeit,<br />
meine Regeln!<br />
vermeiden. Deshalb habe<br />
ich statt dem klassischen<br />
Balkan-Videografen einen<br />
Fineart-Wedding-Fotografen<br />
und ein dreiköpfiges Videoteam<br />
engagiert.” Das Ergebnis:<br />
Ein kinoreifer zweistündiger<br />
Film als Hochzeitsvideo, von<br />
dem ihre Familie immer noch<br />
nicht ganz begeistert ist. Aber<br />
da ließ Ivana nicht mit sich<br />
verhandeln. Wenn du als Braut<br />
deine Wünsche durchsetzen<br />
willst, musst du bereit sein<br />
dafür zu kämpfen.<br />
TRADITIONEN DELEGIEREN<br />
Die 25-jährige Tatjana musste hingegen keine Kampftechniken<br />
anwenden, um ihre Traumhochzeit durchzusetzen.<br />
Wie bei Ivana gab es in Dingen wie Deko und<br />
Brautkleid keinerlei Vorschriften, sie konnte ihre Wünsche<br />
voll und ganz einbringen. Ihre Hochzeit in Bosnien<br />
wurde von vielen Bräuchen geschmückt. Viele vor allem<br />
junge Bräute halten diese Bräuche aber für überholt,<br />
unnötig und auch sexistisch. Nicht so Tatjana, sie ist<br />
mit Traditionen aufgewachsen und hatte auch nicht vor<br />
Photostudio Zoran Mrdjenovic<br />
gegen sie zu rebellieren, im<br />
Gegenteil, sie hat sie begrüßt.<br />
Es war für sie selbstverständlich,<br />
dass ihr Bräutigam “den<br />
Apfel abschießt”. Wenn der<br />
Bräutigam die Braut aus dem<br />
Haus ihrer Eltern mit seiner<br />
Hochzeitsgesellschaft abholt,<br />
muss er mit dem Gewehr<br />
einen an einem hohen Mast<br />
befestigten Apfel abschießen,<br />
um seine Braut überhaupt<br />
mitnehmen zu dürfen. Zwei<br />
Versuche hat er, um zu beweisen,<br />
dass er seine Zukünftige<br />
verdient hat. Tatjanas Mann hat den Apfel souverän<br />
abgeschossen und seine Gäste durften zur Hochzeitsgesellschaft<br />
der Braut hinzustoßen und gemeinsam<br />
feiern. Auch wenn er den Apfel nicht abgeschossen<br />
hätte, hätten die beiden natürlich geheiratet, aber so<br />
war es weniger peinlich. Viele der Traditionen sind<br />
stark patriarchalisch geprägt, wie zum Beispiel, dass<br />
die Braut abgekauft wird und die Männer um den Preis<br />
für die Braut verhandeln. Heute ist das alles nur Spaß,<br />
früher war es vermutlich nicht so spaßig. Jedenfalls<br />
bringen die Bräute heute ihren eigenen Twist rein. Beispielsweise<br />
hat Tatjana sich nicht wie traditionell üblich<br />
von Bruder oder Cousin aus dem Haus begleiten lassen,<br />
sondern von ihren beiden jüngeren Schwestern. Tatjana<br />
hat als Braut einen besonders angenehmen Umgang<br />
mit Bräuchen und Traditionen gewählt: Sie hat diesen<br />
Bereich einfach voll und ganz ihren Eltern überlassen.<br />
Sie kannten die Bräuche besser und wussten was zu<br />
tun ist. An die Eltern delegiert hat sie auch die Kommunikation<br />
mit den Verwandten. Wer wann wo sein muss,<br />
haben Mama und Papa verlautet. So konnte sich Tatjana<br />
voll und ganz auf die passende Farbe der Blumendekoration<br />
und die Spitzendetails für ihren Bolero für die<br />
Kirche konzentrieren. Von ihrer serbisch-orthodoxen<br />
Hochzeit in Bosnien hatte sie diesen Eindruck: “Diese<br />
traditionellen Sachen auf der Hochzeit sind bei all<br />
meinen Freunden, also der jüngeren Generation, sehr<br />
gut angekommen und die Älteren haben sich darüber<br />
gefreut, die Bräuche wieder zu sehen.” Klingt nach<br />
einem guten Kompromiss.<br />
Photostudio Zoran Mrdjenovic<br />
Tatjana Trebovac, 25<br />
Hard facts: 2015, 330 Gäste, in Prijedor<br />
War am Tag der Hochzeit: hundemüde<br />
und in Trancezustand, empfiehlt jedem<br />
einen Wedding Planner<br />
Traditionsfaktor: hoch und an die Eltern delegiert<br />
Emotionalste Momente: als sie das erste Mal ihren<br />
Mann an dem Tag sah und die “Verabschiedung”<br />
von ihrem Vater<br />
28 / RAMBAZAMBA /<br />
/ RAMBAZAMBA / 29